Kaderbewertung: Greift der VSV die Großen an?
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marksoft -
31. August 2012 um 05:35 -
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Angreifen will er der „neue“ VSV und die Fans das miserable letzte Jahr vergessen lassen. Der Kader wurde gewaltig umgebaut, man befindet sich in einer Umbruchphase und will in den nächsten Jahren immer näher an die Großen heran kommen. Wie gut ist der VSV 2012/13 schon und reicht es dieses Mal für die Play Offs? Unsere Kaderbewertung versucht eine Prognose.
Der VSV nicht in den Play Offs – eine Katastrophe für den Kärntner Traditionsverein und dessen Fans. Diese wurden in der letzten Saison auf eine gewaltige Geduldsprobe gestellt, denn man hatte in der Kaderplanung einiges falsch gemacht und fand sich prompt in den Niederungen der EBEL wieder. Plötzlich hießen die Tabellennachbarn nicht mehr KAC, Salzburg und Linz, sondern Jesenice und Znojmo.
Aber die Verantwortlichen in Villach haben die Zeichen der Zeit erkannt und im Sommer auch schmerzhafte Schritte gemacht. Spieler, die seit Jahren in der Draustadt aktiv waren bekamen keinen Vertrag mehr und dabei wurde auch vor „großen“ Namen nicht Halt gemacht. Die Adler leiteten einen Neuanfang ein, einen Umbruch im Kader, der innerhalb der nächsten fünf Jahre dazu führen soll, dass der VSV wieder um den Titel mitspielen kann. Das erinnert ein wenig an die Linzer, die vor einem Jahr vor dem selben Problem standen und als krasser Außenseiter Meister wurden.
Aber beim VSV sieht man sich noch nicht so weit und möchte sich schrittweise in der Tabelle nach vorne tasten. Erste Priorität hat das Erreichen der Play Offs und dafür wurde einiges im Kader umgebaut. Dabei half den Villachern auch, dass man einerseits mit Hannu Järvenpää den im letzten Jahr sehr erfolgreichen Trainer aus Ljubljana verpflichten konnte und dieser im Schlepptau einige wichtige Stützen mitnahm. Dabei profitierten die Kärntner von der finanziell angespannten Situation bei den Drachen – und plötzlich hat man ein Team, dem viel zugetraut wird.
###Die Ausgangslage
Sehr viel schlechter als letztes Jahr geht es für den VSV wohl nicht mehr. Die Play Offs wurden verpasst, das gezeigte Eishockey war unattraktiv, hatte mit modernem und schnellem Hockey nichts zu tun. Aus dem Traditionsverein ist in den letzten Jahren ein Mittelständler und jetzt sogar ein Kellerkind geworden. Das schrie nach Konsequenzen und die Kärntner haben den Mut gezeigt, den Umbau anzugehen.
Statistische Fakten 11/12:
Power Play: 19,27% (5.)
Penalty Killing 87,66% (1.)
Fairplay 22,44 Min/Sp (10.)
Shorthander 5 (8.)
Scoring Effizienz 8,2% (8.)
Goalkeeping 93,02% (1.)
Tore geschossen im Grunddurchgang: 112 (9.)
Tore erhalten im Grunddurchgang: 101 (2.)
Es ist ganz offensichtlich, woran es beim VSV des letzten Jahres krankte: am Spiel nach vorne. Die Kärntner standen dank einem sensationellen Bernhard Starkbaum hinten sehr gut und verfügten über eine ausgezeichnete Defensivabteilung. Nach vorne gab es aber zu wenig Impulse und dann auch keine Knipser, die trafen. Das machte sich vor allem in der Zwischenrunde bemerkbar, als man in 8 Spielen nur 16 Tore erzielte – so wenig wie kein anderes Team!
Es verwundert daher nicht, dass viele Bemühungen beim VSV darauf ausgelegt waren, die Offensive zu verstärken. Das begann bei der Verpflichtung von offensiv stärkeren Verteidigern und endete damit, dass man mit dem Trio Taylor, Hughes und Ryan drei der wohl gefährlichsten Stürmer der Liga an Land zog. Zusammen mit den weiterhin im Kader befindlichen Spielern wie Damon, Pewal oder auch Peintner sollte das Garantie genug sein, dass man sich um die Tore keine Sorgen machen braucht. Die bereitet allerdings die teilweise sehr dünne Personaldecke, vor allem in der Defensive. Hier hat man schon in der Vorbereitung auf Verletzungen reagieren und einen neuen Spieler holen müssen. In einer langen Saison kann sich die fehlende Kadertiefe auswirken. Dennoch, der VSV hat den ersten Teil seiner Hausaufgaben gemacht und sollte sich im Normalfall keine Sorgen mehr um die Play Off Teilnahme machen. Es könnte ein schönes Jahr für die Fans des VSV werden, ein sehr schönes sogar. Der VSV ist gut genug, um das Überraschungsteam der Saison zu werden. Das Viertelfinale sollte mit diesem Team kein Thema sein und mit etwas Glück wird dort nicht Endstation sein. Noch ist der Kader nicht bis in die vierte Linie voll konkurrenzfähig, aber man ist ja erst im ersten von fünf Jahren des Umbaus...
HF.at Prognose: Platz 5 bis 8
###Kaderbewertung EC VSV – Torhüter und Abwehr:
Torhüter:
Abgänge: Bernhard Starkbaum, Marco Wieser
Zugänge: J.P. Lamoureux, Thomas Höneckl, Lukas Herzog
Der schmerzhafteste Abgang im Sommer war jener von Bernhard Starkbaum. Der Torhüter wollte sein Glück in Schweden versuchen und nützte eine Ausstiegsklausel für ein Auslandsengagement, um den VSV zu verlassen. Die Villacher verloren damit nicht nur ihre Nummer 1, sondern auch den besten Torhüter der gesamten Liga. Das muss man erst einmal verkraft, mit Jean Philippe Lamoureux hat man aber einen sehr guten, wenngleich auch nicht immer disziplinierten Goalie verpflichtet. In Laibach hielt der US Amerikaner 92,2% aller Torschüsse, fiel aber neben seinen sportlichen Leistungen immer wieder mit „Auszuckern“ auf. Mit der fast unveränderten VSV Abwehr vor sich sollten die Werte des Torhüters weiter nach oben gehen. Das erwartet man sich auch bei den Villachern, denn der US Boy ist die klare Nummer 1 in den Planungen des Trainers.
Mit Thomas Höneckl steht ihm als Nummer 2 ein großes Talent zur Seite, das dieses Jahr vor allem eines braucht: viel Geduld. Diese wird ihm allerdings in Villach normaler Weise viel bringen, denn mit Markus Kerschbaumer hat man in der Draustadt einen Torhütertrainer, der schon viele Goalietalente zur Nummer 1 geführt hat. Wenn Höneckl, der aus Salzburg kam, warten kann, dann wird er über kurz oder lang zu mehr Eiszeit kommen. Bis dahin muss er Lamoureux im Notfall entlasten können. Eine Aufgabe, die man ihm zutrauen kann. Die Erfahrung von knapp 60 EBEL Einsätzen kann er schon einmal vorweisen. Alles in allem haben die Villacher ein starkes Duo zwischen den Pfosten, das im Falle von Lamoureux aber seine Nerven im Zaum halten muss.
Bewertung: 3 von 5 Punkten
Abwehr:
Abgänge: Greg Kuznik, Kevin Mitchell,
Zugänge: Brad Cole, Scott Hotham, Klemen Pretnar, Fabian Stichnauer
Was soll man an einer Abwehr ändern, die schon die beste der Liga war und im Grunddurchgang die zweitwenigsten Gegentore zugelassen hat? Nun, zu tun gibt es immer etwas und das hat auch der VSV erkannt. Die Kärntner haben die Verträge der alternden und nicht mehr fürs Tempohockey passenden Verteidiger Kuznik und Mitchell nicht mehr verlängert und sich dafür neue Kräfte geholt. Brad Cole und Scott Hotham sind beide unter 30 Jahre alt und haben ihre Qualitäten in Ljubljana unter Beweis gestellt. Ob sie allerdings offensiv mehr Gefahr verbreiten können als ein Kevin Mitchell wird sich zeigen. Ansonsten hat sich wenig verändert im Aufgebot des VSV, was zum nächsten Problem führt: man hat zwar derzeit 11 Verteidiger zur Verfügung, wirklich tief ist der Kader aber nicht besetzt. Mario Altmann und Stefan Bacher sind brave Arbeiter, Gerhard Unterluggauer ist der Mann für den Spielaufbau, doch danach kommt nur wenig. Unterluggauer ist auch jener Spieler, der die Offensivakzente setzen kann, vor allem im Power Play. Das funktionierte im letzten Jahr ganz und gar nicht. Aber Unterluggauer ist auch oft unter jenen Spielern, die genannt werden, wenn es um Unruhe im Team geht. Als neuer Kapitän wird der 36-Jährige aber alles daran setzen, dass er im Herbst seiner Karriere noch einmal in einer Mannschaft spielt, die Erfolg hat. Wie dünn der Kader in der Abwehr besetzt ist, zeigt die Tatsache, dass man auf zwei Verletzungen mit einem neuen Try Out Spieler reagiert hat. Klemen Pretnar darf sich derzeit „vorstellen“ und es wäre wohl sinnvoll, den Kader hier noch etwas breiter aufzustellen.
Bewertung: 3 von 5 Punkten
###Kaderbewertung EC VSV – Angriff und Trainer:
Angriff:
Abgänge: Thomas Kaspitz, Mike Craig, Michael Köfeler, Lynn Loyns, Nicolas Petrik, Tomaz Razingar, Rob Shearer, Pierre-Luc Sleigher, Nico Toff, Shayne Toporowski, Craig Weller, Kyle Wanvig
Zugänge: John Hughes, Justin Taylor, Daniel Ban, Valentin Leiler, Daniel Nageler, Lucas de Pasqualin, Antti Pusa, Alexander Rauchenwald, Derek Ryan.
Der Sturm war das Sorgenkind des VSV in der letzten Saison. Kein Spieler fand zu seiner Normalform, Trainer Stewart konnte nie ein überzeugendes Offensivsystem einstudieren und so scheiterte man letzten Endes auch an den fehlenden Toren. Daher galt die Konzentration bei der Neugestaltung des Kaders der Offensive. Was die Namen betrifft hat der VSV so etwas wie den Jackpot geknackt. Mit John Hughes hat man den Scorerkönig der EBEL an Land gezogen. In Ljubljana lief alles über Hughes, der allerdings auch für seine mangelnde Arbeit im Backcheck bekannt ist. Den kongenialen Partner für Hughes, Justin Taylor hat man auch gleich mitverpflichtet und somit sind schon mal 130 Punkte im Adlerdress zu finden. Diese werden ergänzt um den Derek Ryan, einen der gefährlichsten Torjäger der Liga. Das klingt nach Hollywood in Villach, vielen Toren, attraktivem Offensivspiel. Aber auch die Arbeiter hat man nicht vergessen: Antti Pusa, der flinke Finne, hat in Jesenice beeindruckt und wird beim VSV wohl so richtg aufblühen. Auch Daniel Nageler ist in der EBEL kein Unbekannter und kann in den hinteren Reihen bestehen. Und dann hat man mit Markus Peintner, Marco Pewal und Derek Damon ja weitere Leute, die wissen, wo das Tor steht. Höchst interessant könnte dieses Jahr für Youngster Nikolaus Hartl werden. Der Flügelstürmer muss die Chance nützen und sich endgültig in der EBEL durchsetzen. Drei mehr als konkurrenzfähige Reihen können die Adler auf jeden Fall aufbieten, die Nachwuchshoffnungen dahinter werden wohl eher weniger Eiszeit bekommen.
Bewertung: 4 von 5 Punkten
Trainer:
Abgang: Mike Stewart
Zugang: Hannu Järvenpää
Mike Stewart war, ist und bleibt in Villach zwar eine Legende, sein Debüt als Trainer ging aber in die Hose. Im Vorjahr griff er bei den Legionären scharenweise daneben und im Vergleich zu den vielen renommierten Coaches in der EBEL offenbarte sein „System“ zahlreiche Schwachstellen. Für 2012/13 hat der VSV daher den Finnen Hannu Järvenpää geholt, der mit einer Mittelklassemannschaft wie Ljubljana immerhin bis ins Halbfinale vorgestoßen ist. Dass der Skandinavier viele Leistungsträger aus Slowenien „mitgenommen“ hat wird dabei helfen, dass man rasch zu einem gemeinsamen Spielsystem findet. Und die Legionäre sind nicht irgendwelche, sondern zählen zu den besten der Liga. Aber Järvenpää wird sich auch der Kritik stellen müssen, denn die Erwartungen in Villach sind immer hoch. Auch darin, dass man den Nachwuchsspielern die Chance gibt und sie aufs Eis stellt. Dafür ist der Finne allerdings nicht gerade bekannt, er hat schon bei Ljubljana das Dreilinienspiel forciert. Am Ende der Saison war Olimpija ausgebrannt und im Halbfinale gegen Linz stehend k.o. Der Kader, den Järvenpää zur Verfügung hat ist gut und hat jede Menge Potential. So viel, dass die Villacher das Überraschungsteam der Saison werden könnten. Das waren sie im letzten Jahr auch, da allerdings im negativen Bereich. Was dem Trainer sicherlich hilft: der VSV erwartet keine Wunderdinge. Das Konzept ist auf 5 Jahre aufgebaut, im ersten Jahr wird alles einfach nur besser sein als im vergangenen, schlechten Jahr. Auch rundherum hat man beim VSV ein gutes Trainerteam. Marc Brown hat sich der Fitness verschrieben, Markus Kerschbaumer hat seine Fähigkeiten als Goalietrainer mehrfach unter Beweis gestellt.
Bewertung: 3,5 von 5 Punkten
Gesamtwertung: 13,5 von 20 Punkten
###Die Zwischenwertung in der HF.at Kaderbewertung:
1. EC VSV 13,5 Punkte
2. Graz 99ers 11,5 Punkte
3. Olimpija Ljubljana 11,0 Punkte
4. Dornbirner EC 9 Punkte
5. HC TWK Innsbruck 8,5 Punkte
Morgen geht es weiter mit Teil 6 in unserer Serie mit Fehervar AV19.