Kaderbewertung: Reicht der Biss der Haie für die EBEL?
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marksoft -
28. August 2012 um 05:50 -
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Mehr oder weniger getrieben von der Entscheidung Dornbirns, in die EBEL einzusteigen kehrte im vergangenen Sommer auch der HC Innsbruck wieder in die höchste Spielklasse zurück. Mit vielen Fragezeichen starteten die Tiroler in die Pre-Season, HF.at sieht sich den Kader genauer an und versucht eine Einschätzung, wo die Haie in dieser Saison landen werden.
Der HC Innsbruck ist wieder zurück in der Erste Bank Eishockey Liga. Zwar nicht wie geplant in mittelfristiger Zukunftr, aber dennoch ist man wieder da. Es darf bezweifelt werden, ob die Haie wirklich den Sprung nach oben gewagt hätten, wäre im vergangenen Sommer nicht so viel passiert. Zuerst wollten die Innsbrucker nach dem Titelgewinn in der Nationalliga in der italienischen Serie A mitspielen, was aber vom ÖEHV abgeblasen wurde. Danach war es lange Zeit still um den HCI, der seine Planungen für die damals noch existente Nationalliga durchführte. Doch dann kamen die Bulldogs mit ihrer Ankündigung, in die EBEL zu gehen und alles wurde anders. Angesichts der Ungewissheit rund um die Nationalliga und dem Verlust des ernsthaftesten Gegners in der zweithöchsten Spielklasse sprangen die Tiroler ins kalte Wasser und nannten auch für die Erste Bank Eishockey Liga.
Angekündigt war vom HCI ein Kader mit starker Tiroler Prägung, erweitert um leistbare (also günstige) Legionäre. Zum aktuellen Stand befinden sich 22 Österreicher und 9 Legionäre im Kader, der mit einem Durchschnittsalter von 24,32 Jahre im Vergleich zur letztjährigen Nationalliga-Saison deutlich jünger wurde. Wie viel Eiszeit die rot-weiß-roten Cracks dann tatsächlich bekommen wird erst in einigen Monaten bewertet werden können, denn der Vorsatz ist gut, aber wenn der sportliche Erfolg gefordert wird, sind Vorsätze schnell über Board geworfen.
###Die Ausgangslage
Der HC Innsbruck geht als der vielleicht größte Underdog in die neue Saison. Die Tiroler haben ihren Kader nach der EBEL Entscheidung zwar überraschend schnell zusammengestellt, mehr als die ein oder andere Stolperfalle für einen der Favoriten wird man aber nicht darstellen. Das ist auch den Mannen aus dem „heiligen Land“ bekannt und daher gibt es als offizielle Vorgabe für 2012/13 nicht viel Greifbares. Es wird ein Lernjahr, das den Haien bevorsteht, so viel ist schon jetzt klar.
Statistische Fakten 11/12 (aus der Nationalliga):
Power Play: 27,98% (1.)
Penalty Killing 84,94% (3.)
Fairplay 16,43 Min/Sp (5.)
Tore geschossen im Grunddurchgang: 175 (1.)
Tore erhalten im Grunddurchgang: 61 (1.)
Die Statistiken der letzten Saison haben verständlicher Weise für die neue Spielzeit keine Aussagekraft. Der HC Innsbruck spielte in der Nationalliga, die zwar die zweithöchste Klasse in Österreich darstellt, aber leistungstechnisch dennoch Welten von der EBEL entfernt ist, selbst für den Meister auf diesem Niveau. Eines ist aber schon vor dem allerersten Bully klar: die Tiroler werden ein starkes Torhütergespann, gute Defensivarbeit und ausgezeichnete Special Teams benötigen, wenn man in den Kampf um die Play Off Plätze zumindest hineinschnuppern möchte.
Eines darf allerdings gerade bei Neueinsteigern in eine Liga nie vergessen werden: bislang hat noch jedes neue Team einen gewissen Überraschungsbonus gehabt. Gerade in der Anfangsphase des erneut relativ kurzen Grunddurchgangs müssen die Haie versuchen, so viele Punkte wie nur möglich zu machen. Einen solchen Polster werden sie benötigen, denn es ist zu erwarten, dass die Mixtur aus unerfahrenen Youngsters und zum Teil schon über ihrem Zenith spielenden „Oldies“ mit Fortdauer der Meisterschaft nicht nur was Tempo und Technik betrifft Probleme bekommen wird.
Das Vorhaben, verstärkt auf Tiroler Talente zu setzen ist zwar unterstützenswert, doch Spieler, die noch nicht einmal in der Nationalliga zu den Leistungsträgern gehörten, werden in der EBEL kaum eine Chance haben. Der Kader ist zwar breit aufgestellt, es fehlt allerdings an der nötigen Kadertiefe und so wird Trainer Danny Naud während der Saison viel Arbeit leisten müssen, um halbwegs konkurrenzfähig zu bleiben. Eine Endplatzierung rund um den Play Off Strich wäre wohl schon ein echter Erfolg, zu erwarten sind die Haie allerdings eher in den ganz unteren Regionen der Tabelle.
HF.at Prognose: Platz 8 bis 12
###Kaderbewertung HC Innsbruck – Torhüter und Abwehr:
Torhüter:
Abgänge: Markus Seidl, Manuel Litterbach, Dominique Wok
Zugänge: Thomas Tragust, Patrick Machreich
Höchst interessant ist das Torhütergespann, das die Haie ins Rennen schicken. Mit Thomas Tragust hat der HCI den aktuellen Nationalteam-Goalie Italiens im Kader, dem großes Talent nachgesagt wird. In Sterzing hat er in der letzten Saison eine Fangquote von 91% aufs Eis gezaubert, was gut, aber nicht mitreißend ist. Der 26-Jährige wird sich steigern müssen, um im harten EBEL Alltag zu den besseren Goalies der Liga zu zählen. Diese Situation kennt Tragust aber, denn vor zwei Jahren spielte der Torhüter noch in der zweiten italienischen Liga, ein Jahr später war er erstklassig, jetzt steht er in der EBEL zwischen den Pfosten. Dieses Gefühl ist wiederum Patrick Machreich kein unbekanntes. Der inzwischen 31-Jährige war schon bei Zell/See, Graz, Linz und Villach im erstklassigen Einsatz und wurde mit dem VSV sogar Meister. Zuletzt spielte Machreich in der Nationalliga und war bei der VEU herausragend. Nicht umsonst galt Machreich in der Saison 2011/12 als bester Goalie der zweiten Liga – aber es war eben „nur“ die zweite Liga. Der Druck auf einen Torhüter in der Erste Bank Eishockey Liga ist ein anderer und hier wird Machreich beweisen müssen, dass er mit seiner Erfahrung noch gut genug für diese Spielstufe ist.
Die Fans der Haie werden gespannt sein, ob Thomas Tragust eine echte Nummer 1 sein kann. Wenn der Italiener diese Erwartungen zu erfüllen imstande ist, dann hat man ein durchaus konkurrenzfähiges Duo. Patrick Machreich wird wohl die Position des Ersatzmannes zukommen. Hier gibt es aber sicher EBEL Konkurrenten, die diesen Backup Platz nicht mit so viel Erfahrung besetzt haben.
Bewertung: 2,5 von 5 Punkten
Abwehr:
Abgänge: Jamie Mattie, Jonathan Paiement,
Zugänge: Jon Insana, Antonin Manavian, Craig Switzer
In der Nationalliga bildeten die HCI Abwehrreihen das Non Plus Ultra der Liga. Doch jetzt spielen die Tiroler in der EBEL und da herrschen ganz andere Anforderungen. Das Spiel ist bedeutend schneller, intensiver und die Torjäger sind von ganz anderem Kaliber als noch vor ein paar Monaten. Trotzdem haben die Haie einem Großteil des Kaders aus dem Vorjahr das Vertrauen geschenkt und nur bei den Legionären reagiert. Hier wurde mit Jon Insana ein Spieler geholt, der allerdings nicht mehr den modernen Verteidiger repräsentiert. Gerade im schnellen Spiel nach vorne hat Insana Probleme, dafür verfügt er über einen guten Schuss, den er aber im letzten Jahr viel zu selten ausgepackt hat. Der Franzose Antonin Manavian ist Nationaltemspieler in seinem Land und hat es in der französischen Liga auf fast einen Punkt pro Spiel gebracht. Er wird ein Führungsspieler sein müssen, wie es auch Insana oder der Kanadier Craig Switzer sein müssen. Letzterer hat in der vergangenen Saison in Dänemark ordentliche Statistiken aufzuweisen, der Schritt in die EBEL ist aber auch aus dieser skandinavischen Liga ein großer. Rund um diese drei Legionäre haben die Tiroler mit Stefan Pittl, Florian Stern und Florian Pedevilla zwar Leute im Kader, die in der höchsten Spielstufe Erfahrungen haben, deren Leistungspotential aber nicht umsonst in den letzten Jahren in der Nationalliga angesiedelt war. Insgesamt bringen es die Haie somit auf drei annehmbare Verteidigerpaare, wobei man sich hier von hinten heraus wohl eher weniger Hoffnungen auf die großen zündenden Ideen machen darf. Gerade in der Defensive wäre wohl die eine oder andere höherwertige Verstärkung sinnvoller gewesen.
Bewertung: 1,5 von 5 Punkten
###Kaderbewertung HC Innsbruck – Angriff und Trainer:
Angriff:
Zugänge: Anthony Aquino, Mike Bartlett, Francis Lemieux
Abgänge:Rem Murray, Klemens Plössl, Marc Schönberger,
Richtig viel Arbeit wird auf die Sturmformationen des HC Innsbruck zukommen. Da man in der Defensive nicht tief genug besetzt ist, werden die Stürmer viel zurück arbeiten müssen. Hier hat der Trainer allerdings einige gute Entscheidungen getroffen, denn mit Francis Lemieux ist ein echter Arbeiter geholt worden, der allerdings nicht unbedingt zu den Punktesammlern in der Liga zählen wird. Die sucht man im Kader der Tiroler überhaupt vergeblich, denn auch die weiteren Neuzugänge Mike Bartlett und Anthony Aquino sind in ihrer bisherigen Karriere nicht als die herausragenden Torjäger aufgetreten. Somit bleibt als Spielmacher nur noch Aaron Fox übrig, der zwar in den letzten Jahren in der Nationalliga groß aufspielte, aber bei seinem letzten EBEL Gastspiel in Zagreb nicht mehr durch Schnelligkeit und Kaltblütigkeit für Schrecken sorgte. Dennoch wird Fox der Einfädler im Spiel des HCI sein müssen, wenngleich ihm scheinbar der kongeniale Torjäger an seiner Seite fehlen dürfte. Hier sind dann auch die Österreicher im Sturm gefragt und davon hat man jede Menge. In den letzten Jahren wurde zum Beispiel Alexander Höller immer wieder von EBEL Teams beobachtet, aber nie für gut genug befunden, um ihn auch tatsächlich nach oben zu holen. Jetzt hat er die Möglichkeit zu zeigen, dass er seine Torjägerqualitäten auch in der EBEL ausspielen kann. Selbiges gilt für Patrick Mössmer, der in der Nationalliga immer zu den gefährlichsten Stürmer zählte, aus seinen EBEL Zeiten bei den 99ers, oder auch Innsbruck aber nicht unbedingt als Torjäger gefürchtet ist. Mit diesen Österreichern und den Legionären bringen es die Tiroler gerade einmal auf zwei Linien, mit denen man für Gefahr sorgen kann. Der Trend in der EBEL geht aber dahin, dass die Reihen 3 und auch 4 immer wichtiger werden, wenn es um Sieg und Niederlage geht. Dennoch ist dem HCI ein Lob auszusprechen, dass man es mit den vielen Jungen im Sturm probieren möchte und es bleibt zu hoffen, dass diese Spieler ihre Chance auch nützen.
Bewertung: 1,5 von 5 Punkten
Trainer:
Abgang:
Zugang:
Der Trainer ist im Vergleich zum letzten Jahr der selbe geblieben. Danny Naud, der Mann mit der unglaublich tiefen Stimme, hat seinen Kader selbst aussuchen dürfen und die Legionäre genau nach seinen Vorstellungen verpflichtet. Der 50-jährige Kanadier, der selbst bis Ende der 90er Jahre noch als Verteidiger am Eis stand, war vor seinem Engagement in Innsbruck in der DEL und NLA als Assistant Coach tätig, hat aber auch langjährige Erfahrung als Headcoach aus der zweiten Deutschen Liga. Naud weiß genau, auf was es ankommt, um in der EBEL halbwegs mithalten zu können und drängt seine Mannschaft zu höherem Tempo, mehr Intensität und Präzision. Der Großteil des Kaders war auch im letzten Jahr in der Nationalliga tätig und muss einen gewaltigen Schritt nach vorne machen, um konkurrenzfähig zu sein. Der Trainer hat allerdings den Vorteil, dass die Erwartungen in seine Mannschaft nicht unbedingt groß sind. Dennoch kann es sich auch der HCI nicht leisten, auf Dauer im Keller herumzukrebsen. Das bekannt kritische Publikum in Innsbruck will auch Siege sehen, ansonsten wird es schnell leer in der TIWAK Arena. Diesen Druck hat Naud dann doch, denn auch wenn man sportlich wohl eher nicht zu den Play Off Kandidaten zählt, finanziell darf man sich keinen Schiffbruch leisten. Naud sitzt entsprechend fest im Sattel und hat gezeigt, dass er seine Mannschaft gut im Griff hat. Der Meistertitel in der Nationalliga war überzeugend und sehr klar, der Schritt eine Spielstufe höher eigentlich ein logischer. Der HCI ist aber vom letzten Jahr erfolgsverwöhnt und eines ist sicher: was in der Nationalliga so einfach erschien, wird ab sofort um ein Vielfaches schwieriger.
Bewertung: 3 von 5 Punkten
Gesamtwertung: 11 von 20 Punkten
###Die Zwischenwertung in der HF.at Kaderbewertung:
1. Olimpija Ljubljana 11,0 Punkte
2. HC TWK Innsbruck 8,5 Punkte
Morgen geht es weiter mit Teil 3 in unserer Serie mit den Graz 99ers.