Kaderbewertung: Salzburg eine Nummer zu groß?
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marksoft -
11. September 2015 um 14:30 -
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Seit der Neugründung der Bundesliga ist es kaum einer anderen Mannschaft gelungen die Meisterschaft so zu dominieren, wie Red Bull Salzburg in der letzten Saison. Die Mozartstädter waren herausragend, ohne Gegner und damit auch völlig verdient Champion. Auch heuer gehen die Bullen als haushoher Favorit in die Jagd um den Titel. Aber wie weit enteilt sind die Red Bulls der Konkurrenz wirklich?
Es war eine Saison der Superlativen für Red Bull Salzburg. In den Play Offs nur eine einzige Partie verloren, im Grunddurchgang 43 von 54 Partien für sich entschieden, immer die meisten Tore geschossen... selten zuvor war so klar, dass die Meisterschaft nach Salzburg gehen würde, wenn nicht etwas Unvorhergesehenes passiert. Das größte Budget, der stärkste und am tiefesten besetzte Kader, vier starke Linien und eine Mannschaft die jederzeit das Tempo anziehen kann. Salzburg spielte auf einem Niveau, das in der EBEL kein anderes Team auf Dauer gehen kann. Kurz dachte man, die Black Wings würden als Herausforderer herhalten können, aber die Linzer wurden am Ende von den Kräften verlassen und hatten in den Play Offs keine tragende Rolle mehr.
Dass der Titelverteidiger fast schon traditionell zumindest als Mitfavorit auf die abermalige Meisterschaft ins Rennen geht ist logisch. Im Fall von Salzburg ist es aber so, dass der Meister 2016 eigentlich wieder nur aus dem Hause Red Bull kommen kann. Der Kader hat sich nur marginal verändert, Trainer Dan Ratushny kann weiterhin auf eine bärenstarke Mannschaft bauen, die technisch, physisch und auch vom Tempo über jeden Ligakonkurrenten zu stellen ist. Erstmals seit Jahren hat man den Eindruck, dass bei den Mozartstädtern wirklich alles richtig gemacht wird. Selbst die ewigen Schmährufe sind ob einer derartigen Überlegenheit leiser geworden. Die Konkurrenz musste die Übermacht neidlos anerkennen.
Aber ganz so einfach will man es den Salzburgern dann doch nicht machen. Die Vienna Capitals und der KAC haben zum Angriff auf den Meister gepfiffen und hoffen, dass der Abstand kleiner geworden ist. Zumindest starten die Bullen mit einigen Sorgen in die Saison. Thomas Raffl wird als einer der ganz großen Leistungsträger bei erfolgreichem NHL Try Out womöglich gar nicht mehr zurückkehren. Brett Sterling fehlt aus privaten Gründen schon länger, Kyle Beach ist verletzt. Aber die Salzburger haben einen derart tief besetzten Kader, dass sie diese Ausfälle wegstecken können. Kurzfristig. Und wenn dann doch Not am Mann ist, dann hat man auch die Ressourcen, um sich qualitativ hochwertig zu verstärken.
Kein Wunder, dass die Salzburger ob ihrer Vormachtstellung in der EBEL ihre Augen längst Richtung Europa richten. Die CHL ist für die Red Bull so etwas wie eine Standortbestimmung, wo man gerne hinmöchte. Man vergleicht sich mit den großen Teams des Kontinents und da kann es schon fast als gefährliche Drohung angesehen werden, wenn die Bullen immer wieder betonen, schneller und präziser spielen zu wollen.
###Die Ausgangslage
Vom ersten Spiel weg hatte Salzburg in der letzten Saison seine Vormachtstellung unterstrichen. Sechs Erfolge zum Auftakt, von den ersten 22 Partien wurden 17 gewonnen. Nur ein einziges Mal kassierte man drei Niederlagen in Folge und war in allen Belangen das beste Team der Liga.
Statistische Fakten 14/15:
Power Play: 25,29% (1.)
Penalty Killing 83,91% (1.)
Fairplay 13,49 Min/Sp (9.)
Scoring Effizienz 10,22% (1.)
Goalkeeping 91,66% (4.)
Tore geschossen: 165 (1.)*
Tore erhalten: 112 (1.)*
*zwecks Vergleichbarkeit nur aus dem Grunddurchgang
Das unterstreicht auch der Blick auf die Teamstatistiken aus der letzten Saison. Keine andere Mannschaft hat eine derartige Kaderdichte und konnte als Einheit so überzeugen, wie die Ratushny-Schützlinge. Die Special Teams waren herausragend, als einziges EBEL Team schaffte man in Sachen Effizienz einen zweistelligen Wert, keine andere Mannschaft hat so viele Tore geschossen und gleichzeitig so wenige kassiert. Da konnte man es sich durchaus leisten, dass man in Sachen Disziplin und auch was die Torhüter betraf nicht in der Ligaspitze mitmische.
Die Salzburger spielten schnell, technisch hochwertig und waren über eine ganze Saison gesehen das einzige Team, das wirklich konsequent Druck im Angriffsdrittel erzeugen konnte. Das ging so weit, dass sich die Gegner erst gar nicht aus dem Defensivdrittel befreien konnten. Das Salzburger spiel war beeindruckend, mitreißend und erfolgreich. Und es war um mindestens eine Klasse besser als das was die direkte Konkurrenz zu bieten hatte.
Der Kader bleibt im Vergleich zur letzten Saison fast unverändert, bis auf den Abgang von Thomas Raffl hat man alle vakanten Positionen neu und sogar stärker besetzt. Das deutet auch heuer auf eine starke Mannschaft aus Salzburg hin, die weiterhin das Potential hat, diese EBEL zu dominieren. Kein anderes Team ist derzeit in Sicht, das den Abstand reduzieren könnte. In den letzten neun Jahren haben die Red Bulls fünf Mal den Titel geholt, es wäre kein Wunder, wenn 2016 das halbe Dutzend voll werden würde. Es geht ausschließlich um die Meisterschaft für die Mannschaft von Dan Ratushny. Alles andere wäre fast schon eine Sensation.
HF.at Prognose: Platz 1
###Kaderbewertung Red Bull Salzburg – Torhüter und Abwehr:
Torhüter:
Abgänge: Bernd Brückler
Zugänge: Fabian Weinhandl
Wenn man schon einen Schwachpunkt in einer fast perfekten Mannschaft suchen möchte, dann ist es im Fall von Salzburg wohl die Position der Torhüter. Hier war man nicht dominierend, sondern nur in der vorderen Tabellenhälfte zu finden. Das lag daran, dass Luka Gracnar ein paar Partien absolvierte, in denen er patzte. Darüber hinaus konnte Bernd Brückler als Backup seine Fangquote auch im zweiten Jahr in Folge nicht über die 90%-Schallmauer heben. Gracnar ist ein noch immer sehr junges Talent, das sich weiterhin beweisen muss. Der Slowene spielt zwar schon seit einer gefühlten Ewigkeit in Salzburg, ist aber erst 21 Jahre jung! Er geht in sein viertes EBEL Jahr und hat noch immer eine ausgezeichnete Fangquote abgeliefert. In den Play Offs war er dann letzte Saison herausragend und mit 93,5% fast unüberwindbar. Weiterhin ist der aus Jesenice stammende Bullen-Schlussmann nicht von einem NHL Team gedraftet worden, wenngleich man immer wieder hört, dass er von NHL Scouts beobachtet wird.
Als neue Nummer 2 steht hinter Gracnar Fabian Weinhandl zur Verfügung. Er nimmt den Platz von Bernd Brückler ein und kann gerade als Backup ein wertvolles Teammitglied sein. An Gracnar vorbei wird er wohl nicht kommen, aber Weinhandl hat nach seinem Abschied aus Klagenfurt in Italien bei Ritten gezeigt, dass er es durchaus kann. Über 95% gefangener Schüsse im Grunddurchgang und in den Play Offs auch noch immer über 92%. Das ist bemerkenswert und sorgt auch heuer dafür, dass sich die Salzburger im Tor keine Sorgen machen müssen. Hier hat man eine klare Nummer 1 und dahinter eine Nummer 2, die jederzeit in der Lage ist, ein Spiel zu absolvieren.
Bewertung: 4,5 von 5 Punkten
Abwehr:
Abgänge: Troy Milam, Corin Konradsheim, Florian Mühlstein
Zugänge: Layne Viveiros, Brian Connelly.
Sorgen dürfte man auch in der Abwehr keine haben. Schon letzte Saison war man das Team mit den am wenigsten zugelassenen Gegentoren – und gleichzeit hatte man noch Waffen in der Abwehr, die nach vorne Druck aufbauen können. Mit dem alternden Troy Milam hat man zwar einen sehr guten Scorer nach Wien ziehen lassen, für ihn kommt mit Brian Connelly aber ein mehr als adäquater Ersatz. Der Amerikaner gilt als Offensivmann, der sehr gut schießt und sich immer wieder in den Angriff einschaltet. In der CHL hat der Verteidiger in 4 Partien schon 3 Punkte gemacht. Das alles wirkt so, als hätte man einen Milam in jung gesucht – und gefunden. Florian Mühlstein und Corin Konradsheim sind zwar zwei Österreicher, die den Verein verlassen, für sie hat man aber Ersatz parat. Junge Cracks aus dem Nachwuchs und darüber hinaus auch noch Layne Viveiros, den Sohn des ehemaligen KAC und Teamtrainers Manny Viveiros. Der gebürtige Kanadier verfügt über einen österreichischen Pass und steht mit seinen 20 Jahren erstmals unter Beobachtung in Österreich. Die Rolle eines Mühlstein kann er aber mit Sicherheit spielen. Alles in allem also ungefähr das, was man im Vorjahr zur Verfügung hatte. Oder sogar dank Connolly eine Spur mehr...
Bewertung: 4,5 von 5 Punkten
###Kaderbewertung Red Bull Salzburg – Angriff und Trainer:
Angriff:
Abgänge: Thomas Raffl (?), Markus Pöck
Zugänge: Benn Ferriero.
Das ist sie also, die beste Offensive der Liga! Keine andere Mannschaft hat so viele Tore geschossen, hatte ein besseres Power Play und war gleichzeitig auch so fleißig im Backcheck. Die Red Bulls konnten aus dem Vollen schöpfen und haben es geschafft, vier wirklich starke Linien zusammenzustellen. Daran wird sich nichts ändern, wenngleich man mit dem möglichen Abgang von Thomas Raffl einen wichtigen Mann verlieren könnte. Bekommt der Stürmer einen NHL Vertrag, dann muss Salzburg seinen besten Scorer und besten Torschützen hergeben. Einen Mann wie Raffl kann man aber nicht so einfach ersetzen, allerdings haben die Bullen schon im Sommer für eine Aufwertung ihres Sturm gesorgt. Man will schneller spielen und noch mehr Druck aufbauen, sich ständig verbessern. Benn Ferriero ist so ein Mann, der da gut ins Konzept passt. Der US Amerikaner hat schon in 4 CHL Partien mit 4 Toren sowie 5 Scorerpunkten ein Duftzeichen gesetzt und wird in der EBEL zu den besten Stürmern gehören. Bezeichnend auch, dass selbst bekannt schwierige Charaktere wie ein John Hughes in Salzburg zum Teamplayer wurden und sich voll in den Dienst des Erfolgs stellen. Brett Sterling bleibt ebenso bei den Bullen, wie Ryan Duncan oder auch Ben Walter. Nicht nur die Legionäre sind Extraklasse, auch die Österreicher können sich sehen lassen. Konstantin Komarek wird immer besser, Daniel Welster bleibt ein konstanter und wertvoller Arbeiter, Manuel Latusa spielt immer mit vollem Einsatz. Dazu noch einige junge Spieler, die sich ihre Sporen in der EBEL verdienen und da ist er wieder, dieser Mix, der so überhaupt nicht aufzuhalten sein dürfte. Etwas Besseres wird man in der EBEL nicht finden.
Bewertung: 5,0 von 5 Punkten
Trainer:
Abgang: -
Zugang: -
Als vor einem Jahr Don Jackson zum Partnerteam nach München beordert wurde war man in Salzburg etwas unschlüssig. Wie würde Dan Ratushny spielen lassen, ist er gut genug für diese Mannschaft? Klar war er das, er ist nicht umsonst Trainer des Jahres in der DEL gewesen und hat die Salzburger stets mit höchster Professionalität trainiert. Kaum ein lautes Wort in den Medien, immer höflich und zurückhaltend. Ratushny ist wie seine Mannschaft Extraklasse und hat immer alles im Griff. Sicher, er hat auch das nötige Spielermaterial, um einen Champion zu fordern, aber trotzdem war sein Team dann da, als es wichtig war. In den Play Offs blieben die Mozartstädter stets konzentriert und feierten im Halbfinale, sowie im Finale einen Sweep. Eindrucksvoller geht es fast nicht mehr. Dan Ratushny hat alles richtig gemacht und kann auf eine beinahe unveränderte Mannschaft zurückgreifen. Der Druck ist natürlich riesig, denn in Salzburg ist der Titel auch in der kommenden Saison fast schon Pflicht. Dass der Trainer solchen Erwartungshaltungen gerecht werden kann weiß man. Er ist und bleibt einer der besten Coaches in der Liga. Wenn nicht sogar der beste.
Bewertung: 5,0 von 5 Punkten
Gesamtwertung: 19 von 20 Punkten
###Die Zwischenwertung in der HF.at Kaderbewertung:
1. Red Bull Salzburg 19,0 Punkte
2. KAC 16,0 Punkte
2. Vienna Capitals 16,0 Punkte
5. Fehervar AV19
6. HC Orli Znojmo 14,0
7. VSV 13,5 Punkte
8. Dornbirner EC 12,0 Punkte
9. HC Innsbruck 11,5 Punkte
9. Graz 99ers 11,5 Punkte
11. Olimpija Ljubljana 8,0 Punkte