- Offizieller Beitrag
Interview–Eishockey als Ansporn für die Therapie gegen den Krebs
Alexander Rauchenwald (26) startete in Hochform in die Saison. Doch da war er bereits an Lymphdrüsenkrebs erkrankt. Wie er den Weg zurück meistert.
Von Martin Quendler | 05.50 Uhr, 24. Dezember 2019
Alexander Rauchenwald sitzt an diesem Dezembertag in einem Café in Velden. Es ist feucht-trüb und wärmer, als es sein sollte. Der Eishockey-Profi ist überpünktlich, hat sich vorsorglich Tee bestellt und nippt vorsichtig daran. Ihm gegenüber, keine zwei Meter entfernt, beäugen ihn verstohlen zwei alte Bekannte. Rauchenwald erkennt sie auf Anhieb. Irgendwann fällt der Groschen. Rauchenwald sieht nicht mehr so aus, wie man ihn kennt. Ihm fehlen seit Mitte Oktober die Haare. Er hat Krebs.
Wie geht es Ihnen?
Alexander Rauchenwald: Sehr gut, danke der Nachfrage.
Was denken Sie, wenn Sie in den Spiegel blicken?
Rauchendwald: Dass da jemand anderes steht. Jedes Mal, auch jetzt noch. Obwohl ich weiß, dass es nur vorübergehend ist. Aber ich geniere mich nicht. Im Fitnesscenter hat ja jeder Zweite eine Glatze.
Fitnesscenter?
Rauchendwald: Ganz genau. Ich trainiere mittlerweile sogar auf dem Eis mit meiner Mannschaft. Ich soll mich zwar nicht zu sehr belasten und nur das machen, was mir guttut. Aber das taugt mir, das hilft mir. Man kann die Krankheit nur annehmen.
Sie sind an Lymphdrüsenkrebs erkrankt. Haben Sie sich irgendwann gefragt: Warum eigentlich ich?
Rauchendwald: Nein, nie. Viele Menschen, die auch gegen Krebs gekämpft hatten, haben mich kontaktiert. Alle rieten mir, dass ich mich das niemals fragen darf.
ZUR PERSON
Alexander Rauchenwald
Geboren: 11. Mai 1993 in Villach
Karriere: spielte bis 2014 für VSV, wechselte 2014/15 zu Red Bull Salzburg, holte zwei Meistertitel (2015 und 2016), bislang 46 Einsätze für das Nationalteam (bei A-WM 2018 und 2019)
Stammt aus einer Eishockey-Familie: Gerald Rauchenwald (Papa), Peter Raffl (Onkel),
Thomas und Michael Raffl (Cousins)
Möchten Sie vom Moment erzählen, als Sie es erfahren haben?
Rauchendwald: Ich hatte Halsschmerzen und dachte, das sei harmlos. Nach zwei Wochen Antibiotika-Behandlung änderte sich nichts.
Haben Sie währenddessen gespielt?
Rauchendwald: Klar. Und sogar ganz gut. Obwohl der Krebs seit Mitte August da gewesen sein muss.
Wie ging es weiter?
Rauchendwald: Die Ärzte haben Untersuchungen durchgeführt. Erst Lungenröntgen, dann wurde mir eine Gewebeprobe entnommen. Das war ziemlich schlimm für mich, diese quälende Ungewissheit. Einen Tag später wurde ich vom Eis geholt und direkt ins Krankenhaus geschickt. Meine Eltern reisten zu diesem Zeitpunkt gerade nach Prag (NHL-Gastspiel von Cousin Michael Raffl mit den Philadelphia Flyers gegen Chicago, Anm.), drehten um und kamen zu mir. Es war ein Schock für alle. Andererseits wussten wir endlich, woran ich bin.
Was schoss Ihnen in diesem Moment durch den Kopf?
Rauchendwald: Mein Ziel ist es, den Krebs so schnell wie möglich zu besiegen. Ich habe damals gesagt, wir setzen uns jetzt in diesen Bus. Dieser fährt ohne Halt geradeaus, es wird nicht nach links oder rechts geblickt – ich ziehe das durch. Man kann die Erkrankung nur akzeptieren. Im Krankenhaus sprechen sie knallhart mit dir. Meine Freundin Nadine, meine Familie und meine Freunde unterstützen mich. Alles andere ist nebensächlich.
Nahmen Sie Hilfe in Anspruch?
Rauchendwald: Mir wurde psychologische Unterstützung angeboten, ich habe es abgelehnt. Ich war von Anfang an positiv. Nie habe ich mir Gedanken gemacht, was alles sein kann. Dieses Was-wäre-Wenn kam auf, wurde aber sofort ausgeblendet. Jetzt sehe ich, wie stark Familie und Freundschaften sind – und wie toll die Eishockey-Familie ist. Ich habe unzählige Genesungswünsche erhalten.
Glauben Sie eigentlich an Gott?
Rauchendwald: Schon. Ich habe eine Grundreligion, aber ich gehe nicht Kerzen anzünden in die Kirche. Manchmal bin ich da, halte inne, suche aber nicht Inspiration oder Ähnliches.
Haben Sie eigentlich erfahren, ob es irgendeinen möglichen Auslöser für den Krebs gegeben hat?
Rauchendwald: Das ist Zufallsprinzip, denke ich. Ich hatte ja keinen spektakulären Lebenswandel. Im Gegenteil. Ich bin Sportler, habe mich gesund ernährt.
Wie geht Ihr Umfeld mit Ihnen und der Erkrankung um?
Rauchendwald: Wie ich selbst auch haben sich alle gefragt, was auf mich wohl zukommt und wie ich die Therapien vertragen würde. Ich wollte aber nicht anders behandelt werden als zuvor. Und bis jetzt lief alles super, ich hatte kaum Nebenwirkungen. Zuletzt erhielt ich die Diagnose, dass keine Krebszellen mehr zu sehen seien.
Wie wurden Sie behandelt?
Rauchendwald: Die erste Etappe der Chemotherapie ist abgeschlossen. Mit der zweiten habe ich begonnen – die endet Anfang Jänner. Ab 20. Jänner erfolgt Bestrahlung.
Ist Eishockey spielen in so einer Situation wirklich ideal?
Rauchendwald: In Wahrheit verwende ich das Eishockey als Ansporn für die Therapie – soweit es möglich ist. Es hieß, ich müsste nach der Behandlung bei null starten. Ich dachte mir nur: Sicher nicht!
Womit lenken Sie sich ab?
Rauchendwald: Ich studiere intensiver Jus. Aber ich versuche, so oft wie möglich in der Eishalle zu sein.
Gönnen Sie sich hin und wieder eine Auszeit?
Rauchendwald: Klar. Wir fahren ans Meer. Nur fliegen sollte ich nicht. Ich könnte ja Krankheiten aufschnappen und dann verschiebt sich die Therapie. Die will ich aber so schnell wie möglich hinter mich bringen. Das Gift muss aus dem Körper raus.
Sie wirken sehr sachlich und unheimlich fokussiert. Ruft das eine so schwere Erkrankung hervor?
Rauchendwald: Man lebt sicher bewusster, nimmt Unwichtiges gelassener hin. Und man genießt das Leben, schätzt die kleinen Dinge viel mehr. Früher gab es Tage, da war ich nicht immer heiß aufs Training. Jetzt laufe ich mit einem breiten Grinser ein. Von solchen Momenten zehre ich.
Käme für Sie infrage, irgendwann Hilfestellung zu leisten?
Rauchendwald: Definitiv. Wenn alles hinter mir liegt, werde ich besonders Kinder unterstützen.
Wie lautet Ihr Vorsatz für 2020?
Rauchendwald: Ich will wieder der Alte werden, also ganz gesund. Und ich möchte versuchen, die kleinen Dinge mehr zu schätzen.
Eishockey-Profi Alexander Rauchenwald Velden © WEICHSELBRAUN
Quelle: https://www.kleinezeitung.at/sport/eishocke…gegen-den-Krebs
alles Gute Alex, viel Gesundheit und frohe Weihnachten und comebackstronger!