Der Fall Ofner: Eine erfolgreiche Eishockeykarriere geht jung zu Ende
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Marc Brabant -
18. November 2011 um 09:26 -
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Die Ausgangssituation… Harald Ofner ist derzeit mit fünf Toren und acht Assists fünftbester Scorer der Capitals und doch zeigen alle Zeichen auf ein baldiges Karriereende. Warum? Weil er in wenigen Wochen am 1. Dezember in die Polizeischule in Krumpendorf einrücken muss, eine Verschiebung dieses Termins ist nicht möglich.
Versuchen wir uns einmal in die Lage des Sportlers zu versetzen: Man trainiert den gesamten Sommer lang sehr hart, kämpft sich dann durch eine harte Vorbereitung, macht die Sache gut, bekommt das Vertrauen des Trainers und hat das Glück in einer harmonierenden Linie zu spielen. Das Spielen macht Spaß und es läuft persönlich sehr gut und kann mit der Qualität dieser Mannschaft auch nicht unrealistisch vom Titel träumen.
Dann geht man eines Tages zum Briefkasten und öffnet das Schreiben, freut sich im ersten Moment über die Aufnahme, versucht im zweiten Moment dann aber alles, um den Einrückungstermin zu verschieben bzw. eine Ausnahmegenehmigung für maximal vier Monate zu bekommen und muss schlussendlich erkennen, dass definitiv eine „entweder-oder-Entscheidung“ zum 1. Dezember ansteht.
Soll ich die Mannschaft verlassen, den Traum vom Titelgewinn platzen lassen? Die gesamte investierte Arbeit umsonst werden lassen? Oder soll ich zukunftsorientiert denken, Verantwortung für meine Kinder und Gattin übernehmen und langfristige (finanzielle) Sicherheit über kurzfristige sportliche Erfolge stellen?
Da wird wohl jeder seine eigene Entscheidung treffen, wie ich Ofi kenne, wird er sich für die Polizeischule entscheiden, weil er ein sehr weitsichtiger Mensch ist.
Ich kann bei dieser Entscheidung nur meinen Hut ziehen! Ich weiß was es heißt, von seinem geliebten Sport Abschied nehmen zu müssen, noch dazu in seinem Fall mitten in einer erfolgreichen Saison. Harald Ofner ist für mich ein Sieger, auch wenn jetzt schon feststeht, dass er im April 2012 sicherlich nicht den Meister-Pokal in die Höhe reißen wird!
Die aktuelle Situation in der österreichischen Eishockeywelt…
Wenn man die obigen Zeilen liest, stellen sich wahrscheinlich aber viele die Frage, warum ein sportlich erfolgreicher Athlet seine aktive, gut laufende Karriere mit 28 Jahren beendet. Oder muss sie gar beendet werden? Warum spielt dieser junge Mann nicht einfach noch 5 oder 10 Saisonen lang Eishockey?
Die Lösung ist denke ich recht simpel: weil er einfach nicht genug Geld verdient um einerseits ausgesorgt zu haben, andererseits auch nicht genug Geld verdient hat um seine Ausbildung nach der sportlichen Karriere in Angriff zu nehmen und drei bis fünf Jahre finanziell zu überbrücken.
Es gibt einige wenige österreichische Spieler die ausgesorgt haben und einige die sich eine längere einkommenslose Zeit nach der Karriere leisten können. Die meisten aber haben diese Möglichkeiten leider nicht und können am Karriereende wohl auf viele sportliche Höhepunkte zurückblicken, stehen dann aber oftmals mit leeren Händen und ohne Ausbildung am Start im Rennen um einen Job. Nicht alle können und wollen Trainer/Nachwuchstrainer oder Manager werden, es fehlt grundsätzlich an Job-Perspektiven in den einzelnen Klubs.
Daher heißt es, gute Ausbildungsmöglichkeiten, wie bspw. die Einberufung in die Polizeischule, sofort zu nutzen. Schade ist in diesem Fall, dass die Ausbildung nicht neben dem Eishockey möglich ist, ich denke da bspw. an viele andere bekannte Sportler, die neben ihrer aktiven Karriere die Ausbildung zum Polizisten erfolgreich absolviert haben…
Nochmals: Wir müssen uns bewusst sein, dass die österreichische Liga keine Profiliga ist, sondern vielmehr Halbprofitum! Die meisten unserer einheimischen Spieler benötigen eine solide Ausbildung um den Lebensabschnitt nach dem Sport, welcher in aller Regel wesentlich länger dauert, erfolgreich meistern zu können. Diese Information müssen wir unserem Nachwuchs mit auf den Weg geben. Eltern, Trainer und Manager tragen dabei die soziale Verantwortung, auch im Bereich der Ausbildung den Ehrgeiz der jungen Athleten zu wecken und dieses Thema transparent zu machen!
Ein Lösungsansatz…
Neben der Ausbildung (Lehre, Matura, Studium, etc) sind vor allem auch berufliche Erfahrungen wie bspw. Praktika von großer Bedeutung. Die meisten Arbeitgeber verlangen nämlich neben einer soliden Ausbildung eben auch berufliche Erfahrungen.
Genau in diesem Punkt sollte das Sponsoring der Zukunft bzw. die Verantwortung der Vereine ansetzen: Der Sportler sollte nicht nur finanziell entlohnt werden, sondern soll während seiner sportlichen Karriere auch die Möglichkeit bekommen, maßgeschneiderte Ausbildungsplätze in Anspruch zu nehmen bzw. flexible Praktika in den jeweiligen Unternehmen absolvieren zu können.
Wenn der Sportler bereit ist, Zeit für die Ausbildung/Berufserfahrung zu investieren, während das Sponsorunternehmen bereit ist, auf das Training flexibel abgestimmte Zeiten für das Praktikum/die Ausbildung anzubieten, wäre eine perfekte Partnerschaft hergestellt bzw. alle Voraussetzungen für eine langfristige Kooperation gegeben. Das Sponsoring der Zukunft geht somit weg von der reinen (kurzfristigen) finanziellen Unterstützung hin zu einer verantwortungsvollen (langfristigen) Partnerschaft, in der der Sportler nicht nur als erfolgreicher Sportler, sondern auch als wertvoller (zukünftiger) Mitarbeiter angesehen bzw. respektiert wird.
Zudem können öffentliche Einrichtungen wie bspw. der Verein Karriere Danach – Sport mit Perspektive (kurz: KADA) unterstützend eingreifen. KADA ist auf die berufliche Integration von Sportlern ausgerichtet. Er zielt durch beratungsbezogene Fördermaßnahmen sowohl während der Schulzeit („Prävention“) als auch der spitzensportlichen Laufbahn („Laufbahnberatung“) als auch an der Schnittstelle zwischen Sport- und Berufskarriere („Arbeitsintegration“) auf den Erwerb entsprechender Kompetenzen und die Unterstützung von Bewerbungsaktivitäten ab. Das kostenlose Service der Laufbahnberatung können alle Leistungs- und Spitzensportler in Anspruch nehmen.
Internet:
www.sportmitperspektive.at (Verein KADA)
Buchtipp:
Brabant/Stadlober/Lasnig, Sport und Ausbildung: ein Widerspruch?, in: Mein Kind im Sport – Alles, was Eltern wissen müssen. Linde Verlag, Wien 2011.