Teil 2: Von Wunderwuzzis und echten Wuzzerln
-
Alexander Tomanek -
11. September 2012 um 07:52 -
1.932 Mal gelesen -
0 Kommentare
Habe ich mich vor wenigen Tagen an dieser Stelle allgemein über die fehlenden Sportstätten und deren Benützungsmöglichkeiten geäußert
(Hier geht es zu Teil 1 von Saschas Analyse), so möchte ich mich heute auf die vorhandenen und deren offensichtliche Mängel konzentrieren, die meines Erachtens ohne großen finanziellen Aufwand zu verhindern gewesen wären. Beispiel Wiener Eishallen:
.) Eisring Süd: Die öffentliche Verkehrsanbindung ist katastrophal. Wenige, viel zu kleine Kabinen, die nach jedem Training geräumt werden müssen. Im Freien gab es einmal eine 400-Meter Eisbahn. Diese wurde jahrelang – wie auch die riesige Freifläche hinter der Halle - nur als Müllablagerungsplatz gesehen. Als ich früher regelmäßig Trainings einer Nachwuchsmannschaft dort zu leiten hatte, war es unmöglich, den Jugendlichen einen ordentlichen Platz zum Aufwärmen anzubieten. Die Eismeister haben uns (aus Haftungsgründen ganz richtig) regelmäßig von den „Baustellen“ vertrieben, da die herumliegenden Trümmer schon eine Gefahr für die laufenden, springenden und spielenden Kids darstellten. Tausende Quadratmeter Sportareal, die jahrelang brach lagen. Da setzt meine Gedanke von Sportförderung an.
.) Stadthalle: Ich durfte 1984 mein erstes Spiel für die Stadlauer Superminiknaben in der Halle C bestreiten. Wir zogen uns damals in einer der vier winzigen Kabinen um. 23 Jahre später – mittlerweile hatten drei Weltmeisterschaften in diesem Gebäudekomplex stattgefunden - kehrte ich in die Halle zurück. Die einzige Veränderung war das Plexiglas rund um die Eisfläche anstelle des früheren Schutznetzes. Ansonsten null Veränderung. Ein Kader mit 22 Spielern inklusive Ausrüstung muss sich nach wie vor auf den wenigen Quadratmetern im Keller umziehen und auf ein Spiel oder Training vorbereiten. Von der Parkplatzsituation ganz zu schweigen. Doch wenn man einen gefunden hat, sollte man in den Drittelpausen nicht vergessen, Kurzparkscheine nachzulegen.
.) Der (Um- oder Neu-)Bau einer Eishalle alleine reicht nicht aus. In dieser Halle muss es auch ausreichend fixe Kabinen geben, damit die Spieler die Möglichkeit haben, ihre Ausrüstung dort aufzuhängen und sie nicht immer mit nach Hause schleppen zu müssen, wodurch sie noch mehr auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen sind.
.) Nachwuchsspieler brauchen viele Eiszeiten – und das zu vernünftigen Uhrzeiten, sprich am späteren Nachmittag. Dies geht aber nur, wenn ich genug Eisflächen und Kabinen zur Verfügung habe.
.) Eishockeyspieler benötigen außerdem noch die Möglichkeit ein Trockentraining zu absolvieren, Aufwärmübungen etc. Es sollte in jeder Halle ein oder zwei kleinere Turnsäle geben, in denen man auch einen Ball mitnehmen darf, mit dem dann gespielt werden darf. Denn so verboten es in Österreichs Eishallen auch ist, Ball zu spielen, so wichtig wäre dies gerade für Kinder im Nachwuchs mit den verschiedenen Ballsportarten aufzuwachsen. Als Aufwärmspielchen ein wenig Fußball, Handball, Basketball, oder was auch immer zu spielen. In den mir bekannten Hallen unmöglich bzw verboten.
.) Die Albert-Schultz-Eishalle wurde letzten Sommer um viele Millionen Euro umgebaut, es wurde, was grundsätzlich fantastisch ist, eine dritte Eisfläche errichtet. Allein es änderte sich nichts an der Kabinenproblematik.
.) Auch für die Crew von Servus TV wurde es nach dem Umbau eher schlechter als besser. Dass wir bei Fernseh-Übertragungen unseren Besprechungs-, Umzieh- und Schminkraum in einem alten, verkommenen und nie gereinigten Duschbereich der ehemaligen Sauna haben, kann ich verschmerzen. Auch wenn sich mindestens einmal pro Übertragung jemand unabsichtlich an der Dusche anlehnt und damit die halbe Crew inkl technischer Geräte nass wird. Wir sind ja eh nur alle paar Wochen mal in der Halle. Hätten wir einen adäquaten Raum mit einer benützbaren Toilette zur Verfügung, würde das zwar die Leistung der Eishockeyspieler nicht verbessern. Es ist aber trotzdem ein Indiz für eine nicht ganz durchdachte Aktion, wenn in Zeiten von Live-Übertragungen (unabhängig vom jeweiligen Sender) überhaupt kein Raum für eine Fernseh-Crew geplant wird.
.) Zurück zum Wesentlichen: Was kann die Errichtung von 15 oder 20 Garderoben (inkl Duschen) unter Berücksichtigung des Gesamtetats für den Umbau wohl kosten? Lustenau hat es vor rund einem Jahrzehnt schon vorgezeigt, wie effizient man Kabinen (in der richtigen Größe) bauen kann. Wer die unnötige Gesamtgröße der Kabinen im Eissportzentrum Kagran kennt, weiß, wovon ich rede. Viel zu breit konzipiert, dafür Trockenräume zur Lagerung der Ausrüstung, die vielleicht für 20 Turmspringer und deren Utensilien ausreichen, jedoch für ein Hockey-Team nicht annähernd die erforderlichen Ausmaße mit sich bringt. Warum dieser Mangel beim Umbau nicht behoben wurde, bleibt mir ein Rätsel.
.) Dass die Spieler von den Kabinen auf dem Weg zur Eisfläche in der Halle 3 (warum hat man übrigens dort nicht viel mehr Kabinen eingebaut?) mehrere Minuten unterwegs sind, ist auch in Kauf zu nehmen. Dies ist halt der Nachteil von großen Sportanlagen. Dass sie dabei jedoch mit den Eislaufschuhen durch die Halle 2 gehen müssen, genauer gesagt durch die Spielerbänke der Halle 2 (wo oft Spieler bei einem anderen Match gerade aktiv sind) ist - vom Störfaktor abgesehen - eine Verhöhnung eines jeden Athleten.
.) Ebenso sollte man all die Teams in den niedrigeren Ligen nicht ganz vergessen. Diese Amateur- oder meist sogar nur Hobby-Spieler werden ebenfalls zu Bittstellern bei Eiszeiten (Uhrzeiten) und Kabinenmöglichkeiten degradiert. Das Argument, sie seien ja nur Hobby-Spieler, ist durchaus berechtigt. Aber: Jeder Hobbyspieler schaut sich gerne mal ein Spiel der Kampfmannschaft an (= Eintrittsgeld). Die meisten erwachsenen Hobbyspieler haben Kinder, die wahrscheinlich auch mal probieren wollen (=Nachwuchsrekrutierung + Eintrittsgeld bei den Caps-Spielen), was Papi zwei bis drei Mal wöchentlich zwischen 22.00 und 23.00 Uhr versucht. Und diese Hobbyspieler investieren zusätzlich sehr viel Privat-Geld in ihre Ausrüstung (= Geld für die Ausrüsterfirmen). Deswegen wäre es der richtige Ansatz auch diesen Sportlern, die aufgrund ihres Alters oder mangels Talent null Aussicht auf eine Profikarriere haben, halbwegs vernünftige Bedingungen zu ermöglichen, ihrem Lieblingssport nachzugehen und auch dafür die nötigen Rahmenbedingungen zu kreieren. Dasselbe gilt für Dameneishockey!
Um nicht missinterpretiert zu werden, betone ich eines nochmals: Es ist gut, dass die Sitzplatzkapazität in Wien vergrößert wurde. Es ist auch gut, in den VIP-Bereich zu finanzieren, da auf diese Weise viel Geld verdient werden kann und Eishockey kostet nun mal einiges. Genauso ist es an der Zeit gewesen, der Kampfmannschaft der Caps eine moderne Kabine mit all dem nötigen Drumherum zu errichten, denn schließlich verbringen die Profis ihren halben Tag in der Eishalle (inkl Trockentraining, Physio, Video, ...).
Aber systematische Sportförderung, wie sie mir vorschwebt, läuft eher über die Schaffung und Finanzierung von Strukturen, sprich Sportstätten. Dass hier im Falle der Wiener Eishallen (Donauparkhalle, Hopsagasse, ASH, Eissportzentrum Kagran, Eisring Süd, Stadthalle) bis heute eher Stückwerk ohne durchgäniges Konzept betrieben wurde, darüber können auch die bis zu 7.000 Zuseher, die Woche für Woche zu den Heimspielen der Capitals pilgern, nicht hinwegtäuschen. Und so werden die Wiener trotz riesiger Nachwuchszahlen noch weitere Jahrzehnte auf ein Team aus Wiener Wunderwuzzis warten müssen. Die Anfeuerung durch die vielen echten Wuzzerln auf der Tribüne ist den Caps aber vorerst gewiss.
Interessanter Link hierzu:
Teil 1 von Saschas Analyse