Kaderbewertung: VSV – mit alten Tugenden zurück zum Erfolg
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marksoft -
1. September 2011 um 08:00 -
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Es ist frustrierend für einen Traditionsverein wie dem VSV. Da strampelt man sich jedes Jahr ab, spielt aber nie eine herausragende Rolle und weiß genau, dass man mit den finanziell potenteren Teams nicht mithalten kann. Jetzt sollen es die typischen VSV Eigenschaften richten und die Villacher näher an die Großen heran bringen.
Zumindest das Halbfinale haben die Villacher Adler in der letzten Saison erreicht und damit die in den vergangenen Jahren oft unüberwindbare Hürde Linz übersprungen. Dass im Halbfinale ausgerechnet Erzrivale KAC besser war tat dem blau-weißen Herz gleich doppelt weh. Nach einigen wichtigen Abgängen waren auch die Villacher zu einem Umbau im Team gezwungen. Trainer bleibt weiterhin Mike Stewart, der im Verlauf der letzten Saison das Amt von Johan Strömwall übernahm.
###Die Ausgangslage
Im Schatten des finanziell besser ausgestatteten KAC, der Vienna Capitals und Meister Salzburg versucht der VSV seit Jahren, sich wieder an die Spitze der EBEL zu arbeiten. Dabei können die Adler nicht das große Geld ausgeben und versuchen, ihre Mittel möglichst schonend anzulegen. Das war auch vor der neuen Saison nicht anders und während man bei Konkurrenten bekannte Namen holte, fischen die Kärntner in unbekannteren Gewässern. Nach Abgängen von wichtigen Nachwuchsleuten (Raffl, Kristler) und dem Karriereende von Gert Prohaska müssen es nun neue Leute richten.
Statistische Fakten 10/11:
Power Play: 22,41% (4.)
Penalty Killing 78,51% (6.)
Fairplay 24,2 Min/Sp (10.)
Shorthander 6 (5.)
Scoring Effizienz 8,96% (8.)
Goalkeeping 90,73% (1.)
Tore geschossen: 180 (4.)
Tore erhalten: 167 (5.)
Traumhaft begonnen und dann stark nachgelassen – so kann man die Saison 10/11 für die Villacher Adler kurz zusammenfassen. Gegen Ende des Grunddurchgangs wirkten die Draustädter völlig am Ende und erst als Mike Stewart das Amt des Trainers übernahm ging wieder ein Ruck durch die Mannschaft. Der frühere eisenharte Verteidiger wird auch in der neuen Saison das Zepter schwingen und fordert von seiner Mannschaft genau jene Eigenschaften, die ihn selbst auch erfolgreich gemacht haben: hartes Spiel, viel Einsatz und unermüdlichen Kampfgeist.
In der letzten Saison waren die Kärntner rein statistisch gesehen in den meisten Kategorien ein Mittelständler. Nur eine Position ragt positiv heraus: die der Torhüter. Und auf der anderen Seite der Statistikmedaille steht eine Mannschaft, die zu viele Strafen nimmt und zu viele Chancen braucht, um zum Erfolg zu kommen.
Wie jedes Jahr tritt der VSV auch heuer wieder als krasser Außenseiter in den Ring und wird mit den vordersten Rängen wohl nichts zu tun haben. Gemeinsam mit einer große Gruppe von ungefähr gleich stark einzuschätzenden Teams werden sich die Adler um einen Mittelfeldplatz streiten und dabei nur ein Ziel haben: schon nach dem Grunddurchgang die Play Offs fixieren zu können.
HF.at Prognose: Platz 5 bis 8
###Kaderbewertung VSV – Torhüter und Abwehr:
Torhüter:
Abgänge: Gert Prohaska
Zugänge: Marco Wieser
Die Torhüter waren in der letzten Saison für den VSV die „Paradewaffe“. Keine andere Mannschaft in der Liga hatte ein derart ausgeglichenes Gespann zur Verfügung, wie die Villacher, was die Draustädter in der Torhütergesamtwertung auch auf Platz 1 brachte. Mit Bernhard Starkbaum verfügten die Kärntner zudem über den rein statistisch gesehen besten Goalie der Liga, der sich in den letzten Jahren im Schatten von Gert Prohaska zu einer echten Nummer 1 gemausert hat. In der vergangenen Spielzeit überflügelte Starkbaum sein Idol sogar und ist nun selbst der Starter für die Villacher. Wer in den letzten drei Jahren konstant um die 92% Fangquote aufzuweisen hatte ist ohne Frage einer der besten Goalies der Liga. In Villacher wird dieser Job darüber hinaus von einer körperlich sehr präsenten und kompromisslosen Abwehr erleichtert.
Hinter Starkbaum bekommt Jungtalent Marco Wieser nach zwei Jahren in Nordamerika seine Chance und wird mit Sicherheit auch Eiszeit erhalten. Der 20-Jährige gilt als die Zukunftshoffnung und wird von den Villachern bestimmt ähnlich besonnen aufgebaut werden, wie man das in der Vergangenheit mit seinen Torhüter gemacht hat. Ob man aber ein derart ausgeglichenes Duo zur Verfügung hat, wie mit Starkbaum/Prohaska darf zumindest in Frage gestellt werden. Eine Verbesserung ist also in diesem Bereich nicht zu erwarten, es würde angesichts der Leistungen des letzten Jahres aber ohnehin reichen, würde sich an den Statistiken beim Goaltending nichts ändern.
Bewertung: 4 von 5 Punkten
Abwehr:
Abgänge: Marvin Degon, Mike Martin, Marco Zorec
Zugänge: Craig Weller, Kevin Steiner.
Nur punktuell geändert hat man bei den Villachern die eigenen Abwehrreihen. Weiterhin spielt Gerhard Unterluggauer die Rolle des Anführers und hat mit dem launischen US Amerikaner Kevin Mitchell einen nicht immer einfachen Mitstreiter. Während Unterluggauer dank eines harten Schusses noch immer eine Offensivwaffe ist, konnte Mitchell das zuletzt nicht mehr so zeigen. Dafür war der Slowene Greg Kuznik eine sehr positive Überraschung und überzeugte mit konstant gutem und intelligentem Defensivspiel. Das ist auch die Heimat von Mario Altmann, der eine gute Saison in Villach spielte, Impulse nach vorne darf man sich von ihm aber ebenso wenig erwarten, wie von Stefan Bacher, Andreas Wiedergut oder Kevin Steiner. Diese drei sollen langsam in ihre Rollen wachsen und werden nach und nach mehr Verantwortung übernehmen. Einziger echter Neuzugang ist „Riese“ Craig Weller, der vor allem eines soll: das Körperspiel forcieren. Mit 193 cm Größe und über 100 kg Kampfgewicht wird er vor dem VSV Gehäuse gehörig aufräumen.
Im Vergleich zur direkten Konkurrenz scheint man bei den Adlern nicht ganz so tief besetzt zu sein und zudem werden die Defensivstars auch nicht jünger, einige davon wollen darüber hinaus kräftig intern mitsprechen, was es für einen Trainer nicht einfach macht. Ruhe im Team zu halten. Dazu aber bei der Trainerbewertung mehr.
Bewertung: 3,5 von 5 Punkten
###Kaderbewertung VSV – Angriff und Trainer:
Angriff:
Abgänge: Michael Raffl, Jonathan Ferland, Andreas Kristler, Josh Langfeld, Thomas Meinhard, Matt Ryan, Christoph Herzog, Kevin Essmann.
Zugänge: Nikolaus Hartl, Lynn Loyns, Pierre-Luc Sleigher, Kyle Wanvig, Marco Pewal
Schmerzhaft war der Aderlass in der Offensive des VSV. Mit Michael Raffl (26), Jonathan Ferland (18) und Josh Langfeld (17) alleine verlieren die Kärntner drei Stürmer, die sich für 61 erzielte Tore - und damit ein Drittel aller VSV Treffer – verantwortlich zeichneten. So etwas muss man erst einmal verkraften und daher lag das Hauptaugenmerk der Kärntner lange auf der Offensive. Hier hat man mit Niki Hartl ein großes Talent aus Zell/See geholt, das den Sprung in die EBEL Schaffen möchte und die Leistung eines Andreas Kristler vergessen lassen soll. Den Verlust von Michael Raffl versuchten die Villacher durch die Rückkehr von Marco Pewal zu kompensieren. Der Stürmer hat sich in den letzten Jahren in Salzburg zum Führungsspieler entwickelt und soll auch in seiner Heimat eine tragende Rolle spielen. Ferland und Langfeld waren ob ihrer teilweisen Demotivation stark kritisiert, gepunktet haben aber beide konstant. Das müssen die Neuzugänge Loyns, Sleigher und Wanvig erst einmal wiederholen. Zumindest Sleigher konnte in der zweiten deutschen Liga eine gute Statistik aufweisen, die beiden anderen „Neuen“ sind bislang nicht als große Torjäger aufgefallen. Daher wird auch in dieser Saison vieles von den alten Kräften rund um Roland Kaspitz & Co. abhängen. Doch auch der kleine Kaspitz braucht für sein Spiel einen entsprechenden Sturmkollegen, der seine Aufspiele verwandelt, denn ein echter Goalgetter ist auch er nicht. Derek Damon war in der vergangenen Saison ein zuverlässiger Scorer und ist neben dem immer zuverlässigen Tomaz Razingar der einzige Legionär, der im VSV Sturm verlängert wurde.
Wenn man finanziell keine großen Sprünge machen kann, dann ist man auf kleinere Schritte angwiesen. Ganz so tief wie bei einigen der Mitbewerber präsentiert sich der Kader der Draustädter nicht und es muss abgewartet werden, ob die Offensive ähnlich funktioniert wie in der letzten Saison. Es scheint an den torgefährlichen Spielern und an vier gleich starken Linien zu fehlen. Genau das macht den Unterschied zu den Großen in der Liga aus.
Bewertung: 3,5 von 5 Punkten
Trainer:
Abgang: -
Zugang: -
Schon kurz vor den Play Offs der letzten Saison übernahm Mike Stewart das Amt des Cheftrainers in Villach und fand sich plötzlich in einer unbekannten Position wieder. Doch der Wechsel tat dem Team gut, mit Stewart kam frischer Wind zurück, der immerhin für das Halbfinale reichte. Der Philosophie des VSV folgend wird Mike Stewart auch die Saison 11/12 das Traineramt beim Traditionsteam bekleiden. Seine Vorgaben scheinen logisch, sind genau das, wofür er als Spieler stand: hart spielen, physisch präsent sein und den Villacher Kampfgeist zeigen. Das hört sich recht gut an, aber am Eis sind auch andere Dinge gefragt und es wird sich zeigen, inwieweit Stewart als Taktiker glänzen kann. Die Erfahrung als Trainer fehlt im völlig und auch sein neuer „Co“ Günther Lanzinger kann hier nicht aushelfen. In der letzten Saison sollen auch einige Unruhestifter innerhalb der Mannschaft nicht ganz an der Demontage von Ex-Trainer Strömwall gewesen sein. Es könnte interessant werden, wie sich Stewart gegen einige seiner Kumpels und Mitstreiter aus der Vergangenheit durchsetzen kann und ob er als Respektsperson anerkannt werden wird.
Bewertung: 3 von 5 Punkten
Gesamtwertung: 14 von 20 Punkten
###Die Zwischenwertung in der HF.at Kaderbewertung:
1. KAC 17,0 Punkte
2. Vienna Capitals 17,0 Punkte
3. Black Wings Linz 16,5 Punkte
4. VSV 14 Punkte
###Teamanalyse auf eishockeyexperten.at von Marc Brabant
Morgen geht es weiter mit Teil 5 in unserer Serie mit den Graz 99ers.