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Umgang mit Straftäter

  • orli
  • 11. Juni 2015 um 12:07
  • Geschlossen
  • VincenteCleruzio
    un galant´omu
    • 12. Juni 2015 um 18:17
    • #26
    Zitat von BrennesslFranz

    1. Dann sind es halt 2, dachte es wären 3. Aber bitte erklär mir, warum es nur 2 Instanzen sind.
    Laut meinen Infos:
    2.Nov 2012 Verurteilung Landesgericht Wien
    13.Aug 2013 Verurteilung vom Oberlandesgericht bestätigt
    11.Aug 2014 Nach Benkos Einreichung einer Wahrnehmungsbeschwerde vom Obersten Gerichtshof bestätigt.
    Das wären dann 3 Instanzen, oder nicht? Zählt der Oberste Gerichtshof nicht dazu?

    Es gibt nur zwei Instanzen, mit dem Urteil des Oberlandesgerichts war die Verurteilung rechtskräftig.

    Die Generalprokuratur hat den OGH mit einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes befasst, weil sie die Interpretation des § 308 StGB ("verbotene Intervention") durch das Landesgericht für Strafsachen Wien und durch das Oberlandesgericht für falsch gehalten hat. Eine Rechtsfrage wollte die Generalprokuratur vom OGH klären lassen. (Und der Verteidiger von Benko, der Ex-Justizminister Böhmdorfer, hat wegen angeblicher Verletzung von Menschenrechten einen so genannten Neuerungsantrag an den OGH gerichtet)

    Der OGH hat sowohl die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes, als auch den Neuerungsantrag abgewiesen.

    Tatsächlich hat sich der OGH nicht mit dem Urteil selbst, sondern eben "nur" mit einer Rechtsfrage grundsätzlicher Natur beschäftigt (weil es bis dahin zu dieser Frage keine gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu gegeben hat). Wenn er diese Rechtsfrage allerdings anders als das Landesgericht für Strafsachen Wien und das Oberlandesgericht beantwortet hätte, und zwar so, wie sie die Verteidiger vom Benko immer vertreten haben, dann hätte das zu einer Aufhebung des rechtskräftigen Urteils geführt: Der OGH hat also nicht das längst rechtskräftige Urteil, sondern die Rechtsauffassung "bestätigt", die das Erstgericht und das Oberlandesgericht geäußert haben.

    Einmal editiert, zuletzt von VincenteCleruzio (12. Juni 2015 um 19:12)

  • megatooth
    Coucher
    • 12. Juni 2015 um 19:11
    • #27

    Also ein wenig befremdlich wirkt das schon, wenn du in anderen Beiträgen gegen Korruption wetterst (zumindest habe ich das so in Erinnerung), im Falle von Benkos "Intervention" aber Nachsicht walten lässt. Ist ihm Deiner Meinung nach vor Gericht kein "gerechtes" Urteil widerfahren?

  • VincenteCleruzio
    un galant´omu
    • 12. Juni 2015 um 20:22
    • #28
    Zitat von megatooth

    Also ein wenig befremdlich wirkt das schon, wenn du in anderen Beiträgen gegen Korruption wetterst (zumindest habe ich das so in Erinnerung), im Falle von Benkos "Intervention" aber Nachsicht walten lässt. Ist ihm Deiner Meinung nach vor Gericht kein "gerechtes" Urteil widerfahren?


    Hartes Urteil, wenn auch vertretbar (aber das war nicht der Grund, warum ich meine Stimme für Benko erhoben habe: Ich bin immer schwer dafür, dass Verurteilten die Hand gereicht werden soll).

    Benko ist es laut den Feststellungen im Ersturteil darum gegangen, die Abgabenrechtsmittelbehörde in Mailand via den Ministerpräsidenten von Kroatien S (dem ein Erfolgshonorar von 150.000 Euro versprochen worden ist) und dessen italienischen Amtskollegen B dazu zu bringen, das schon lange dauernde Abgabenrechtsmittelverfahren "rasch und positiv" (für das Unternehmen Benkos) abzuschließen.

    Strafbar ist die (geplant gewesene) Intervention nach § 308 StGB nur, wenn die "Einflussnahme" auf die "Entscheidungsfindung" des Amtsträgers (hier die Finanzbeamten der Rechtsmittelinstanz) "ungebührlich" ist.

    "Ungebührlich" ist sie, wenn

    a. dem Amtsträger ein "ungebührlicher vermögenswerter Vorteil" wie Geld geboten, versprochen oder gewährt werden soll (war hier nicht der Fall);

    oder

    b. wenn der Amtsträger sein Amtsgeschäft "pflichtwidrig" vornehmen oder unterlassen soll.

    Dazu der OGH: "Bei Ausübung von Ermessen" (gemeint ist, welcher Akt zuerst bearbeitet wird) "liegt Pflichtwidrigkeit ... vor, wenn die Dienstverrichtung auf unsachlichen Beweggründen des Amtsträgers beruht .... Zwar ist der Generalprokuratur beizupflichten, dass allein mit dem konstatierten "rascheren und positiven" Verfahrensabschluss ... pflichtwidriges Verhalten des Amtsträgers noch nicht angesprochen wird. Die Beschwerdeführerin lässt aber die weiteren (im Rahmen der Beweiswürdigung getroffenen) Urteilsannahmen des ErstG außer Betracht, wonach "eine Einflussnahme auf die zuständigen italienischen Steuerbeamten geplant war, auf dass diese ihr Amt parteilich ausüben" ... . Solcherart hat die Einzelrichterin ... zum Ausdruck gebracht, dass die Einflussnahme auf eine im dargelegten Sinn unsachliche Ermessensübung abzielen sollte. Dieser Befund wird im Übrigen durch das ... Erkenntnis ... erhärtet, wonach sich die geplante Intervention auf eine "bevorzugend rasche" Behandlung des Rechtsmittelverfahrens und eine "parteiliche Entscheidung" zugunsten der Si***** richtete ... ."

    In der Pressekonferenz danach hat der Präsident des OGH etwas zu meiner Beruhigung beigetragen laut Handelsblatt: "Wenn ein Anwalt in einem Verwaltungsverfahren interveniere, könne man nicht von einem zulässigen Druck sprechen, nicht aber, wenn der Ministerpräsident etwas tun soll, sagte Ratz in seiner Begründung".

    Weil ich aber ein vorsichtiger Mensch bin, sage ich zu meinen Mandanten seither immer, wenn sie mich bitten, ich solle dem zuständigen (entscheidungs-)faulen Staatsanwalt "Dampf machen", damit er das Ermittlungsverfahren endlich einstelle: "Nichts mache ich lieber als das, aber bitte, bitte zahlen Sie mir nur ja kein Geld für diese Intervention, sonst sind wir möglicherweise beide dran wegen § 308 StGB".

    Einmal editiert, zuletzt von VincenteCleruzio (12. Juni 2015 um 20:28)

  • megatooth
    Coucher
    • 12. Juni 2015 um 20:53
    • #29

    Interessant, obgleich man als Laie fast jeden Satz mindestens zweimal lesen muss. Jedenfalls Dank für die ausführliche Stellungnahme.

  • alekhin
    WTF?
    • 15. Juni 2015 um 08:52
    • #30
    Zitat von VincenteCleruzio

    Ich bin immer schwer dafür, dass Verurteilten die Hand gereicht werden soll


    Alles andere waere ja auch sehr sinnfrei. Man sperrt jemanden ein, in der Hoffnung dass dieser sich bessern moege -
    ohnedies oft nicht der Fall - und wenn der dann wieder raus ist, misstraut man ihm weiterhin und treibt ihn so recht
    sicher neuerlich in kriminelle Handlungen. Nicht so wirklich intelligent oder?

  • Vaclav Nedomansky
    Austeilgeilist
    • 15. Juni 2015 um 15:38
    • #31

    Wer treibt wen zu kriminellen Handlungen?

    Wer kriminelle Handlungen setzt, macht dies zu 99,9 % aus eigenem Antrieb...

    Oder wurde mittlerweile auch der freie Wille von der EU abgeschafft?

  • Vaclav Nedomansky
    Austeilgeilist
    • 15. Juni 2015 um 17:27
    • #32

    Ja, die Philosophie ist ja immer so realitätsbezogen.

    Im stillen Kämmerlein und unter Gleichgesinnten ist die Welt und der Umgang mit dem Menschen immer so einfach und so schön ab zu handeln.

    Nur leider, leider spielt die Realität da immer wieder einen Streich.

    Es gibt ja nicht nur die Guten, hin und an gibt es ganz, ganz Böse, die sich nicht und nicht an die Spielregeln halten wollen. Ist schon unfair, das Leben...

  • alekhin
    WTF?
    • 16. Juni 2015 um 10:29
    • #33

    Vaclaf, ich lass das jetzt an der Stelle - geht schon sehr weit Off Topic von der Griechenlandkrise.
    Falls dich das Thema interessiert, wenn du einen Thread dazu aufmachst geh ich die Argumentation suchen.
    Ging (in deinem Szenario) um die Frage, ob in dieser Situation die Guten wirklich gut sind - Antwort nein.
    Aber wie gesagt: Zu sehr Off Topic

    Und @Philosophie: Ja, ist sie wirklich. Aber auch die Mutter aller Wissenschaften hat das Problem ihrer Kinder -
    sie (und ihre Erkenntnisse) sind beim heutigen Stand nicht mehr in 5 Minuten bei einem Kaffee erklaert.

  • VSVrulz
    Brachialpazifist
    • 16. Juni 2015 um 11:10
    • #34

    Welche Strafen wären für dich besser? Bzw. wie würdest du bei Vermögensdelikten oder Körperverletzungen ein System schaffen, das dem Handelnden suggeriert, dass sein negatives Verhalten auch für ihn negative Konsequenzen hat?
    Oder glaubst du, dass alle Menschen von sich aus nie negativ gegen andere handeln würden in einer "Regelfreien Welt "?

    Ernst gemeinte Fragen

  • Vaclav Nedomansky
    Austeilgeilist
    • 16. Juni 2015 um 12:41
    • #35

    Wie diese gefängnisfreie, regelfreie (?) Welt funktionieren soll, würde mich auch interessieren...

  • VSVrulz
    Brachialpazifist
    • 16. Juni 2015 um 12:52
    • #36

    Vielleicht erfährst es auch mit etwas weniger zynischem Unterton.

  • Vaclav Nedomansky
    Austeilgeilist
    • 16. Juni 2015 um 13:08
    • #37

    Kein zynischer Ober- oder auch Unterton...

    Vorerst wertfreies Interesse, was die zeitgenössische Philosophie als Lösungsmodell zu bieten hat.

    Bisherige Vorläufermodelle waren ja nur von begrenztem Erfolg in der Praxis...

  • VSVrulz
    Brachialpazifist
    • 16. Juni 2015 um 13:15
    • #38

    Dann tut mir meine Misinterpretation leid, mir ward als hätte ich da was gelesen ;)

  • alekhin
    WTF?
    • 16. Juni 2015 um 14:02
    • #39

    Ich habe da jetzt kein Patentrezept. Aber um etwas zu erklaeren was die "Baustelle" ist:

    Nimm z.B. einen Moerder / Kinderschaender. Der wird erwischt und geht ins Gefaengnis, fuer 20 Jahre oder so.
    Die Frage: Ist das Gerechtigkeit oder Rache? Und die Antwort war denke ich Rache, weil es dem
    ersten Verbrechen (Mord / Kinderschaendung) ein zweites (den Freiheitsentzug) folgen laesst.
    Da gings in dem Fall glaube ich darum, dass man mehr Hilfe anbieten muesste. Das kann trotzdem auch eine
    geschlossene Anstalt sein, aber Primaeraspekt muesste sein dem Verbrecher dabei zu helfen
    das Delikt nicht zu wiederholen, anstatt ihn zu "bestrafen" - was die Wiederholungsrate nicht senkt.

    Bei Vermoegensdelikten wuerde ich argumentieren, dass es da zwei (oder mehr) Beweggruende gibt.
    Krankheit oder ungerechte Vermoegensverteilung (subjektive Wahrnehmung). Im Falle von Krankheit
    (also z.B. die Menschen die stehlen obwohl sie die Dinge kaufen koennten / gar nicht brauchen, z.B.)
    ginge das ganze wieder Richtung einer Therapie (Kleptomanie war das, oder?).
    Wenn jemand stiehlt, weil er sich von der Gesellschaft benachteiligt fuehlt (z.B. ein Orangenpfluecker
    mit Stundenlohn 1 Dollar bestiehlt einen Banker oder dessen Sekretaerin) - besteht da Ungerechtigkeit?
    (Also unfaire Behandlung als erstes "Verbrechen" der Allgemeinheit dieser Person gegenueber).
    Ist der Lohn des Orangenpflueckers zu gering / kann der Banker erklaeren warum sein hoeherer Verdienst
    gerechtfertigt ist? Lohn zu gering - Lohn erhoehen / Bankerlohn kuerzen.
    Lohn gerecht - dann dem Orangenpfluecker klarmachen dass der Banker eben durch seine Arbeit so
    vielen Menschen hilft, dass sein viel hoeherer Lohn gerechtfertigt ist. Geht wieder davon aus, dass ich
    als gesunder / normale Mensch den anderen nicht bestehle, auch wenn er besser verdienen sollte als ich, wenn ich
    der Meinung bin / akzeptieren kann selbiger verdient dieses hoehere Entgelt auch.

    Also allgemein: Das System nach dem wir unser Zusammenleben regeln hat viele Schwachstellen. Besser
    als die einzusperren, die daran in irgendeiner Form kaputtgehen waere es das System so zu aendern dass
    das mit weniger Menschen passiert. In der "Umbauphase" den Menschen Hilfe anbieten, anstatt zu bestrafen.

    Das alles ist zugegeben sehr utopisch (zumindest in meinen Ohren), wie gesagt: Grundproblem: Lassen wir
    dem ersten Verbrechen ein zweites (die Bestrafung) folgen, wird die Welt dadurch nicht besser.

    Regelfrei: Steht glaube ich so nicht zur Diskussion. Aber Regeln muessen auch Sinn machen.

    Frei interpretiert nach Kant: Angenommen wir sind alle noch in Abrahams Suppenkessel. Wuerden wir alle
    dort unserem heutigen System zustimmen auch wenn wir nicht wuessten dass wir:
    a) Nicht in Armut geboren werden, eventuell keine Chance auf Bildung haben werden (z.B. der Orangenpfluecker
    als Sohn illegaler Einwanderer irgendwo im Sueden der USA)
    b) Nicht als Kind vergewaltigt wuerden (viele Kinderschaender - nicht alle - waren selbst einmal Opfer) und in
    weiterer Folge mit einer sexuellen Stoerung leben muessten die uns selbst fuer Kinder gefaehrlich macht?
    c) ...

    Ist eine Frage die sich fuer mich / euch so (hoffentlich) nicht stellt - aber wenn, wie wuerden wir entscheiden?
    Und wenn wir in obigem Fall das System / die Regeln verbessern / aendern wuerden, warum machen wir das
    in unser jetzigen Situation nicht trotzdem? Machen wir uns durch diese Unterlassung nicht an vielen sehr
    unschoenen Verbrechen mitschuldig?

    Edit: Falls da jetzt noch mehr an Repliken kommt, waere es wohl wirklich hoechst an der Zeit einen eigenen
    Thread fuer das Thema aufzumachen..

    4 Mal editiert, zuletzt von alekhin (16. Juni 2015 um 14:22)

  • VincenteCleruzio
    un galant´omu
    • 16. Juni 2015 um 15:30
    • #40
    Zitat von Vaclav Nedomansky


    ... Wer treibt wen zu kriminellen Handlungen? ...


    Ausgangspunkt der Off-Topic-Diskussion war ein Naserümpfen über die Einladung eines Tiroler Immobilienentwicklers zu dem Obskuranten-Treffen in Telfs mit dem Hinweis, dass dieser Tiroler ja vor nicht allzu langer Zeit wegen des Versuchs der verbotenen Intervention vom einem Wiener Gericht verurteilt worden ist ("Vorbestrafter"). Ich habe gemeint, dass man einem Verurteilten eine "Vorstrafe" nach Möglichkeit nicht vorhalten soll, sondern dass man ihm "die Hand reichen soll", um ihn zurück in die Gesellschaft zu holen.

    Und das hat auch mit Deiner Frage zu tun. In den 50/60er Jahren des letzten Jahrhunderts hat man durch Befragung von Menschen (als Täter oder Opfer) entdeckt, dass die Begehung gerichtlich strafbarer Handlungen eine ziemlich weit verbreitete Angelegenheit ist - in Ö werden zB jeden Sonntag mehr (Zeitungs)Diebstähle begangen als all die Delikte zusammen, die im ganzen Jahr der Polizei sonst bekannt werden durch Strafanzeigen oder eigene Ermittlungen ("Dunkelfeldforschung").

    Und dann hat man noch ein interessantes Phänomen entdeckt, nämlich dass die Straftäter, die erwischt und verurteilt werden und gar Freiheitsstrafen in Gefängnissen verbüßen, häufiger Straftaten wiederholen, also häufiger rückfällig werden als Straftäter, deren Taten nicht entdeckt werden und die deshalb nicht verfolgt werden.

    Aber warum? Wir Menschen richten unser Verhalten nicht zuletzt danach, wie wir glauben, von anderen Menschen gesehen zu werden, und was sie von uns erwarten. Der Bankangestellte am Schalter und seine Vorgesetzten glauben, dass wir von ihm erwarten, dass er einen seriösen Eindruck macht und formell gekleidet ist (dunkler Anzug, Krawatte, weißes Hemd); ergo kleidet er sich so und empfängt uns nicht in Shorts und im grellen Hawaiihemd.

    Wenn wir einen Straftäter als Straftäter bezeichnen - und das lässt sich in einem Strafverfahren schwer vermeiden -, und vor allem, wenn wir ihn auch noch nach dem Strafverfahren und der verbüßten Strafe öffentlich als Straftäter abstempeln, an den Pranger stellen, dann besteht immer die Gefahr, dass er früher oder später diese ihm zugedachte Rolle akzeptiert und danach lebt ("Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert").

    Das gilt es so weit wie möglich zu vermeiden.

  • Vaclav Nedomansky
    Austeilgeilist
    • 16. Juni 2015 um 15:50
    • #41

    Wir sehen da auch immer diejenigen, die nach einer Haftstrafe rückfällig werden.

    Es gibt aber auch wohl jene - du wirst das besser wissen - die aus einer Haftstrafe lernen und dann weiterhin unauffällig bleiben.

    Auch die Rückfallstäter treffen eine bewusste Entscheidung, indem sie ihr kriminelles Leben fortsetzen. Jetzt mit oder ohne Knast. Ob der Knast jetzt die kriminelle Energie verstärkt, oder es auch ohne Knast zu erhöhter, krimineller Weiterbetätigung gekommen wäre, ist wohl kaum ergründbar.

    Allheilmittel ist der Knast sicherlich nicht, nur, gibt es Alternative - die jetzt auch leistbar und erfolgversprechend sind?

    Resozialisierung soll und muss angewandt werden. Nur stösst sie oft wohl an individuelle Grenzen.

    Menschen sind, noch, die EU arbeitet schon dran, keine programmierbaren Maschinen...

  • megatooth
    Coucher
    • 16. Juni 2015 um 15:59
    • #42
    Zitat von VincenteCleruzio

    Und dann hat man noch ein interessantes Phänomen entdeckt, nämlich dass die Straftäter, die erwischt und verurteilt werden und gar Freiheitsstrafen in Gefängnissen verbüßen, häufiger Straftaten wiederholen, also häufiger rückfällig werden als Straftäter, deren Taten nicht entdeckt werden und die deshalb nicht verfolgt werden.

    Ein bisschen provokant formuliert, aber ernst gemeint: wie kommt man zu solchen Schlüssen - Telefonumfrage?
    Z. B. Nur weil einer beim ersten Mal Fingerabdrücke hinterlässt, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass er nichts dazulernt und in der Folge auch keine Handschuhe trägt.

  • alekhin
    WTF?
    • 16. Juni 2015 um 17:19
    • #43
    Zitat von Vaclav Nedomansky

    Auch die Rückfallstäter treffen eine bewusste Entscheidung, indem sie ihr kriminelles Leben fortsetzen. Jetzt mit oder ohne Knast. Ob der Knast jetzt die kriminelle Energie verstärkt, oder es auch ohne Knast zu erhöhter, krimineller Weiterbetätigung gekommen wäre, ist wohl kaum ergründbar.

    Eben schon. Genau so eine Studie zitiert Vincente vermutlich (ohne Quellenangabe zwar, aber bin mir nicht sicher ob so viel Formalitaet wirklich sein muss)

    Zitat von VincenteCleruzio

    Und dann hat man noch ein interessantes Phänomen entdeckt, nämlich dass die Straftäter, die erwischt und verurteilt werden und gar Freiheitsstrafen in Gefängnissen verbüßen, häufiger Straftaten wiederholen, also häufiger rückfällig werden als Straftäter, deren Taten nicht entdeckt werden und die deshalb nicht verfolgt werden.Aber warum? Wir Menschen richten unser Verhalten nicht zuletzt danach, wie wir glauben, von anderen Menschen gesehen zu werden, und was sie von uns erwarten.


    Zitat von megatooth

    Ein bisschen provokant formuliert, aber ernst gemeint: wie kommt man zu solchen Schlüssen - Telefonumfrage? Z. B. Nur weil einer beim ersten Mal Fingerabdrücke hinterlässt, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass er nichts dazulernt und in der Folge auch keine Handschuhe trägt.

    Ich vermute, durch anonymisierte Frageboegen in (Doppel-)Blindversuchen (also wo zum Beispiel der der den Fragebogen ausgibt / annimmt keinen Schimmer hat worums geht und der der die Frageboegen auswertet nie im selben Haus ist wie der der ihn ausfuellt) und die Garantie dass die Justiz in diese Dinge gar nicht involviert ist.

  • VincenteCleruzio
    un galant´omu
    • 16. Juni 2015 um 23:57
    • #44
    Zitat von Vaclav Nedomansky


    ... Allheilmittel ist der Knast sicherlich nicht, nur, gibt es Alternative - die jetzt auch leistbar und erfolgversprechend sind? ...


    Ja, die gibt es. Die Geldstrafe ist zB solch eine Alternative. Seit der Strafrechtsreform 1975 hat sie die bis dahin recht häufig verhängte kurze Freiheitsstrafe (bis sechs Monate) fast vollständig ersetzt.

    Auch die bedingt nachgesehene Geldstrafe (der Verurteilte muss sie nicht zahlen, wenn er innerhalb der "Probezeit" - meist 3 Jahre - nicht rückfällig wird) ist eine Erfolgsstory, jedenfalls im Westen von Österreich: Im Sprengel des Oberlandesgerichts Innsbruck sind bis vor ein paar Jahren rund 70 Prozent der Ersttäter mit einer vollständig bedingt nachgesehenen Geldstrafe davon gekommen, während im Oberlandesgerichtssprengel Wien von Anfang an (seit 1975) weniger als 1 Prozent mit dieser Strafe sanktioniert worden sind - die Rückfallshäufigkeit war in beiden Sprengeln dieselbe. Auch zur Beseitigung dieses "Ost-West-Gefälles" hat man vor ein paar Jahren die vollständige bedingte Nachsicht der Geldstrafe abgeschafft, sie darf seither nur noch "zur Hälfte" bedingt nachgesehen werden.

    Und die Vermeidung formeller Strafverfahren, vor allem der öffentlichen Hauptverhandlung mit der beschriebenen Gefahr der "Stigmatisierung" als Straftäter im Rahmen der "Diversion" (= Umleitung) durch "Zahlung eines Geldbetrags", Täter-Opfer-Ausgleich usw seit rund fünfzehn Jahren hat dazu geführt, dass in Österreich nicht mehr Jahr für Jahr gut 70.000 Menschen von Gerichten verurteilt werden, sondern nur noch gut 40.000.

    Wichtig ist, und da sind sich die Kriminologen weltweit einig, dass Straftaten und Täter entdeckt werden und dass auf Straftaten staatliche Reaktionen erfolgen. Ganz unwichtig aber ist, ob hohe oder niedrige Strafen angedroht und verhängt werden, dies wirkt sich auf die Zahl der (Rückfalls)Delikte kaum aus. Die Vorstellung, dass hohe Strafdrohungen und hohe Strafen mehr Menschen von der Begehung von Straftaten abhalten oder mehr Rückfälle verhindern, das glauben nur noch Stammtischbrüder und sonstige Politiker.

    Zu den Dunkelfeldforschungen seit den Fünfziger Jahren: Zunächst hat man vor allem in den USA (Jus)Studenten und in Schweden Wehrpflichtige bei den Musterungen unter der Zusicherung der Anonymität darüber befragt, ob sie in einem bestimmten Zeitraum gerichtlich strafbare Taten begangen haben und, wenn ja, welche.

    Später hat man mit den aus der Meinungsforschung bekannten Standardverfahren für Zwecke der Täter- und Opferbefragungen ("Sind Sie in den letzten drei Jahren Opfer einer gerichtlichen Straftat geworden") repräsentative Bevölkerungsgruppen ausgewählt und die Ergebnisse dieser Befragungen hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung und diese Zahlen verglichen mit den Anzeige- und Verurteiltenstatistiken entdeckter und verfolgter Straftäter: Dabei hat sich dann immer herausgestellt, dass es ein je nach Deliktsart mehr oder weniger großes Feld unentdeckter und daher unverfolgter Straftaten gibt ("Dunkelfeld").

    Und man hat Rückfallsstatistiken verfolgter Straftäter verglichen mit den von nicht entdeckten Straftätern durch Befragung erforschten Rückfällen und dabei festgestellt, dass verfolgte Straftäter öfter rückfällig werden als unentdeckte Straftäter. Und die Erklärung für dieses Phänomen, das vor allem die Strafrichter aus den Schuhen gehaut hat, ist der von mir oben beschriebene "Stigmatisierungs/Etikettierungsansatz" oder "labeling approach´"

  • alekhin
    WTF?
    • 17. Juni 2015 um 01:24
    • #45

    Mal wieder back to topic:

    https://www.youtube.com/watch?v=YF4XJ9gs6Bo

    (Keynote Speech von Yanis Varoufakis auf der Veranstaltung "Die Zukunft des Euroraums in der EU"
    am 08.06.2015 in der Französischen Friedrichstadtkirche, Berlin)

  • VSVrulz
    Brachialpazifist
    • 17. Juni 2015 um 09:48
    • #46

    @VincenteCleruzio danke, super Beitrag

  • Vaclav Nedomansky
    Austeilgeilist
    • 17. Juni 2015 um 10:39
    • #47

    Für kleinere Vergehen sind Geldstrafen sicher sinnvoll.

    Bei der Diversion hab ich da schon meine Bedenken.

    Die die Kohle haben kaufen sich frei (Ecclestone). Die die keine Kohle haben gehen trotzdem sitzen.


    Sagt ja auch niemand, dass Gefängnisstrafen so toll sind, nur fehlt die entsprechende Alternative. Und um die ging es ja in der Diskussion.

    Schwerverbrechen - wie willst damit umgehen?

    Es gibt ja nicht nur den sprichwörtlichen Eierdieb...


    Und Umfragen und Feldforschung werden in Auftrag gegeben. Da muss man immer nachfragen von wem. Dementsprechend fallen die meist aus. Von der Erstellung solcher 'Gutachten' leben die Institute und Gutachter.

    Aber das weißt als Strafverteidiger eh am besten...

  • megatooth
    Coucher
    • 17. Juni 2015 um 10:59
    • #48

    Bin auch der Ansicht, dass generell solche Resultate hinterfragenswert sind, z. B. wenn ich da an die letzte österreichbezogene Alkoholstatistik (war vor ein paar Monaten hier im Forum ein Thema) denke, die signifikant von ähnlichen aktuellen Erhebungen abwich, imo ganz im Sinne des damaligen Auftraggebers.

  • Capsaicin
    #VIC #MAN #TBL
    • 17. Juni 2015 um 12:59
    • #49

    Griechenland-Krise kann als beendet angesehen werden. Werner kümmert sich jetzt persönlich darum. Freundschaft!

  • alekhin
    WTF?
    • 17. Juni 2015 um 13:00
    • #50

    @Vaclaf: Also, bei Studien - gerade von Universitaeten durchgefuehrt - kann man denke ich schon von ordentlicher Arbeitsweise ausgehen.
    Bei politisch gefoerderten Unternehmen hast du natuerlich recht - dort gibts sicher auch "Auftragsarbeiten". Das ist auch (mit) ein Grund
    warum ich z.B. die Universitaeten finanziell gern besser stellen wuerde - um jede Aussicht auf eine "Auftragsarbeitskultur" zu minimieren.

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