Kaderbewertung: Steht der VSV vor einem schweren Jahr?

Es war ein betriebsamer Sommer, den die Verantwortlichen beim VSV zu überstehen hatten. Die beiden besten Scorer der Erste Bank Eishockey Liga haben die Kärntner inzwischen verlassen, was eine Umstrukturierung des Kaders zur Folge hatte. In der letzten Saison standen die Villacher im Halbfinale, aber kann man an diesen Erfolg nach einem derartigen Umbruch anschließen? 197 Scorerpunkte. Genau darüber hat man in den letzten Monaten gesprochen, wenn es um den VSV ging. Zuerst kamen die Jubelmeldungen, dass Derek Ryan und John Hughes in neue Rekordregionen vorgedrungen sind, wenig später waren die beiden Spieler auch schon Geschichte. Hughes wegen seiner nächtlichen Eskapaden, Ryan suchte die sportliche Herausforderung im hohen Norden. Zwei Abgänge, die dem VSV so richtig weh tun und Handeln erforderten. Derartige Offensivspieler gibt es nicht wie den berühmten „Sand am Meer“ und daher war es notwendig, die Mannschaft breiter aufzustellen. Was übrig bleibt ist ein Team, das zwar tiefer besetzt erscheint, aber nach vorne nicht mehr diesen Scoringpunch besitzt, wie noch vorige Saison. Das hat sich in den bisherigen Pre-Season Spielen auch schon angekündigt. Es wird nicht mehr viel vom Offensivgeist des VSV zu sehen sein. Immerhin waren die Draustädter das Team mit den meisten erzielten Toren im Grunddurchgang! Es wird somit eine leichten Stilbruch geben, ob der aber auch zum Erfolg führt wird sich zeigen. Ebenso, wie die Champions Hockey League in den Leistungsfähigkeit beeinflussen wird. Diese ist kräfteraubend, gerade auch für einen Kader, der ohnehin traditionell sehr eng bemessen ist. ###Die Ausgangslage Im Viertelfinale die Vienna Capitals rausgeworfen, im Halbfinale am Defensivsystem des späteren Meisters aus Bozen gescheitert. Die Villacher Adler haben in der vergangenen Saison ihre Ziele erreicht und der Plan, sich jedes Jahr näher an die Top-Teams der Liga heranzupirschen schien zu fruchten. Doch dann kam die Mitteilung, dass man sich aus disziplinären Gründen mit sofortiger Wirkung von John Hughes trennt. Der Einfädler war somit nicht mehr Teil der Kaderplanung, wenig später gab auch Derek Ryan bekannt, von einer Ausstiegsklausel Gebrauch zu machen. Zwei der Hauptpfeiler der letzten Saison waren mit einem Schlag weg. Statistische Fakten 13/14: Power Play: 23,97% (2.) Penalty Killing 80,31% (6.) Fairplay 13,40 Min/Sp (8.) Shorthander 5 (7.) Scoring Effizienz 10,73% (1.) Goalkeeping 90,68% (9.) Tore geschossen: 164 (1.)* Tore erhalten: 139 (8.)* *zwecks Vergleichbarkeit nur aus dem Grunddurchgang Das ganze Spiel des VSV war auf die Offensive aufgebaut – und hier vor allem auf John Hughes und Derek Ryan. 69 Tore haben diese beiden Spieler geschossen und werden nicht so einfach durch zwei neue Cracks ersetzbar sein. Zur Verdeutlichung: die zwei besten Punktesammler nach dem teuflischen Duo waren Cole Jarrett und Marco Pewal. Sie kamen gemeinsam im Grunddurchgang auf 83 Scorerpunkte. Das ist ein Zähler weniger als Derek Ryan alleine machte. Er war ein Meister der Effizienz, was sich auch in der Scoringwertung niederschlug, in der die Villacher Platz 1, was die Ausbeute pro Torschuss betraf. Auch im Power Play war man eine Macht und musste sich nur Dornbirn geschlagen geben. Die Achillesferse bei all diesem Offensivgeist war einmal mehr die Abwehr. Das Penalty Killing ist ausbaufähig, man leistete sich zu viele Strafen und kassierte viel zu viele Gegentore. Wenn man die beiden Dreh- und Angelpunkte im Sturm verliert, was bleibt dann anderes übrig, als im Kader kräftig umzurühren und die allgemeine Ausrichtung zu verändern? Die Kärntner haben sich daher bemüht, defensivstärker zu werden. Man hat den Eindruck, als hätte man plötzlich wieder die alten VSV Tugenden ins Auge gefasst und vor allem zweikampfstarke Spieler gesucht. John Lammers und Mark Santorelli sind Cracks, die ihren Körper einzusetzen wissen und auch nach hinten arbeiten. Das kannte man von John Hughes nach nicht unbedingt. Francois Fortier soll die entstandene Lücke nach Derek Ryan schließen und Sean Ringrose den Center in der ersten Linie geben. So kontinuierlich sich der VSV auch in der jüngsten Vergangenheit wieder an die besten Teams der Liga herangepirscht hatte, zumindest was die Offensive betrifft ist man nun wieder etwas abgefallen. Es wird sehr vieles in dieser Saison darauf ankommen, ob man defensiv besser steht und sich nicht mehr ganz so viele Gegentore einfängt. Eines muss aber klar gesagt werden: die Last des Toreschießens muss sich auf mehr als nur die erste Linie aufteilen und es müssen alle Cracks einen Schritt nach vorne machen, um nicht von der nachfolgenden Konkurrenz überholt zu werden. Es wird allerdings ein schweres Unterfangen werden, denn in der Abwehr bleibt man zu wenig tief besetzt, nach vorne hat man an Offensivqualität eingebüßt. Dass man bereits im Sommer auch im Umfeld personell einiges umstellen musste kam da zum ungünstigsten Zeitpunkt, hatte aber ausschließlich mit persönlichen Gründen der jeweiligen Akteure zu tun, wie man beim VSV betont. Es kündigt sich trotzdem eine schwere Saison für die Adler an. HF.at Prognose: Platz 5 bis 9 ###Kaderbewertung VSV – Torhüter und Abwehr: Torhüter: Abgänge: - Zugänge: - Nichts geändert hat sich in der Zusammensetzung der Torhüter beim VSV. Es wird weiterhin Jean Philippe Lamoureux die Kastanien aus dem Feuer holen, Lukas Herzog und Thomas Höneckl müssen auf Eiszeit hoffen. 55 Partien hat Lamoureux letzte Saison absolviert, dabei brachte er es auf eine Fangquote von 91,85% und war der viertbeste Goalie der Liga. Ein Problem hat man also an dieser Position keinesfalls. Die Nummer 1 wird den Ansprüchen gerecht, allerdings ist JPL immer wieder auch für Aussetzer bekannt. Das können einfache Tore oder sogar Attacken gegen Gegner oder Schiedsrichter sein. Alles ist möglich, aber den Großteil der Saison ist der Amerikaner ein zuverlässiger Mann. Das zeigt sich auch in seinen Statistiken, die nun bereits seit drei Jahren konstant bei Fangquoten um die 92% liegen. Seine Backups Herzog und Höneckl bekommen im Vergleich zum Legionär praktisch keine Eiszeit. 334 Schüsse haben diese beiden gemeinsam in der gesamten Saison 2013/14 zu halten bekommen. Keiner kam dabei auf eine Fangquote von über 88%, was allerdings angesichts mangelnder Erfahrungsmöglichkeiten in der EBEL auch wenig verwundert. Dass man bei den Draustädtern aber durchaus die personellen Ressourcen hat, um auch Talente im Verein selbst zu formen ist seit Jahren bekannt. Dennoch wird man wohl noch einmal aktiv werden müssen, sollte sich Lamoureux tatsächlich längerfristig verletzten. Bewertung: 3,5 von 5 Punkten Abwehr: Abgänge: Scott Hotham, Kevin Steiner. Zugänge: Geoff Waugh, Philip Siutz. Auch in der Abwehr hat man bei den Kärntnern fast alles beim Alten belassen. Nur Scott Hotham musste den Verein verlassen, obwohl er noch einen Vertrag für die kommende Saison hätte. Der Verteidiger war weit weg von jener Form, die man sich in Villach von ihm gewünscht hätte und so musste man auch in der Defensive investieren. Geoff Waugh bringt ähnliche körperliche Voraussetzungen mit, gilt aber als etwas stabiler als Hotham und soll mit seiner Physis vor dem Tor aufräumen. Die Liga kennt er aus seiner Zeit bei Zagreb, allerdings hat Waugh letzte Saison keine 20 Bewerbsspiele absolviert. Ansonsten ist der Abwehrverband gleich geblieben. Cole Jarrett ist auch heuer ein wichtiger Bestandteil, der vor allem für den Spielaufbau sorgen soll. Das kann Gerhard Unterluggauer mit seinen 38 Jahren zwar auch, er muss aber dem Tempo immer mehr Tribut zollen und sieht das Karriereende schon ums Eck blicken. Der Slowene Klemen Pretnar ist ein zuverlässiger Scorer, der für 20+ Punkte gut ist, aber zuletzt eine -10 in der PlusMinus Bilanz vorzuweisen hatte. Auch Mario Altmann hat Luft nach oben. Nachdem er vorletzte Saison herausragend agierte, blieb er weit hinter den Erwartungen zurück und muss sich ohne Zweifel sowohl offensiv, wie auch defensiv steigern. Stefan Bacher wird zwar immer noch Talent genannt, ist aber auch schon 25 Jahre alt und spielt einen zuverlässigen EBEL Part. Da muss Nico Brunner noch ein wenig hineinwachsen, hat aber auch die Möglichkeiten dazu. Alles in allem ist man mit 8 Verteidigern auch heuer wieder sehr knapp aufgestellt und wird wohl erneut mit nur 3 Defensivpärchen spielen, wenn es knapp wird. Der Austausch Hotham-Waugh mag eine leichte Steigerung ermöglichen, die defensiv mehr arbeitenden Stürmer ebenso und auch Goalie Lamoureux kann so manchen Fehler ausbessern, man hätte aber vermutlich nicht nur den Sturm im Auge behalten dürfen, sondern auch hier noch die ein oder andere Kaderveränderung vornehmen können. Bewertung: 3,0 von 5 Punkten ###Kaderbewertung VSV – Angriff und Trainer: Angriff: Abgänge: John Hughes, Derek Ryan, Markus Peintner, Curtis Fraser, Alexander Rauchenwald. Zugänge: Francois Fortier, John Lammers, Mark Santorelli, Sean Ringrose. Gleich vorneweg muss man feststellen: Offensivtalente wie John Hughes und Derek Ryan kann man nicht so einfach ersetzen. Das muss jedem klar sein und hat mit Sicherheit auch den Verantwortlichen beim VSV gehöriges Kopfzerbrechen bereitet. Vor allem die Centerposition der ersten Linie ist mit dem Abgang von Derek Ryan ein großes Problemfeld. Allgemein wird davon ausgegangen, dass Sean Ringrose diese Rolle nicht ausfüllen kann. Kein Wunder, kommt er doch direkt aus dem College und ist so etwas wie ein riskanter Testlauf. Francois Fortier ist als Hughes Ersatz am Flügel ein ganz anderer Spieltyp und muss entsprechend eingesetzt werden. Der Frankokanadier hat in Wien sein Potential gezeigt und kann Spiele entscheiden, ein Alleinunterhalter ist er allerdings nicht mehr. Und er ist auch schon 35 Jahre alt, also körperlich nicht mehr am Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit. Mit John Lammers kommt ein Stürmer in den Kader, der zumindest die kämpferischen VSV Tugenden verinnerlicht hat und trotz KAC Vergangenheit schnell zum Fanliebling werden könnte. Mark Santorelli ist aus ähnlichem Holz geschnitzt, war aber beim HC Bozen eher Vorbereiter als Vollstrecker. Genau an diesen fehlt es ein wenig im Kader der Villacher, was nach den letzten Zauberjahren in der Offensive ein Umdenken im Spielsystem erfordern wird. Das „Ho-ruck-Eishockey“ kann so nicht mehr durchgeführt werden, die Kärntner werden mit Sicherheit wieder eher eine arbeitende Truppe werden. Dass man sich letzten Endes doch noch entschlossen hat, Marco Pewal einen Vertrag zu geben tut der Kadertiefe gut. Man braucht vor allem für die jungen Spieler im Team eine Leaderfigur, die in der dritten oder gar vierten Reihe für Struktur sorgen kann. Insgesamt mag man von der Kadertiefe ausgeglichener besetzt sein, als noch im letzten Jahr, allerdings sind es völlig andere Spielertypen, die nun den Ton angeben. Im Vergleich zur Konkurrenz dürfte man in diesem Bereich aber eher einen Schritt zurück als nach vorne gemacht haben und es bleibt abzuwarten, ob man im Angriff nicht noch einmal personell reagieren muss. Bewertung: 3,0 von 5 Punkten Trainer: Abgang: Marc Brown Zugang: Markus Peintner An der Spitze des VSV hat sich auch in dieser Saison nichts verändert. Der Finne Hannu Järvenpää gibt weiterhin den Ton an, muss aber mit geänderten Rahmenbedingungen zurecht kommen. Das „Feel Good Klima“ hatte irgendwie auch viel mit der offensiven Ausrichtung zu tun, nun muss Järvenpää erstmals unter Beweis stellen, dass er mit einer Mannschaft Erfolg haben kann, die keine Starspieler wie einen Ryan oder Hughes in ihren Reihen hat. Die geholten Cracks waren allesamt Wunschspieler, mit denen er nun allerdings auch ein wenig mehr Konzentration auf die Verteidigung legen wird müssen. Er geht in sein drittes Jahr in Villach, insgesamt trainiert der 51-Jährige nun schon die sechste Saison in der Erste Bank Eishockey Liga. Vormachen kann man ihm über die Gegner also nichts mehr. Er scheint auch einen ganz guten Draht zu den Spielern zu haben, allerdings kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass eine lockere Art in der jüngeren Vergangenheit für so manchen Spieler ein Freibrief war. Das muss sich ändern. Geändert hat sich auch die Position des „Co“, der nun mit Markus Peintner besetzt ist, weil Marc Brown aus persönlichen Gründen das Handtuch warf. Brown galt vor allem was Ausdauer und Physis betraf als wichtiger Punkt im Training der Villacher. Markus Peintner hat hingegen ein Lernjahr vor sich und wird wohl noch einiges an Unterstützung brauchen, da er auch erst kurz vor Saisonbeginn in die neue Funktion gehievt wurde. Dass Markus Kerschbaumer weiterhin im Trainerteam ist könnte da besondere Wichtigkeit bekommen. Der ehemalige Bundesligagoalie gilt als ausgemachter Experte für Torhütertrainings und Videostudium. Bewertung:3,5 von 5 Punkten Gesamtwertung: 13,0 von 20 Punkten ###Die Zwischenwertung in der HF.at Kaderbewertung: 1. Vienna Capitals 17,0 Punkte 2. Black Wings Linz 15,5 Punkte 3. KAC 13,0 Punkte 3. VSV 13,0 Punkte 4. Fehervar AV10 10,5 Punkte 5. Olimpija Ljubljana 8,5 Punkte