Emotionsgeladene Zilk-Debatte in ORF-Sendung
"War
Zilk ein Spion?" - dieser Frage ging eine Expertenrunde gestern in der
ORF-TV-Sendung "Im Zentrum" nach. Die Diskussionen verliefen äußerst
emotional.
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Foto: APAZu emotionalen und heftigen Diskussionen ist es am
Sonntagabend in der ORF-TV-Sendung "Im Zentrum" zum Thema "War Zilk
ein Spion?" gekommen. Helmut Zilk habe sich rund 60 Mal mit Agenten
des Geheimdienstes der damals kommunistischen Tschechoslowakei (CSSR)
getroffen, und es sei auch Geld geflossen, erklärte
"profil"-Chefredakteur Herbert Lackner. "Ich kotze gleich", reagierte
Dagmar Koller, die Witwe des im Vorjahr verstorbenen ehemaligen
Bürgermeisters Zilk. Was hier gemacht werde, sei "schmutziger
Journalismus", attackierte Koller den Journalisten.
Empört
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[Blockierte Grafik: http://www.kleinezeitung.at/system/galleries/upload/5/5/2/1861994/kollar230309apa118.jpg]"Ich kotze mich gleich an", so kommentiert Dagmar Kollar die erneut entfachte Diskussion darüber, ob Zilk ein Spion war Foto: APA
Grund für Diskussion. Grund für die Diskussionsrunde war die am Montag erscheinende
Ausgabe des Nachrichtenmagazins "profil", in welcher berichtet wird,
dass von Zilk unterschriebene Quittungen vorlägen, die beweisen
sollten, dass der damalige TV-Journalist zwischen Dezember 1965 und
Juni 1968 gegen Bezahlung Spitzeldienste für den Geheimdienst der
damaligen CSSR geleistet habe. In Summe habe Zilk umgerechnet rund
30.000 Euro erhalten; die erste Tranche habe damals 5.000 Schilling
betragen.
Pietätlos
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"Helmut Zilk als Spion zu brandmarken, ist grotesk und ärgerlich. Ich finde das pietätlos."
Kurt Scholz, ehemaliger Mitarbeiter Zilks
Keine Fälschung. Ein Experte und Professor an der Akademie der Wissenschaften in
Tschechien habe die Akten überprüft und festgestellt, dass es sich
hierbei nicht um eine Fälschung handle, konstatierte Lackner. Der
größte Teil der Geldübergaben habe in Prag stattgefunden, und Zilk -
damals Journalist - habe vom Geheimdienst konkrete Aufträge bezüglich
Informationsbeschaffung bekommen, kommentierte Lackner die ihm
vorliegenden Unterlagen.
Wahrheit gehört ans Licht. Es ginge in erster Linie darum die Wahrheit zu erfahren, betonte
der ehemalige ORF-Generalintendant und langjährige Freund Zilks,
Gerhard Bacher. Nun sei die Staatsanwaltschaft am Zug und müsse die
Vorwürfe prüfen. Sollten die Anschuldigungen gegen Zilk wirklich wahr
sein, dann würde dies dessen politischen Ruf posthum vernichten,
meinte Bacher weiter. Er selbst habe nie Unterlagen gesehen. Die
Vorstellung, dass Helmut Zilk alle paar Wochen 5.000 Schilling von
diesen "Banditen" bekommen habe, sei "unerträglich". Zilk habe das
aus finanzieller Hinsicht gar nicht nötig gehabt. "5.000 Schilling,
dafür beiße ich mir nicht einmal die Nägel ab", so Bacher.
Fassungslos
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"Freunde
erzählen mir von Medienberichten, die mich einfach fassungslos und
traurig machen. Fünf Monate hat man also gewartet, um das Andenken
meines verstorbenen Vaters mit unglaublichen Vorwürfen in den Schmutz
zu ziehen."
Zilks Sohn Thomas Zilk
Grotesk und lächerlich. Der ehemalige Wiener Stadtschulratspräsident Kurt Scholz
bezeichnete die Vorwürfe gegen Zilk als "grotesk und lächerlich".
Zudem bezweifle er den Wahrheitsgehalt der vorliegenden Akten. Wenn
dies das Resümee eines politischen Lebens sei, dann frage er sich,
wie tief das Niveau des Journalismus gesunken sei, kritisierte
Scholz.
James Bond-Geschichte. Laut dem ehemaligen tschechischen Botschafter in Österreich, Jiri
Grusa, sind die Dokumente Originale und kein "Fake". Das was man
allerdings als Spionage bezeichne, könne er nicht herauslesen und
verglich die Interpretationen mit einer "James Bond-Geschichte".
Falsche Interpretation. Zilk sei durch seinen "Äußerungstrieb" unverhofft zum Handkuss des
Spionage-Daseins gekommen, und die Tschechoslowaken hätten diesen
falsch interpretiert, meinte Michael Frank von der Süddeutschen
Zeitung.
Keine Ferndiagnose möglich. Der Historiker Stefan Karner erinnerte daran, dass man sich die
Zeit, in welcher sich alles abgespielt haben soll, in Erinnerung
rufen müsse. Vieles sei damals einfach anders gewesen. Man könne
außerdem keine Ferndiagnose stellen. Die Akten müssten nun einfach
auf den Tisch, forderte Karner.
Spionage-Vorwürfe nichts Neues. Bereits vor über zehn Jahren waren gegen den im Oktober 2008
verstorbenen Wiener Altbürgermeister Helmut Zilk Spionage-Vorwürfe
erhoben worden.