Gerade diesen - wie ich finde - hervorragenden Kommentar von James Duthie auf tsn.ca gelesen - spricht mir voll aus der Seele.
Wenn ich mir vor ein paar Jahren gedacht habe, dass das kurzfristige Denken im Sport nimmer schlimmer werden kann, stellt's mir mittlerweile nur mehr die Haare auf, wie aktuell in allen möglichen Sportarten und eben auch im Eishockey fast jeder Moment mit Tonnen von Bedeutung beschwert wird und oft schon nach nur ein paar Vorbereitungsspielen ganze Krisen- und Untergangsszenarien herbeigemalt werden und die Coaches vom ersten Circle-Training an unter der täglichen Rechtfertigungs-Bringschuld stehen.
Sicher spielt es eine Rolle, dass es mittlerweile viel mehr Trainer als offene Trainer-Jobs gibt und darum der stete Auswechselkreislauf auch was Natürliches in sich hat. Die Funktionsvielfalt mit Manager, Sportdirektor, Beirat et al macht das Leben auch nicht gerade einfacher. In Europa hat sich auch die Fankultur und -struktur etwas verändert, womit auch dieses Sprachrohr in einer lauteren Form auftritt. Genauso wie die modernen social media- und Blog-Zeiten es möglich machen, das Hinz und Kunz und Leut' wie nordiques! ihren teils qualifizierten und teils unqualifizierten Senf undifferenziert auf die Welt loslassen können.
Aber den Hauptgrund für die Kurzsichtigkeit sehe ich in der Epidemie der Experten im Fernsehen und anderen Medien. Experten werden dafür bezahlt, dass sie irgendwas analysieren und kritisieren, und das machen sie dann auch sehr brav und willig, selbst dann, wenn es mal nichts zu analysieren und kritisieren gibt. Und das ist in Wahrheit viel öfter der Fall, als es uns die Experten A, B, C ... weismachen wollen. Eishockey z.B. wird gespielt und nicht geredet und vieles, was im Spiel passiert, passiert einfach, weil es passiert, und nicht weil es bewusst so zum Passieren gebracht worden ist. Sport ist oft auch eine Verkettung von Fehlern, weil wie mal ein weiser Mensch gesagt hat: "Ohne Fehler fallen keine Tore". Darum sind Fehler auch nicht per se negativ. Schon gar nicht aus der Sicht des Unterhaltungsfaktors. Aber die Geisel des Fernsehens und der Medien generell ist es nun einmal, dass immer etwas passieren muss, denn Nichtpassieren lässt sich nun mal nicht so gut verkaufen. Also geht man her und produziert eine Wunderwelt, in der angeblich ständig etwas Aufregendes und Total-Wichtiges vor der Tür steht, auch wenn es noch so banal und nebensächlich ist. Und in der jeder noch so unwichtige Moment eines Spiels aufgebläht und zerredet wird, als ob Leib und Leben davon abhängen würde.
Das Traurige an der Sache ist, dass dies mittlerweile auch von Menschen gemacht wird, die früher selber aktiv in ihrem Sport tätig gewesen sind. Und die es eigentlich besser wissen müssten. Und die anscheinend nicht merken, dass sie mit ihrer Daueranalyse ihrem Sport einen Teil seines Wesens und seiner Unbekümmertheit rauben. Die Grenze, wo das einen wirklichen Sinn macht, ist imo in vielen Bereichen schon längst überschritten. Und die Folge ist, dass mit dem permanenten Wichtigmachen von unwichtigen Sachen diese Sachen dann plötzlich wirklich als wichtig gelten und wahrgenommen werden. Mit allen Folgen und Konsequenzen. Mich würde nur mal freuen, wenn man sich dieser Verantwortung auch einmal bewusst werden würde.