Kaderbewertung: Die große Unbekannte kommt aus Znaim
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marksoft -
7. September 2011 um 08:00 -
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Es war eine der Überraschungsmeldungen des Sommers, als bekannt wurde, dass der tschechische Zweitligist HC Orli Znojmo in die EBEL kommt. Die Südmähren sind nicht nur das 11. Team der Liga, sondern auch das erste aus einem der bedeutendsten Eishockeymärkte der Welt. Und sie sind das große Fragezeichen für die kommende Saison. Was kann man von den Adlern erwarten?
Znojmo (Znaim) liegt in südmähren, direkt an der Grenze zu Niederösterreich und hat eine lange Stadtgeschichte. Auch was Eishockey betrifft kann die 36.000 Seelen-Stadt auf eine langjährige Tradition verweisen. Seit 1933 wird in Znaim Eishockey gespielt, von 1999 bis 2009 sogar in der höchsten Liga des Landes, der Extraliga. Danach mussten die „Adler“, wie das Team genannt wird, aus finanziellen Gründen ihre Lizenz verkaufen und gingen in die zweithöchste Spielklasse Tschechiens.
Dort wurde die Mannschaft, die traditionell in rot/weiß spielt, aber nicht wirklich glücklich und suchte daher nach Alternativen. Nach Platz 7 und 6 in den letzten beiden Jahren und dem jeweiligen Viertelfinalaus in den Play Offs wollten die Adler der Region und den Spielern Perspektiven bieten, ohne sich dabei in das finanzielle Abenteuer einer Extraliga-Rückkehr begeben zu müssen. Hinter vorgehaltener Hand wird gemunkelt, dass die Adler finanziell angeschlagen sind und auf Grund der fehlenden Attraktivität der zweiten tschechischen Liga dort nicht überleben könnten. Also ist der Gang in die EBEL so etwas wie ein „letzter Versuch“, sich in einer höherklassigen Liga zu etablieren.
###Die Ausgangslage
Anders als noch vor ein paar Jahren, als Orli Znojmo das älteste Team der Extraliga gestellt hat, baut die Vereinsleitung auf eine junge Mannschaft. Auch auf Legionäre wird größtenteils verzichtet, der Großteil des Teams besteht aus Tschechen, die in unserer Liga (noch) unbekannt sind. Daher ist eine Einschätzung der Tschechen auch nicht einfach, doch eines darf man diese Mannschaft auf keinen Fall: unterschätzen!
Traditionell wird in Tschechien auch in der zweiten Liga durchaus anspruchsvolles, technisches Eishockey gespielt. Der Hauptunterschied zur EBEL ist, dass man in Tschechien keinen bzw. kaum einen Leistungsabfall zwischen den einzelnen Reihen erkennen kann. Das versucht man auch beim Team von Trainer Karel Soudek, der selbst davon spricht, dass dieses erste EBEL Jahr eine Lernerfahrung sein wird. Dennoch ist davon auszugehen, dass sich das junge Team aus Znaim um einen Platz um den ohnehin schon schwer umkämpften Play Off Strich einfinden wird. Der Kader ist groß und die Mischung aus sehr jungen Spielern, zusammengespannt mit erfahrenen Cracks wirkt überzeugend. Fraglich ist jedoch, wie die Adler mit der Spielweise in der EBEL Liga zurecht kommen werden. Hier wird doch körperlich robuster agiert, um nicht „schmutziger“ zu sagen. Und auch die Referees werden es den Tschechen schon bald „angetan“ haben – die Regelauslegung in der EBEL wird ja ohnehin schon heftig kritisiert und ein zusätzlicher nicht-österreichischer Verein stärkt auch den Status der anderen Teams, die sich vom rot-weiß-rot beherrschten Schiedsrichterwesen nicht immer gut behandelt fühlten.
HF.at Prognose: Platz 8 bis 11
###Kaderbewertung Orli Znojmo – Torhüter und Abwehr:
Torhüter:
Bereits im Tor setzt Znojmo auf einen Mix aus alten und jungen Kärften. Der 35-Jährige Lukas Sablik soll die Nummer 1 bilden und mit seiner langjährigen Erfahrung, die bis auf Extraliganiveau reicht dem Team ein starker Rückhalt sein. In der letzten Saison spielte Sablik einige Partien in der Extraliga, konnte dort mit einer Fangquote von nicht einmal 89% aber nicht überzeugen. Dass er es besser kann zeigte er in den Saisonen zuvor und daher war er ein Wunschkandidat der Adler für ihre Nummer 1. Mit seinen Körpermaßen von 191 cm und 94 kg ist Sablik für einen Goalie sehr groß und schwer, was zu Gunsten der Beweglichkeit geht.
Hinter dem Oldie rittern sich zwei Youngsters um den Posten der Nummer 2. Der 21-jährige Filip Landsman gilt dabei als Riesentalent, das er in der letztjährigen zweiten Liga Tschechiens unter Beweis gestellt hat. Er wird auch den Backupposten übernehmen und mit Sicherheit einiges an Eiszeit erhalten, denn in Tschechien weiß man üblicher Weise, mit Rohdiamanten umzugehen. Die Nummer 3, Ondrej Kacetl sollte nur im Notfall zum Einsatz gelangen. Allgemein ein sehr spannendes Duo, dem es zur Spitzenklasse in der EBEL aber doch fehlen dürfte.
Bewertung: 3 von 5 Punkten
Abwehr:
Auf eine Gruppe von nicht weniger als 12 Verteidigern können die Tschechen für ihre EBEL Premierensaison zurück greifen. Nicht weniger als sieben Abwehrspieler sind noch keine 23 Jahre alt, was das Team aus Znaim als unerfahren und in der Abwehr körperlich auch nicht so präsent, wie in der EBEL üblich, erwarten lässt. Mit Jiri David, Tomas Klimes und Lubomir Vosatko hat man aber einige Leitspieler im Kader, die den jungen Cracks zeigen sollen, wie man sein Handwerk verrichtet. Sie bringen auch die körperlichen Voraussetzungen für diesen Job mit, als Offensivgefahr darf man aber auch sie nicht erwarten. Diesen Part sollen die beiden Slowaken Martin Skadra und Lubomir Stach übernehmen und dem Spiel aus dem Defensivdrittel heraus die nötige Ruhe geben. Der Kader ist sehr breit aufgestellt, besonders tief wirkt er trotz aller Unbekannten nicht. Und es bleibt auch abzuwarten, inwieweit diese Abwehr dem robusten Spiel in der EBEL standhalten kann.
Bewertung: 2,5 von 5 Punkten
###Kaderbewertung Orli Znojmo – Angriff und Trainer:
Angriff:
Besonders spannend wird es sein, die junge Mannschaft aus Znaim bei ihren Angriffsbemühungen zu beobachten. Das tschechische Eishockey gilt bekanntlich als sehr kreativ und technisch und offensiv stark. Hier darf man sich einen kleinen „Kulturschock“ in der kanadisch geprägten EBEL erwarten. Angeführt wird der Sturm der Adler von Legende Peter Pucher, der eine echte Führungspersönlichkeit ist. Der Slowake hat mehr als 500 Partien in der tschechischen Extraliga in den Beinen, war bei sieben WM Turnieren und bringt es auch in der Slowakei auf fast 400 Ligaspiele. Der Mann mit den weißen Handschuhen (sein Markenzeichen) ist der klare Leitwolf für ein junges Team und gleichzeitig auch der einzige Legionär im Sturm. Neben Pucher gibt es einige weitere altgediente Cracks, die allesamt das Zeug zu guten Scorern in der Erste Bank Eishockey Liga haben. Vladimir Riha brachte es in der letzten Saison in Tschechien auf fast einen Punkt pro Partie und kann wie auch Ales Stanek oder Tomas Radecky auch die Arbeit in einer Linie verrichten. Eine herausragende Persönlichkeit wird auch Petr Kanko im Team der Südmähren sein. Der ehemalige NHL Crack gilt zwar nicht gerade als Superscorer, doch auch er ist ein zuverlässiger Allrounder, der in der Pre-Season auch sehr erfolgreich im Torabschluss war. Ansonsten baut man bei den Adlern auch hier auf eine junge, hungrige Truppe, die mit viel Tempo agieren wird. Eine Sonderstellung nimmt Radek Haman ein. Der 41-Jährige (!) ist in Znaim eine Legende und konnte sogar in der letzten Saison noch in der Extraliga Eiszeit sammeln. Der 69er-Jahrgang ist gleichzeitig auch das älteste Mitglied der Mannschaft.
Bewertung: 3 von 5 Punkten
Trainer:
Karel Soudek ist in Österreich kein Unbekannter, denn der mittlerweile 47-Jährige spielte in den 90er Jahren für insgesamt fünf Saisonen beim damaligen EC Graz. Der als Aktiver in der Defensive agierende Tscheche geht in sein zweites Jahr als Cheftrainer in Znojmo und bleibt damit jenem Verein treu, bei dem er von 1999 bis 2005 auch seine Karriere ausklingen ließ. Soudek weiß um die nicht immer einfache Situation in Znaim Bescheid und nimmt sich hier auch kein Blatt vor den Mund. Die EBEL dürfte die letzte n Chance für eine „Kampfmannschaft“ in Znojmo sein und entsprechend engagiert wird seine Mannschaft ans Werk gehen. In den letzten Wochen hat Soudek versucht, sein Team auf das härtere und intensivere Eishockey in der EBEL vorzubereiten und auch wenn er erst über wenig Trainererfahrung verfügt, ist er im Team respektiert und angesehen. Man darf gespannt sein, ob er es schafft, die Tschechen an die doch etwas höhere Leistungsstufe in der Erste Bank Eishockey Liga heranzuführen – das Material mit dem entsprechenden Potential steht ihm zur Verfügung. Ganz nach vorne braucht er sich nicht zu orientieren. Die Gegner kommen aus Jesenice, Laibach, Szekesfehervar…
Bewertung: 3,5 von 5 Punkten
Gesamtwertung: 12 von 20 Punkten
###Die Zwischenwertung in der HF.at Kaderbewertung:
1. KAC 17,0 Punkte
1. Vienna Capitals 17,0 Punkte
3. Black Wings Linz 16,5 Punkte
4. Medvescak Zagreb 14,5 Punkte
5. VSV 14 Punkte
6. Graz 99ers 12,5 Punkte
7. Olimpija Ljubljana 12 Punkte
7. Orli Znojmo 12 Punkte
9. Alba Volan 11,5
10. HK Jesenice 8 Punkte
Morgen geht es weiter mit dem letzten Teil in unserer Serie weiter: mit Titelverteidiger Red Bull Salzburg.