Dieter Werfring nicht mehr U20 Teamtrainer
-
marksoft -
30. September 2011 um 07:55 -
4.630 Mal gelesen -
0 Kommentare
Mit einem neuen Trainer geht das österreichische U20 Nationalteam in die neue Saison. Christian Weber wird das Amt neu übernehmen, Dieter Werfring hat das Angebot als Co-Trainer weiter zu arbeiten dankend abgelehnt und wandte sich mit einem offenen Brief an den ÖEHV, Vereine und ausgesuchte Medien.
Nicht nur beim A-Nationalteam gibt es Änderungen in der Personalstruktur, auch das U20 Team ist davon betroffen. Auf Wunsch von Nationaltrainer Manny Viveiros wird der Schweizer Christian Weber das Amt des U20 Cheftrainers übernehmen und beerbt damit Dieter Werfring. Dieser hatte zwar das ÖEHV Angebot, als Co-Trainer weiterhin beim Junioren-Nationalteam dabei zu sein, lehnte dieses aber ab.
Der Linzer Nachwuchsleiter Dieter Werfring hatte im Sommer mit einem offenen Brief zur Nachwuchsarbeit in Österreich für Aufsehen gesorgt und bedankte sich auch nun mittels Mail bei seinen Wegbegleitern der letzten Jahre. „Es war mir stets eine Ehre Österreich auf internationaler Bühne vertreten zu dürfen und das Erklingen der österreichischen Bundeshymne und die Erinnerung an die glücklichen und stolzen Gesichter der Siegesmannschaft des Jahrganges 89 und 90 beim Aufstieg in die Weltelite in Dänemark bereitet mir heute noch Gänsehaut“, so Werfring in einer Stellungnahme.
„In den letzten 100 Jahren ist die U20 nur drei Mal aufgestiegen. Ein Aufstieg fällt in meine Ära als Assistant Coach und ein Aufstieg fällt in meine Zeit als Head-Coach. Wenn sich der Verband die Situation von jungen österreichischen Spielern in den letzten Jahren in Bezug auf Entwicklung (Nichtberücksichtigung in EBEL oder A Nationalmannschaft, Streichung von wichtigen Vorbereitungsphasen, usw.) einmal wirklich realistisch vor Augen hält, dann kann er die abgelieferten Leistungen der U20-Nationalmannschaften der letzten Jahre eigentlich nur mit Respekt begegnen. Nun wird die U20 in den Topf der erschreckenden Leistung der A-Nationalmannschaft 2010/2011 und jener der jeweils jüngeren Jahrgänge geworfen, was ich keinesfalls nachvollziehen kann, denn auf die U20 und ihr Betreuerteam war international immer Verlass, auch wenn uns der Weg zu einer WM immer schwerer gemacht wurde. Der Verband hat die Leistungen der U20 Nationalteams leider nicht bemerkt. Wenn seitens des Verbandes der Verbleib in der Elite gefordert und das österreichische Eishockey grundsätzlich verbessert werden sollte, so müssen die Strukturen von heute auf morgen umgestellt werden“, lässt Werfring aber auch im Abschied seine Kritik nicht leiser werden.
Der Trainer des Linzer Farmteams und Nachwuchsleiter bei den Black Wings fordert weiterhin den Einsatz von hauptamtlichen österreichischen Nachwuchstrainern im Verband und Vereinen, die zuvor bestens ausgebildet worden sind. Dabei ist er sich allerdings bewusst, dass die Vereine und der ÖEHV dafür richtig viel Geld in die Hand nehmen müssten. In Schweden wird laut Aussagen Werfrings alleine für das U20 Nationalteam eine Million Euro investiert.
„Ich möchte keinesfalls den Eindruck erwecken, dass ich mich gegen Veränderungen und Strukturverbesserungen stelle, zumal ich diese selbst schon seit Jahren einfordere. Einmal mehr wird mir aber nun bewusst, dass Engagement eines österreichischen Trainers im eigenen Land keinen Wert hat bzw. in uns kein Vertrauen – zumindest in Führungspositionen - gesetzt wird. Der Großteil der Trainer nimmt sich Urlaube und opfert viel Freizeit, um den österreichischen Elitenachwuchs ab U12 in den Sommercamps und bei diversen Turnieren zu betreuen. Einige dieser Trainer hätten sich Anerkennung für ihre Arbeit verdient“, so Werfring weiter.
Werfring betont, dass er die Bestellung von Manny Viveiros und Rob Daum als Teamtrainer der A-Nationalmannschaft sehr gut findet und begrüßt, gleichzeitig kritisiert er aber die Entscheidung hinsichtlich des U20 Teams. „Unsere internationalen Kollegen sind sicher fachlich top und sie könnten uns wichtige Inputs geben. Ob sie aber nach wenigen Monaten oder 2-3 Jahren Tätigkeit im österreichischen Nachwuchseishockey alle relevanten Daten und Fakten kennen, wirft für mich große Fragen auf.“
Nachwuchsarbeit kritisiert
„Unsere besten Jungprofis, die aktuell in der EBEL in den diversen Stammkadern vorzufinden sind, kommen vorrangig aus den Nationalligavereinen. Wenn wir ab der U16 schon die Legionärsbeschränkung aufheben, um damit die Nachwuchs-Liga auf ein hohes Niveau zu stellen, dann hungern wir im Laufe der Jahre zwangsläufig genau diese Vereine aus. Ich bin der Ansicht, dass junge Spieler immer früher ihre Stammvereine verlassen werden, weil sie sich in den EBEL-Vereinen mehr Chancen auf Entwicklung ausrechnen“, prognostiziert Werfring eine sich bereits jetzt schon andeutende Entwicklung. „Herburger, die Geiers, Swette, Wolf, Spannring, Heinrich, Hofer, usw. kamen „fast fertig entwickelt“ aus der Nationalliga. Sie alle haben die österreichische Nachwuchsliga durchspielt. Die Sinnhaftgkeit einer legionärsoffenen U16- bis U24-Liga ist für mich nicht nachvollziehbar. Wo liegt der Sinn, dass ich die Nationalligavereine ausrotte und dafür eine legionärsstarke U24 ins Leben rufen?“
Damit spricht Werfring den Plan an, dass es ab der kommenden Saison unter anderem eine neu geschaffene, länderübergreifende Nachwuchsliga geben soll. An dieser würden dann unter anderem auch die Farmteams, die aktuell in der Nationalliga agieren, mitspielen und damit die Nationalliga wieder unter Druck setzen.
„Zu glauben, dass Österreich junge top-Talente aus dem Ausland anziehen kann, liegt falsch. Wer im eigenen Land top ist, wird dort bleiben und nicht nach Österreich wechseln. Als ehemaliger Nationalteamcoach ist für mich das Interesse an österreichischen Spielern vorrangig, nicht die Entwicklung von internationalen Spielern“, spricht Werfring etwas an, das schon im Zusammenhang mit dem Entwicklungsmodell der Red Bulls heiß diskutiert wurde. „Nur zur Erinnerung: Kalt jun, Koch, Brandner, Grabner, Nödl, Rotter, die Raffls, Heinrich, Wolf, Hofer, und viele andere – alle haben die so schlechte österreichische Nachwuchsliga durchwandert und erst im Alter U18 oder sogar noch später den nächsten Schritt gewagt“, zeigt Werfring auf.
Der Trainer fordert vielmehr, dass man mehr echtes Interesse in die Nachwuchsarbeit steckt und die Talente im Stammverein fördert und entwickelt. Dann würde man keine neuen Nachwuchsligen kreieren müssen. „Warum will Österreich mit aller Gewalt das Eishockey neu erfinden“, fragt sich Werfring. „Man träumt von Legionärsöffnung im Nachwuchs, ignoriert aber die wichtigsten Entwicklungsjahre bis zur U13. Jahre, in denen Kinder am lernfähigsten sind lassen wir außer Acht. Wir erfahren und sehen aber selbst, wer zumeist in den Vereinen bis zur U13 als Ausbilder eingeteilt ist: Leute, die zwar engagiert und guten Willens sind, aber selbst dringend Ausbildung nötig hätten!“
Werfring selbst will sich nach seiner Entscheidung, nicht als Co-Trainer für das U20 Team zur Verfügung zu stehen verstärkt fachlich und persönlich weiter entwickeln und den Fokus weiter auf den Nachwuchs in Linz legen.