Von Power Forwards, Spark Plugs und einer Sorte des Monats
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Bernd Freimüller -
8. Januar 2012 um 10:47 -
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In der EBEL ist der Turnover an österreichischen Spielern im Gegensatz zu den Legionären, überschaubar, auch heuer stellen Newcomer eher die Ausnahme dar. Doch sei es aus dem US-College, der Nationalliga oder dem eigenen Nachwuchs, einige neue Gesichter gibt es doch zu sehen und deren Entwicklungspotential zu beleuchten.
Der Power Forward: Brian Lebler (23, Black Wings Linz)
Power Forward, ein in letzter Zeit inflationär gebrauchter Begriff, der ziemlich auf jeden großen Stürmer angewandt wird, der sich öfters vor dem gegnerischen Tor sehen läßt und nicht gerade Hände aus Zement hat. Unter Österreichern ist dieser Spielertyp allerdings kaum vertreten, Ansätze in diese Richtung zeigt aber Brian Lebler, Sohn der KAC-Legende Eddy, der diesen Sommer gemeinsam mit seinem Bruder Michael in Linz anheuerte. Er sicherte sich gleich einen Stammplatz und brachte von Anfang an einen gewissen „Edge“ in das eher auf Technik und Tempo setztende Linzer Team. Die Umstellung auf das österreichische Eishockey nach vier Jahren College und einem Kurzversuch in der AHL gelang ihm jedenfalls problemlos.
Stärken/Schwächen: Körperlich sehr stark, kann sich durch eine Abwehr durchpowern und fürchtet den Verkehr rund um das Tor nicht. Stark auch entlang der Bande. Körperlich kleinere Gegenspieler prallen regelrecht von ihm ab. Zwingt den Gegner dazu, ständig über die eigene Schulter zu schauen. Zeigt immer öfters gute Hände, macht gute Pässe auf kleinem Raum und verfügt über einen guten Schuss. Wird als „coachable“ und harter Arbeiter beschrieben, nimmt ohne Probleme jeden Spot im Lineup von der ersten bis zur vierten Linie wahr. Fährt seine Checks zu Ende und kann sich auch mit den Fäusten behaupten. Größtes Manko: Sein Antritt läßt einiges zu wünschen übrig, er beschleunigt aus dem Stillstand nur langsam. Wenn er erst einmal in Schwung ist, ist seine Geschwindigkeit jedoch ok und er erreicht seine jeweilige Destination fahrplangemäß.
Upside: Trotz seines Antrittsmankos kann er sicher auch im immer klein geratenen ÖEHV-Team reüssieren, er brächte ein dringend benötigtes physisches Element ein. Muss sich aufgrund der IIHF-Bestimmungen allerdings noch bis zur WM 2013 gedulden.
Der „Spark Plug“: Patrick Spannring (21, Black Wings Linz)
Vor der Saison aus Dornbirn gekommen, wird ihm von Coach Rob Daum die größte Entwicklung während der Saison attestiert. Von Beginn an vor anderen Neuzugängen wie Michael Lebler, Marcel Wolf oder Ralph Nachbaur gereiht, fiel er eigentlich nur wegen einer Sperre und einer Verletzung kurz aus dem Lineup.
Stärken/Schwächen: Ein sogenannter Spark Plug-Spieler, der das Energielevel seiner Reihe (oder des ganzen Teams) mit physischem Spiel erhöht. Fährt seine Checks zu Ende, provoziert so Reaktionen des Gegners und stiftet Unruhe durch sein Forechecking. Kraftvoller Eisläufer. Kann Strafen herausholen, nimmt selbst auch einige, ist aber nie außer Kontrolle. Nutzt seinem Team unter dem Strich mit seinen Attacken mehr als er schadet, einzig einige Stockfouls sind diskussionswürdig. Muss, um effektiv zu bleiben, aber stets seine körperbetonte Spielweise beibehalten. Gute Entwicklung in der Spielauffassung und im Positionsspiel, geht logischere und bessere Wege als zu Saisonbeginn, hat hier aber noch genug Entwicklungspotential. Seine Hände entwickeln sich auch zum Besseren, überraschte zuletzt mit einigen guten Pässen.
Upside: Kann er in absehbarer Zeit die Rolle eines jüngeren Markus Peintners übernehmen? Möglich wäre es, seine Beine sind sogar besser, die Entwicklung seiner Hände und seines Hockey Sense werden seine Karriere bestimmen. Ein Ausruhen und ein Abfallen im Energielevel wäre für ihn jedoch letal.
Mit einem „High Center of Gravity“ ausgestattet: Kristof Reinthaler (23, Graz 99ers)
Aufgrund der Verteidigermisere im österreichischen Eishockey (die in den nächsten Jahren noch mehr zutage treten wird) verdienen sich sogar Randfiguren der Liga einen zweiten Blick. Reinthaler, der sich fünf harte Jahre in unterklassigen nordamerikanischen Eishockey versuchte, kehrte vor dieser Saison in seine Heimatstadt zurück. Derzeit Nr. 6 unter den Grazer Verteidigern (noch hinter dem ebenfalls nicht uninteressanten Robert Lembacher gereiht), könnte er aber bald wieder in seine ursprüngliche Rolle als siebter Defender zurückfallen. Entwickelte sich mit zunehmender Eiszeit besser, wird in kritischen Situationen im Lineup aber noch versteckt.
Stärken/Schwächen: Großgewachsener Verteidiger mit langen Beinen, der körperlich noch ruhig zulegen könnte. Leidet an einem „High Center of Gravity“ – einem höheren Körperschwerpunkt, der seine Balance und Mobilität einschränkt. Hat dadurch auch Probleme mit durch kleine Angreifer hervorgerufenen schnellen Richtungsänderungen, sein „Straight Ahead Speed“ ist aber ok. Müßte seine Reichweite und Körpergröße noch besser einsetzen, ein aktiveres Spiel mit dem Stock wäre auch nicht verkehrt. Muss an seinem Positionsspiel noch feilen, um so nicht in zuviele Speedduelle verwickelt zu werden. Läuft aber nicht wild herum, bleibt grundsätzlich in seiner Position. Hat mitunter Probleme mit der Scheibe gegen Forechecker (siehe einen krassen Giveaway gegen den KAC), kann aber gegen weniger Druck (etwa in seinen Nationalligaeinsätzen) durchaus einen Aufbaupass spielen und verfügt auch über einen annehmbaren Schuss. Für österreichische Verhältnisse noch ein junger Verteidiger, im internationalen Vergleich müsste er den Schalter allerdings bald umlegen.
Upside: Spielt seine erste Saison gegen Erwachsene, verbessert sich graduell, derzeit zeigt er aber noch mehr Schwächen als Stärken. Könnte wie der ihm nicht unähnliche Villacher Mario Altmann noch einen Leistungsschub hinlegen und zumindest zum EBEL-Stammspieler werden. Alles was darüber hinaus geht ist derzeit Spekulation.
Die „Flavor of the Month“: Markus Pirmann (22, KAC)
Im Gegensatz zu den anderen dreien alles andere als ein EBEL-Neuling. Schon seit drei Jahren ein fixer Bestandteil des KAC-Kaders mit durchaus guten Statistiken und ein Nationalteamaushilfsspieler. War nach drei Toren in zwei Spielen zuletzt „Flavor of the Month“, im Kühlregal-Deutsch also die „Sorte des Monats“. Die Kärntner Medien und Fans forderten jedenfalls mehr Eiszeit für das Eigengewächs. Zu Recht?
Stärken/Schwächen: Eine nicht alltägliche Mischung aus Nationalmannschaftshänden und Kärntner-Liga-Beinen. Reagiert sehr schnell um das Tor herum, kann auch unter Bedrängnis ansatzlos und sowohl flach als auch hoch schießen. Erschnüffelt Rebounds und Torgelegenheiten, an guten Tagen verfolgt ihn der Puck ums Tor herum. Kurze Reaktionszeit, gute „Hand-Eye-Coordination“. Solide Einstellung, kämpft, kein defensives Mastermind, vernachlässigt aber auch das Backcheck nicht. Wenn nur seine Fußarbeit besser wäre! Leidet leider unter ausgeprägten X-Beinen, bei schnellen Richtungsänderungen besteht dadurch fast Funkenfluggefahr. Agilität und Mobilität sind ebenso mangelhaft wie der Speed allgemein, hat große Probleme im Transition Game. Kann nur schwer mit schnellen Mit- und Gegenspielern mithalten, am Willen scheitert es jedoch nicht. Selbst mehr Kraft in den Beinen würde dieses Problem wohl nur abmindern. Hat sich aber über ein fast unmöglich zu korrigierendes Handicap einigermaßen hinweggesetzt.
Upside: Seine Hände und sein Bemühen sind sein Ticket für die EBEL, seine Beine werden wohl leider eine darüber hinausgehende Karriere verhindern. Findet er vielleicht eine Nische als Powerplayspezialist?