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Analyse zu den KAC-TransfersDie Rotjacken richten ihren Blick viel weiter in die Zukunft
Der KAC hat sich Hausaufgaben auferlegt und seinen Kader deutlich verjüngt. Diese Saison nimmt der Klub zum Anlass, sie Punkt für Punkt abzuarbeiten. Juha Vuori soll für einen neuen roten Faden sorgen.
Von Martin Quendler | 17.00 Uhr, 01. September 2020
Corona hat zu einer Blasenbildung beigetragen. Keine Sportart kann sich derzeit davor wehren. Auch der KAC lebt derzeit zurückgezogen. Vielleicht noch disziplinierte als andere. Und irgendwie scheint es, als würde der Klub gar nicht so schlimm darunter leiden. Das Rampenlicht wird vermieden, es galt nach der vergangenen Saison einiges aufzuarbeiten und die Kräfte neu zu bündeln bzw. neu auszurichten. Während also andere nun davon träumen, die Gunst der Stunde zu nützen und der kommenden Saison den Stempel aufzudrücken, herrscht beim KAC generelle Skepsis und Zurückhaltung hinsichtlich Transfers. Nach dem Motto: Nur Verpflichtungen, die unbedingt sein müssen.
Auch das Saisonziel wird 2020/21 anders definiert als üblich: "Es wird keine normale Saison. Der Faktor Zuschauer lässt keine gesicherte wirtschaftliche Prognose zu. Unser vordringliches Ziel lautet Weiterentwicklung von österreichischen Spielern. Natürlich unter dem Aspekt, erfolgreich zu sein", sagt General Manager Oliver Pilloni und ergänzt: "Wir wollen eine geregelte Meisterschaft spielen und keine großen wirtschaftlichen Schäden erleiden."
Lange war der KAC ein massiver Befürworter eines Transferstopps. Auch weil die Klagenfurter über ein stabiles Gerüst aus rot-weiß-roten Akteuren verfügen. Diese wurden schon vor der Corona-Krise verlängert. Die Liga jedoch verständigte sich darauf, dass solche Verlautbarungen (Spieler wie Manuel Ganahl, Nick Petersen, Thomas Koch, David Fischer, Stefan Geier, Manuel Geier, Martin Schumnigsowie Niki Kraus waren Betroffene) nicht zulässig sind. Das nur nebenbei.
Große Macht für Co-Trainer
Im Fokus stand ohnehin die Besetzung des Co-Trainers. Mensonen hatte sich abgenützt, frisches Blut mit sozialem Gespür und Fachwissen aus Finnland (um eine sprachliche Barriere mit Headcoach Petri Matikainen zu vermeiden) wurde gesucht. Juha Vuori, der Finne unterrichtete an der Eishockey-Universität Vierumäki, sollte seinen Landsmann nicht nur taktisch unterstützen. Seine Aufgabe ist die Entwicklung im KAC-Haus voranzutreiben, vor allem jedoch im Klub eine durchgängige Strategie einzuführen. Konflikte mit Nachwuchstrainern sind vorprogrammiert. Auch der Torhüter-Coach ist neu. Der Slowene Andrej Hocevar soll sich um die gesamte Goalie-Entwicklung bei den Rotjacken kümmern.
Noch scheint der KAC bei seinen Transfertätigkeiten, nicht auf das Reserve-Scheckbuch angewiesen zu sein. Lars Haugen verließ den Klub und der Plan lautete vorerst mit David Madlener als Nummer Eins ins Rennen zu gehen. Allerdings zog sich der Vorarlberger eine lästige Verletzung zu. Mit Sebastian Dahm wurde ein alter (Liga-)Bekannter mit ausreichend Qualität (aber kein Meister-Haugen) geholt. "Das bedeutet aber nicht, dass sich in unserem Vertrauen in Madlener etwas geändert hat", hält Pilloni fest. Eine interessante Hintergrund-Information: Der Rotjacken-Geschäftsführer entschied den Dahm-Transfer nicht im Alleingang. Zu hören ist, dass hier auch der Spielerrat hinzugezogen worden ist, der keine Einwände hatte. Schließlich gilt in einem funktionierenden Gefüge auch darauf zu achten, dass das Mannschaftsklima nicht mit einem Transfer zerstört wird. Ob Vorauer/Holzer heuer Praxis sammeln dürfen? Wenn nicht jetzt, wann dann.
Defensive als Ungewissheit
Selbiges gilt für die Abwehrabteilung. Mit Publikumsliebling Patrick Harand kam Pilloni auf keinen grünen Zweig - eine (vielleicht unpopuläre) Vereinsentscheidung, die aber aufgrund einer beabsichtigten Verjüngung nur logisch erscheint. Niklas Würschl, Kele Steffler und David Maier - gleich drei Akteure erhalten die einzigartige Chance, sich ins Rampenlicht zu spielen. Die Personaldecke erweist sich dennoch schon vor dem Start als recht dünn. Viel Erfahrung weisen Martin Schumnig, Clemens Unterweger, Steven Strong sowie Neuzugang Blaz Gregorc vor.
Das größte Problem der vergangenen Saison: Im Spielaufbau stockte es. David Fischer blieb nach den vielen Abgängen, der letzte Verteidiger mit Offensivdrang und -qualitäten. Er wurde zudem mit fast 30 Minuten Eiszeit pro Partie "gesegnet". Nun fällt er drei Monate aus. Das alles muss kompensiert werden. Ob er beim Comeback seine alten Qualitäten sofort parat hat? "Ich will sehen, dass sich die anderen weiterentwickeln und vielleicht in neue Rollen schlüpfen. Es ist ein guter Moment dafür", zeigt sich Pilloni unbeeindruckt.
Die Frage ob Andrew Kozek oder Nick Petersen stellte sich in der Offensive nie. Seit Jänner herrschte Klarheit, dass Petersen in Klagenfurt bleibt. Und Kozek wechselte später an seine alte Wirkungsstätte Linz. Verletzung hin oder her - bei allen Verdiensten und bei allem Respekt: Vier Saisontore, wie im Vorjahr, sind einfach zu wenig. Die Fassade bröckelt. "Wenn er fit ist, ist er ein Extra-Spieler und ordnet sich nicht dem System unter. Er kann den Unterschied ausmachen. Wie einst Jamie Lundmark", analysiert der KAC-GM.
Center im Überfluss
Den Löwenanteil bilden im Angriff aber ohnehin die Österreicher: Thomas Koch, Thomas Hundertpfund, Johannes Bischofberger oder Kapitän Manuel Ganahl sind seit Jahren die soliden Zugpferde. Manuel Geier und Stefan Geier eröffnen den Rotjacken zumindest für eine weitere Saison Vielseitigkeit. Und mit Daniel Obersteiner, Lukas Haudum und Rok Ticar(sofern er dort eingesetzt wird) verfügt Matikainen über ein wahres Luxus-Problem auf der Centerposition.
Alles beim Alten? Nicht ganz. Frisches Blut soll aus dem Farmteam einfließen. Schon jetzt sank der Altersschnitt von 28,07 auf 26,67 Jahre. Pilloni gibt Einblicke in seine Strategie: "Natürlich hätte man sagen können, dass man alles ein bisschen durcheinander wirbeln muss. Aber es sind ja keine schlechten Leute im Team. Jede Liga-Mannschaft will ihre Kerngruppe behalten. Und der heimische Spielermarkt ist begrenzt. Aus der U17 und U18 versprechen wir uns, in den nächsten Jahren noch mehr Kadertiefe zu erhalten."
2013/14 als Warnung
Zum aktuellen Zeitpunkt weist der KAC-Kader lediglich fünf Imports vor. 22 Spieler haben den österreichischen Pass. Davon entstammen neun Cracks aus dem KAC-Nachwuchs und die Geier-Zwillinge laufen schon so lange für die Klagenfurter ein, dass sie längst Kärntnerisch sprechen müssten. Schon einmal ist bei den Rotjacken jedoch so ein österreichischer Schwerpunkt gescheitert (Saison 2013/14). Pilloni: "Ich hoffe nicht, dass eine lasche Mentalität heuer zum Problem wird und sich alle in Sicherheit wiegen. Der Trainer legt darauf das Hauptaugenmerk. Auch die Leader innerhalb der Mannschaft werden gefordert sein."
Fazit: Der KAC hält an einer schlüssigen Strategie fest und erteilt (derzeit) einem Wettrüsten in einer wirtschaftlich labilen Situation eine Absage. Davon muss er seine Anhänger überzeugen. Nur dann werden die großen Kritiker nach Niederlagen darauf verzichten, mit "Fackeln und Mistgabeln" vor dem KAC-Büro vorstellig zu werden. Sofern überhaupt gespielt werden kann.
Die Mannschaft wurde unter der Voraussetzung gebastelt, dass junge Spieler tatsächlich Erfahrung im Echtbetrieb sammeln können. Wenn nicht jetzt, wann dann? Die Rotjacken wollen ihre Zukunft gestalten und sich nicht nur treiben lassen. Vielleicht wird man in fünf Jahren rückblickend sagen, dass ein Ausbruch aus dem System gelungen ist. Und, dass genau diese Corona-Phase für eine goldene KAC-Periode ausschlaggebend gewesen war.