Keine Chance auf den Titel!
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Alexander Tomanek -
9. September 2011 um 08:05 -
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Das ist mein klares Statement zum Kader der Red Bulls. Ich bin alles andere als ein Fan von Prognosen. Regelmäßig ersuche ich meine Moderatoren in den Vorbesprechungen der Übertragungen bei Servus TV und laola1.tv, mich während der Live-Sendung bloß nicht zu irgendwelchen Vorhersagen zu drängen. Wie geht das Drittel aus? Wie geht das Spiel aus? Wer wird Meister, usw? Das gehört grundsätzlich nicht in die Rubrik Sport, sondern eher in die Sternstunden. Im Fall der Salzburger lehne ich mich aber trotzdem mal weit aus dem Fenster – auch auf die Gefahr hin, am Ende der Saison eingestehen zu müssen, falsch gelegen zu sein.
Wie komme ich zu dieser Analyse? Immerhin handelt es sich um jenes Team, dass in den letzten zwei Jahren beide Male den Meistertitel errungen hat. Aber genau da setzt mein Gedankengang schon an: Die Teamstruktur hat sich grundlegend verändert.
An der Salzach ist man mittlerweile daran gewöhnt, dass die Aufenthaltsdauer eines Imports eher mit der Stoppuhr als mit einem Jahreskalender gemessen werden muss. Dies hat jedoch der Qualität der Mannschaft nie geschadet. Wieso? Weil es egal war. Die Nordamerikaner, die unter Pierre Page verpflichtet werden, sind meist ganz gute, junge Cracks, die häufig das erste Mal überhaupt in Europa spielen. Sie waren jedoch nie der Hauptgrund für die Salzburger Titelflut der vergangenen Jahre. Dies waren eindeutig die österreichischen Topspieler. Zu Beginn Martin Ulrich, Marco Pewal und Dieter Kalt. Danach folgte das halbe Nationalteam. Ich zähl sie erst gar nicht auf, weil ich garantiert ein oder zwei namhafte Akteure vergesse.
Genau diesen Aderlass konnten die Bullen im heurigen Sommer allerdings nicht kompensieren. Divis, Lakos, Pewal, Koch waren nicht nur vier Top-Spieler, sondern sie waren das Herz und die Identität des Teams. Nicht nur auf dem Eis, sondern vor allem auch außerhalb. In der Kabine, im Umgang mit den Medien, im Umgang mit dem Trainer.
Warum wurden diesen Sommer keine neuen österreichischen Stars verpflichtet? Zugegeben, der Markt war schon mal voller. Thomas Pöck, Christoph Brandner, Darcy Werenka, Jeremy Rebek, Jürgen Penker. Auch diese Aufzählung erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollzähligkeit. Aber wollte Salzburg diese Spieler gar nie verpflichten – weil sie beispielsweise zu alt sind - oder wollten die Spieler umgekehrt gar nicht nach Salzburg, weil sie von der Organisation nicht restlos überzeugt sind? Bei Pöck hätte man zumindest den Vorteil gehabt, dass er schon zu College Zeiten vom Stürmer zum Verteidiger mutiert war. Einen Brandner hingegen zu einem brauchbaren Verteidiger umzuwandeln, wäre wohl selbst für Pierre Page eine neue Herausforderung gewesen, die vermutlich eine Erweiterung des Trainerstabes nötig gemacht hätte. Aber im Ernst: Hier hat es Salzburg einfach verabsäumt, „gstandene“ österreichische Akteure zu verpflichten, bei denen man weiß, mit welchem Output man in der EBEL rechnen kann. Cracks, die in der heißen Phase der Play-Offs kühlen Kopf bewahren und es schaffen, den Fokus rein auf die sportliche Leistung zu legen und sich vom Drumherum (Fans, Medienhype, usw) nicht anstecken zu lassen.
Die einzige Chance, die ich für die Red Bulls nun sehe, liegt in einer Steigerung der Qualität der Transferkartenspieler. Obwohl ich in der Pre-Season kein einziges Spiel der Salzburger live gesehen habe, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die freigewordenen finanziellen Kapazitäten bislang nicht optimal genützt worden sind. Denn nur, wenn die neuen Imports voll einschlagen (oder bessere im Laufe der Saison nachrücken), sehe ich eine Chance für Trattnig & Co, auch im Frühling 2012 um den Meistertitel mitzuspielen. Ist dies nicht der Fall, wird spätestens im Semifinale Endstation sein.
Hier gehts zur Kaderbewertung auf hockeyfans.at
Bild: Red Bull GEPA pictures/ Sebastian Krauss