Drei Kapitäne – drei unterschiedliche Situationen
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Alexander Tomanek -
24. November 2011 um 14:37 -
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Eine Replik zum Blog meines Freundes Marc Brabant:
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Ich sehe die Situation der drei Kapitäne ein wenig differenzierter.
@ Marco Pewal: Der Villach-Captain kann ganz locker den Erfolg des Teams über seine derzeitige persönliche Befindlichkeit stellen. Zum Einen war er doch längere Zeit verletzt und ist erst seit ein paar Wochen wieder voll im Geschehen, zum Anderen hat er gerade erst einen 3-Jahres-Vertrag unterschrieben, der ihm ein geregeltes Einkommen bis Frühling 2014 garantiert. Außerdem weiß man aus Erfahrung, dass in Villach die Ureinwohner (bestes Beispiel waren Kromp und Lanzinger) den Zeitpunkt zur Beendigung ihrer Karrieren meist selbst festlegen dürfen. Und selbst dann zählt der VSV zu jenen Vereinen, die trotzdem versuchen, ihre Aushängeschilder an den Verein zu binden und in die tägliche Arbeit zu involvieren. Sekulic, Petrik, Raffl, Kerschbaumer, Prohaska, Stewart, Lanzinger – ich hab in dieser Aufzählung sicher so manchen Ex-Spieler vergessen. So oder so, kann Marco Pewal seine derzeitige Lage relativ entspannt sehen und sich voll auf die Aufholjagd seines Teams konzentrieren, ohne sich Sorgen über die Zukunft machen zu müssen. Ihm nehme ich die Lockerheit auch ab.
@ Christoph Brandner: Im Sommer 2008 hat die Rückkehr des verlorenen Sohnes, der ausgewandert ist, um in der NHL und Europa zu scoren endlich funktioniert. Ausgestattet mit einem 3-Jahres-Vertrag und einem „C“ auf der Brust, holte der gebürtige Bruck an der Murer sofort den Meistertitel nach Klagenfurt. Trotz wiederkehrender Verletzungen fand Brandner immer wieder zu seiner Form und Führungsstärke im Team und verlängerte letzten Winter seinen Kontrakt noch um ein weiteres Jahr bis zum Ende der Saison 2011/2012. Den Spaß hatte er wieder gefunden, wie er mich in einem ausführlichen Interview vergangenen Sommer wissen ließ. Davon kann ich derzeit nichts sehen. Einsätze zumeist nur in der vierten Linie, auch dort manchmal nur im Wechselspiel mit zwei weiteren Flügelstürmern. Brandner darf zwar im PP aufs Eis, ansonsten hält sich seine Time On Ice jedoch in Grenzen. Schaut man sich seine Körpersprache an, merkt man das mangelnde Selbstvertrauen. Es gelingt halt auch nicht viel.
Brandner spürt, dass er nicht mehr das Vertrauen seiner Coaches in dem Ausmaß genießt, wie noch zu Beginn seiner Rückkehr. Was geschieht, wenn die verletzten Spieler zurückkehren? Wird er dann überhaupt noch einen Platz im Line-Up haben? Wird er nach wie vor Kapitän des KAC bleiben? Oder wird er vielleicht einen etwaigen Meisterpokal nach einer packenden Finalserie nur mehr im Zivilgewand in die Höhe stemmen dürfen? Wer glaubt, dass ein Spieler diese Umstände, wenn auch im Herbst seiner Karriere ganz locker wegsteckt, der irrt. Ein Vorzeigeathlet und Teamplayer wie Brandner schluckt diese persönlichen Probleme allerdings zum Wohle des Teams hinunter, anstatt sich selbst in den Vordergrund zu stellen. Und da bin ich bei Marc Brabant: Das zeichnet einen wahren Captain aus.
@ Philipp Lukas: Der Linzer Kapitän ist viereinhalb Jahre jünger als Brandner. Er hat die ersten Pre-Season-Games seines Teams wegen einer Verletzung verpasst. Das Team hat kein einziges Spiel verloren, die Reihen sind (bis heute) fast unverändert geblieben. Für Lukas war daher nur mehr in der vierten Linie die Center-Position frei. Noch dazu mit zwei Youngstern wie Lebler und Spannring. Allerdings zieht Rob Daum seine Strategie mit den vier Linien durch. Lukas erfährt auch volle Wertschätzung durch seinen Coach. Und das Wichtigste: Das Team hat Erfolg. Was aber nun, wenn die bislang überlegenen Linzer im Viertelfinale sang- und klanglos ausscheiden? Dann muss Lukas, dessen Vertrag mit Ende der Saison ebenfalls ausläuft, um eine neue Vereinbarung verhandeln und dann wird ihn das Managment darauf hinweisen, dass die letzte Saison so teuer gewesen wäre und man die fehlenden Play-Off-Einnahmen wettmachen müsse und die Sponsoren vom Abschneiden sehr enttäuscht wären und übrigens Lukas als Stürmer nur sehr, sehr wenige Scorerpunkte gesammelt hätte. Dass er dafür unzählige Penalites gemeinsam mit Dany Irmen gekillt hat, interessiert im Sommer leider nur wenige Manager. Ich hoffe, dass Duo Perthaler/Daum weiß die derzeitige Leistung seines Captains zu würdigen.
Philipp Lukas spricht tatsächlich noch positiv über seine Situation – einfach, weil das Team erfolgreich ist. Aber es liegt auf der Hand, dass es nicht befriedigend sein kann, als einstiger Top-Scorer nun für die unsichtbare Schattenarbeit in der Defensive verantwortlich zu sein. Auch Lukas will so schnell wie möglich wieder in eine Powerplay-Formation und Tore schießen. Denn Tore zu schießen war die Motivation, warum wir alle einst mit diesen Sport begonnen haben.
Bild: Reinhard Eisenbauer / www.eisenbauer.com