Olympia: Ist Österreich gut genug für eine Überraschung?
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marksoft -
10. Februar 2014 um 12:26 -
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Seit der Eishockey WM 2004 hat das Team Austria kein richtig wichtiges Turnier mehr gespielt, bei dem es überraschen konnte. Durch die Olympia Qualifikation im vergangenen Jahr stehen die Österreicher aber ab Donnerstag beim OIympischen Eishockeyturnier im Blickpunkt der Eishockeywelt und haben nicht vor, sich unter Wert zu verkaufen. Doch wie stark ist dieses Nationalteam wirklich, was ist in Sotschi möglich?
Mit viel Wehmut blickt man als eishockeyaffiner Österreicher zurück auf das Jahr 2004. Damals fand die WM in der Tschechischen Rebublik statt und das ÖEHV Team spielte in Prag. Schon im ersten Match schüttelte man mit einem souveränen 6:0 gegen Frankreich alle Abstiegsgedanken ab, einen Tag später führte man sensationell mit 2:0 gegen Kanada. Am Ende hieß es zwar 2:2, aber die Eishockeyfachwelt hatte das Team Austria wahrgenommen. Angeführt von einem für die NHL entdeckten Thomas Vanek gab es zum Abschluss einer niederlagenlosen Vorrunde noch ein 4:4 gegen die Schweiz. In der Zwischenrunde folgten knappe Niederlagen gegen Tschechien und die Deutschen, sowie eine klare Abfuhr gegen Lettland. Es reichte nichts fürs Viertelfinale, aber man reiste mit hoch erhobenen Köpfen nach Hause.
Seither ist man bekanntlich eine der "Fahrstuhlmannschaften" im Welteishockey - zu gut für die Division I, zu schlecht für die Weltelite. Dass man sich im vergangenen Jahr in Bietigheim gegen Gastgeber Deutschland durchsetzte und für Olympia qualifizierte war eine Überraschung. Und ist eine Riesenchance für das Team Austria.
Wie gut sind die Österreicher?
Als "B-Gruppen-Team", wie es Österreich nun einmal ist, geht man selbstverständlich als krasser Außenseiter in dieses Turnier von Sotschi. Auch wenn Trainer Manny Viveiros etwas übereifrig eine Medaille als Ziel angegeben hat, die Realität sieht klarer Weise ganz anders aus. Mehr als vier Spiele wird es bei diesem Turnier für die ÖEHV Auswahl nicht geben, selbst die zuletzt so oft als "in Richweite befindlichen" Norweger sind in 9 von 10 Spielen eine Nummer zu groß.
Bereits in den letzten Spielen hat das Team Austria seine Schwächen offenbart: in der Defensive hat man kaum Spieler von internationalem Verteidigerformat. Nur Stefan Ulmer ist in einer internationalen Liga, der Rest der Abwehr wirkt schon in der EBEL oftmals zu langsam und körperlich nicht mehr so präsent, wie in der Vergangenheit. Mit Thomas Pöck und Matthias Trattnig hätte man zwar durchaus Leute, die ein Spiel von hinten aufbauen können, allerdings wird man gegen Teams wie Finnland oder Kanada wohl eher seltener dazu kommen, Druck aus der Defensive zu generieren.
Dazu kommen die offensichtlichen Probleme mit dem angepeilten Defensivsystem, das die Österreicher spielen wollen. Die Dänen haben schon im letzten Olympiatest diese Schwierigkeiten ausgenützt. Und wie immer beginnt die Abwehrarbeit bei den Stürmern, die in Sotschi besonders gefragt sein werden und die oft zitierte Drecksarbeit verrichten müssen, um gegen die ganz Großen nicht von Beginn weg unter die Räder zu kommen.
Bei den Torhütern kann man auch international auf erfahrene Leute zurückgreifen: Bernhard Starkbaum in der SHL und Mathias Lange in der DEL zeigen gute Leistungen, KAC Goalie Rene Swette wird die Nummer 3 Position inne haben. Auf eines dürfen sich die Goalies freuen: jede Menge Arbeit. Das wird auch eine Frage der Psyche sein, denn gerade in den ersten beiden Partien kann es dann auch schon einmal passieren, dass man ein paar mehr Tore kassiert als man das gewohnt ist.
Im Sturm sind die ÖEHV Schützlinge dank NHL Unterstützung durchaus gut und breit aufgestellt, nur die nicht unwesentliche Position der Mittelstürmer bereitet Kopfzerbrechen. Es könnte sein, dass Michael Raffl (wie zuletzt auch schon in der NHL) als Center aufgestellt wird, denn am Flügel, wo er eigentlich spielt, sind mit Leuten wie Vanek, Grabner oder dem zuletzt so torgefährlichen Lebler genug Kräfte vorhanden. Dazu hat man auch international durchaus erfahrene Spieler wie Thomas Raffl, Oliver Setzinger und Andreas Nödl, die ein gutes Gesamtpaket abgeben. Allerdings tat sich die rot-weiß-rote Auswahl in der jüngsten Vergangenheit auf höchstem Niveau sehr schwer mit dem Toreschießen. Gegen die Kapazunder aus Finnland, Kanada aber auch Norwegen wird man höchst effizient mit den Chancen umgehen müssen, um die auch nur in die Nähe einer Überraschung zu kommen.
Nur ein Kandidat für den letzten Platz?
Insgesamt erwartet man vom Team Austria bei den Experten nicht viel. Es geht darum, sich positiv zu verkaufen und für den ein oder anderen Spieler auch um internationale Anerkennung bei den zahlreichen Scouts. Die renommierte „Hockey News“, größte Eishockey-Fachzeitschrift der Welt, sieht das österreichische Team auf Platz 11, noch vor Slowenien und meint lapidar: „Thomas Vanek, Michael Grabner und Michael Raffl lassen das Team besser aussehen, als es ist.“
Tatsache ist, dass jeder Punkt, den man in Sotschi erringt eine Sensation darstellt. Dennoch stellt dieses Turnier eine unglaubliche Chance dar, denn wie schon vor 10 Jahren bei der WM in Prag könnte man auf der großen Eisfläche und mit einem schon länger zusammen trainierenden Kader gegen die NHL gespickten Teams aus Finnland und Kanada durchaus überraschen. Aber da muss wirklich alles zusammenpassen und jeder Spieler dazu bereit sein, über sich hinaus zu wachsen.