Die neue Moritat von Meckie Messer
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Experten Gastkommentare -
23. August 2011 um 07:00 -
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„Und der Haifisch, der hat Zähne
Und die trägt er im Gesicht
Und Macheath, der hat ein Messer
Doch das Messer sieht man nicht.
Und es sind des Haifischs Flossen
Rot, wenn dieser Blut vergiesst (sic!)
Mackie Messer trägt'nen Handschuh
Drauf man keine Untat liest.“
So beginnt die Moritat von Meckie Messer aus der bekannten Dreigroschenoper von Bertold Brecht. Erlauben Sie mir, werte Leser, dass ich diese Moritat in neuem Licht interpretiere – im Lichte des österreichischen Eishockeys. Denn schon wieder liegt ein überaus intensiver Sommer vor uns, und schon wieder gab und gibt es Grabenkämpfe, die das Licht auf den rot-weiß-roten Pucksport im nicht allerbesten Schein reflektieren lassen. Und wie immer hat doch keiner Schuld daran.
„Jenny Towler ward gefunden
Mit'nem Messer in der Brust
Und am Kai geht Mackie Messer
Der von allem nichts gewusst.“
Das Paradebeispiel für den Stoff meiner ganz persönlichen Eishockey-Moritat stellt die – nennen wir sie mal so – Causa Setzinger dar. Viel Unmut regte sich vor der IIHF Weltmeisterschaft in der Slowakei, schon bevor das erste Bewerbsspiel bestritten war. Da urteilte sogar Liebling Thomas Vanek aus Übersee, dass nicht alles den Namen „professionell“ tragen darf, wer zwar den Anspruch darauf hat, doch die Umsetzung nicht als besonders wichtig ansieht. Der ÖEHV wurde hart kritisiert. Nicht nur von Vanek, sondern auch von Matthias Trattnig, seines Zeichens bester österreichischer Verteidiger und eben Oliver Setzinger. Jener Setzinger, der nur einer von zwei Legionären im ÖEHV-Kader in der Slowakei war. Jener Setzinger, der mit Thomas Koch und Daniel Welser im österreichischen Trikot schon seit Jahren eine Leistungsstütze ist. Jener Oliver Setzinger, der bislang noch keine Weltmeisterschaft freiwillig oder mit irgendwelchen abstrusen Absagen ausließ; dennoch ging er zu weit. Vieles kann man sich gefallen lassen, nur nicht die Unterstellung, bei der Schlacht ums VIP-Buffet noch schneller als die D-Prominenz namens Familie Schiller zu sein.
Da hört sich doch einfach der Spaß auf, oder? Und sowieso und überhaupt – die Kritik ist nicht angebracht. Es wurde doch eh schon so viel verbessert. Bravo. Danke für das Gespräch. Sportlich haben wir ohnehin ausreichend Alternativen, man schmeißt Herrn Setzinger einfach für die Zukunft aus dem Nationalteam. Weil wir uns es ja eh leisten können. Denn alles läuft perfekt im österreichischen Eishockey...
...da schmerzt uns auch der (abermalige) Abstieg in die internationale Bedeutungslosigkeit nur marginal. Und auch die Querelen rund um die Erste Bank Eishockey Liga, die es jeden Sommer gibt, stören uns nur wenig. Sind ja selber schuld, die Vereine und ihre selbstgeschaffene Liga.
„Und das grosse Feuer in Soho
Sieben Kinder und ein Greis
In der Menge Mackie Messer, den
Man nicht fragt, und der nichts weiss.“
Drohen halt wieder ein paar Vereine mit dem Ausstieg. Fordern abermals die Legionärsbeschränkung. Wird der Ruf erhört? Kann man in naher Zukunft wieder einmal davon ausgehen, dass bei allen rot-weiß-roten Vereinen auch die einheimischen Spieler in Special-Team-Situationen eingesetzt werden können (wenn nicht 10 oder mehr Transferkarten erlaubt sind?) Ist doch egal, hat mit dem ÖEHV sowieso nichts zu tun. Da gibt es sowieso die Consulting-Firma Contrast, die sich mit den Strukturen und Prozessen im Hockeyverband auseinandersetzt; die werden schon sagen, falls etwas nicht stimmen würde. Und man hat ja immer gesagt, dass die Liga nicht auf sich selbst gestellt sein sollte. Das haben die nun davon.
... Ich bin auch kein Allwissender, Gott behüte. Aber eines weiß ich als langjähriger Teil der Eishockeyszene: Der Fisch fängt tatsächlich schon oft am Kopf zu stinken an.
Wie schloss doch der geniale Bertold Brecht seine Moritat?
„Und die minderjähr'ge Witwe
Deren Namen jeder weiss
Wachte auf und war geschändet
Mackie welches war dein Preis?“
Der diesmalige Gastkommentar wurde von einem freiberuflich tätigen Eishockeyjournalisten verfasst.
Bisherige Gastkommentare auf eishockeyexperten.at:
Selbstbetrug oder doch kein Grund für Katzenjammer? Über den vermeintlichen Niveauanstieg in der EBEL
Bild: hockeyfans.at / MKL