Kaderbewertung: Starten die Bullen aus Salzburg wieder durch?
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marksoft -
5. September 2012 um 05:35 -
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Bereits im Viertelfinale schieden die hoch gehandelten roten Bullen aus Salzburg in den letzten Play Offs aus. Eine Enttäuschung, auch wenn man in der Mozartstadt ganz anderer Ansicht ist. Ob es heuer besser läuft und warum sich in Zukunft vielleicht noch viel mehr ändert versucht HF.at in der diesjährigen Kaderbewertung der Red Bulls zu beleuchten.
Sechs Mal in Serie standen die Red Bulls ab 2005 im Finale, vier Mal holten sie in dieser Zeit den Titel, doch dann kam die letzte Saison. Von Beginn weg lief das Werkl beim Page Team nicht rund, immer wieder musste man Rückschläge einstecken und kam einfach nicht richtig vom Fleck. Aus dem angeblichen Titelaspiranten war ein Mittelständler geworden, der gar in der ersten Runde der Play Offs rausflog.
Dass man in Salzburg den Grunddurchgang nicht immer ganz ernst genommen hat ist keine weltbewegende Erkenntnis. Die Bullen nutzten die erste Phase der Meisterschaft noch immer dazu, um die Youngster zu fordern, zu experimentieren und eine Mannschaft zu finden, die ab dem Jahreswechsel dann eigentlich immer durchstartete. Das schien auch 2011 so loszugehen, denn nach der European Trophy galt die ganze Konzentration dem Finalturnier, dem Red Bull Salute. Dieses gewannen die Salzburger und sorgten damit für ihr Saisonhighlight. Danach kam allerdings nicht mehr viel. Selbst die spektakuläre Verpflichtung von NHL Goalie Marty Turco brachte nicht den erhofften Umschwung und die schöne Serie an Finalteilnahmen wurde jäh unterbrochen.
Deshalb folgte heuer, auch nicht unbedingt neu bei den Bullen, ein radikaler Kaderumbruch. Vor allem dem Thema „Verjüngung“ hat sich Pierre Page verschrieben und setzt auf viele junge Gesichter. Und es darf für die Zukunft wild drauf los spekuliert werden. Mit dem unterstützenden Einstieg von Red Bull in München könnte eine neue Phalanx entstehen. München als Hauptstandort mit der DEL oder gar noch Höherem als Hauptstandort, Salzburg mit der Akademie, den Trainingsmöglichkeiten als Ausbildungssstandort. Das hört sich nicht unbedingt unrealistisch an und würde durchaus Sinn machen. Salzburg als Sprungbrett für junge Talente in Richtung München? Aber noch ist man nicht so weit, denn der EHC München ist noch nicht vollständig unter den Fittichen von Red Bull, daher sind solche Gedanken wohl nur Zukunftsmusik.
###Die Ausgangslage
Einen Blick in die Vergangenheit wollen wir uns an dieser Stelle noch erlauben. Die Red Bulls haben in der letzten Saison nie zu ihrem Spiel gefunden. Jene Mannschaft, die immer das Non Plus Ultra des Tempo- und Offensivhockeys in der EBEL war, konnte plötzlich mit anderen Mannschaften nicht mehr mithalten.
Statistische Fakten 11/12:
Power Play: 18,82% (7.)
Penalty Killing 86,27% (2.)
Fairplay 19,98 Min/Sp (7.)
Shorthander 5 (8.)
Scoring Effizienz 8,43% (7.)
Goalkeeping 90,15% (9.)
Tore geschossen: 144 (2.)
Tore erhalten: 129 (8.)
Dazu passen auch die statistischen Zahlen der Saison 11/12. Eine schlechte Abwehrleistung, die Torhüter durchschnittlich und das Power Play für Salzburger Verhältnisse unterirdisch schlecht. Es fehlten offensichtlich die absoluten Goalgetter und mit dem herausragenden Robbie Earl hat man den besten Spieler auch noch ans Ausland verloren. Dass Pierre Page mit seiner Experimentiererei was die Spielerpositionen betrifft auch nicht unbedingt für große Ruhe war nur noch das Tüpfelchen auf dem I.
Für die neue Saison werden die Salzburger schon alleine von ihrem Potential her wieder als Titelaspiranten gehandelt. Der Verein mit der größten finanziellen Potenz hat nicht nur die Mittel, sondern auch den Willen, wenn nötig am Kader Anpassungen vorzunehmen. Wie jedes Jahr ist es fast unmöglich vorherzusagen, wer letzten Endes in einer Woche noch im Kader steht. Die Red Bulls misten das Line Up fast schon traditionell nach der Vorbereitung aus und schielen nach Neuzugängen. Heuer könnte das umso spannender werden, denn mit dem drohenden Lockout vor der Tür darf schon jetzt wild drauf los spekuliert werden, ob da der ein oder andere NHL Star seinen Weg in den Salzburger Volksgarten findet. Auch trotz aller Ungewissheiten ist aber eines offensichtlich: die Red Bulls wollen wieder vorne mitspielen. Es kommt nicht oft vor, dass sich die Mozartstädter von der Ligakonkurrenz Verstärkung holen – heuer ist das gleich doppelt passiert. Torjäger wurden verpflichtet, die Legionäre zum Teil noch sehr jung. Page will offensichtlich wieder schnelles Eishockey spielen, in der European Trophy hat das allerdings noch nicht ganz nach Wunsch geklappt. Vielleicht ranken sich nicht nur deswegen auch schon die ersten Gerüchte über Neuzugänge. Fakt ist, die Salzburger sind wieder sehr breit und tief besetzt. Wenn Pierre Page seine Spieler auf deren Positionen einsetzt, dann haben die Bullen einen Kader, der sich auf jeden Fall in der oberen Hälfte der Tabelle festsetzen kann. Ob es für eine Anwartschaft auf den Titel reicht, wird sich weisen.
HF.at Prognose: Platz 1 bis 4
###Kaderbewertung Red Bull Salzburg – Torhüter und Abwehr:
Torhüter:
Abgänge: Marty Turco, Thomas Höneckl, Josh Tordjman
Zugänge: Alex Auld
Dass die Abwehr der Salzburger nur im hinteren Drittel der Tabelle zu finden war lag einerseits daran, dass die Torhüter nicht zu den besten der EBEL zählten und sich diese dann auch noch zu vielen Schüssen aufs Tor gegenüber sahen. Thomas Höneckl spielte zwar viel, blieb aber hinter den Erwartungen zurück und wurde prompt auch im Sommer abgegeben. Mit Josh Tordjman hatte man zwar eine anständige Nummer 1, die allerdings kaum Spiele gewinnen konnte. Also holte man mit Marty Turco einen NHL Star, der jedoch auch kein „Unterschiedmacher“ war. Trotzdem setzen die roten Bullen für die neue Saison erneut auf NHL Erfahrung. Alex Auld ist mit seinen 31 Jahren und vielen Saisonen in der besten Liga der Welt ein Führungsspieler. Er hat noch letzte Saison in Ottawa für die Senators 14 Partien absolviert, jetzt soll er das Tor in Salzburg sauber halten, was in der European Trophy nicht unbedingt nach Wunsch gelang. Für das Torhütergespann halten sich derzeit hartnäckige Gerüchte, wonach die Mozartstädter an Bernd Brückler dran sein sollen. Der Steirer wurde von seinem KHL Team bekanntlich entlassen und ist auf Jobsuche. Es wäre keine Überraschung, würde diese bei den Red Bulls enden – und dann hätten die Page-Schützlinge zwei erstklassige Goalies zur Verfügung, die man mit 5 Punkten benoten müssten. So hat man „nur“ Auld und dahinter keine Erfahrung. Das ist nicht optimal und riskant, sollte sich der Kanadier verletzen.
Bewertung: 3 von 5 Punkten
Abwehr:
Abgänge: Doug Lynch, Ryan Kavanagh.
Zugänge: Ryan Glenn, Ross Lupaschuk, Nick Ross.
Wie bereits erwähnt funktionierte die Abwehrarbeit der Salzburger in der letzten Saison nicht nach Wunsch, weshalb sich die Salzburger auch in diesem Bereich einer Frischzellenkur unterzogen. Dabei verloren die Bullen mit Doug Lynch aber ihren besten Scorer unter den Verteidigern (18 Tore, 22 Assists), mit dem nicht immer sattelfesten Ryan Kavanagh die Nummer 3. Für die nun dringend benötigten Offensivqualitäten könnte Ryan Glenn sorgen, der ein guter Skater ist und auch in der European Trophy mit 5 Punkten in 6 Spielen zu überzeugen wusste. Nick Ross ist mit seinen 23 Jahren bereits ein gestandener AHL Verteidiger, allerdings kein typischer Scorer. Das könnte Ross Lupaschuk sein, aber in der letzten Saison war er einer jener Leute, denen man nachsagte, dass sie für schlechte Stimmung in der Kabine sorgten. Hier wird man sehen, ob der 31-Jährige besser ins System Page als in jenes von Samuelsson passt. Ansonsten vertraut man bei den Bullen weiter auf Altbekanntes: Rob Davison hat überzeugt, Mühlstein und Pallestrang bleiben Talente und Heinrich, sowie Trattnig haben sich in ihren Rollen als umgelernte Stürmer ergeben. Und falls diese Personalien nicht reichen, dann gibt es noch den ein oder anderen Angreifer, der nach hinten gezogen werden könnte (z.B. Daniel Welser). Die Abwehr birgt noch einige Fragezeichen, wirklich hochkarätig verbessert hat man sich in Salzburg nicht, was 21 Gegentore in 6 Spielen auch andeuten.
Bewertung: 3,5 von 5 Punkten
###Kaderbewertung Red Bull Salzburg – Angriff und Trainer:
Angriff:
Abgänge: Robbie Earl, Markus Schlacher, Michael Schiechl, Brent Aubin, Jeremy Williams, Ramzi Abid, Alexandre Carrier, Danny Bois.
Zugänge: Ryan Duncan, Ryan Kinasewich, Alexandre Grenier, Tyler Maxwell, Konstantin Komarek, Patrick Obrist, Justin Keller, Justin DiBenedetto,
Im Sturm treten sich bei den Salzburgern die Leistungsträger auf die Füße. Seit Jahren haben die Bullen die am tiefsten besetzten Angriffsreihen und auch die besten Österreicher im Team. Das hat sich für 12/13 nicht geändert. Ryan Duncan, der kleine Wirbelwind und Paradevorbereiter ist wieder zurück. Dazu hat man mit Kinasewich und Keller zwei Vollblut-Torjäger geholt, deren Job es ist, das Tor zu treffen. Das können sie auch, wenn sie richtig eingesetzt werden. In diese Liga dürfte auch Justin DiBenedetto aufstreben, denn auch der 24-Jährige gilt als torhungrig. Grenier und Maxwell sind sehr junge Stürmer, die mit ihren knapp 20 Jahren bislang nicht unbedingt überzeugen konnten. Dass man mit den alten Bekannten wie Welser, Thomas Raffl, Steven Regier, Manuel Latusa und Co. noch jede Menge an Scoringpower zur Verfügung hat, lässt die Bullen zumindest drei richtig gefährliche Linien zur Verfügung haben. Für die restlichen Kaderplätze hat man bei den Bullen jede Menge Talent: Pöck, Puschnik, Komarek, Obrist, Hofer, Brucker – sie alle werden ihre Eiszeiten bekommen und als „junge Wilde“ im Scheinwerferlicht stehen. Selbst wenn es bei dem ein oder anderen Legionär nicht so läuft, werden die Salzburger nicht panisch werden. Durch die neue Try Out Phase in der EBEL und den danach weiterhin vorhandenen Transferkarten kann man punktuell noch nachbessern. Der Sturm ist aber sehr gut und breit besetzt. Hier gibt es kaum Vergleichbares in der Liga.
Bewertung: 4,5 von 5 Punkten
Trainer:
Abgang: -
Zugang: -
Pierre Page steht auch das sechste Jahr in Serie an der Spitze der roten Bullen und strebt nach seinem dritten Drittel in der EBEL. Der inzwischen 64-Jährige bleibt in der Liga umstritten, bei den Fans unbeliebt und immer wieder für unverständliche Sager gut. Trotzdem hat er sich in der jüngsten Vergangenheit geändert. Seine Interview-Monologe wurden weniger und die Antworten beziehen sich inzwischen sehr oft tatsächlich auf die Fragen. Dennoch hat man nicht immer den Eindruck, als würden seine Spieler verstehen, was der Kanadier von ihnen will. Stürmer werden auch in „höherem“ Alter zu Verteidigern umfunktioniert, das System wird nicht an die besten Spieler angepasst, sondern die Spieler müssen sich ans System anpassen. Daran sind schon einige Cracks gescheitert und haben nicht nur resigniert, sondern den Verein auch verlassen. Der „Plan“ funktioniert (zumindest in der EBEL) und wenn sich doch noch irgendwo Löcher auftun, na dann wird eben nachjustiert. Erfolgsdruck hat Page sicherlich keinen mehr, dafür hat er nicht nur in Salzburg zu viel gewonnen. Auch wird man ihm nie die so oft propagierten und trotzdem fehlenden Spieler aus dem Salzburger System, die man für höhere Aufgaben ausbilden möchte, vorwerfen. Der Ehrgeiz des Pierre Page ist groß, er will immer gewinnen, findet auch klare Worte bei Niederlagen und kennt kein Erbarmen, selbst wenn seine Mannschaft gewonnen hat. Im letzten Jahr war das in der EBEL nicht so viel, wie gewünscht. Es wird interessant zu sehen sein, wie Page mit Druck umgehen wird. Im Sattel bleibt Page auch in dieser Saison sitzen, seine Arbeit wird „von oben“ nicht in Frage gestellt. So lässt sich für ihn ruhig arbeiten, für die Spieler nicht immer.
Bewertung: 4,5 von 5 Punkten
Gesamtwertung: 15,5 von 20 Punkten
###Die Zwischenwertung in der HF.at Kaderbewertung:
1. Vienna Capitals 17 Punkte
2. Medvescak Zagreb 16,5 Punkte
3. Red Bull Salzburg 15,5 Punkte
4. EC VSV 13,5 Punkte
5. Fehervar AV19 11,5 Punkte
5. Graz 99ers 11,5 Punkte
7. Olimpija Ljubljana 11,0 Punkte
8. Orli Znojmo 9,5 Punkte
9. Dornbirner EC 9 Punkte
10. HC TWK Innsbruck 8,5 Punkte
Morgen geht es weiter mit Teil 11 in unserer Serie mit dem KAC.