Kaderbewertung: Bozen ohne Sommertheater ein Fall fürs Finale?

Ganz ohne Skandale uns Sommertheater verlief der Sommer beim HC Bozen fast schon gespenstisch ruhig. Die Italiener haben in ihrem Kader einige Veränderungen vorgenommen und haben nach zwei Viertelfinalteilnahmen Höheres vor. Ob es so weit geht wie vor drei Jahren? Zur Erinnerung: der HC Bozen stieg in der Saison 2014/15 als Neuling in die EBEL ein und konnte gleich im ersten Jahr die Meisterschaft für sich entscheiden. Ein historisches Ereignis, immerhin waren die Italiener das erste Nicht-Österreichische Team, das den EBEL Titel eroberte. Doch diese sportliche Höchstleistung wurde von viel Unruhe getrübt. Die Italiener hielten die Liga immer wieder lange hin, leisteten sich einige Theatereinlagen mit späten Trainingsbeginnen, ganz späten Spielerverpflichtungen, späten Ligazusagen und immer wieder zweifelhaften Meldungen. Doch nach drei Jahren ist so etwas wie Normalität eingekehrt in Bozen. Bereits im Mai (!!!) wurde der erste Neuzugang bekannt gegeben, der Kader steht seit Wochen mehr oder weniger fest und die Südtiroler stehen auch schon lange am Eis, haben Testspiele absolviert. Sie gehen also so gut vorbereitet wie überhaupt noch nie in eine EBEL Saison. 2015/16 verlief für das Team von Tom Pokel sehr schwankend, aber immerhin mit dem Abschluss der vorzeitigen Play Off Qualifikation. Nur in der Anfangsphase der Meisterschaft leisteten sich die Foxes drei Niederlagen in Folge. Das passierte den Italienern sonst nicht mehr, allerdings gab es auch nie eine längere Siegesserie. Drei Erfolge hintereinander waren das Non Plus Ultra… Im Viertelfinale bekam man es nach einer mäßigen Zwischenrunde (6 Siege, 4 Niederlagen) mit Tabellennachbarn Linz zu tun und beklagte die harte körperliche Gangweise der Oberösterreicher. Einige Verletzungen führten sogar zu einem regelrechten Kleinkrieg und jeder Menge bösem Blut. Letzten Endes ging die Serie über 6 Spiele, 4 davon gingen mit nur einem Tor Unterschied zu Ende, zwei erst in der Verlängerung. Die Linzer setzten sich durch, um dann im Halbfinale an Bozen zu scheitern. Es war das zweite Mal in Folge, dass Bozen im Viertelfinale ausschied, zum zweiten Mal hintereinander gegen die Black Wings. Immer war es verdammt knapp, es fehlte nicht viel, um vielleicht noch weiter nach vorne zu stoßen. Das werden die Südtiroler aber 2016/17 versuchen, mussten dafür aber einige ganz wichtige Teamstützen ersetzen. Wie so oft war Bozen für einige Cracks nur ein Karrieresprungbrett, insgesamt verließen 11 Spieler den Verein. Das kennt man aber vom HCB und Tom Pokel ist fast schon Profi darin, neue Spieler zu finden, die sich dann perfekt in sein System einfügen. Dass er heuer noch dazu früher mit der Kaderplanung anfangen konnte war sicher kein Nachteil. Der HCB scheint sich langsam aber sicher an die EBEL zu gewöhnen und auch einzufügen. Dass man auch optisch mit einem neuen Logo für frischen Wind sorgte war nur ein visuelles Zeichen, aber eines, das sich durch die Sommermonate durchzog. Schon Anfang Juni wurde mit dem Dauerkartenverkauf begonnen, Pressekonferenzen im Mai, Testspiele nicht erst kurz vor Meisterschaftsbeginn – das kann sich sehen lassen und hat dem Produkt EBEL in Südtirol sichtlich gut getan. Neue Sponsoren, die Fans stehen hinter der Mannschaft und es gibt seit letzter Saison sogar regelmäßige Live Übertragungen von HCB Spielen! ###Die Ausgangslage Wie gesagt, es fehlte auch in den letzten zwei Jahren nicht viel beim HC Bozen. Die Foxes gehören auf Grund ihrer Sommertheater-Vergangenheit nicht unbedingt zu den beliebtesten Teams in der Liga, haben es aber rein sportlich immer gut geschafft, sich ganz vorne zu positionieren. Der Meistertitel gleich im ersten Jahr war ein Zeichen, dass dieses Team gute Voraussetzungen hat, die beiden Viertelfinalteilnahmen unterstrichen das in den letzten Jahren. Dass ausgerechnet die körperlich immer sehr präsenten Italiener an der Physis scheiterten ist eine Ironie, war für Tom Pokel aber auch Anstoß beim Kader hier anzusetzen. Statistische Fakten 15/16: Power Play: 14,8% (9.) Penalty Killing 78,3% (11.) Fairplay 8,7 Min/Sp (1.) Scoring Effizienz 9,01% (5.) Tore geschossen: 120 (7.)* Tore erhalten: 111 (5.)* *zwecks Vergleichbarkeit nur aus dem Grunddurchgang Sehr auffällig an der letzten Saison des HC Bozen waren die überaus schwachen Special Teams. Das Power Play funktionierte nur mäßig und ließ im Viertelfinale sogar noch einmal um 5% nach. Ähnlich das Penalty Killing, welches das zweitschlechteste der Liga war und im Play Off ebenfalls noch einmal 5% schlechter ausfiel. Da half es auch nichts, dass die Foxes über die Saison gesehen das fairste Team der Liga waren – mit solchen Statistiken kommt man in der EBEL nur selten weit… Auch ansonsten waren die Italiener ein Team, das rein statistisch gesehen Mittelmaß bot. Kein Wunder, dass sich die Italiener auch immer um den ominösen Top 6 Strich herumbewegten und letzten Endes nur mit einem Punkt Sicherheit in die Pick Round rutschten. Vor der neuen Saison haben die Italiener zudem auch noch ihre offensiven Zugpferde verloren. Joel Broda, Jerry Pollastrone, Taylor Vause – sie alle wechselten zur EBEL Konkurrenz. Im Tor ging die Ära von Jaroslav Hübl zu Ende und trotzdem gehen die Foxes guter Dinge in die neue Saison. Noch ist der Kader mit großer Wahrscheinlichkeit nicht vollständig gefüllt, man hat noch Platz, den man wohl für die noch nicht überzeugende Abwehr einplanen dürfte. Tom Pokel hat auch heuer wieder eine starke Truppe zusammengestellt und man weiß, dass die Foxes mit ihrer Mischung aus Italiener, Italo-Kanadiern und Legionären wieder eine tief besetzte Mannschaft an den Start bringen kann. Im letzten Jahr mussten die Südtiroler ausgerechnet in der wichtigsten Zeit des Jahres Verletzungen von Leistungsträgern kompensieren, was nur bedingt gelang. Wenn die Gesundheit mitspielt, kann diese Mannschaft wie zuletzt auch die Top 6 einplanen, wenngleich man im Vergleich zum letzten Jahre etwas an Geschwindigkeit eingebüßt haben dürfte. Dafür wurde man körperlich wieder stärker, eine Reaktion auf die letzten beiden Jahre. Wer weiß, wenn der HCB endlich wieder ein Viertelfinale übersteht, vielleicht geht es dann wirklich wieder so weit wie vor drei Jahren? HF.at Prognose: Platz 4 bis 8 ###Kaderbewertung HC Bozen – Torhüter und Abwehr: Torhüter: Abgänge: Jaroslav Hübl, Daniel Morandell Zugänge: Jacob Smith, Marcel Melichercik Nach drei Jahren ist Jaroslav Hübl nicht mehr Torhüter beim HC Bozen. Der Tscheche spielte zwar insgesamt eine solide Saison, ließ aber in diesen drei Jahren in seiner Beständigkeit nach. Der Tiefpunkt waren dann die Play Offs gegen Linz, als er es nicht einmal mehr auf 89% Fangquote schaffte. Das lag vermutlich auch daran, dass Hübl völlig überspielt war und 60 Partien in den Beinen hatte. Das alles hinter einer nicht immer sattelfesten Abwehr und mit steigender Fehleranfälligkeit. Schon früh hatte man sich daher entschieden, dass man hier einen neuen Weg beschreiten möchte. Doch es dauerte dann lange, bis man tatsächlich zur Tat schritt. Das lag vor allem an der Visumregelung in Italien, die man so nicht lösen konnte. Also wurde es kein Nordamerikaner, sondern ein Slowakei, den man als Nummer 1 holte. Der 29-jährige Marcel Melichercik ist zum ersten Mal in seiner Karriere nicht in seiner Heimat oder in Tschechien aktiv und kommt vom HC Kosice in die EBEL. Der Slowake hat in Kosice zuletzt durchaus gute Statistiken aufzuweisen gehabt und gilt als sehr nervenstark. Er spielte auch schon international für die Slowakei und hatte in der slowakischen Extraliga in den letzten beiden Jahren immer den besten Gegentorschnitt aufzuweisen. Als Backup holten die Foxes einen Kanadier mit italienischem Pass. Jacob Smith ist erst 21 Jahre alt und kommt aus der Ontario Hockey League, wo er sogar einen Meistertitel erringen konnte. Im bleibt hoffentlich das Schicksal eines Daniel Morandell erspart, der hinter Hübl kaum Eiszeit bekam. Smith dürfte trotz seiner Jugend das Potential haben, der Nummer 1 einige Ruhezeit zu geben und diesen so für die Play Offs zu entlasten. Einen brauchbaren Backup hatte es in Bozen bislang in der EBEL noch nicht gegeben, insofern durchaus eine Verbesserung im Vergleich zu den letzten Jahren. Vielleicht macht das dann auch genau den Unterschied aus, um im Endspurt noch Kraft zu haben. Bewertung: 3,5 von 5 Punkten Abwehr: Abgänge: Brett Flemming, Sean MacMonagle, Roland Hofer Zugänge: Alex Gellert, Max Everson, Clark Seymour, Daniel Glira (?) Das größte Fragezeichen im Kader der Südtiroler gibt es derzeit in der Abwehr. Diese besteht aktuell nur auf 5 bestätigten Spielern, wobei man mit dem Italiener Daniel Glira einen Mann als Try Out im Trainingslager hat, der wohl schon in den nächsten Stunden als Neuzugang bestätigt werden dürfte. Glira ist ein defensiv orientierter Mann, der mit Alexander Egger (17. Saison in Bozen!) und Hannes Oberdörfer das einheimische Grundgerüst bildet. Neu ist der Italo-Kanadier Alex Gellert, der in Cortina letzte Saison einen Punkt pro Partie gemacht hat und auch im Nationalteam gute Figur abgibt. Bei ihm bleibt abzuwarten, wie schnell er sich an das rauere EBEL Klima anpasst. Mit dem 23 Jahre alten Max Everson haben die Foxes einen Amerikaner mit italienischen Wurzeln aufgetan, der aus der ECHL nach Europa stößt. Wieder einmal ein frisches Gesicht, das sich mit seinen 23 Jahren in Bozen profilieren möchte. Ein Spieler der sich nach der Collegezeit gesteigert hat und durchaus wieder ein Crack sein könnte, der sich unter Tom Pokel entfaltet. Das gilt auch für den Kanadier Clark Seymour, ebenfalls 23 Jahre jung. Er konnte in den letzten beiden Jahren in der AHL und ECHL Erfahrung sammeln, ist mit 193 Zentimetern und fast 100 Kilogramm ein echtes Bröckerl und soll vor dem eigenen Tor so richtig aufräumen. Etwas, das man in der jüngsten Vergangenheit etwas vermisste. Das ist auch schon die ganze Defensive, die in dieser Zusammenstellung einfach viel zu dünn besetzt ist. Nur drei Linien bringt man hier zusammen, man darf erwarten, dass noch wenigstens ein Legionär dazustoßen wird. Vermutlich sogar zwei. Derzeit ist das aber noch sehr wenig und ausbaufähig, aber wer den HCB kennt, der weiß, dass man sich nicht stressen lässt, wenn es um Kaderverstärkungen geht. Die neuen Verteidiger werden dann auch mehr Offensivpower und Spielaufbaufähigkeiten hergeben müssen. Das fehlt aktuell ebenfalls. Bewertung: 3,0 von 5 Punkten ###Kaderbewertung HC Bozen – Angriff und Trainer: Angriff: Abgänge: Joel Broda, Taylor Vause, Steve Saviano, Alex Foster, Jerry Pollastrone, Matt Pope, Nate DiCasmirro Zugänge: Denny Kearney, Jesse Root (?), Andrew Yogan, Marc-Olivier Vallerand, Travis Oleksuk, Michele Marchetti, Luca Frigo Einen unglaublichen Aderlass gab es für die Südtiroler im Sturm. Den Sommer nützten gleich sieben Spieler, um sich neue Vereine zu suchen. Darunter mit Joel Broda, Taylor Vause und Jerry Pollastrone die drei besten Scorer! Auch was die Italiener betraf gab es einige Schwierigkeiten, denn vor allem bei Anton Bernard wartete man lange zu. Markus Gander und Marcus Insam werden aber gemeinsam mit Bernard weiterhin in der vierten Linie für Unruhe sorgen. Insam könnte rein theoretisch auch in der Abwehr spielen, was auf Grund der personell sehr dünnen Kaderdichte vor allem zu Saisonbeginn durchaus notwendig werden könnte. Auch Nick Palmieri versuchte unmittelbar nach Saisonende bei anderen EBEL Teams sein Glück, bleibt aber nun doch in Südtirol und war einer der ersten Spieler, die mit einer Vertragsverlängerung verkündigt wurden. Ein wichtiger Mann, wenn es um das Torschießen geht. Ganz anders als Brodie Reid, dessen Stärken auch in der Vorbereitung liegen und der sich im Viertelfinale gegen Linz verletzte. Nicht weniger als 12 Scorerpunkten in 6 Play Off Spielen zeigen, dass Reid ganz wichtig für diese Mannschaft sein kann. Er war ohnehin schwer verletzungsgeplagt, musste schon im ersten EBEL Einsatz bei den Capitals verletzt vom Eis und absolvierte so letzte Saison nur 33 Spiele. Es ist zu erwarten, dass Reid einer der absoluten Führungsspieler im Team wird. Was Verletzungen betrifft hat der HC Bozen mit Jesse Root derzeit einen angeschlagenen Spieler, bei dem sogar das Saisonende im Raum steht. Der Center kam mit guten ECHL Werten nach Südtirol und hat in den ersten Tests mehr als überzeugt. Ein sehr mobiler und präsenter Spieler, den man nun womöglich bereits vor dem ersten EBEL Bully ersetzen muss. Neu im Team sind auch die Italiener Luca Frigo und Michele Marchetti, die zum Kader des italienischen Nationalteams gehören und beide zu den Arbeitern im Team zählen werden. Auch für zwei weitere Center-Positionen gab es neben dem nun verletzten Jesse Root neue Kräfte. Andrew Yogan bringt körperliche Präsenz ins Spiel (191 cm, 93 kg), hat sich aber auf AHL Niveau nie so recht in Szene setzen können. Er ist ein guter Passgeber, kein Goalgetter und damit eher für Reihe 3 geeignet. Die erste Linie führen wird wohl Travis Oleksuk, der vier Jahre in der AHL spielte und somit einiges an Erfahrung hat. Ein Mann, der nicht nur als Vorbereiter glänzen kann. Die Tore schießen müssen aber trotzdem andere. Neben Nick Palmieri und Brodie Reid zum Beispiel Marc-Olivier Vallerand, der schon Italienerfahrung besitzt und in Eppan in der Saison 2014/15 eine tolle Saison hinlegte (60 Punkte in 38 Spielen). Letzte Saison verstärkte er La Chaux-de-Fonds in der NLB, das er gegen Ende des Jahres verstärkte und in 5 Spielen mit 5 Scorerpunkte beeindruckte. Daneben gibt es noch Denny Kearney, einen US Amerikaner, der in Deutschland, Frankreich und Schweden ordentliche Statistiken aufzuweisen hat. Ein Flügel, der im Power Play sehr stark ist und das schwache Überzahlspiel antreiben könnte. Mit 13 Stürmern ist der Kader gut gefüllt, aber noch nicht übervoll. Nach der Verletzung von Root ist eine Centerposition derzeit unbesetzt und es wird wohl notwendig sein, hier zu handeln. Der Angriff wirkt trotz der Abgänge breit aufgestellt zu sein, allerdings müssen die Neuen erst einmal die Scoringqualitäten ihrer Vorgänger aufbringen. Starspieler gibt es beim HCB meistens ohnehin nicht, die Mannschaften von Tom Pokel gewinnen über das Kollektiv. Und das passt auch im Sturm recht gut. Bewertung: 4,0 von 5 Punkten Trainer: Abgang: - Zugang: - Es gibt wohl nur einen Trainer, der in Bozen wirklich erfolgreich sein kann. Tom Pokel. Nach der Meisterschaft gleich im ersten Jahr hat der US Amerikaner in Wien eine sehr schwere Zeit erlebt und ist seit der letzten Saison wieder zurück in Bozen. Pokel hat sich bei den Foxes bislang immer als ein echter Künstler erwiesen, wenn es nach turbulenten Sommern ein Team zusammenzustellen galt. Er hat ein gutes Händchen bei den Legionären und kann sich die Mannschaft praktisch selbst bauen. Dass Pokel kein Verfechter von x Systemen ist, sondern einfaches, sehr gradliniges Hockey spielen lässt hilft vor allem den Nordamerikanern im Team, die sich so sehr rasch akklimatisieren können. Heuer sollte mit den getätigten Neuverpflichtung auch wieder etwas mehr Härte ins Spiel kommen. Pokel ist nun auch schon lange genug in der EBEL, um die Konkurrenz zu kennen und seine Mannschaft einzustellen. Er ist der genau richtige Mann an diesem Platz in Bozen und nicht umsonst ein Liebling der Fans in der Palaonda. Bewertung:4,0 von 5 Punkten Gesamtwertung: 14,5 von 20 Punkten ###Die Zwischenwertung in der HF.at Kaderbewertung: 1. HC Orli Znojmo 16,5 Punkte 1. Vienna Capitals 16,5 Punkte 3. Black Wings Linz 15,0 Punkte 3. VSV 15,0 Punkte 5. HC Bozen 14,5 Punkte 6. KAC 14,0 Punkte 7. Dornbirn Bulldogs 13,0 Punkte 7. Innsbrucker Haie 13,0 Punkte 7. Fehervar AV19 13,0 Punkte 10. Graz 99ers 11,0 Punkte 11. Olimpija Ljubljana 7,0 Punkte