Kaderbewertung: Jesenice – der Prügelknabe mit Ansage?
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marksoft -
6. September 2011 um 08:00 -
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Keine andere Mannschaft hat in den letzten Wochen so viele Schlagzeilen verursacht wie der HK Jesenice. Die Slowenen bauten zuerst eine Mannschaft für 2011/12 zusammen, um dann einen Großteil der Legionäre in einer spektakulären Aktion wieder gehen zu lassen. Die Umstände sind etwas undurchsichtig, doch jetzt hat man ein Team, das derzeit nicht konkurrenzfähig ist.
Ein Legionär nach dem anderen hat vor wenigen Tagen den HK Jesenice wieder verlassen und dabei nicht mit abfälligen Bemerkungen und Vorwürfen gespart. Unprofessionell sei das Umfeld in Krain, dazu die finanzielle Gebarung der Slowenen nicht wirklich vorbildhaft. Das lässt sich von außen nur schwer abschätzen, da aber solche Abgänge in der Vergangenheit immer wieder vorkamen und es dieses Mal gleich fast alle Fremdarbeiter betraf wird wohl ein Fünkchen Wahrheit dahinter stecken.
Jetzt steht man bei den Slowenen mit den Folgen dieses Tohuwabohus im EBEL Spätsommer da. Ohnehin schon in der letzten Saison das schlechteste Team der Liga droht nun der völlige Absturz. Auch wenn die Testspielergebnisse eine andere Sprache sprechen, es steht eine schwere Saison bevor – sportlich, wie auch finanziell. Schon vor dem Aderlass durch die Legionäre hatte Jesenice mit einigen Problemen zu kämpfen: die begeisternde Youngsterlinie des Vorjahres hat die Slowenen in Richtung Ausland verlassen und damit ein Loch hinterlassen, das sich nicht so einfach stopfen lässt.
###Die Ausgangslage
Am Ende der letzten Saison war Jesenice doch wieder das schlechteste Team der EBEL und verpasste ein weiteres Mal die Play Offs. Dennoch hinterließen die Slowenen ein durchwegs positives Bild, denn trotz deutlicher finanzieller Nachteile hatte man eine junge Truppe zusammen gebaut, die sich in die Herzen der Fans quer durch die Liga spielen konnte.
Statistische Fakten 10/11:
Power Play: 20,00% (6.)
Penalty Killing 73,95% (10.)
Fairplay 17,06 Min/Sp (3.)
Shorthander 4 (8.)
Scoring Effizienz 8,84% (9.)
Goalkeeping 86,85% (10.)
Tore geschossen: 161 (9.)
Tore erhalten: 196 (8.)
Ein riesiges Problemfeld der letzten Saison war die Position des Torhüters. Keine andere EBEL Mannschaft kassierte so viele unnötige Gegentore und konnte auf eine so schlechte Torhüterstatistik verweisen, wie die Krainer. Der HKJ hing darüber hinaus offensiv zu viel von seiner ersten Linie rund um Ticar, Sabolic und Jeglic ab – dahinter fielen alle anderen Stürmer, inklusive der Imports, deutlich ab. Dass diese drei bei allem Spielwitz auch schon einmal die Defensive vernachlässigten wurde toleriert, solange sie nur trafen. Insgesamt waren die Slowenen aber hinten zu anfällig und vorne zu leicht auszurechnen.
Nach den Problemen mit den Legionären (siehe oben) geht man mit einem stark reduzierten Kader in die Saison 2011/12. Der Vorteil des HKJ dabei: beim diesjährigen Modus ist es völlig egal, wie man im Grunddurchgang abschneiden, in der Zwischenrunde muss man dann da sein. Und mehr als die untere Gruppe dieser Meisterschaftsphase wäre für den HK Jesenice wohl ohnehin nicht möglich gewesen. Daher ist zu erwarten, dass die Krainer in den ersten 40 Runden viel Lehrgeld zahlen müssen und am Ende ganz unten in der Tabelle stehen werden. Gelingt es ihnen dann, entsprechende Legionäre zu finden und diese auch in ein bestehendes Team einzubauen, dann sollte man zumindest in der Zwischenrunde kein Prügelknabe sein. Derzeit ist das leider von diesem Team aber zu erwarten, denn im aktuellen Kader fehlt es an allen Ecken und Enden.
HF.at Prognose: Platz 8 bis 11
###Kaderbewertung HK Jesenice – Torhüter und Abwehr:
Torhüter:
Abgänge: Mitch O'Keefe, Alexander Petrov, Jaako Suomalainen
Zugänge: Gasper Kroselj
Eine einzige Problemzone war das Tor des HKJ in der vergangenen Saison. Mit Abstand die schlechteste Fangquote aller EBEL Teams, dazu alle eingesetzten Goalies in den hinteren Regionen der Wertung – das war definitiv nicht der Rückhalt, den ein ohnehin schmal aufgestelltes Team benötigt. Erst als der Tscheche Michal Fikrt ins Team geholt wurde, ging es aufwärts. In der slowenischen Meisterschaft hatte der Goalie dann sogar Fangquoten von um die 95% aufzuweisen und wurde prompt auch mit einem neuen Vertrag ausgestattet. In der EBEL absolvierte der Tscheche im Vorjahr 20 Einsätze und kam dabei auf eine Savespercentage von 89,98% - auch das kein mitreißender Wert, aber zumindest so zufriedenstellend, dass man Fikrt weiter vertraut. Als zweiter Mann neben Fikrt holten die Slowenen Gasper Krioselj, der zuletzt in Zagreb nicht überzeugen konnte und fast fünf Gegentore pro Auftritt kassierte. Dieses Duo soll nun also die Kohlen aus dem Feuer holen, einen richtigen „Winning-Goalie“ hat man bei den Slowenen aber erneut nicht und es wäre kein Wunder, würden die Krainer auch heuer mit dem „lustigen“ Torühtertauschen fortfahren.
Bewertung: 2 von 5 Punkten
Abwehr:
Abgänge: Mitja Robar, Doug Nolan, Eric Werner, Gasper Susanj, Jason Beckett, Wade Skolney, Anze Zupancic.
Zugänge: Luka Tosic, Andrej Tavzelj, Ziga Grahut, Martin Tuma, Nejc Berlisk,
Was für die Torhüter galt, muss auch für die Vorderleute gelten: der HK Jesenice konnte in der Abwehr ganz und gar nicht zufrieden sein und blickt dennoch in eine noch ungewissere Zukunft. Ein Großteil der besseren Verteidiger hat den Verein verlassen, derzeit verfügt man nur über eine sehr junge Defensive (knapp 23 Jahre Durchschnittsalter), in der die Leaderfiguren fast vollständig fehlen. Der Tscheche Martin Tuma ist der einzige Leginär in der Abwehr und ist nicht gerade als großartiger Scorer bekannt. Seine Stärken liegen im Spiel nach hinten, was Jesenice ohnehin auch benötigen würde. Doch mit dem aktuellen Defensivkader fehlt es fast vollständig an Offensivverteidigern. Die besten drei Punktesammler der letzten Saison haben die Slowenen inzwischen verlassen, Ersatz gibt es derzeit dafür noch keinen. Also wird man sich bei den Krainern verstärkt um Defensivaufgaben kümmern müssen – was angesichts der Unerfahrenheit und den Leistungen der letzten Saison ohnehin schon des Guten zu viel an Anforderung sein könnte.
Bewertung: 1,5 von 5 Punkten
###Kaderbewertung HK Jesenice – Angriff und Trainer:
Angriff:
Abgänge: Rok Ticar, Robert Sabolic, Ziga Jeglic, Brett Lysak, Marc Cavosie, Peter Bizalj, Mike Bayrack, Toni Dahlman, Nik Lahajnar.
Zugänge: Jaka Ankerst, Jan Bercic, Lukas Hvila, Marcus Olsson, Antti Pusa, Patrick Bergström.
Intensiv von der Abwanderungswelle an Legionären war zuletzt vor allem der Angriff der Slowenen betroffen. Hier hatte man sich mit einigen Nordamerikaner verstärkt, steht jetzt aber fast ohne Fremdarbeiter da. Mit Patrik Bergström Marcus Olsson und Antti Pusa hat man drei Skandinavier im Team, die wohl die Führungsrolle bei den Krainern übernehmen sollen. Der Slowake Hvila dürfte ein anständiger Scorer sein und somit sollten die Krainer mit diesen Legionären zumindest einen Rahmen für zwei anständige Angriffslinien finden können. Der 22-Jährige Ankerst gilt als großes Talent, das es nun zu pflegen gilt. Dennoch scheint derzeit kein Ersatz für die in der Vorsaison alles überstrahlende erste Linie Ticar, Sabolic, Jeglic zu geben. Diese drei Spieler alleine zeichneten sich für nicht weniger als 71 Tore verantwortlich – das sind fast die Hälfte aller erzielten Treffer! So eine Linie muss man erst einmal ersetzen, was derzeit nicht gelungen ist. Somit dürfte man auch im Angriff nicht mehr so gefährlich sein, wie noch vorige Saison. Die Neuzugänge sind zwar kompakt, aber deutlich weniger durchschlagskräftig als die letztjährigen Youngsters, die sich inzwischen allesamt ins Ausland verabschiedet haben. 14 Stürmer hat der HKJ derzeit unter Vertrag – und kein einziger davon ist ein echter Top-Scorer. Das kann nur gut gehen, wenn man mit drei bis vier annähernd gleich starken und gleich effizienten Linien auftreten kann. Auch das ist nicht zu erwarten und somit ist eine ohnehin schon sehr schmale und dadurch wenig konkurrenzfähige Offensive für die neue Saison deutlich schwächer geworden.
Bewertung: 2 von 5 Punkten
Trainer:
Abgang: -
Zugang: -
Der Finne Heikke Mälkia hat keine einfache Aufgabe: er muss sich in Jesenice nicht nur um die sportlichen Belange kümmern, sondern hat zudem noch ein sehr ungewisses Umfeld zu handhaben. Da baut er im Sommer eine Mannschaft auf, der man doch zugetraut hatte, dass sie das Loch nach vorne verkleinern kann und dann verlassen nur wenige Wochen vor Saisonstart fast alle Legionäre das schwankende Schiff. Jetzt verfügt Mälkia im besten Fall über einen Rumpfkader, der nicht EBEL-tauglich wirkt. Von Play Offs zu träumen ist mit dieser Mannschaft vermessen, auch wenn sich Jesenice in der Pre-Season in perfekter Frühform befunden hat. Aber das kennt man aus den letzten Jahren – und irgendwann wird der Absturz kommen. Mälkia selbst verrichtet mit dem vorhandenen Material in Jesenice sehr gute Arbeit. Man kann ihm nicht absprechen, dass er es schon in der letzten Saison geschafft hat, aus einer Durchschnittstruppe eine teilweise herzerfrischende Mannschaft zusammen zu stellen, die sich zudem auch in der kanadisch geprägten EBEL wohltuend in Sachen Spielsystem von der Konkurrenz abhebt. Auf Dauer wird das aber zu wenig sein und auch wenn der Erfolgsdruck in Jesenice ohne Frage noch nie so gering war wie vor dieser Saison, Siege will man unter Fans, Medien und auch im Verein sehen. Gelingt das nicht, wird Mälkia die unsicheren Verhältnisse bei den Krainern noch intensiver kennen lernen.
Bewertung: 3 von 5 Punkten
Gesamtwertung: 8 von 20 Punkten
###Die Zwischenwertung in der HF.at Kaderbewertung:
1. KAC 17,0 Punkte
1. Vienna Capitals 17,0 Punkte
3. Black Wings Linz 16,5 Punkte
4. Medvescak Zagreb 14,5 Punkte
5. VSV 14 Punkte
6. Graz 99ers 12,5 Punkte
7. Olimpija Ljubljana 12 Punkte
8. Alba Volan 11,5
9. HK Jesenice 8 Punkte
###Die Ewigen Rivalen von Thomas Vnuk(Gast) auf eishockeyexperten.at
Morgen geht es weiter mit Teil 10 in unserer Serie mit Orli Znojmo.