Als Kandidat fürs Mittelfeld waren die Black Wings in die Saison gestartet und wollten einfach nur ums Play Off mitspielen. Doch es wurde mehr daraus: der zweite Meistertitel. Die Geschichte eines Märchens, das damit begann, dass man einen Trainer entließ und sich von 13 Spielern trennte.
Im Februar 2011 standen die Black Wings vor einer schweren Entscheidung: Neuanfang, oder auf absehbare Zeit mit einer guten, aber nicht meistertauglichen Mannschaft weiter machen. Der Verein, der im Jahr 2003 die einzige Meisterschaft gefeiert hatte, entschied sich für den schwierigeren Weg und krempelte alles um. Bereits im Februar saß mit Rob Daum ein Trainerkandidat in den Zuschauerrängen und beobachtete die letzten Partien der Black Wings. Er wollte sich direkt vor Ort ein Bild machen und die Leute im Verein kennen lernen. Ein Vorgeschmack dessen, was folgen sollte, denn Daum ist ein absoluter Perfektionist, der von allen Beteiligten volle Professionalität fordert.
Der bis dahin in Europa völlig unbekannte Trainer einigte sich mit den Black Wings auf einen Dreijahresplan, mit dem man sich stufenweise an die Ligaspitze zurück arbeiten wollte. Die ersten Entscheidungen waren sehr schwere, denn es hieß, sich von vielen Spielern zu trennen. Daum hatte einen Plan und suchte gemeinsam mit Manager Perthaler und Präsident Freunschlag nach den Spielern, die in sein System passen.
Insgesamt 13 neue Cracks wurden an die Untere Donaulände in Linz geholt und schon bevor auch nur ein Schweißtropfen in der Saison zu Boden fiel, wussten die Spieler, was sie erwarten würde. Daum hatte sie alle kontaktiert - telefonisch, persönlich oder via Mail – und ihnen seine Erwartungen mitgeteilt. Ganz oben auf der Liste: absolute Professionalität. Diese Einstellung zeigte seine Mannschaft dann vom ersten Training weg und färbte auch rundherum im ganzen Verein ab. Es wurde viel geändert, die Infrastruktur mit den vorhandenen Mitteln verbessert, was bis ganz tief in die Vereinsorganisation hinein Wirkung zeigte. Alle Beteiligten zogen an einem Strang, wobei Rob Daum immer betonte, dass dabei selbstverständlich der von Beginn weg vorhandene Erfolg unglaublich geholfen hat. So akzeptierten einige langjährige Leistungsträger auch ihre neuen, vielleicht auch undankbareren Rollen. Kapitän Philipp Lukas rutschte in die vierte Reihe und wurde zum unermüdlichen Kämpfer und Arbeiter, auch in Unterzahl. Andere, wie Gregor Baumgartner, blühten auf.
Die fast perfekte Saison
Bereits in der Vorbereitung überraschten die Linzer mit einer lupenreinen Weste und verloren keine einzige Partie. Trotzdem hatte die Oberösterreicher keiner auf der Karte, wenn es um die Tipps für die Meisterschaft 11/12 ging. Zu viele Neue, zu viele Unbekannte und ein Trainer, der die Liga nicht kennt. Doch die Stahlstädter zeigten schon von Beginn weg das, was sie über die gesamte Saison so stark machte: eine kompakte und sehr ausgeglichen besetzte Mannschaft, offensiv wie defensiv stark und ein Trainer, der weiß, was er tut. Am 12. Oktober übernahmen die Black Wings schließlich die Tabellenführung und gaben sie nie wieder her.
„Ab Mitte Dezember hatten wir kaum mehr Druck“, gab Robert Lukas nach dem Sieg im fünften Finale dann doch zu. „Gut, wie mussten zwei drei Spiele angasen, aber wir kannten diese Drucksituationen vor den Play Offs nicht wirklich.“ Dass es nie langweilig wurde, dafür sorgten einerseits die Gegner, andererseits der Trainer. Rob Daum ist inzwischen bekannt dafür, dass kein einziges Training einem anderen gleich. Jeden Tag wird eine Kleinigkeit anders gemacht. Das hält die Spieler bei Laune und verhindert Abnutzungserscheinungen. Apropos Abnutzung: anders als andere Mannschaften waren die Oberösterreicher über weite Strecken auch von gröberen Ausfällen verschont und fixierten noch vor dem Jahreswechsel die Play Off Qualifikation. Als Nummer 1 ging es in die Zwischenrunde, mit den meisten erzielten Toren und der drittbesten Defensive der Liga. Ein Titelanwärter war geboren.
Die Konkurrenz wollte das aber noch immer nicht so recht glauben. Permanent wurde darauf verwiesen, dass irgendwann der Einbruch kommen würde – aber er kam nicht. Oder vielleicht doch, denn in der Platzierungsrunde waren die Black Wings nicht mehr ganz so souverän, beendeten diese aber trotzdem auf Rang 1. Bis zu den Play Offs hatten die Daum-Schützlinge nie mehr als drei Spiele in Folge verloren, was für eine Serie immer ein gutes Zeichen ist.
Doch dann kamen die Vienna Capitals. Die Viertelfinalserie wurde von den Cracks des Neo-Meisters auch als der Knackpunkt der Saison bezeichnet. „Immer dann, wenn es wirklich um was ging, hat meine Mannschaft ihr bestes Hockey gezeigt“, sagte Rob Daum vor dem entscheidenden siebten Spiel – und behielt recht. Im Halbfinale war Ljubljana kein echtes Problem und danach folgte eine Woche Pause. Wichtig, wie sich herausstellte, denn in dieser einen Woche ließ Rob Daum in den Trainings immer wieder eines trainieren: Defensive, Defensive, Defensive und schnelle Konter über zwei bis drei Stationen. Genau jenes Rezept, an dem Rekordmeister KAC dann im Finale zerbrach. Kleine Puzzlesteine wurden innerhalb von nur einem Jahr zusammengefügt und daraus ein großes Meisterbild geformt. Nicht mit dem größten Budget, aber mit Beharrlichkeit, Geduld und auch der nötigen Portion Glück.
Verdienter Meister mit Luxusproblemen
47 Siege und 20 Niederlagen – das ist die Saisonbilanz der Black Wings. Am Ende steht der zweite Meistertitel für die Oberösterreicher, die allerdings nun auch ein Problem haben. Die Mannschaft wird auf Grund der Erfolge zu teuer. Anders als in der Vergangenheit geht man aber auch hier mit besonnenem Kopf an die Sache heran. Es gibt ein Budget und den Wunsch, jeden Spieler zu halten. Praktisch jeder hat auch schon sein Angebot am Tisch, über gewisse Grenzen will und wird man aber nicht hinaus gehen.
Die wichtigsten Eckpunkte stehen aber bereits: Rob Daum hat noch einen laufenden Vertrag (mit Ausstiegsklausel für Nordamerika), Curtis Murphy ebenfalls noch für ein Jahr. Fragezeichen stehen hinter Veideman, Irmen und Ouellette, die finanziell mehr fodern und auch seit geraumer Zeit Angebote vorliegen haben. Sie alle sollen auch in der EBEL heiß begehrt sein, auf eine Preistreiberei will man sich in Linz aber nicht einlassen. Man hat nicht die finanziellen Möglichkeiten, wie die Großen der Liga – das weiß und akzeptiert man. Wenn es Abgänge gibt, dann wird man auch heuer wieder versuchen, die Kontakte zu nützen und sich mit jenen Spielern zu verstärken, die bereit sind, das System von Rob Daum mitzutragen. Aber selbst wenn die Mannschaft exakt so zusammen bleibt, wie sie sich derzeit präsentiert, haben die Stahlstädter 1,5 Punkte zu viel am Spielbericht der nächsten Saison. Somit wird es den ein oder anderen Einschnitt geben (müssen).
Mit einem Dreijahresplan ist Rob Daum gekommen, jetzt hat er im ersten Jahr alles erreicht, was es zu erreichen gibt und seine Black Wings zum Titel geführt. Nach der Saison ist vor der Saison und wer den Kanadier kennt weiß, dass er spätestens heute darüber nachdenkt, wie es 2012/13 weiter gehen kann. Der ewige Gentleman, der nie ein böses Wort über Einzelspieler auslässt und von den Mitbewerbern immer mit Respekt spricht hat zudem noch immer ein Ziel in dieser Saison: gemeinsam mit Manny Viveiros und Finalgegner Christian Weber steht er demnächst auf der Bank beim Team Austria. Der erste WM Einsatz steht am Programm.