Der Jubel über die Qualifikation des österreichischen Eishockeynationalteams für die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi ist schier grenzenlos – und er ist mehr als berechtigt. Selbst in den meisten Medien, die sich auf die ja aus österreichischer Sicht bisher sehr enttäuschend verlaufende Alpine Schi WM in Schladming konzentrieren, wird diesem Erfolg breiter Raum eingeräumt.
Die einschlägigen Fan-Foren sind ohnehin voll des Lobs und der Genugtuung, dass unseren Eishacklern dieser Triumph ausgerechnet in Deutschland gegen unsere „Lieblingsnachbarn“ gelungen ist. Dass sich nach dem Turniersieg in Bissingen-Bietigheim das ebenfalls oft zitierte „Cordoba-Feeling“ einstellt, liegt wohl auch daran, dass einige der deutschen Spieler (insbesondere Konstantin Braun) in ungeschickten und unbedachten Interviews das Vorurteil vom arroganten Deutschen, der auf die kleinen „Ösis“ verächtlich herunter schaut , vollinhaltlich bestätigt haben. Jetzt müssen sie mit dem (verdienten) Hohn und Spott leben, ausgerechnet an den unterschätzten Österreichern gescheitert zu sein und erstmals seit 1948 (damals übrigens aus politischen Gründen) nicht bei einem olympischen Eishockeyturnier dabei zu sein.
Es ist ein Zug der Zeit mit ihren social medias und eben auch besonders reizvoll, dass in der Fanszene jetzt auch schon darüber diskutiert wird, wie dieser Erfolg vom (oft) geschmähten Verband genutzt werden muss, welche Spieler für das Olympiateam ins Auge gefasst werden müssen (und welche nicht) und mit welchem Trainerteam nach Sotschi gefahren werden soll. Es ist auch nahe liegend, dass sich dem heimischen Eishockey mit diesem Triumph eine Chance eröffnet, allgemein mehr Aufmerksamkeit (in der sportpolitischen Öffentlichkeit und in den Medien) zu erhalten. Bloß, die grundlegenden Problemstellungen des Eishockeysports hierzulande werden damit nicht über Nacht gelöst – dazu bedarf es schon der konsequenten Einhaltung der Reformideen, wie sie ÖHV-Sportdirektor Alpo Suhonen kürzlich vorgegeben hat oder wie sie auch EBEL- director of hockey operations Lyle Seitz mit seiner „Vision 2017“ definiert hat.
Bleibt indes ein anderes Faktum, das in der kollektiven Jubelorgie ein wenig untergeht: Dieser Erfolg ist auch ein Erfolg der EBEL! Mit Österreich und Slowenien, das sich möglicherweise noch sensationeller in der Olympiaqualifikation (gegen Kaliber wie Weißrussland und Dänemark) durchgesetzt hat, sind zwei der tragenden EBEL-Nationen in Sotschi vertreten (dank Znojmo ist das mit Tschechien ja noch eine dritte Nation – das aber irgendwie der EBEL gut zu schreiben, wäre in der Tat lächerlich). Was ich damit sagen will – irgendwie muss sich das zweifelsfrei in der EBEL in den letzten Jahren gestiegene Niveau auch auf die Leistungen der Nationalteams positiv ausgewirkt haben – und der oft im Vergleich zur DEL hinterfragte Wert der Liga kann so schlecht nicht sein! Und trotz aller immer wieder auftauchender, nicht unberechtigt scheinender Stimmen, dass der Anteil an Importspielern in den EBEL-Vereinen viel zu groß wäre und dass die unsägliche Punkteregelung eine langfristige Förderung von „eigenen“ jungen Spielern eher verhindert als fördert – eine starke Liga wirkt sich wohl auch auf die Nationalmannschaften aus. Das ist eigentlich bei Slowenien mit dem noch geringeren Reservoir an international einsetzbaren Spielern und nach dem Rückzug von Jesenice derzeit mit nur einem einzigen Verein in der EBEL vertreten noch verwunderlicher als im Falle Österreichs. Denn, wie sich eben jetzt gezeigt hat, ist die Spielerdecke fürs Team zwar dünn, aber offensichtlich ausreichend, um eine für die A-Gruppe oder für Olympia (wo das Teilnehmerfeld ja mit 12 Mannschaften noch elitärer ist) konkurrenzfähige Mannschaft zusammen zu bringen. Für Sotschi wird das Angebot allerdings größer, da ja wieder alle NHL-Stars dabei sein werden und damit auch Österreich auf seine in Übersee tätigen Stars, allen voran NHL-Topscorer Thomas Vanek, zurückgreifen kann. Und die freuen sich auf diese Aufgabe, wie die spontanen Twitter-Gratulationen von Vanek, Grabner und Nödl beweisen. Auch die Slowenen werden auf ihre NHLer zurückgreifen können und mit Anze Kopitar und dem besten Lock out Import der EBEL, dem zeitweiligen Olimpija Ljubljana-Forward Jan Mursak, stehen da auch zwei tolle Verstärkungen zur Verfügung.
Sotschi ist also eine große Chance für diese zwei EBEL-Nationen, wobei rein sportlich Österreichs Aussichten gefühlsmäßig ein bisschen höher einzuschätzen sind, befindet sich doch in der sehr attraktiven Gruppe mit den Giganten Kanada und Finnland mit Norwegen wohl diejenige Mannschaft aus dem Bereich der Weltranglisteplätze 7-9, mit der man sich am ehesten auf Augenhöhe messen kann.
Also, freuen wir uns als Eishockeyanhänger mit unseren Spielern, dass sie diesen Erfolg geschafft haben, freuen wir uns nun wieder auf die kommenden entscheidenden Wochen in der EBEL-Meisterschaft 2012/13 und hoffen wir, dass diese Chance, dem Eishockey mit der gelungenen Olympia-Qualifikation einen höheren Stellenwert in der öffentlichen Aufmerksamkeit zu verschaffen, genützt wird!