Die WM ist Geschichte. Zeit sich, parallel zu den laufenden Stanley Cup Play-Offs auch wieder Gedanken zur EBEL zu machen. Zum Beispiel Gedanken zur Villacher Vergangenheit –Gedanken zur Villacher Zukunft:
Starten wir vielleicht mit einem Interview von Mike Stewart in der Kleinen Zeitung letzten Sommer (12.08.2011): Auf die Frage, ob man aufgrund der Veränderungen im Kader noch von einem Villacher Weg sprechen kann, antwortete Stewart: „Absolut. Ich habe 15 einheimische Cracks im Kader. Viele davon sind unter 24. Es ist Teil meines Jobs, weitere Junge einzubauen. Köfeler, Göhringer, Platzeroder Ofner könnten es schaffen.“
Zum Thema Erwartungshaltung meinte Stewart:„Wir haben wohl das stärkste Team der letzten Jahre. Die Legionäre sind größer, bessere Eisläufer und können uns im Powerplay helfen.“
Es liegt mir fern, Mike Stewart nun für diese Standardfloskeln zu kritisieren. Mir geht`s um etwas ganzanderes. Solche Aussagen wird man von jedem Trainer und jedem Präsidenten in jeder Sportart in jeder Pre-Season hören. Ich halte nur dieses scheinheilige Geschwafel nicht mehr aus. Denn es ist entweder eine Lüge den Fans gegenüber, indem man ihnen Hoffnungen vorgaukelt, die nie erfüllt werden können – oder es ist Ahnungslosigkeit, wenn man die eigenen Spieler so falsch einschätzt.
Da beim VSV ja bereits die Planungen für die kommende Saison im vollen Gange sind, stieß bei mirvor allem das Interview mit Präsident Isep (www.kleine.at vom 15.02.2012) auf Aufmerksamkeit. Ichdarf auszugsweise zitieren: „Zeit für Neubeginn ... VSV-Identität ... Jugend forcieren ... bei den Legionären: Qualität statt Quantität ...“
Wenn man die beiden Interviews miteinander vergleicht, sehe ich nicht allzu viel Hoffnung für den VSV: Denn genau jene Dinge, die der Präsident jetzt fordert, wurden ja scheinbar schon letzten Sommer umgesetzt – oder zumindest versprochen. Die jungen Cracks, die eingebaut werden sollten,werden wohl noch ein weiteres Jahr auf ihren Einbau warten müssen. Michael Köfeler (42 Spiele /2 Assists) durfte hauptsächlich dann ran, wenn es darum ging die Villacher Tugenden zudemonstrieren – 54 Strafminuten bei einer derart geringen Eiszeit sprechen eine deutliche Sprache.
Markus Göhringer (4 Spiele / 0 Punkte) und Patrick Platzer (14 Spiele / 0 Punkte) wurden derart gefördert, dass sie heuer sogar weniger Einsätze hatten, als in der Saison davor. Und Christian Ofner entwickelte sich in seinen 10 Einsätzen (0 Punkte) ebenfalls nicht zur blau-weißen Nachwuchshoffnung.
Ich betone einmal mehr. Die besten Spieler sollen spielen und nicht die jüngsten, größten oder hübschesten. Aber wo war heuer tatsächlich die Nachwuchsförderung? Zitat Isep: „Wir haben auf die Fehleinkäufe sukzessive und gut reagiert.“ Die guten Reaktionen namens Craig, Shearer und Toporowski halte ich für hinterfragenswert. Auch wenn ich die Begründung von Giuseppe Mion („Wir konnten den VSV nicht an letzter Stelle in der Tabelle stehen lassen“) aus Kärntner Sicht schon nachvollziehen kann. Trotzdem muss man eingestehen, dass die damalige Mannschaft durch diese Verpflichtungen zwar kurzfristig besser wurde, aber eine verpatzte Saison dadurch auch nicht gerettet werden konnte. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass Villach den Durchmarsch ins Finalegeschafft hätte, war ja doch eher gering. Und anstelle zu testen, ob der eigene Nachwuchs nicht vielleicht überraschenderweise mit den zahlreichen Jung-Cracks aus Jesenice, Ljubljana oder Fehervar mithalten kann, hat man diese lieber in der Tiroler Eliteliga herumkrebsen lassen. Hätte man die oben Genannten eine halbe Saison lang regelmäßig spielen lassen und hätten sie nichts gezeigt, hätte manihnen in diesem Sommer ruhigen Gewissens sagen können, dass sie lieber eine Karriere in der Nationalliga, bei der Post oder sonst wo starten sollen, aber der Erst-Liga-Zug für sie wohl abgefahrensei.
Was hingegen positiv stimmt, ist die Selbsteinschätzung des Präsidenten: „Unser Ziel wird ein Platzunter den besten acht sein, an ein Finale zu denken ist unrealistisch.“ Dieses „runter vom Gas“ ist für mich dann doch der erste Schritt in eine erfolgreichere Villacher Eishockeyzukunft. Es gehört leider zum Selbstverständnis eines Kärntner oder Wiener Eishockey Anhängers von seinem Team jedes Jahr das Mitspielen um den Titel zu fordern. Und wenn man schon Spiele verlieren muss, dann doch auf keinen Fall gegen diese Ausländer-Teams.
Mit dieser realitätsverweigernden und eigentlich respektlosen Einstellung anderen Teams gegenüber, wird gleichzeitig aber jede Niederlage zu einem Drama hochstilisiert, ein einmaliges Nichterreichender Play-Offs kommt einem Weltuntergang gleich. Die Folge sind Kurzschlusshandlungen und Neuverpflichtungen, die einerseits viel Geld kosten und andererseits keine dauerhaften Verbesserungen bringen.
Mein Ausblick: Bei Trainer und Imports hat man bislang Akteure verpflichtet, deren Potential gut einschätzbar ist und die keine negativen Überraschungen bringen werden. Trotzdem bleibt festzuhalten: Villach hat nicht mehr das Team der letzten beiden Jahrzehnte, das fast jede Saison zu den Topfavoriten gezählt hat. Die vergangenen Jahre waren keine einmaligen Betriebsunfälle, die halt ausnahmsweise mal passieren.
Die Tabellenpositionen 4 bis 6 sind nun Standard. Der heurige 7. Platz(nach insgesamt erspielten Punkten) passt da nur zu gut ins Bild. Das Ziel für nächstes Jahr muss die Qualifikation für die Play-Offs sein – sollte der Modus gleich bleiben, ein Platz unter den Top-Sechs. Wenn das einmal erreicht ist, kann man sich weiter zur Decke strecken. Aber nur dieses Eingeständnis schützt vor weiteren Enttäuschungen im September 2012.