Kaderbewertung: Ljubljana wieder nur für Sorgen gut?
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marksoft -
7. September 2015 um 18:34 -
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Rein sportlich kann man vor den Drachen aus Ljubljana jedes Jahr nur den Hut ziehen, denn mit fast lächerlichen Mitteln schaffen sie es Jahr für Jahr, in der EBEL zu bestehen. Auch für 2015/16 gehen die Slowenen als krasser Außenseiter ins Rennen. Ob man dieser Mannschaft mehr als nur ein paar gute Spiel zutrauen kann, damit beschäftigt sich die HF.at Kaderbewertung.
Wie bereits eingangs erwähnt, rein sportlich gesehen ist das, was Ljubljana Jahr für Jahr schafft bemerkenswert. Ein kleiner Kader, finanziell nicht nur angeschlagen sondern schon seit vielen Jahren eine „lebende Leiche“ und trotzdem ist man den Großteil der Saison ein ernstzunehmender Gegner. Und da wären wir schon beim großen Kritikpunkt: Gehälter werden nur zum Teil oder zu spät gezahlt, der Ausverkauf der Mannschaft beginnt schon während der Saison, jede Menge Gläubiger und ein riesiger Schuldenberg. Hätte die EBEL eine echte Lizenzprüfung, die Drachen wären schon lange nicht mehr Teil der Liga.
So aber können die Drachen die geforderten Unterlagen samt Bankgarantie auch für 2015/16 vorlegen und gehören damit auch korrekter Weise der Liga an. Und wieder haben die Drachen einige Überraschungen geschafft – schon vor der Saison! Erstmals in der EBEL Geschichte gibt es Österreicher, die im Ausland spielen. Wie lange, wird sich weisen, aber immerhin bekommt das slowenische Team damit auch für die Fans in Österreich wieder etwas mehr Relevanz, die man sich rein von den Platzierungen der letzten Jahre nicht verdient hätte.
###Die Ausgangslage
Das Geld ist knapp, die Gehälter klein, die Mittel fast schon lächerlich. Olimpija Ljubljana ist so etwas wie ein Exot in der immer teurer werdenden Erste Bank Eishockey Liga. Da pfeift ein Team aus dem sprichwörtlich letzten Loch und kann trotzdem mit Leuten wie einem Roland Kaspitz im Team überraschen. 6 Legionäre haben die Slowenen heuer unter Vertrag – gleich 3 davon kommen aus Österreich. Das ist ein Novum und erweitert das Spektrum an Slowenen, die sich jedes Jahr wieder in die Ungewissheit einer Saison bei Olimpija begeben. In den vergangenen drei Jahren hat Laibach immer die Play Offs verpasst und hat immer schlechter abgeschnitten: war man 2013 noch Neunter, reichte es in den letzten beiden Jahren nur noch für die Ränge 11 und 12. Regionen, die wohl auch für die neue Spielzeit zu erwarten sind. Während sich die Konkurrenz beständig weiter entwickelt, haben die Slowenen ganz andere Sorgen. Da geht es ums nackte Überleben und schon vor Saisonbeginn darf man Wetten abschließen, wann der erste enttäuschte Spieler das Weite sucht. Je früher das der Fall ist, umso früher wird Olimpija auch sportlich wieder zurückfallen.
Für die Liga wäre es umso wichtiger, dass Olimpija eine Rolle spielen kann, die über die eines Punktelieferanten hinaus geht. Auch wenn die Drachen immer wieder gute Ergebnisse aufs Eis bringen, 28 Siege in den letzten 2 Grunddurchgangsjahren sind dann doch gar wenig. Für die slowenischen Spieler kann man ein Sprungbrett ins Ausland sein, junge Legionäre können sich hier präsentieren und die drei Österreicher im Aufgebot werden auch hoffen, dass sie sich so wieder ins Blickfeld spielen können. Zumindest der Wille sollte also bei allen da sein…
Statistische Fakten 13/14:
Power Play: 11,70% (12.)
Penalty Killing 71,09% (12.)
Fairplay 11,85 Min/Sp (5.)
Scoring Effizienz 6,96% (12.)
Goalkeeping 91,59% (5.)
Tore geschossen: 95 (12.)*
Tore erhalten: 144 (11.)*
*zwecks Vergleichbarkeit nur aus dem Grunddurchgang
Was soll man zur Saison 2014/15 bei den Slowenen sagen? Die wenigsten Tore der Liga erzielt, als einziges Team unter 100 Treffer bejubelt, dazu noch die meisten Gegentore zugelassen und Special Teams unter aller Kritik. Dass dabei klarer Weise auch die Effizienz vor dem gegnerischen Tor litt liegt auf der Hand. Einzig Andy Chiodo im Tor konnte so richtig überzeugen und bei der schlechtesten Mannschaft der EBEL derart aufzeigen, dass er heuer wieder einen Vertrag in Österreich erhalten hat. Und noch etwas fällt auf: bei allem „Prügelknaben-Image“ blieben die Slowenen immer fair und stellten was das Fairplay betrifft eine Top 5 Mannschaft. Das hat inzwischen ebenso wie eine gute Goalieleistung Tradition bei den Drachen. Aber eben auch die Punkte, die man liegen lässt. Letzte Saison konnten aus den ersten 17 Spielen nur 3 Siege eingefahren werden. Nie gelang es den Slowenen, dass drei Erfolge en Suite gefeiert wurden und am Ende standen gleich sieben Niederlage hintereinander in den letzten sieben Runden in der Statistik.
Der letzte Sieg der Laibacher liegt also schon lange zurück – genauer gesagt gelang er am 15. Februar gegen Innsbruck. Insgesamt gab es 2015 in der EBEL für Laibach erst sechs Siege und auch wenn man sich mit einigen überraschenden Namen verstärkt hat, an den Erwartungen ändert sich nichts. Die Drachen werden sich schwer tun in dieser Liga, in der die Teams immer tiefer besetzt sind und ihre Leistungen immer früher in der Saison abrufen können. Es fehlt an allen Ecken und Enden und so kann das Ziel fast nur lauten: nicht Letzter werden! Das wird schon schwer genug, denn gerade dann, wenn es in der Zwischenrunde um die Platzierungen geht hatte der Geldbeutel in der Vergangenheit schon so große Löcher aufzuweisen, dass man nur noch mit einer Rumpfmannschaft antreten konnte. Wenn sich das wieder einmal so zutragen sollte, dann ist selbst eine Verbesserung der Platzierung ein utopischer Wunsch.
HF.at Prognose: Platz 11 bis 12
###Kaderbewertung Olimpija Ljubljana – Torhüter und Abwehr:
Torhüter:
Abgänge: Andy Chiodo, Miika Wiikman
Zugänge: Olivier Roy, Matic Marinsek,
Zuerst Jerry Kuhn, dann Andy Chiodo – man kann Olimpija Vieles absprechen, aber ein Händchen für Torhüter haben die Slowenen. Mit dem Kanadier Olivier Roy holten die Drachen einen in Europa noch gänzlich unbekannten Mann, der darüber hinaus mit seinen 24 Jahren auch noch sehr jung ist. Er wurde 2009 gedraftet, versuchte sich in der AHL und landete trotzdem immer wieder in der ECHL. Nun soll Laibach zum großen Sprungbrett werden, wobei man hier abwarten muss, ob er sich in die Reihe guter bis sehr guter Schlussleute beim notorischen EBEL Schlusslicht einreihen kann. Selbst auf ECHL Niveau hat Roy in den Play Offs immer markant abgebaut, allerdings wird er diesen Druck der K.O. Phase mit Olimpija wohl eher nicht erleben. Hinter ihm stehen mit Matic Marinsek (Try Out) und Tomaz Trelc zwei weitere sehr junge Leute Gewehr bei Fuß, werden aber wohl nicht viel Eiszeit erhalten. Außer natürlich, Roy spielt so gut, dass er sich vor Ende des IIHF Transferzeitraums einen neuen Verein angelt. Schon letzte Saison hatte Ljubljana insgesamt 5 Torhüter im EBEL Aufgebot. Den Großteil der Last erledigte aber Chiodo, die paar Spiele, die es sonst noch gab, wurden vom Schweden Miika Wiikman absolviert. Der hat inzwischen in Großbritannien angeheuert und sich damit finanziell auch verbessert. Keine Frage: hier ist man im Ligavergleich nicht besonders erfahren besetzt und hat mit Olivier Roy einen Mann, der noch ein völlig unbeschriebenes Blatt in Europa ist. Das kann funktionieren, aber auch gänzlich schief gehen. Für einen Nachzügler, der viele Torschüsse zulässt wird die Torhüterposition die wichtigste Stelle im Kader sein. Und dafür ist sie zu schwach besetzt.
Bewertung: 1,5 von 5 Punkten
Abwehr:
Abgänge: Marvin Degon, Kyle Medvec, Matic Podlipnik, Ivan Sijan,
Zugänge: Kristof Reinthaler, Fabian Scholz, Andrej Tavzelj
Das traditionsreiche Wechselspiel im Kader der Drachen hat sich auch letzte Saison in der Abwehr durchgesetzt. 14 Verteidiger waren über 54 Partien hindurch immer wieder einmal im Einsatz. Die zweitschlechteste Defensive der EBEL war schließlich auch alles andere als Sattelfest und ließ insgesamt 144 Gegentore zu. Dass auch noch pro Spiel im Schnitt 39 Schüsse aufs eigene Tor durchgingen ist bezeichnend. Diese Abwehr war nicht unbedingt sattelfest und wie jedes Jahr hat sich auch für 2015/16 einiges am Personal geändert. Die Legionäre Marvin Degon und Kyle Medvec haben den Verein verlassen, Matic Podlipnik versucht sich mit einem Try Out in Bozen. Darüber hinaus weiß man bei einigen einheimischen Cracks schlicht und ergreifend noch nicht, ob sie eventuell wo anders unterkommen. Aber die Drachen haben einen großen Vorteil: sie können aus einem großen und sehr talentierten Nachwuchspool schöpfen – und tun dies auch konsequent. Neuzugänge gibt es aber auch für die nächste Spielzeit. Kristof Reinthaler und Fabian Scholz wurden von der Konkurrenz als nicht mehr EBEL tauglich angesehen und setzten sich schließlich in einem Try Out durch. Beide sind erfahren, aber für Legionäre, die sie in Slowenien ja sind, nicht gut genug. Andrej Tavzelj wird auch im Kader der Drachen geführt, er hat in den letzten Jahren aber immer einen Platz im Ausland gefunden und ist mit Sicherheit intensiv auf der Suche. Keine Frage: Laibach wäre wohl nur die letzte Option. Wirklich aufregend ist diese Defensive nicht, verbessert hat man sich wohl auch nicht. Dennoch haben die Drachen in der Pre-Season gerade was das Defensivverhalten betrifft durchaus überrascht. Ob das schon ein Zeichen für eine stabilere und auch erfolgreichere Arbeit in der Erste Bank Eishockey Liga ist? Es wäre wieder einmal an der Zeit, aber auch hier gilt, dass man mit zunehmender Belastung während der Saison mit einem deutlichen Rückfall rechnen muss. Und im Vergleich zur Konkurrenz steht man ohnehin deutlich schlechter da. Es fehlt der große Scorer aus der Abwehr – mit Degon, Medvec und Podlipnik haben ausgerechnet die besten Verteidiger in diesem Bereich den Verein hinter sich gelassen. Ob hier Reinthaler oder Scholz tatsächlich einspringen können?
Bewertung: 2,0 von 5 Punkten
###Kaderbewertung Olimpija Ljubljana – Angriff und Trainer:
Angriff:
Abgänge: Hunter Bishop, Tom Zanoski, Matt White, Gal Koren, Rok Leber, Tadej Snoj, Matic Snoj.
Zugänge: Roland Kaspitz, Stefan Chaput, Guillaume Desbiens.
Nicht nur Andy Chiodo hat es geschafft, sich in Laibach in den Vordergrund zu spielen. Mit Hunter Bishop schaffte ein letztjähriger Olimpija Stürmer sogar den Sprung in die DEL und ist jetzt in Krefeld. Damit haben die Drachen aber auch den besten Scorer verloren. Wer aber gedacht hat, dass man mit 5 Goalies und 14 Verteidigern in der letzten Saison über die Stränge geschlagen hat – wie wäre es mit 23 Stürmern? Auch hier aber mit vielen jungen Cracks aus dem slowenischen Nachwuchsbereich, die sich zum Teil ihre Sporen in der EBEL bzw. EBJL verdient haben. Dennoch sind die Abgänge nicht unerheblich. Die 20 Tore von Hunter Bishop muss erst einmal jemand machen, Tom Zanoski war ein Arbeiter nd auch sonst hat man einiges an Erfahrung liegen gelassen.
Aber das wurde zum Teil wett gemacht. Roland Kaspitz gilt zwar als schwer tranierbar und ist ein Stürmer, dessen Stil nicht mehr in die heutige schnelle Zeit passt. Aber gerade bei Olimpija könnte der Punktehamster aufblühen. Hier braucht man Leute, welche die Scheibe halten und verteilen können – das hat in der Vergangenheit immer wieder gefehlt. So könnte das Power Play gefährlicher werden und auch die Ausbeute an erzielten Toren größer. Mit Stefan Chaput hätte man dann auch noch so einen Center, der gut punkten kann. In Dresden war der 27-Jährige letzte Saison herausragend (54 Punkte in 43 Spielen) und soll nun auch in Laibach für Gefahr sorgen. Die wird auf jeden Fall Guillaume Desbiens verbreiten, wenngleich auch auf anderem Gebiet. Er hat schon letztes Jahr in Dornbirn gezeigt, dass er vor allem eines macht: viele Strafen. 148 Minuten alleine in der letzten Saison, somit dürfte sich das mit dem vorderen Platz in der Fairplay Wertung bei den Slowenen auch nicht mehr ausgehen. Der Kader könnte heuer was den Sturm betrifft tatsächlich etwas besser besetzt sein, wenn es Leuten wie Kaspitz und Chaput gelingt, ihre Performance über eine ganze Saison zu bringen. Auf ihnen wird viel Verantwortung liegen, denn es gibt dahinter eine breite Masse an slowenischen Stürmern, die zum Teil noch ganz jung zum Teil erfahren und nicht mehr so durchschlagskräftig sind.
Im Sturm hat sich nicht wirklich viel Dramatisches an der Ausgangslage verändert, der Kader ist leistungstechnisch dünn, es bleibt abzuwarten, ob man überhaupt zwei wirklich gefährliche Angriffslinien aufs Eis bekommt. Es wäre eine große Überraschung, könnten die Drachen ihre Werte der letzten Saison in diesem Bereich weit übertreffen. Nüchtern betrachtet ist das die schlechteste Offensive der Liga, kann also nur überraschen.
Bewertung: 2,0 von 5 Punkten
Trainer:
Abgang:
Zugang:
Ein Deutscher am Trainerstuhl in Laibach? Ausgerechnet! Das dachte man sich, als Fabian Dahlem vor einem Jahr vorgestellt wurde. Kaum jemand hätte einen Euro darauf verwettet, das Dahlem tatsächlich auch 2015/16 die Drachen anführt und trainiert. Und er macht das gut, denn mit seiner Art und Weise hat er zumindest für eines gesorgt: Olimpija bringt jeden Spielabend das Bestmögliche, lässt sich nicht hängen und bleibt trotz der vielen Niederlagen immer sportlich fair und respektabel. Nach 12 Monaten als Drachen-Dompteur weiß Dahlem inzwischen ganz genau, was ihn erwartet und mit welchen Problemen er zu kämpfen haben wird. Das wird den Deutschen nicht mehr außer Tritt bringen oder ihn gar überraschen. Er kennt die Liga, er kennt seine Mannschaft und er hat Steherqualitäten bewiesen. Beste Voraussetzungen für den wenig beneidenswerten Job in Ljubljana. Ihm zur Seite steht auch weiterhin Bojan Zajic, der als Co-Trainer schon eine Bank ist-. Wenn Not am Mann ist, dann springt er auch schon mal als Trainer ein und kann als Bindeglied zwischen den Slowenen im Team und dem Trainer fungieren. Das hat bislang sehr gut funktioniert, warum also sollte sich hier etwas ändern? Man muss vor dem Trainerteam auf jeden Fall seinen Hut ziehen, denn abseits alles Ungemachs arbeitet man ruhig, besonnen und vor allem auch mit leichten Fortschritten. Hier geht es nicht um Meisterschaften, sondern darum, die Mannschaft konkurrenzfähig zu halten. So lange wie möglich.
Bewertung:2,5 von 5 Punkten
Gesamtwertung: 8,5 von 20 Punkten
###Die Zwischenwertung in der HF.at Kaderbewertung:
2. Black Wings Linz 15,5 Punkte
3. HC Orli Znojmo
4. VSV 13,5 Punkte
5. Dornbirner EC 12,0 Punkte
6. HC Innsbruck 11,5 Punkte
7. Olimpija Ljubljana 8,0 Punkte