Dave MacQueen: Wir wissen, wo wir Fehler gemacht haben
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marksoft -
4. März 2015 um 14:44 -
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Seit gestern kurz nach 21:30 Uhr ist Dornbirn im Sommerurlaub. Die Play Offs gehen ohne die Vorarlberger über die Bühne. Im Interview spricht DEC Trainer Dave MacQueen über die für sein Team schon abgelaufene Saison, die Fehler, die Fortschritte und die Zukunft....
Sie sind seit dem Ligaeinstieg von Dornbirn vor drei Jahren Teil der Organisation. Welche Fortschritte hat der DEC in dieser Zeit gemacht?
Wir haben sehr große Fortschritte gemacht. Das fängt ganz oben bei Alex (Anm.: Alexander Kutzer mit Vorstandskollegen) an und geht weiter zu den Betreuern, Masseuren und Physiotherapeuten. Ich glaube, dass wir gutes Eishockey spielen und in der Liga akzeptiert wurden. Im zweiten Jahr haben wir den Einzug in die Play-offs geschafft. Leider war die Saison in diesem Jahr etwas kurz, aber niemand arbeitet härter als die Leute in dieser Organisation. Wir spielen in einer sehr starken Liga mit vielen erfahrenen Teams, die seit Jahrzehnten dabei sind. Für uns war es erst Jahr drei. Wir wissen wo wir Fehler gemacht haben. Das gute an unserem Klub ist, dass jeder in den Spiegel schaut und sich fragt: was kann ich tun, damit wir besser werden?
In dieser Saison wurden die Play-offs verfehlt – damit auch Ihr Saisonziel?
Als Coach und als Organisation sind deine eigenen Erwartungen immer sehr hoch. Wir möchten immer eine Chance haben in den Play-offs stehen zu können. Mit dem Verpassen der Play-offs ist sicherlich jeder enttäuscht, aber es sind während der Saison viele Sachen zusammengekommen. Das kann wie eine Ausrede klingen, aber am Ende ist die Entscheidung erst in den letzten Minuten des letzten Spieltags gefallen. Wir haben am Ende alles versucht und unser Bestes gegeben.
Fünf Wochen - so lange wie noch nie - hat man sich in Dornbirn auf die Saison vorbereitet. Der Start danach verlief denkbar schlecht. Worin sehen Sie die Gründe dafür?
Der Saisonstart war sicherlich ein großer Faktor in dieser Saison. Wir konnten nicht an den anderen Teams dranbleiben und mussten dann an jedem Spieltag einem Rückstand nachlaufen. Nach dem International Break im November hatten wir einen guten Lauf und konnten die Lücke zu den vorderen Team schließen, jedoch leider keine Teams überholen. Hier ist die Saison mit ca. 44 Spielen anders als in Nordamerika, wo du 80 Spiele hast. Dort hast du mehr Zeit um Boden gutzumachen und auch nach einer schlechten Phase kannst du noch Teams überholen. Ob fünf Wochen Vorbereitung zu lang waren, kann ich so nicht sagen. Vielleicht haben wir uns nach den guten Ergebnissen gegen die DEL-Teams in der Vorbereitung selbst etwas überschätzt. Aber zurückblickend war unser größtes Problem sicherlich die Situation mit den Tormännern.
Während der Saison mussten fünf Schlüsselspieler - darunter auch der eingeplante Stammtorhüter Michael Murphy - ausgewechselt werden. Warum haben diese Spieler beim DEC nicht funktioniert und wie stark hat die Torhütersituation die Mannschaft ins Hintertreffen gebracht?
Man muss verstehen, dass es nicht einfach ist, Import-Spieler zu finden. Es gibt eine gewisse Anzahl von Spielern, die nach Europa wechseln wollen oder bereits hier spielen. Und es gibt sehr viele Clubs in Europa, die alle aus diesem Topf schöpfen müssen. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und versucht die richtigen Spieler zu verpflichten. Offensichtlich war unsere Torhüterleistung zu Beginn nicht gut genug. Mike Murphy ist ein guter Torhüter, der bereits in Europa gespielt hatte, und über das Hockey Bescheid wusste. Das war jedoch nicht genug. Die Torhüterposition spielt eine zentrale Rolle und entscheidet ob du konkurrenzfähig bist oder nicht. Auch einige andere Spieler haben nicht funktioniert, obwohl sie gute Eishockeyspieler sind, und davor sehr erfolgreich waren. Es ist ein schmaler Grat wenn du erfahrene Spieler nach Europa holst, denn an einem Punkt geht deren Karriere zu Ende. Aber wir haben auch einige jüngere Spieler verpflichtet, die sich bei uns nicht durchsetzen konnten. Nicht, dass sie nicht alle hart gearbeitet hätten, oder alles versucht haben, aber es hat einfach nicht funktioniert und wir mussten Veränderungen vornehmen. Und wenn du beginnst Änderungen zu machen ist der Pool an verfügbaren Spielern nochmals kleiner als im Sommer. Wir haben Kinasewich verpflichtet und er hat sich schnell eingelebt, jedoch dann seine Hand gebrochen. In der Qualification Round hätte er vielleicht den kleinen Unterschied für uns machen können. Sehr glücklich bin ich mit Nathan Lawson. Er ist ein exzellenter Torhüter. Im Spiel ist Nathan wie ein zusätzlicher Verteidiger. Er spielt den Puck gut und kann jederzeit ein Break einleiten. Wenn wir den Saisonbeginn mit dem Saisonende vergleichen hat uns Nathan am Ende oft im Spiel gehalten, als die Partie auf der Kippe stand. Zu Saisonbeginn war diese Position sicherlich unsere größte Schwachstelle. Wir haben unglückliche Tore bekommen und dann jeweils das Selbstvertrauen verloren. Manchmal muss dein Torhüter Spiele für dich stehlen. Wenn wir am Anfang ein paar Spiele – in denen wir sehr gut gespielt haben – gewinnen hätten können, wären vielleicht sogar eine bessere Tabellenplatzierung möglich gewesen. Aber dem war nicht so. Sicher ist nur, dass wer auch immer im Tor zurückkommen wird, seine Aufgabe erfüllen muss. Denn etwas was diese Liga hat, sind extrem gute Torhüter.
Sie sehen in der Torhüterposition eine Schlüsselkomponente und haben für diese Saison mit Assistant Coach Peter Sidorkiewicz einen ehemaligen NHL-Goalie an Board geholt. Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung ihrer Torleute?
Mit der Entwicklung bin ich sehr zufrieden. Unglücklicherweise wurde David Madlener durch seine Verletzung, die er im November mit dem Nationalteam erlitten hatte zurückgeworfen und er konnte weniger trainieren. Aber Sid (Anm.: Peter Sidorkiewicz) hat so viel wie möglich mit David gearbeitet. Wir sind mit David und seiner Entwicklung sehr zufrieden. Wir glauben, dass er mit der Zeit ein sehr guter Tormann werden wird. Er ist aber noch jung, muss lernen was es braucht um auf diesem Level zu spielen, und braucht Erfahrung. Nathan (Anm.: Lawson) ist ein gutes Vorbild für ihn. Wenn er sein Puckhandling nachmachen kann, wird ihn das noch weiter nach vorne bringen.
Werden resp. möchten Sie nächste Saison mit demselben Team an den Start gehen?
Nein, denn unter dem Strich waren wir offensichtlich nicht gut genug. Das hat aber hauptsächlich damit zu tun, dass wir einige Spieler während der Saison auswechseln mussten. Ich glaube, dass wir einen Kern zusammenhalten müssen, denn es ist nicht möglich sein Team jedes Jahr neu aufzubauen. Neben diesen Spielern werden wir so hart wie möglich daran arbeiten die richtigen Spieler für die EBEL und die Philosophie der Dornbirn Bulldogs zu finden.
Die Kadertiefe, vor allem in der Verteidigung, sorgte oft für Diskussionsstoff. Ist es möglich mit nur sechs Verteidigern über eine Saison zu kommen?
Ich glaube, dass man mit sechs Verteidgern spielen kann, sofern man keine Verletzungen hat. Ich weiß, dass viele Teams sehr viel wert auf acht Verteidiger legen, obwohl nur die wenigsten mit acht spielen. Optimal sind in meinen Augen sieben Verteidiger, sowohl für die Spiele als auch im Training.
In der Liga spielen viele Teams lediglich mit drei Sturmlinien. Wäre es nicht sinnvoll vor allem in der ersten Saisonphase vermehrt auf ein 4-Linien-Spiel zu bauen?
Wenn die Tiefe des Kaders es hergibt, ist das Vier-Linien-Spiel natürlich sinnvoll, vor allem um Energie zu sparen. In unserer dritten und speziell in unserer vierten Linie haben wir einige junge Spieler. Diese können sowohl mit dem EHC Bregenzerwald als auch mit uns trainieren und spielen. Ich versuche diese Spieler jedoch nicht in eine Situation zu schicken, in der sie nur als Verlierer vom Eis gehen können. Wenn ich unsere vierte Linie gegen eine Top-Linie von Linz, Wien oder Salzburg aufs Eis schicke, können sie nur verlieren. Als Coach versuchst du in jeder Situation die richtigen Spieler aufs Eis zu schicken. Wenn dein Gegner mit drei Linien spielt, ist es in der Regel keine gute Idee mit vier Linien zu spielen, weil das ein Durcheinander ergibt und der Puck schnell im Tor landen kann.
Viele junge Spieler bekommen während einem Spiel nur sehr wenige Einsätze. Macht das die Situation für diese Spieler nicht schwieriger?
Ich versuche früh im Spiel alle Spieler einzusetzen. Wenn der Gegner mit vier Linien spielt, tun wir das auch. Sie bekommen zwei oder drei Einsätze pro Drittel, wie auch die vierte Linie des Gegners. Wenn sie am Ende des Spiels nur ein oder zweimal am Eis waren ist das sicher keine gute Situation. Aber sogar dann können junge Spieler Erfahrung sammeln. Jeder hat seine Rolle im Team und auch in der NHL hat die vierte Linie nur eine durchschnittliche Eiszeit von fünf oder sechs Minuten pro Spiel – und diese Spieler verdienen mehrere Millionen. Wir versuchen junge Spieler zu entwickeln, wollen ihnen bei uns aber nicht das Selbstvertrauen nehmen. Deshalb kommen sie vermehrt in der zweiten Liga zum Einsatz, wo sie wichtige Erfahrung in entscheidenden Phasen des Spiels sammeln können. Und wenn sie dann bei uns eingesetzt werden – und egal ob das ein, zwei oder drei Einsätze pro Drittel sind – ist das Erfahrung, die sie hoffentlich weiter bringt.
Wie haben Sie während der Saison die Kooperation mit dem EHC Bregenzerwald erlebt?
Wir brauchten in dieser Saison mit den Verletzungen von Lawson und Madlender sowie dem Wechsel von Murphy insgesamt sieben Tormänner. Da hat uns der Tormann vom Bregenzerwald oft im Training unterstützt. Zudem haben zwei oder drei Bregenzerwald-Spieler regelmässig mit uns trainiert, obwohl sie für uns nicht spielberechtigt waren. Das ist eine gute Situation für sie. Vielleicht werden diese in Zukunft einmal über die Kooperation eingebaut werden können.
Gute österreichische Spieler zieht es oft zu den Topklubs der Liga. Wie sehen Sie dennoch die Möglichkeit mehr einheimische Spieler ins Team zu bekommen?
Österreichische Spieler sind nicht nur gut für die Organisation, sondern auch für die Liga, und die Spieler selbst, da diese in ihrer Heimat spielen können. Unser Ziel ist es so viele EBEL-taugliche einheimische Spieler wie möglich in unserem Hockey Club zu haben. Aber die wirklich guten Spieler zieht es oft dorthin, wo das große Geld winkt. Wir versuchen hier in Dornbirn durch harte Arbeit auf und neben dem Eis eine professionelle Organisation aufzubauen, die für den einen oder anderen Spieler das passende Umfeld bieten kann.
Sie sind zusammen mit Manager Alexander Kutzer für die Kaderzusammenstellung zuständig. Würde die Verpflichtung von Scouts oder einem sportlichen Leiter die Organisation einen Schritt nach vorne bringen?
Ein Scout in Nordamerika wäre vielleicht keine schlechte Idee. Aber auch hier musst du die richtigen Leute finden und gute Scouts klopfen nicht jeden Tag an deine Tür und wollen für dich arbeiten. Als Coach möchtest du im Idealfall immer die Spieler selbst spielen sehen. Das Problem ist jedoch, dass sich erst nach der Saison herauskristallisiert, welche Spieler nach Europa wechseln wollen. Dann hast du keine Chance mehr sie zu sehen. Wir haben sehr viele Kontakte in Nordamerika, müssen uns aber fast immer auf die Meinung dieser Leute verlassen. Aber was die Installation eines Sportdirektors betrifft muss ich sagen, dass es diese Rolle in Nordamerika eigentlich nicht gibt. Dort gibt es einen General Manager, einen Klubbesitzer und es gibt Coaches und Scouts. Aber wir sprechen hier von Organisationen mit hohen Budgets. Ich arbeite täglich mit Alex (Anm.: Kutzer), was Spielerverpflichtungen betrifft, zusammen. Manchmal findet er einen Spieler und manchmal werde ich auf einen Spieler aufmerksam. Wir machen dann unsere Hausaufgaben und versuchen so viele Informationen wie möglich über den Spieler zu finden. Wenn mehrere Personen in diesen Prozess eingebunden werden, musst du auch mehrere Antworten einfordern. Ich glaube nicht, dass wir unbedingt einen Sportdirektor brauchen. Solange eine Organisation nicht sieben oder acht Mannschaften hat, und man dann das große Ganze übersieht, sehe ich für diese Position keine Aufgabe.
Der Dornbirner Eishockey Club hat in der Liga die längsten Reisewege. Wie wird damit umgegangen und gibt es Verbesserungspotential in diesem Bereich?
Das Reisen ist Teil unseres Geschäfts und wir werden das niemals als Entschuldigung heranziehen. Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir zu den meisten Auswärtsspielen bereits am Vortag anreisen können. Das gibt uns die besten Voraussetzungen um ein Spiel gewinnen zu können. Wer es nicht selbst erlebt hat kann sich schwer vorstellen wie hart es ist sieben oder acht Stunden in einem Bus zu sitzen, dann zu spielen und danach wieder in den Bus zu steigen. Das wirkt sich nicht unbedingt bei diesem Spiel aus, aber vielleicht bei einem Spiel in den nächsten Tagen, wo die Zeit der Regenerierung gefehlt hat. Aber wir akzeptieren unsere Reisen wie sie sind und sagen das auch unseren Spielern. Wir versuchen jedes Spiel zu gewinnen – egal ob wir am Spieltag oder am Tag davor anreisen. Wir haben einen großartigen Teambus, der für uns nicht komfortabler sein könnte, und wir machen das Beste aus den Fahrten.
Wie beurteilen Sie nach drei Jahren in Österreich die Entwicklung der Erste Bank Eishockey Liga?
Die Liga hat einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht. Als ich vor drei Jahren hierher gekommen bin, wusste ich nicht was mich erwartet und war dann sehr überrascht vom Niveau hier. Schon im letzten Jahr hat die Liga einen Schritt nach vorne gemacht, aber in diesem Jahr – unserem dritten in der Liga – war der Schritt um einiges größer. Das hat man die ganze Saison gesehen, jeder konnte gegen jeden gewinnen. Laibach hat zweimal in Wien gewonnen und wir konnten endlich Linz schlagen. Für niemanden gab es auch nur ein einziges leichtes Spiel. Diese Tatsache sagt sehr viel über diese Liga aus. Ich bin aber auch der Meinung, dass sich die Liga in manchen Bereichen noch weiterentwickeln muss. Es wird hart gearbeitet und zB versucht die besten Schiedsrichter zu bekommen oder die Voraussetzungen für alle Teams anzugleichen. Aber das ist eine wirklich gute Eishockeyliga. Und das erzähle ich auch den Spielern in Nordamerika und sage ihnen, dass sie vom Niveau und dem Tempo hier überrascht sein werden.
Wo in der Liga sehen sie den Dornbirner Eishockey Club in zwei oder drei Jahren? Ist eine permanente Play-off Teilnahme für den DEC realistisch?
Als Coach willst du immer die Play offs erreichen und ich hoffe auch, dass das immer ein Ziel sein wird. Natürlich spielst du jedes Jahr um die Meisterschaft zu gewinnen, aber realistisch betrachtet wird das nicht möglich sein. Es gibt hier sehr viele etablierte Teams, welche die besten österreichischen Spieler in ihren Kadern haben, und sich auch finanziell die besten Import-Spieler leisten können. Ich hoffe, dass auch in zwei oder drei Jahren nach Charakteren gesucht wird, die zur Organisation und zum Team passen. Du musst dich immer nach der Decke strecken und deine bestmögliche Leistung bringen. Egal ob das eine Play-off Teilnahme jedes Jahr ist, oder ob das die Entwicklung junger Spieler jedes Jahr ist. Optimal ist sicherlich eine Kombination aus beidem. Aber als Coach möchte ich immer gewinnen und werde immer mein Bestes dafür geben. Hoffentlich werde ich in zwei oder drei Jahren noch hier sein und die Entwicklung miterleben.