Kaderbewertung: Ist heuer Znojmo das Überraschungsteam?
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marksoft -
8. September 2014 um 09:51 -
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Die Adler aus Znojmo gehen in ihre vierte Saison in der Erste Bank Eishockey Liga. Die Tschechen haben sich in den vergangenen Jahren zwar konstant Schritt für Schritt verbessert, haben aber noch nie die Hürde „Viertelfinale“ übersprungen. Wie jedes Jahr hat sich im Kader der Südmähren einiges getan und Znojmo setzt zum Sprung in die Top Gruppe der Liga an. Ob das auch gelingen kann beleuchtet die HF.at Kaderbewertung.
Es war angerichtet für das erste Halbfinale in der EBEL Geschichte des HC Orli Znojmo. Im Viertelfinale bekam man die Black Wings aus Linz als Gegner – eine Mannschaft, die so etwas wie der Lieblingsgegner war und gegen die man fast nicht verlieren konnte. Doch dann kam alles anders, die Stahlstädter überwanden ihren Znojmo-Komplex und warfen die Tschechen in 5 Partien raus. Eine Enttäuschung, die noch lange Nachwehen produzierten, denn die Adler hatten mit teilweise fragwürdigen Entscheidungen versucht, zum Erfolg zu kommen. So gab es polizeiliche Vorladungen für Linzer Spieler und den Trainer der Oberösterreicher. Das hat dem an und für sich positiven Image der Südmähren nicht gut getan und offenbar den Gegner nur noch erfolgshungriger gemacht.
Also folgte auch im dritten Jahr in Folge das Aus im Viertelfinale – und das, nachdem man die Platzierungsrunde auf dem hervorragenden vierten Platz beendet hatte. 30 Siege bei 24 Niederlagen war die durchaus vorzeigbare Bilanz im Grunddurchgang- und Zwischenrunde. Ein Zeichen dafür, dass die Adler ganz knapp dran sind, sich endgültig ins Spitzenfeld der Liga zu katapultieren. Mit konsequenter Arbeit hat man inzwischen einen Kaderstamm aufgebaut, um den herum man aus dem fast unendlichen Talentepool der Region immer wieder eine schlagkräftige Truppe zusammenstellt.
###Die Ausgangslage
Keine Frage, der HC Orli Znojmo ist nach drei Jahren in der EBEL angekommen. Die Tschechen haben sogar ihren Spielstil entsprechend adaptiert und sind vom früheren souveränen Sieger der Fair Play Wertung auf den letzten Platz ebendieser abgerutscht. Man kämpft zurück und hat sich inzwischen als Top 8 Team etabliert. Dass man letzte Saison sogar auf Platz 4 nach der Zwischenrunde beendete ist ein Zeichen dafür, dass nicht mehr viel fehlt zum absoluten Spitzenteam.
Statistische Fakten 13/14:
Power Play: 20,00% (6.)
Penalty Killing 81,72% (4.)
Fairplay 14,75 Min/Sp (12.)
Shorthander 11 (2.)
Scoring Effizienz 8,39% (10.)
Goalkeeping 91,44% (1.)
Tore geschossen: 144 (5.)*
Tore erhalten: 122 (4.)*
*zwecks Vergleichbarkeit nur aus dem Grunddurchgang
Die statistischen Werte der letzten Saison deuten es an: Znojmo hat seinen Kader sehr ausgeglichen zusammengestellt. Eine sehr gute Torhüterleistung, ansprechende Defensive und respektable Offensive – das waren sehr gute Zutaten. Allerdings gab es auch einige Kritkpunkte. Neben den zu vielen Strafen, die man sich leistete war das vor allem das Verwerten von Chancen. Hier hinkt man noch deutlich hinter der Konkurrenz nach und hätte seine Ausbeute von 144 Toren in der regulären Saison noch deutlich steigern können.
Es kommt daher nicht überraschend, dass man bei den Adlern versucht hat, gerade in diesem Bereich noch an Durchschlagskraft zuzusetzen. Ansetzen muss man auf jeden Fall auch bei den Strafen, denn gerade in Unterzahl hat man sich dann auch im Viertelfinale das eigene Grab geschaufelt. Dass man gleichzeitig über ein sehr gutes Penalty Killing verfügt und in Unterzahl unglaublich torgefährlich ist klingt logisch. Allerdings gibt es den Spruch „Offense wins hearts, defense wins championships“ nicht umsonst.
Das große Plus der Tschechen ist ohne Frage die scheinbar unendliche Möglichkeit, aus der Region gute Spieler zu verpflichten. Durch die lange Try Out Phase bis Mitte November können auch die Adler relativ rasch und einfach reagieren, wenn einzelne Spieler bzw. Mannschaftsteile nicht funktionieren. Dass dies meist mit hierzulande sehr unbekannten Spielern passiert ist erfreulich und bringt immer wieder frische Talente in die EBEL. Nicht umsonst haben in den letzten Jahren einige Cracks den Sprung von Znojmo in die tschechische Extraliga geschafft und somit erarbeiten sich die Südmähren in der Tschechischen Republik immer mehr den Ruf eines guten Talenteausbilders.
In der Erste Bank Eishockey Liga startet Znojmo wie jedes Jahr als großes Fragezeichen. Die Torhüter sind weg, fast die Hälfte der Mannschaft hat ein anderes Gesicht als letzte Saison. Diese Frischzelleninjektion kennt man aus der Vergangenheit und kann gut gehen. Allerdings ist auch der Schuss in die andere Richtung möglich. Fakt ist, dass man einige wichtige Stützen trotz Angeboten aus dem In- und Ausland halten konnte. Die Leistungsfähigkeit eines Adam Havlik oder Jan Lattner kennt man, Trainer Jiri Reznar weiß was ihn und sein Team in der Liga erwartet.
Wichtig wird es sein, dass die Adler ihre Nerven in Zaum halten können und sich auch einmal gegen Widerstände richtig auflehnen. Das hat man in den entscheidenden Meisterschafsphasen der Vergangenheit immer wieder vermisst. Ein Top 8 Platz sollte fast Pflicht sein, das Schnuppern an den Top 6 ist mit Sicherheit auch heuer wieder möglich.
Nach drei Viertelfinalteilnahmen in Serie sind die Play Offs erneut das erklärte Ziel. Wenn die Neuen dann auch tatsächlich so einschlagen, wie man sich das erhofft, dann ist das Überstehen einer K.O. Runde drin. Der ganz große Wurf wird wohl auch heuer nicht gelingen, denn die budgetstärkeren Teams in der Liga haben noch immer besser besetzte Kader.
HF.at Prognose: Platz 7 bis 10
###Kaderbewertung HC Orli Znojmo – Torhüter und Abwehr:
Torhüter:
Abgänge: Sasu Hovi, Jakub Cech, Filip Landsman, Richard Ullberg.
Zugänge: Tomas Tomek, Lukas Cikanek, Patrik Nechvatal.
Fast schon traditionell gibt es bei Znojmo ein Kommen und Gehen, wenn es um die Torhüter geht. In der letzten Saison war man in diesem Bereich sehr ausgeglichen besetzt. Mit Sasu Hovi hatte man eine klare Nummer 1, die allerdings in den Play Offs Nerven zeigte und nicht mehr an die Leistungen der regulären Saison anknüpfen konnte. Da man aber auch dahinter ausgezeichnet besetzt war, verfügten die Tschechen über das beste, weil gleichmäßigste, Goaliegespann. Für die neue Saison wurde hier aber alles umgekrempelt, keiner der nun im Kader stehenden Goalies hat schon einmal für die Adler in der EBEL gespielt. Tomas Tomek ist zur Zeit verletzt, weshalb man mit Patrik Nechvatal vorerst eine Nummer 2 ausgeliehen hat. Somit ist Lukas Cikanek wohl die geplante Nummer 1. Er kommt mit sehr guten Werten aus der zweiten tschechischen Liga, hat aber in der Vergangenheit in höheren Ligen nicht so recht überzeugen können. In der Erste Bank Eishockey Liga wird er das aber müssen, auch gegen deutlich körperbetonter spielende Stürmer, als dies in der Tschechischen Republik der Fall ist. Cikanek verfügt aber nur über einen Try Out Vertrag und somit können die Südmähren hier noch reagieren. Falls notwendig, wird man wohl wieder einen Legionär für diese Position holen. Mit dem aktuellen Trio dürfte diese Saison 2014/15 eher nicht absolviert werden.
Bewertung: 2,5 von 5 Punkten
Abwehr:
Abgänge: Andrew Thomas, Aleksandar Magovac, Jan Müller
Zugänge: Martin Nemcik, Jakub Grof, Martin Baca, Marek Drtina, Jiri Klimicek.
Gemeinsam mit einer starken Torhüterleistung konnte Znojmo den Großteil der letzten Saison auch auf eine sehr gute Abwehr bauen. Allerdings gab es auch hier einige Umwälzungen, man verabschiedete drei Leistungsträger und holte sich frisches Blut in die Defensivabteilung. Die Herren Martin Baca, Marek Drtina und Martin Nemcik sind körperlich sehr starke Spieler, die auch die nötige Physis in die Schlacht werfen können. Das hat ab und an etwas gefehlt, offensive darf man sich von ihnen allerdings nicht zu viel erwarten. Diesen Part können Jakub Grof und Jiri Klimicek deutlich besser. Gemeinsam mit dem verbleibenden Stamm darf man durchaus auch Akzente von hinten erwarten. Richard Pavlikovsky bleibt mit seinen 39 Jahren der Anführer dieser Truppe und muss offensiv erneut produzieren. Wie sehr er den Znaimern abgeht zeigte sich in den Play Offs, als er verletzt war. Antonin Boruta, Ales Sova und Lubomir Stach verbleiben in Kader der Südmähren, die damit über ein körperlich stärkeres Defensivpaket verfügen als letzte Saison.
Bewertung: 3,5 von 5 Punkten
###Kaderbewertung HC Orli Znojmo – Angriff und Trainer:
Angriff:
Abgänge: Zdenek Blatny, Richard Jarusek, Milan Prochazka, Petr Beranek.
Zugänge: Jindrich Abdul, Radek Cip, Pavel Rosa, Roman Tomas, Braislav Rehus
Nicht weniger als fünf Stürmer schafften letzte Siason bei den Tschechen den Sprung über die 10-Tore-Grenze, acht Angreifer stehen in den Top 10 des teaminternen Scorings. Man sieht, dass ein Großteil der Offensive auf den Schultern des Angriffs lastet. Allerdings hatte dieser trotz Kapazundern wie Jan Lattner und Adam Havlik oder Martin Podesva Probleme mit dem Abschluss. Dass man sich hier wieder verbessern wollte lag auf der Hand und so hat man mit Pavel Rosa einen weiteren erfahrenen Mann geholt, der auch Sniperqualitäten besitzen soll. Der 37-Jährige war auch viele Jahre im Ausland und ist gemeinsam mit Oldie Peter Pucher für die Erfahrung in einem aber insgesamt älter werdenden Sturm zuständig. Eine echte Überraschung könnte Radek Cip werden, der mit seinen 22 Jahren in der zweiten tschechischen Liga ordentlich gescort hat und in den Vorbereitungsspielen auch schon Torgefahr versprühen konnte. Mit dem bestehenden Stamm aus EBEL erprobten und gestandenen Cracks verfügt Znojmo in diesem Bereich nun über einen noch tiefer besetzten Kader. Man darf auch in dieser Saison davon ausgehen, dass sich die Adler im Vorderfeld platzieren wird, wenn es um die erzielten Treffer geht.
Bewertung: 4,0 von 5 Punkten
Trainer:
Abgang: -
Zugang: -
In Polen wurde Jiri Reznar Meister, danach ging es zum HC Orli Znojmo wo er letzte Saison als relativ unbeschriebenes Blatt einen Vertrag unterschrieb. Nun geht er in sein zweites Jahr mit den Adlern und kann nach den durchaus gefeierten Erfolgen der letzten Saison sicherlich ruhiger an die Arbeit gehen. Dass der 54-Jährige mit der Mannschaft kann ist offensichtlich, er kennt auch die lokale Mentalität und weiß, was ihn in der EBEL erwartet. Darüber hinaus ist Znojmo in der Region gut vernetzt und könnte personell in fast allen Kaderteilen problemlos nachrüsten. Allerdings wird Reznar nun auch an den Vorjahresleistungen gemessen und er wäre nicht der erste Coach in Znojmo, der noch während der Saison gehen muss, sollte man nicht dort anküpfen können, wo man vor wenigen Monaten schon war. Ein gewisser Druck ist also durchaus gegeben, vor allem, da man endlich dieses Viertelfinale überspringen will. Andererseits hat die Konkurrenz auch nicht geschlafen und Reznar wird erneut in einem dicht gedrängten Ligamittelfeld um Punkte kämpfen.
Bewertung:3,0 von 5 Punkten
Gesamtwertung: 13,0 von 20 Punkten
###Die Zwischenwertung in der HF.at Kaderbewertung:
1. Vienna Capitals 17,0 Punkte
2. Black Wings Linz 15,5 Punkte
3. KAC 13,0 Punkte
3. VSV 13,0 Punkte
3. HC Orli Znojmo 13,0 Punkte
6. Dornbirn 12,0 Punkte
7. Fehervar AV10 10,5 Punkte
8. HC Innsbruck 9,5 Punkte
9. Olimpija Ljubljana 8,5 Punkte