Jaromir Jagr: Neuanfang oder Abschied?
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marksoft -
16. Februar 2010 um 14:27 -
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Er hat mit seinem Spielstil eine ganze Generation von Eishockeycracks beeinflusst, gehörte zu den besten und meistbezahlten Eishockeyspielern der Welt und denkt noch immer nicht ans Aufhören. Jaromir Jagr wird mit dem tschechischen Nationalteam bei den Olympischen Spielen nicht nur um Punkte kämpfen, sondern vielleicht auch um seine sportliche Zukunft.
Als er am vergangenen Freitag bei der offiziellen Eröffnungsfeier die Nationalfahne Tschechiens tragen durfte, war der Stolz in Jaromir Jagrs Gesicht gepflanzt. Der Kniefall seines Heimatlandes vor einem der besten Spieler aller Zeiten – und vielleicht auch ein Lockruf. Denn Jagr hatte immer betont, dass er seine Karriere auf jeden Fall in Tschechien ausklingen lassen werde. Er möchte noch einmal für sein ursprüngliches Team aufs Eis gehen: in Kladno wurde er groß, dort ist sein Vater auch als Trainer aktiv und dort möchte er seine Karriere beenden.
Aber offenbar noch nicht so bald. „Ich bin noch nicht so sicher, was ich nächstes Jahr mache“, wird Jagr vom Fachmagazin „The Hockey News“ zitiert. „Aber wenn ich nicht in Russland bin, dann möchte ich in der NHL spielen!“ Der hoch dotierte Vertrag beim KHL Club Avangard Omsk läuft mit dieser Saison aus, die Zukunft ist offen.
In Fachkreisen wurde in den letzten Jahren immer wieder gemutmaßt, dass die Einstellung Jagrs nicht mehr stimmen würde. Dem widerspricht aber der Co-Trainer der Edmonton Oilers, Wayne Fleming, der Jagr im letzten Jahr in Omsk trainiert hat. „Wenn ein Mann nicht mag, was er tut, dann bleibt er nicht nach einer 70 Minuteneinheit für weitere 40 Minuten am Eis und arbeitet an seinem Spiel.“
17 Saisonen hat Jagr in der NHL gespielt und man darf gespannt sein, ob mit diesem Kapitel wirklich abgeschlossen wurde. Kein anderer Europäer hat in der besten Eishockey Liga der Welt einen derart großen Eindruck hinterlassen. 1.599 Punkte hat Jagr im Verlauf seiner NHL Karriere gesammelt, sieben Mal wurde er ins All Star Team gewählt und erst vor vier Jahren hat er einen neuen Vereinsrekord für die Rangers aufgestellt (54 Tore, 123 Puntke in einer Saison).
Olympia als Sprungbrett für Comeback?
Der Vertrag in der KHL nähert sich dem Ende und es geht darum, was Jagr als nächstes machen wird. Mittlerweile ist er 38 Jahre alt und hat noch immer alle Optionen. Gelingt es ihm, mit einem sehr guten Olympia Turnier noch einmal die NHL Türen aufzuschlagen? Seinem NHL Agenten hat er schon im letzten Jahr den Auftrag gegeben, ein Team für ihn zu finden, falls Omsk nicht in die Play Off kommen würde. Damals wurde nichts daraus, seither gab es keinen Kontakt mehr.
Aber Jagr will zurück in die NHL. „Wenn ich in die NHL gehen wollte und keinen Vertrag bekäme, würde ich sogar den Weg über ein Try Out gehen“, so Jagr zur „The Hockey News“. „Ich glaube nicht, dass es eine Frage ist, ob ich in der NHL spielen könnte. Ich kann in der NHL spielen. Ich glaube nicht, dass man das in zwei Jahren verlernt. Ich habe nicht aufgehört, Eishockey zu spielen. Ich habe nur ein etwas anderes Spiel gespielt.“
Warum der plötzliche Sinneswandel? Offenbar hat Jagr erkannt, dass die Art und Weise, wie in der NHL gespielt wird, seinem Stil eher entgegen kommt. „In Europa und Russland ist der Weg zum Netz so weit“, so Jagr. „Wenn jemand am kleinen Eis einen Fehler macht, dann ist das eine Torchance. Aber am großen Eis passiert gar nichts. Ich liebe es, an der Bande zu spielen – das war immer mein Spiel. In der NHL überspielst Du einen Gegner im 1 gegen 1 und hast eine Torchance, hier überspielst Du einen und dann hat der nächste genug Zeit und Platz und steht schon wieder vor Dir. Das macht Dich von den Teamkollegen extrem abhängig.“
Nicht dass Jagr kein Teamplayer wäre – er ist ein genialer Vorbereiter, aber er liebt es auch, sich selbst in Szene zu setzen. Sein ehemaliger Coach, Wayne Fleming, meinte erst kürzlich, der Tscheche hätte sein Spiel in den letzten Jahren verändert. „Er nimmt nicht mehr so viel Risiko. Ich glaube, bei den Olympischen Spielen sehen wir einen Jagr, der viel mit seinen Teamkollegen spricht und ihnen zu helfen versucht. Ich glaube, Jaromir hat sein Spiel angepasst und ist mit dem Alter reifer geworden – wie damals Mario Lemieux.“
In Omsk hat sich Jagr zu einem Spieler entwickelt, der pro Match einen Punkt macht (41 Punkte, 22 Tore, 19 Assists in 45 Partien). In einer Liga, die der NHL doch noch um mindestens eine Klasse nach steht und sich daher nicht wirklich in den Notizbüchern der Teams für 2010/11 befindet. In Vancouver steht er in einer Tschechischen Mannschaft, die eher als Mitläufer und schwach eingeschätzt wird und es könnte sein, dass er keine Glanzlichter setzt. Gar nicht so unmöglich, dass es kein NHL Angebot geben wird und der Traum Jagrs von einem Comeback in der besten Liga der Welt endgültig ausgeträumt ist. Dann wird der Tscheche wohl ein weiteres Jahr in Russland anhängen oder sich vielleicht doch Gedanken machen, ob nicht Kladno ein Thema wird…