Der HC Lugano auf der Achterbahn zum Sieg
6:4 am Schluefweg - die Tessiner gleichen die Serie gegen Kloten zum 1:1 aus
Der HC Lugano hat die Halbfinalserie gegen Kloten ausgeglichen. Am Schluefweg setzte er sich trotz frühem 0:2-Rückstand und nach einem seltenen Spektakel 6:4 durch. Zu einer einseitigen Angelegenheit droht die andere Serie zu werden. Titelhalter Davos gewann gegen Rapperswil-Jona auch die zweite Partie, diesmal auswärts 5:2.
Während der Ewigkeit von 44 Qualifikationsrunden hatte das Klotener Publikum vergebens auf das grosse Spektakel gewartet. Nun wird es ihm kübelweise serviert. Der zweite Halbfinal-Abend avancierte zu einer Achterbahnfahrt der Emotionen, die niemanden unberührt liess und eigentlich keinen Verlierer verdient hätte. Doch am Schluss waren es die Zürcher, die mit hängenden Köpfen vom Eis schlichen. Zwar hatten sie im dritten Drittel - nach einer Spieldauerdisziplinarstrafe gegen den Luganese Reuille - quasi aus dem Nichts ins Spiel zurückgefunden und durch Tore von Bärtschi (52./in doppelter numerischer Überzahl) und Rintanen (53.) innert 59 Sekunden einen 2:4 Rückstand wettgemacht, doch als am Schluefweg alle Dämme brachen, war es die überragende Ausländer-Fraktion der Tessiner, die als Einzige die Übersicht behielt: Der Finne Peltonen (58.) traf zum 5:4. Sein kongenialer kanadischer Sturmpartner Metropolit setzte eine Sekunde vor der letzten Sirene mit einem Schuss ins leere Tor den Schlusspunkt: 6:4.
Zum dritten Mal ausverkauft
Die sportliche Renaissance der Flyers hat dem Besuch von Eishockeyspielen am Schluefweg zu neuem (alten) Sozialprestige verholfen. Mit 7561 Zuschauern war das Stadion zum zweiten Mal innerhalb von fünf Tagen - zum dritten Mal in dieser Saison - ausverkauft. Doch nicht nur der Rahmen, auch das Geschehen im Rink erinnerte zunächst an die grossen Klotener Eiszeiten. Euphorisiert vom Sieg in Lugano, fegten die Flyers im Startdrittel wie im Rausch übers Eis. Angeführt von ihrer Paradelinie Rintanen/Pittis/Bärtschi drängten sie die Tessiner praktisch ab dem ersten Bully in die Rückwärtsbewegung - und legten bis zur 12. Minute zwei Treffer vor. Im Zentrum stand dabei Kimmo Rintanen, der finnische Topscorer der Zürcher, der mit jedem Schritt an Überzeugungskraft zu gewinnen schien. Zunächst düpierte er Lugano-Goalie Rüeger mit einem Schlenzer aus der Halbdistanz (5.), sechs Minuten später zirkelte er die Scheibe nach einem Energieanfall auf den Stock von Verteidiger Guignard: 2:0.
Stephan nicht auf der Höhe der Aufgabe
Das Klotener Glück war schon fast perfekt, da leistete sich das Eldebrink-Team die einzige Unachtsamkeit des ersten Abschnitts - nur 68 Sekunden nach dem zweiten Treffer. Nach einem Fehlpass Ramholts lenkte Murovic einen Querpass von Näser zum Anschlusstreffer über die Linie. Das Tor war alles andere als zwingend, doch es sollte für den weiteren Verlauf des Abends grosse Bedeutung haben. Denn es reduzierte den Ertrag der vielleicht stärksten Klotener Phase der gesamten Play-offs auf ein Minimum und manövrierte die Luganesi zurück in Lauerstellung. Das akzentuierte sich nach 75 Sekunden im Mitteldrittel: Flyers-Goalie Stephan liess einen Verlegenheitsschuss von Fuchs (aus ungünstigem Winkel abgegeben) zur allgemeinen Überraschung passieren.
Der zweite Gegentreffer setzte dem Klotener Schaulaufen ein jähes Ende und verlieh dem Spiel völlig neue Konturen. Waren die Flyers in der Anfangsphase übers Eis geflogen, fuhren die Tessiner nun Metro(polit). Unter der Regie ihres Topscorers Glen Metropolit verschoben sie den Brennpunkt sukzessive in die gegnerische Zone. In der 29. Minute schaltete sich der Kanadier zum dritten Mal in der Halbfinal-Serie (und zum dritten Mal im Powerplay) in die Torproduktion ein. Eine Massvorlage Peltonens verwertete er zum 3:2. Und als Peltonen in der 47. Minute mit dem zweiten Überzahl-Tor (via Flyers-Goalie Stephan) das 4:2 erzielte, schien die Partie entschieden. Aber das war ein Trugschluss. Denn das war nur der Anfang eines grandiosen Schlussfuriosos.
Der HC Davos mit meisterlicher Effizienz
Rapperswil-Jona erneut ohne Chance - 2:5 gegen den Meister
Während an den Gestaden des oberen Zürichsees die Saison für den Zirkus Knie den Anfang nimmt, scheint sich diejenige der Lakers schnell dem Ende zu nähern. Ohne jede Erfolgschance unterlagen die Rapperswiler im zweiten Match des Play-off-Halbfinals mit der höchsten Heimniederlage (2:5). Dem Meister aus Davos reichte, wie schon im Startspiel, ein Doppelschlag kurz vor der zweiten Pause. Die Premiere im Lido-Stadion - die erstmalige Aufführung eines Halbfinals im Play-off - hatte aus der Perspektive des Heimteams denkbar schlecht begonnen. Schon in der dritten Minute schoss Guggisberg, im Duell der vierten Linien, Davos 1:0 in Führung. Das 2:0 Hauers in der achten Minute bedeutete dann einen weiteren Dämpfer für die Lakers. Der Verteidiger war (in Überzahl) hinter dem eigenen Tor gestartet und dribbelte ohne Mühe übers ganze Feld, ehe er Goalie Streit mühelos bezwingen konnte. Ambühls 5:1 im Schlussdrittel sowie Berglunds 5:2 in der zweitletzten Minute interessierten nur noch aus statistischer Optik.
Lakers ohne Glauben an den Sieg
Davos bestimmte das Geschehen, ohne viel dafür tun zu müssen. Die Lakers waren von Beginn weg zu sehr mit den eigenen Unzulänglichkeiten beschäftigt, als dass sie die Bündner vor ernsthafte Probleme hätten stellen können. Die St. Galler liessen all jene Stärken vermissen, die sie noch im Viertelfinal gegen Zug so stark gemacht hatten. Weder von der überragenden Organisation in der Defensive noch von dem in gefährlichen Kontern mündenden Transition-Game war etwas zu sehen. Stattdessen wurde das erwartungsfrohe Heimpublikum im ausverkauften Lido Zeuge unzähliger Fehlpässe seiner Mannschaft; dieser war der Glaube an den Sieg nie anzumerken. Trainer Gilligan hatte nach dem verlorenen Auftaktspiel in Davos mehr Intensität gefordert. Doch offenbar hat die schwere, sieben Spiele dauernde Serie im Viertelfinal gegen die Zentralschweizer den Lakers die Energie nachhaltig geraubt. Die zuvor dominierende Linie mit Berglund, Reid und Micheli konnte keine Akzente setzen, da die Ideen vom Gegner jeweils durchschaut wurden, ehe der Pass überhaupt gespielt werden konnte.
Der HCD noch mit Steigerungspotenzial
Davos reichte damit eine durchschnittliche Leistung. Die massiv grössere Play-off-Erfahrung erlaubte dem Meisters, jeweils dann zuzulegen, wenn es der Spielstand erforderte. So etwa, als nach dem Überzahl-Treffer Geyers in der 37. Minute kurz Hoffnung aufkeimte und Spieler wie Publikum aus ihrer Lethargie temporär erwachten. Der Gastgeber suchte den Ausgleich und hätte diesen durch Murray auch fast erzielt. Doch HCD-Topskorer Von Arx rettete für seinen Goalie auf der Linie und leitete sofort den Gegenangriff ein, den Wilson mit seinem vierten Play-off-Tor zum entscheidenden 3:1 abschloss. Als dann Marha nur 51 Sekunden später das 4:1 skorte, war die Konsternation auf Seite der Lakers komplett. Die Gefahr für Davos besteht nun darin, den Rest der Serie auf die leichte Schulter zu nehmen, sollten die Lakers doch noch verborgene Energie-Tanks anzapfen können.
Wunder im Schlussdrittel
ZSC Lions holen gegen Freiburg 0:2 auf und siegen nach 3 Powerplaytoren 3:2
Es geschehen noch Wunder im Rink. In der zweiten Play-out-Serie haben die ZSC Lions ihre Führung gegen Freiburg auf zwei Matchsiege ausgedehnt. Der frühere Aspirant auf den Titel holte eine 0:2-Rücklage auf und erzielte im Schlussdrittel drei Powerplay-Tore. Es war ein wertvolles Erlebnis für die zweifelnden und kränkelnden Stadtzürcher, denn während zweier Drittel waren es summa summarum die Freiburger gewesen, die die Scheibe und damit indirekt den Match gut kontrollierten. Die Vorentscheidung bahnte sich, das muss in dieser Deutlichkeit vermerkt werden, mit Mitwirken des Headschiedsrichters Bernt Reiber an. Er hatte lange Zeit viele Techtelmechtel und hohe Stöcke toleriert, bis im Schlussdrittel der Freiburger Zenhäusern für Stockschlag und Behinderung zwei kleine Strafen fasste. Ein sehr strenges Verdikt. Zu diesem Zeitpunkt stand der Match 1:2. Im x-ten Anlauf, im Drittel des Gegners endlich die Positionen zu beziehen zu können, gelang Karlberg der Ausgleich. Schliesslich war es dem neuen Teilzeitarbeiter Domenichelli vorbehalten, sein 60 000-Franken-Honorar mit dem Siegtreffer zu verzinsen.
Nach der Startniederlage zu Hause wurden die nun wohl vorentscheidend zurückliegenden Freiburger auf der Suche nach einem neuen Ausländer fündig - in diesem Fall war's der 15 «Söldner». Aus dem finnischen Kader von KaiPa Kuopio reiste der Tscheche Tomas Kurka an. Weil der 25-Jährige fünf Tage nicht mehr auf dem Eis gestanden hatte, gönnte ihm Trainer Mike McParland eine Schonfrist. Er musste später zähneknirschend erleben, wie der kanadische Verteidiger Cory Murphy nach einem Zusammenprall mit Verdacht auf eine Schulterverletzung die Kabine aufsuchte. Die Copains von Gottéron stellten auch mit nur vier Ausländern ihren Mann, sehr zum Schrecken der Stadtzürcher, die sich zwar ansatzweise bemühten, aber die grosse Linie sollte an diesem Abend nie richtig in ihre Blöcke kommen. Möglicherweise hatte der 2:0-Sieg an der Saane vor drei Tagen in Oerlikon da und dort die Optik wieder verschoben, es handele sich im Play-out um ein lästiges Kehraus-Intermezzo. Das dachte jedenfalls Radio DRS, das seine Telefonleitungen im Hallenstadion vorzeitig kündigte, so dass der dienstälteste welsche Reporter Jean-Jacques Besseaud die Leitung wieder öffnen lassen musste.
Keine Öffnung im Sinn einer Steigerung wollte à tout prix lange Zeit den Lions gelingen, die nach zwei Dritteln leistungsgerecht 0:2 im Rückstand lagen und im mittleren Spielabschnitt den läuferisch starken Wichser wegen Gehirnerschütterung und einer Schnittwunde am Kopf verloren. Das persönliche Pech des Flügels ist typisch für die Unbill der Zürcher. Anfang Woche hatte sich Wichser noch Infusionen geben lassen, um nach einer Darminfektion wieder zu Kräften zu gelangen. Er war lange Zeit einer der wenigen Pluspunkte im Team der Heimmannschaft gewesen, in deren Reihen der verletzte Kanadier Mike Richard (sein Vertrag läuft aus) für die nächste Saison neuerdings mit Siders Kontakt hält für einen möglichen Trainerjob.
ZSC-Trainer Beat Lautenschlager wird den zweiten Sieg in seinem zweiten Spiel als Trainer in der A-Liga kaum überbewerten. Ein Plus seiner Equipe lag in der grösseren Anzahl besserer Einzelspieler, von denen allerdings Topscorer Alston lange Zeit nicht überzeugte und der sich - den letzten Dienstag eingerechnet - vorerst drei kleine Strafen einhandelte. Die Freiburger vermochten im Boxplay lange Paroli zu bieten; ihr neuer amerikanischer Torhüter Tom Askey bot erneut eine herausragende Leistung. Aber die Personaldecke der Copains von der Saane ist eher knapp. Die zwei tauglichen Center, Holden und der bald 41-jährige Montandon, leisteten riesige Arbeitspensen.