Kaderbewertung: Znojmo als gar nicht so geheimer Geheimtipp

Im fünften Jahr ihrer EBEL Zugehörigkeit sind die Znaimer Adler flügge geworden. Die Tschechen haben sich einen Namen in der Liga gemacht und werden immer wieder als großer Herausforderer um den Meistertitel genannt. Doch reicht es dieses Mal wirklich für einen ganz großen Wurf oder sind das Erwartungen, welche die Tschechen nicht erfüllen können? Vier Jahre EBEL, vier Jahre Aus im Viertelfinale. Das ist es, was in den Köpfen der Experten, Medien und Fans hängen geblieben ist. Die Tschechen spielen schnelles, technisch hochwertiges Eishockey, gelten als „wehleidig“ aber trotzdem austeilend und vor allem sind sie bislang immer eine Grunddurchgangsmannschaft gewesen. Sobald es in die Play Offs ging, war es vorbei mit der Herrlichkeit. Zwar haben die Südmähren noch in jedem Jahr seit dem EBEL Einstieg die Play Offs erreicht, allerdings dort noch nie eine Runde überstanden. In der letzten Saison sollte sich das fortsetzen, allerdings mit beeindruckenden Vorzeichen. Schon in der ersten Meisterschaftsphase hatte sich der HC Orli Znojmo mit Beharrlichkeit in den Top 5 festgesetzt, in der Zwischenrunde kletterten die Tschechen dann sogar auf Rang 3! Eine mittlere Sensation, die dazu führte, dass die Adler „picken“ durften. Und sie wählten den KAC, der sie schließlich in 5 Partien aus dem Bewerb warf. Wieder einmal ein Aus im Viertelfinale, wieder einmal die Enttäuschung in Znojmo und wieder einmal ein Sommer, in dem man den Kader so adaptieren wollte, dass man endlich dann konkurrenzfähig ist, wenn es wirklich um was geht. Letzte Saison gab es in 54 Spielen der regulären Saison 31 Siege und damit erneut eine leichte Steigerung im Vergleich zum Vorjahr. Zagreb, Wien, Linz und jetzt der KAC – sie alle haben Znaim in der Post-Season in den Urlaub geschickt. In vier Viertelfinalantritten gab es 3 Siege. Zu wenig für eine Mannschaft, die so viel Potential hätte. ###Die Ausgangslage So erfrischend anders als das kanadisch geprägte Eishockey spielte der HC Orli Znojmo lange Zeit. Das typische technisch geprägte tschechische Eishockey war in der Anfangszeit ihres EBEL Engagements durchaus unterhaltsam, aber eben nur bedingt erfolgreich. Daher hat man in Südmähren ein paar Anpassungen vorgenommen und sich dem körperlich intensiven Gang in der Erste Bank Eishockey Liga angepasst. Statistische Fakten 14/15: Power Play: 23,40% (3.) Penalty Killing 80,57% (5.) Fairplay 14,56 Min/Sp (12.) Scoring Effizienz 9,13% (5.) Goalkeeping 90,74% (9.) Tore geschossen: 157 (2.)* Tore erhalten: 132 (6.)* *zwecks Vergleichbarkeit nur aus dem Grunddurchgang Besonders ins Aug springen bei statistischer Betrachtung des Vorjahres die Verschlechterungen in der Defensive. Man kassierte sehr viele Tore, was auch an der sich verschlechternden Performance der Torhüter lag. Darüber hinaus war man auch was das Fairplay betrifft zum zweiten Mal in Folge die „unfairste“ Mannschaft der Liga. Das ist bemerkenswert, denn inzwischen scheint man bei den Referees die Tschechen ganz besonders zu beobachten, während in den ersten beiden Saisonen nicht ganz so viele Strafen gegen die Adler ausgesprochen wurden. Weil man aber erneut das am meisten bestrafte Team der Liga war blieb auch das Penalty Killing auf ähnlichem Niveau wie im Vorjahr. Mit mehr Gegentoren als letzte Konsequenz daraus. Neben diesen disziplinären Problemen und der schwächer werdenden Torhüter fällt auf, dass die Tschechen besonders torgefährlich sind. Das Power Play zählt seit Jahren zu den gefährlichsten der Liga, nur Salzburg hat im Grunddurchgang öfter über Treffer jubeln können als Znojmo. Und dass die Effizienz vor dem gegnerischen Tor relativ hoch blieb half in diesem Bereich sicherlich auch. Keine Frage: die Offensive ist das, worauf sich der Erfolg in den letzten Jahren aufgebaut hat. Aber die großen Erfolge in den Play Offs werden eben über die Defensive gefeiert. Und hier hat man auch mit der neu zusammengestellten Mannschaft ein paar Baustellen. Gerade in der Frage der Torhüter und der umgebauten Abwehr wird man sich beweisen müssen. Es ist dann etwas anderes, ob man in der Pre-Season großartige Erfolge feiert, oder in der EBEL gegen körperlich ganz anders agierende Gegner bestehen muss. Dass es in den Play Offs noch einmal einen Gang physischer zugeht hat den Tschechen ohnehin noch nie besonders gut geschmeckt. Znojmo hat sich im oberen Tabellendrittel der EBEL eingenistet und ist auch 2015/16 dort zu erwarten. Vor allem wegen einer großartigen Offensive, die zum Großteil eingespielt ist und die Abgänge sehr gut kompensieren konnte. In der Defensive hat man einige junge Spieler, die sich beweisen müssen, man versucht mit mehr Körper zu spielen und vertraut auf einen Torhüter, der noch jung ist und keinen Backup mit EBEL-Reife hat. Das sind viele Fragezeichen in einer Saison, in der man erwarten kann, dass es vorne noch enger zugeht, als noch in den letzten Jahren. Die Top 6 sollten für Znojmo aber vor allem dank der Offensive erreichbar sein, die Stärken sind die selben geblieben. Die Schwächen auch. HF.at Prognose: Platz 4 bis 6 ###Kaderbewertung HC Orli Znojmo – Torhüter und Abwehr: Torhüter: Abgänge: Chris Holt, Lukas Cikanek, Tomas Tomek, Zan Us Zugänge: Tomas Fucik Immer und immer wieder müssen die Adler bei ihren Torhütern von vorne beginnen. So auch nach einer Saison 2014/15, in der man es nicht schaffte, hier eine klare Nummer 1 zu finden. Chris Holt kam in der EBEL Goaliewertung nur auf Rang 15, Tomas Tomek und Lukas Cikanek konnten die Kastanien auch nicht aus dem Feuer holen. Dafür dürfte Patrik Nechvatal bleibenden Eindruck hinterlassen hat, denn trotz seiner erst 23 Jahre ist der Linksfänger die neue Nummer 1 Gehäuse der Südmähren. Das ist ein Zeichen des Vertrauens, das sich dieser junge Mann erst einmal verdienen muss. Sicher, er hat über 1.200 Minuten in der letzten Saison gespielt, eine echte Bank war er dabei aber auch nicht. 91,40% Fangquote sind in Ordnung, aber eben nur Rang 9 im Goalieranking der Liga. Das ist für eine Mannschaft, die ganz vorne mitmischen möchte zu wenig. Weil man mit dem noch jüngeren Tomas Fucik einen völlig unerfahrenen Mann mit wenig bis gar keiner Erfahrung im hochklassigen Profihockey als Backup hat wird man den Eindruck nicht los, dass man im Fall der Fälle hier wie schon in den Jahren zuvor nachrüsten wird (müssen). Ansonsten wird es gerade auf dieser wichtigen Position keinen Schritt nach vorne geben und wie wir alle wissen sind es gerade in den Play Offs die Torhüter, die eine ganz besonders wichtige Rolle spielen... Bewertung: 2,5 von 5 Punkten Abwehr: Abgänge: Jakub Grof, Radek Havel, Maris Jass, Jiri Klimicek, Tomas Kloucek, Richard Pavlikovsky, Ales Sova. Zugänge: Marek Biro, Petr Kousalik, Ondrej Stava, Jakub Stehlik, Libor Sulak, In der Abwehr ging im Sommer eine Ära zu Ende: Richard Pavlikovsky hat mit seinen 40 Jahren die Adler verlassen und ist in die slowakische Heimat zurückgekehrt. Auch sonst herrschte ein großes Kommen und Gehen in der Defensive, in der nun mit Marek Biro und Martin Baca zwei Slowaken stehen. Höchst interessant ist die starke Verjüngung in diesem Bereich, denn die Neuzugänge sind durchwegs unter 25 Jahre alt und kommen teilweise aus der zweiten Liga Tschechiens nach Znaim. Sie wollen sich bei den Adlern bewähren und wie schon so viele vor ihnen für höhere Aufgaben in der Extraliga oder sogar im Ausland aufdrängen. Was diese Abwehr auf jeden Fall hat ist Speed, mit Marek Biro verfügt man darüber hinaus auch noch über einen Vorbereiter, der die Pavlikovsky Punkte machen soll. Man hat sich auch bemüht, dem internationalen Trend gerecht zu werden und eher großgewachsene, körperlich starke Verteidiger zu holen, die nicht nur gut eislaufen können, sondern in der physisch anspruchsvollen EBEL bestehen können. Daran wird diese Defensive gemessen werden, aber trotzdem bleibt die Befürchtung, dass diese junge Hintermannschaft spätestens in den Play Offs wieder etwas überfordert sein könnte. Schon letzte Saison war man was die kassierten Tore betrifft im Vergleich zur Konkurrenz deutlich schlechter aufgestellt – das dürfte sich nicht geändert haben. Bewertung: 3,5 von 5 Punkten ###Kaderbewertung HC Orli Znojmo – Angriff und Trainer: Angriff: Abgänge: Adam Havlik, Pavel Klhufek, Pavel Rosa. Zugänge: Colton Yellow Horn, Stepan Csamango, Was soll man an einem Sturm ändern, der in der letzten Saison schon die Konkurrenz schwindlig gespielt hat? Unglaublich ausgeglichen besetzt, technisch schnell, brandgefährlich und dazu auch noch mit einer gesunden Mischung aus jung und hungrig und alt und routiniert – das war und ist diese Angriffsformation. Allerdings mit zwei nicht unwesentlichen Abgängen. Adam Havlik, immerhin bester Scorer der Znaimer letzte Saison hat den Sprung in die Extraliga geschafft und einen tollen Karriereschritt gemacht. Pavel Rosa, immerhin auch ein Mann, der 11 Treffer erzielt hat, bekam ebenfalls keinen Vertrag mehr. Für Havlik hat man aber einen gleichwertigen Ersatz gefunden: Colton Yellow-Horn ist ähnlich schnell, ähnlich torgefährlich und kann auch als Vorbereiter auftreten. Ein Mann, der schon in der Pre-Season seine Qualitäten gezeigt hat und dafür sorgt, dass man vorne keinesfalls schlechter da steht als noch voriges Jahr. Mit Roman Tomas und dem ewig jungen Petr Pucher haben die Adler ihre besten Torschützen weiterhin im Kader. Auch Podesva, Rehus, Lattner, Sedivy und Cip bleiben bei den Adlern – alles Spieler, die letztes Jahr mehr als 10 Tore erzielt haben! Dieser Sturm hat weiterhin das Potential, die Gegner zur Verzweiflung zu treiben. Zumindest drei Linien, die immer gefährlich sein können, wenn nicht sogar deren vier. Das kann sonst nur Salzburg aufbieten. Allerdings haben diese Stürmer in der jüngsten Vergangenheit gerade in der Post-Season immer wieder „versagt“. Das mag auch daran liegen, dass von hinten in den letzten Jahren zu wenig Gefahr kam. In kaum einem anderen Team der Liga liegt die Last des Toreschießen so uneingeschränkt stark auf den Schultern der Stürmer, wie in Znojmo. Bewertung: 4,5 von 5 Punkten Trainer: Abgang: - Zugang: - Im ersten Jahr war Jiri Reznar mit seiner Mannschaft noch Vierter, im zweiten Jahr gelang der Sprung auf Platz 3. Hier scheint jemand sehr gute Arbeit zu leisten. Und das alles etwas außerhalb der Wahrnehmungsgebiete der österreichischen Medien und Fans. Reznar kennt seine Mannschaft, er weiß was in der EBEL gefordert wird und hat sein Team immer wieder gezielt und auch gekonnt in die richtige Richtung verstärkt. Offensiv macht diesem Team so schnell kaum jemand etwas vor, am Defensivverhalten muss der 55-Jährige aber noch etwas feilen. Die Erwartungen auch bei den Adlern sind im Steigen begriffen, was immer wieder daran liegt, dass man sehr gute erste Meisterschaftsphasen spielt. Wenn es dann eng wird, gehen meist die Nerven durch und es ist auch schon vorgekommen, dass man im Hintergrund für diverse Ausraster von Seiten so mancher Vereinsverantwortlichen bestraft wurde. Das ist es, was gerade in den Play Offs den Unterschied ausmacht. Reznar muss es schaffen, dass er in dieser Zeit Ruhe im Team hat, die tschechische Mentalität ausblendet und es endlich mit dieser tollen Mannschaft schafft, eine Play Off Serie zu gewinnen. Der Vorteil, den er hat: er kann in der Tschechischen Republik aus einem fast nicht zu erschöpfenden Pool aus jungen, hungrigen und auch willigen Spielern aussuchen. Selbst wenn es in irgendeinem Kaderteil zu Problemen kommen sollte, Znojmo kann immer wieder nachbessern. Bewertung:3,5 von 5 Punkten Gesamtwertung: 14,0 von 20 Punkten ###Die Zwischenwertung in der HF.at Kaderbewertung: 1. Vienna Capitals 16,0 Punkte 2. Black Wings Linz 15,5 Punkte 3. HC Orli Znojmo 4. VSV 13,5 Punkte 5. Dornbirner EC 12,0 Punkte 6. HC Innsbruck 11,5 Punkte