Zeit zu feiern – mit einer Tasse Kaffee
Der Qualifikationssieg beschert den ZSC Lions das Überraschungsteam Biel im Viertelfinal.
Die Mannschaft war schon in der Kabine, als sie die frohe Kunde ereilte, dass dem SCB gegen Lugano das 3:3 nicht mehr gelungen war. Und das hiess, dass sich die ZSC Lions trotz zwei verpassten Punkten gegen die Lakers den Qualifikationssieg sicherten. Wer hätte das gedacht, als sie sich in der 45. Runde in Genf mit 1:6 blamiert und sich auf Leader Bern sechs Punkte Rückstand eingehandelt hatten? Doch seitdem holte der SCB keinen Punkt mehr, die Zürcher zehn von möglichen zwölf.
Dass es nicht das Maximum war, ärgerte Marc Crawford ausserordentlich. Er war so aufgebracht, dass er es am Samstag spät vorzog, sich nicht den Journalisten zu stellen. Möglicherweise hätte er, der seinen Emotionen freien Lauf lässt, Dinge gesagt, mit denen er eine Woche vor Playoff-Start unnötigerweise Geschirr zerschlagen hätte.
5 von 7 Penaltyschiessen verloren
Gestern Sonntag hatte sich der Kanadier beruhigt, sprach von 50 guten und 5 schlechten Minuten, die das Spiel gekostet hätten. «Die Anzahl Chancen, die wir verpassten, war fast absurd», schob er nach. Die Intensität stimmte bis weit ins dritte Drittel, als die Zürcher noch 2:0 führten. Zwei Unachtsamkeiten führten zum Ausgleich, im Penaltyschiessen versagten sie wieder einmal kläglich. Dass ein Team mit so vielen guten Technikern fünf von sieben Penaltyschiessen verliert, ist schwer erklärbar.
Trotzdem die Konstantesten
Wenn es einen Punkt gibt, der im Playoff unbedingt besser werden muss, dann ist es die Chancenverwertung – im Spiel wie bei den Penaltys. Die Lions haben zwar sechs Spieler mit zehn Toren oder mehr, aber keinen, der die Marke von 20 Treffern erreicht hat. Den Qualifikationssieg holten sich die Zürcher, weil sie das konstanteste Team waren. Nur zweimal, im November und Januar, verloren sie drei Spiele in Serie.
Trotzdem war diese Regular Season zäher als die letztjährige. «Damals hatten wir den einen oder anderen Abend, an dem es uns leicht fiel, die Pucks einfach reingingen», sagte Interimscaptain Patrik Bärtschi. «Diesmal waren fast alle Spiele eng.» Wohl auch deshalb, weil gegen den Meister jeder besonders motiviert sei. Crawford argumentierte mit der Ausgeglichenheit der Liga, die ein gutes Zeichen sei fürs Schweizer Eishockey. «Diese Saison zeigte, dass es genug Schweizer Spieler gibt für zwölf Teams», stellte er fest. Wenn es so weitergehe, könne man sogar über eine Expansion nachdenken.
Als Crawfords Ärger über die vermeidbare Niederlage gegen die Lakers verraucht war, freute er sich über Rang 1, dem er, anders als SCB-Coach Guy Boucher, durchaus Bedeutung zumisst. «Wir spielten diese Saison zu Hause stets gut, Heimvorteil ist für uns durchaus ein Faktor. Zudem wissen wir nun bis zum Saisonende, wie unser Spielplan aussieht, wann wir zu Hause und wann auswärts spielen. Das erleichtert unsere Planung.» Bärtschi ergänzte, man habe in den siebten Spielen gegen Lausanne und Servette gesehen, was der Heimvorteil bringen könne. «Aber er ist nur so viel wert, wie man aus ihm macht. Wichtig ist, dass man im ersten Spiel bereit ist. Das waren wir vergangenes Jahr in den ersten beiden Runden nicht.»
Rang 1 jüngst ein gutes Omen
In den letzten fünf Jahren wurde der Qualifikationssieger dreimal Meister. Bärtschi weiss aber aus Erfahrung, wie es ist, als Bestklassierter in Runde 1 zu scheitern – er erlebte es 2008 und 2009 mit dem SCB. Immerhin dürften die Zürcher nicht der Gefahr erliegen, Viertelfinalgegner Biel zu unterschätzen. Die Seeländer sind die Einzigen, gegen die sie die Regular Season mit einer negativen Bilanz (5:7 Punkte) abschlossen. Gegen Lugano (4:5 Punkte) können sie dies morgen noch korrigieren. Smith wird im Hallenstadion sein Comeback geben, angeschlagene Spieler wird Crawford schonen im Hinblick auf den Playoff-Start.
Der Qualifikationssieg gelang den Zürchern erst zum dritten Mal nach 2003 und 2014. Feiert man das eigentlich? «Ja», sagte Crawford und fügte schmunzelnd an: «Mit einer guten Tasse Kaffee.»