Die Wiedergeburt des KAC (und warum es jetzt erst spannend wird): Vor einigen Tagen saß ich in Manny Viveiros’ Wohnzimmer etwas außerhalb der Klagenfurter Innenstadt.
Manny war noch immer geknickt, wollte mir aber für den “Kärntner Monat” (Achtung: Schleichwerbung – ist soeben erschienen) ein Interview zu seiner Ablöse als KAC-Trainer geben. Das Gespräch drehte sich naturgemäß um das überraschend schnelle Ende seiner Laufbahn als KAC-Headcoach, aber auch um den bisherigen Saisonverlauf und seine neue Rolle als Sportdirektor. Irgendwann fiel dann der Satz: “Ich lasse meine Jungs nicht alleine.” Und: “In dieser Mannschaft steckt so viel, sie werden es noch beweisen.” Die Serie des KAC wirkt wie eine späte Bestätigung dieser Worte – wobei Kritiker naturgemäß anführen werden, dass das wahre Potenzial der diesjährigen KAC-Mannschaft erst durch die Ablöse des Kanadiers freigesetzt wurde.
Nach außen war es vor allem Spiel 5 in Salzburg, das den KAC auf die Siegerstraße brachte. Der KAC-Kraftakt von Salzburg wird nicht als das optisch schönste Spiel in die EBEL-Geschichte eingehen, doch taktisch war es schon fast eine Meisterleistung. Wer dem regierenden Champion zu Hause nur ein einziges Tor zugesteht, der macht irgendetwas richtig. Das “etwas” war vor allem die Defensive. Scorte Salzburg in den ersten drei Play-off-Spielen ganze 13 (!) Treffer, so waren es in der zweiten Hälfte der Serie fünf.
Das lag nicht nur an KAC-Goalie Andy Chiodo (für mich der stille Held dieser Serie), sondern vor allem an simpler Psychologie. Die ist im Eishockey nicht ganz neu – der ehemalige russische Nationalcoach Viktor Tichonow überraschte die Eishockey-Welt schon beim Challenge Cup 1979 gegen die NHL All-Stars mit seiner Entscheidung den villeicht besten Torhüter aller Zeiten, Vladislaw Tretjak, auf der Bank zu lassen und dafür Ersatzmann Wladimir Myschkin in das Tor zu stellen. Seine Begründung: “Kein Spieler darf auch nur eine Sekunde daran glauben, dass wir defensiv so stark sind, dass er hinten nicht mithelfen muss.” Die defensiv perfekt auftretenden Russen schlugen die hoch favorisierten NHL-Stars 6:0.
Das Prinzip lässt sich auf den diesjährigen KAC umlegen. Mit Johannes Reichel und Martin Schumnig standen im sechsten Spiel exakt zwei Stammverteidiger in der KAC-Aufstellung. Mike Siklenka war gesperrt, Johannes Kirisits, Herbert Ratz und Kirk Furey verletzt. Damit war die Bühne frei für Thomas Hundertpfund und David Schuller. Die beiden Stürmer brachten nicht nur die zuvor oft schmerzlich verletzte Physis in Abwehr, sondern schon fast unheimliche Ruhe – das wurde vor allem bei Hundertpfund offensichtlich, der immer wieder ordnend eingriff und das Spiel nach vorne lenkte. Dazu kam die Abwesenheit von Mike Siklenka, die für mich aber vor allem eine positive Wirkung zeigte., Lustlosigkeit hat in dieser Mannschaft keinen Platz. Der KAC wirkte defensiv extrem kompakt und im Übergang von Defensive auf Offensive blitzschnell und vor allem clever.
Die vielen Ausfälle auf beiden Seiten schufen Raum für neue (und alte!) Helden – Markus Pirmann spielte sich für mich endgültig ins Rampenlicht, die KAC-Legionäre John Lammers und Joe Tenute zeigten auf, Thomas Koch lieferte in der sechsten Begegnung die meines Erachtens beste Partie der gesamten Saison. Weil Fans stille Helden selten als solche empfinden – einen möchte ich noch herausheben, auch weil es zuletzt Kritik gab: Dieter Kalt. Er mag im Spätherbst seiner Karriere stehen, doch auf dem Eis trifft er nach wie vor die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit. Sein defensiver Wert wird leider viel zu oft unterschätzt. Dabei bewartete sich gerade in dieser Serie wieder eine alte Eishockey-Weisheit.: Offense wins games, defense wins championships. Auch wenn mit Salzburg der vermeintlich schwierigste Gegner aus dem Weg geräumt ist - am Weg zum Titel wird vor allem die Kompaktheit der Mannschaft entscheidend sein.