"...der famose Miro Klose", sang Xavier Naidoo in seinem Huldigungs-Song an die deutsche Fußballnationalmannschaft im Jahr 2006. Naidoo bezog sich damals vor allem auf die sportlichen Fähigkeiten des polnisch-stämmigen deutschen Stürmerstars.
Seit letzter Woche gebührt Klose jedoch noch aus einem ganz anderen Grund Anerkennung. Er hat im Spiel seines Teams Lazio Rom gegen SSC Napoli beim Stand von 0:0 ein Tor mit der Hand erzielt. Im Anschluss daran hat er jedoch dem Schiedsrichter gegenüber die von ihm begangene Regelwidrigkeit eingestanden, das Tor wurde aberkannt und Klose's Team ging an diesem Abend in der Folge sang- und klanglos 0:3 unter. Klose erfuhr in den Tagen danach die ihm zustehende Anerkennung für sein Verhalten.
Der für mich interessante Aspekt an diesem Thema ist, dass die eigentlich selbstverständliche Fairness weltweit in so vielen Sportarten unterschiedlich ausgeprägt ist. Beim Tennis zB verlassen sich fast alle Spieler blind auf das Zeichen des Gegenübers, wenn dieser mit einer kurzen Geste zu verstehen gibt, der Ball sei wirklich im Out oder eben gut gewesen. Da habe ich manchmal das Gefühl, die Spieler vertrauen einander gegenseitig mehr, als sie dem jeweiligen Schiedsrichter vertrauen.
Auch das Eishockey ist von gewissen "non-written-rules" geprägt. "Wir sind ein cooler und harter Männersport. Wir regeln viele Dinge ohne Schiedsrichter." Schließlich geht's ja auch um die Ehre.
Umgekehrt hat aber - gerade in der EBEL - in den letzten Jahren, nicht zuletzt wegen der durchaus begrüßenswerten Regeländerungen zum Schutz der offensiv starken Spieler leider auch die Unsportlichkeit der Spieler zugenommen. Scheibenführende Cracks stellen sich mit dem Gesicht zur Bande und warten, bis sie den Kontakt des Gegenspielers spüren, um sodann in einer selten gesehenen Leichtigkeit Richtung Plexi-Glas abzuheben. Auch das Diving war nach meiner subjektiven Wahrnehmung zu meiner aktiven Zeit bei weitem kein so häufiges Phänomen wie in den aktuellen Spielzeiten.
Um aber den Bogen zurück zu Miro Klose zu finden, erinnere ich an die Partie Red Bull Salzburg gegen KAC vor eineinhalb Wochen im Volksgarten. Die Red Bulls greifen von der rechten Seite an. Die Scheibe kommt vors Tor. Ein Salzburger (ich muss gestehen, ich weiß nicht mehr, wer es war) schießt und jubelt. Der Schiedsrichter entscheidet auf Tor, deutet aber nach den intensiven Protesten der Klagenfurter sofort an, den Video-Beweis zu Rate zu ziehen. Gut so. Denn in den Lupen ist ersichtlich, dass die Scheibe zu keinem einzigen Zeitpunkt über der Linie war, sondern die ganze Zeit unter Chiodo's Schienen begraben lag. Zum Glück gibt es mittlerweile die Möglichkeit, solche Szenen aufzulösen, denn sie machen den Sport fairer. Es sollen nicht diejenigen gewinnen, die am besten jubeln oder betrügen können, sondern jene, die mehr Tore erzielen.
Ich habe mich mit meinen Kollegen bei Servus TV während unserer Heimfahrt aus Salzburg lange über diese Aktion unterhalten. Länger als über so manches Tor, das an diesem Abend gefallen ist. In mir wurden Erinnerungen wach, wie ich schon in Nachwuchsjahren, spätestens aber mit dem Einstieg in die Kampfmannschaft, darauf hingewiesen wurde, dass man als Spieler immer jubeln sollte, wenn man die Scheibe in einer knappen Situation (Linie, Stange, .) rund ums Tor sieht. Man könne dadurch unbewusst den Schiedsrichter beeinflussen und somit vielleicht aus einer vergebenen Chance ein Tor zugesprochen bekommen. Vielleicht sogar ein entscheidendes.
Ich habe das damals nicht großartig hinterfragt, sondern einfach genau so gemacht, wie meine Mitspieler. Erst viele Jahre später gegen Ende meiner Karriere habe ich mir diesen Automatismus abgewöhnt. Warum? Weil ich eingestehen musste, mich unsportlich zu verhalten. Auch der Faktor Geld darf in diesem Zusammenhang eben genau keine Rolle spielen. Denn der Maßstab der Moral sollte wohl nicht nur bei "Low-Budget-Situationen" angelegt werden. Da kann ja jeder schnell mal ehrlich sein. Wahre Größe zeigen Sportler allerdings erst, wenn sie tatsächlich etwas zu verlieren haben, und dieses Etwas der Ehrlichkeit opfern.
Miro Klose hat sich entschieden, lieber Geld als sein Gesicht zu verlieren. Fußball hat nun wahrlich nicht den Ruf, für sein ausgeprägtes Fair Play bekannt zu sein. Schon gar nicht, wenn Eishackler über Fußball sprechen. In der vergangenen Woche hat jedoch der internationale Fußball dem österreichisch-internationalen Eishockey eine Lektion in Sachen Respekt und Fair Play erteilt. Mein Dank gilt Miro Klose.