Kaderbewertung: Kann Salzburg sein Finalabo verlängern?
-
marksoft -
13. September 2010 um 10:23 -
7.218 Mal gelesen -
0 Kommentare
Seit fünf Saisonen gibt es in der Erste Bank Eishockey Liga kein Finale ohne Teilnahme der Red Bulls aus Salzburg. Der Ligakrösus hat sich in den letzten Jahren zum Dominator entwickelt und schickt sich auch 2010/11 an, ganz vorne mitzuspielen. Geht die Salzburger Vormachtstellung in die nächste Runde?
Es ist wie das Amen im Gebet: während der regulären Saison probiert man in Salzburg ein wenig herum, lässt die Jungen ran und je näher die Play Offs kommen, um so ernster nimmt man die Sache. Am Ende stehen die Bullen dann immer im Finale und wie zuletzt gezeigt, haben sie immer auch das Potential, den Titel zu holen.
Daran wird sich auch in der Saison 2010/11 nichts ändern. Die Salzburger schicken auch heuer wieder ein junges Team ins Rennen, haben kurz vor der Saison alle ihre Try Out Legionäre nach Hause gejagt und sind trotzdem der große Titelfavorit. Warum das so ist? Wer die finanziellen Möglichkeiten der Bullen hat, braucht sich keine Sorgen zu machen, keine Verstärkungen zu finden und kann auch schon mal abwarten. Zudem verfällt man bei den Mozartstädtern unter Trainer Page nicht in Panik, wenn man in der Tabelle einmal nicht ganz vorne zu finden ist. Schlagen kann man ohnehin jeden – und das muss nicht unbedingt in der regulären Saison sein.
Das Entwicklungsmodell der Salzburger wird oft kritisiert, auf fehlende personelle Outputs hingewiesen und von manchen sogar ein Schaden fürs österreichische Eishockey befürchtet. Fakt ist, dass ein Verein, der in den letzten fünf Jahren ebenso oft im Finale der EBEL gestanden ist, irgendetwas richtig macht. Wenn dann auch noch drei Titelgewinne in den letzten vier Saisonen zu Buche stehen, weiß man, dass hier etwas richtig gemacht wird.
Einen Kader einzuschätzen, von dem man weiß, dass er sich im Verlaufe der Saison an entscheidenden Positionen noch ändern wird, ist schwer, ungenau und somit für die HF.at Kaderbewertung eigentlich nicht wirklich repräsentativ. Die Red Bulls ticken anders, sie arbeiten anders und teilen ihre Saison auch anders ein. Trotz aller internationaler Herausforderungen und den damit verbundenen Erschöpfungsproblemen wird der Titel auch in dieser Saison nur über Salzburg ausgespielt werden. Selbst der aktuelle Kader (Stand vom 13. September 2010) hat das Potential vorne mitzumischen, hat sich im Vergleich zum Finale der letzten Saison nur leicht geändert. Mit dem ein oder anderen Legionär mehr an Board spielt hier vielleicht auch der Meister der Saison 2010/11 – egal, wie der Grunddurchgang verläuft…
HF.at Prognose: Platz 1 bis 4
Die Kaderbewertung:
Torhüter:
Nicht einmal eine Woche vor dem Saisonstart haben die Salzburger mit Dan LaCosta ihren zweiten Torhüter wieder nach Hause geschickt. Er könne dem Team nicht so weiterhelfen, wie man sich das erwarten würde – somit ist Reinhard Divis derzeit die uneingeschränkte Nummer 1 im Tor der Bullen. Der 35-jährige Ex-NHLer ist ohne Zweifel einer der besten Torhüter der Liga und kann mit seiner Routine eine Saison genau so einteilen, um in den Play Offs topfit zu sein. Dass ihm mit Sicherheit im Verlauf der nächsten Wochen noch ein Legionär zur Seite gestellt wird, kann da nur hilfreich sein. Divis kann sich die Eiszeit aufteilen, ist somit zur wichtigsten Zeit des Jahres topfit und kann seine Bullen wieder Richtung Finale führen.
Derzeitige Nummer 2 hinter Divis ist Thomas Höneckl, der mit seinen 20 Jahren noch als Talent gelten darf und sich mit dem Farmteam in der Nationalliga weiter entwickeln soll. Auf Grund der fehlenden „echten“ Nummer 2 wird der Youngster aller Voraussicht nach auch zu ein wenig Eiszeit kommen, dass man mit ihm aber nicht eine ganze Saison plant steht außer Zweifel.
Mit einem soliden zweiten „ersten“ Goalielegionär verfügen die Salzburger in Zukunft sicher über das beste Torhütergespann der Liga, derzeit ist hinter Divis noch ein etwas zu großes Loch.
Bewertung: 4 von 5 Punkten
Abwehr:
Nach vorne hui, nach hinten pfui – die Salzburger Abwehrleistung in der letzten Saison war nicht immer überzeugend und garantierte vor allem eines: viele, viele Tore. Das mag auch an der Tatsache liegen, dass Trainer Page immer wieder einmal Stürmer wie Welser oder Trattnig kurzerhand in der Abwehr aufstellt. Dass die ihren Offensivriecher ausleben wollen, liegt auf der Hand. Mit dem Abgang von Mike Siklenka Richtung NHL hat man zudem ein wichtiges Bollwerk verloren, dem zuletzt auch noch Doug Lynch folgte. Dieser möchte sich in NHL Try Outs beweisen, könnte also durchaus wieder in Salzburg auftauchen, wenn er keinen Job in Nordamerika findet. Das wäre wichtig, denn die Defensive der Bullen gilt als die Achillesferse. Zwar hat man mit Andre Lakos, Steve Regier und neu auch Shaun Heshka drei gestandene Abwehrspieler in den eigenen Reihen, dazu kommen mit den genannten „Stürmern“ und Younsters wie Lanz, Fischer, Mühlstein, Pallestrang und Paul aber Abwehrspieler mit relativ wenig Erfahrung auf höchstem Niveau. Sie werden zwar im Verlauf des Grunddurchgangs mit viel Eiszeit aufwarten können, es ist aber zu erwarten, dass in der Bullendefensive noch nachjustiert wird. Derzeit hat man zwar einiges an offensiver Feuerkraft im Kader, nach hinten scheint man aber anfällig zu sein.
Bewertung: 4 von 5 Punkten
Angriff:
Das Salzburger Angriffsspiel ist seit Jahren darauf angelegt, die Gegner einfach zu überlaufen. Mit hoher Geschwindigkeit versuchen die Bullen, sich im Angriffsdrittel festzusetzen und mit schnellen Pässen vor das Tor zum Abschluss zu kommen. Hier sind Spieler wie Kapitän Thomas Koch, Marco Pewal und auch ein Manuel Latusa wie geschaffen für diese Spielweise. Mit den bekannten Legionären Ryan Duncan und Brent Aubin (derzeit verletzt) stehen konstante Scorer zur Verfügung, die zudem auch die vielen Jungen im Sturm führen können. Das erwartet man sich auch von den Neuzugängen Ramzi Abid und Danny Bois. Sie müssen zeigen, dass sie die Youngsters antreiben können. Von denen hat man mehr als genug und es tummeln sich einige große Zukunftshoffnungen am Bulleneins. Dominique Heinrich, Michael Schiechl, Kevin Puschnik, Taylor Host und Co. dürften in den nächsten Jahren in der EBEL gewichtige Rollen spielen und auch Leute wie ein Marco Brucker, Fabio Hofer oder Markus Unterweger werden mit viel Eiszeit umzugehen lernen und so an das Tempo in der EBEL gewöhnt. Letzten Endes dürften einige von ihnen die Saison wieder im Farmteam beenden, denn selbst wenn Trattnig und Welser aus der Defensive wieder nach vorne rücken sollten, wird man vermutlich noch Verstärkung für die Offensive holen. Schon in der letzten Saison hatten die Mozartstädter die gefährlichste Angriffsformation der gesamten EBEL und es die ersten beiden Runden der neuen Saison lassen hier keine Änderung erwarten. Eine tolle Mischung aus Jung und Alt, Österreichern und Legionären – vermutlich wieder die beste Offensive der EBEL!
Bewertung: 5 von 5 Punkten
Trainer:
Was wurde in den letzten Jahren nicht alles über Pierre Page gesagt, geschrieben und vor allem geschimpft. Von seinem Plan hat man mittlerweile schon x-mal gehört, die TV Interviews sind noch immer ein Ereignis und auch unter den Trainerkollegen gilt Page als „schräger Vogel“. Dass er mit den Red Bulls aber dennoch von Erfolg zu Erfolg eilt ist ein Qualitätszeichen, wenngleich der Weg dorthin nicht immer von allen anerkannt ist. Vorbei scheinen aber die Zeiten zu sein, in denen sich teamintern die Spieler darüber aufregen, weil sie an anderen Positionen zum Einsatz kommen, als sie gelernt haben. Mittlerweile scheint so etwas wie Ruhe eingekehrt zu sein, man hat sich mit dem Charakter Page arrangiert. Und wenn es dann mit dem Plan doch nicht so ganz klappt, dann können die Salzburger noch immer nachjustieren, neues Personal holen – und das ohne die finanziellen Überlebensgedanken vieler anderer Vereine. Druck hat der Trainer eigentlich keinen, selbst wenn er nicht Meister werden sollte, wird sein Amt nicht zur Verfügung stehen. Dennoch ist der Ehrgeiz des Pierre Page groß, wie man schon anhand der großen Enttäuschung beim diesjährigen Salute gesehen hat. Er will immer gewinnen, findet auch klare Worte bei Niederlagen und kennt kein Erbarmen, selbst wenn seine Mannschaft gewonnen hat. In den letzten Jahren ist Page dabei aber etwas ruhiger und sachlicher geworden – angenehmer, würden böse Zungen behaupten. Der Trainer zum Erfolgsmodell, wenngleich man schon auch aufzeigen muss, dass aus Salzburg bislang keine Österreicher den Weg ins hochkarätige Ausland gefunden haben. Hier gibt es auch für das Page-Modell noch Verbesserungspotential.
Bewertung: 4,5 von 5 Punkten
Gesamtwertung: 17,5 von 20 Punkten
Das Endergebnis der HF.at Kaderbewertung:
1. Red Bull Salzburg 17,5 Punkte
2. Vienna Capitals 16,5 Punkte
3. Black Wings Linz 16 Punkte
3. Graz 99ers 16 Punkte
3. KAC 16 Punkte
6. Villacher SV 15 Punkte
7. Medvescak Zagreb 14,5 Punkte
8. Fehervar AV 19 11,5 Punkte
9. HK Jesenice 10 Punkte
10. Olimpija Laibach 9,5 Punkte