EBEL: Die Erkenntnisse aus der ersten Hälfte
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marksoft -
29. November 2009 um 22:45 -
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27 Runden sind in der Erste Bank Eishockey Liga gespielt und damit befindet sich der Grunddurchgang 09/10 in ihrer Halbzeit. Das heißt auch für HF.at einen kurzen Blick zurück zu wagen und ein Resümee der ersten Hälfte dieser Meisterschaft zu ziehen. Themen dafür gibt es genug.
Wer hätte das gedacht? Als Favoriten galten vor Saisonbeginn neben Titelverteidiger KAC und Vizemeister Salzburg vor allem die Vienna Capitals. Dahinter, so der einhellige Tenor, würden sich einige Mannschaften um die Plätze im Mittelfeld duellieren. Die Realität sieht nach der Hälfte der regulären Saison etwas anders aus, als einige erwartet hätten...
Graz 99ers (20 Siege, 7 Niederlagen)
Dass die Steirer unter Trainer Bill Gilligan das Dasein als „graue Maus“ der EBEL hinter sich lassen würden, war wohl allen klar. Mit dem Startrainer als Chef hinter der Bande lotsten die Murstädter endlich auch hochkarätigere Spieler nach Graz und prompt klappt es auch in der Tabelle nach Wunsch. Nach 27 Runden stehen die 99ers ganz oben, werden aber nicht müde zu gestehen, dass derzeit noch viel Glück dabei ist. Als einziges der Top 8 Teams hatten die Grazer bislang das unglaubliche Glück, von langfristigen Verletzungen mehrerer Spieler verschont zu bleiben. Einzige Torhüter Charpentier steht schon länger auf der Ausfallsliste, für ihn ist aber Fabian Weinhandl mehr als nur ersatzmäßig eingesprungen. Mit einem fast immer kompletten Line-Up im Rücken spielt es sich oftmals einfacher und die Steirer haben draus Kapital geschlagen. Die engen Partien wurden zuletzt wieder gewonnen und so ist die aktuelle Tabellenführung völlig berechtigt. Gespannt darf man sein, was passiert, wenn auch die Konkurrenz dahinter personell wieder besser mithalten kann. Man mag es den 99ers gar nicht wünschen, aber es wäre fast ein Wunder, könnten sie eine ganze Saison ohne Verletzungsserien überstehen. Wenn ihnen das gelingt, dann wird auch nach 54 Runden das Grazer Vereinslogo ganz oben in der Tabelle zu finden sein.
Black Wings Linz (17 Siege, 10 Niederlagen)
Ebenso wie bei den Grazern kann man auch bei den Oberösterreichern von einer Überraschung sprechen, dass sie nach der Halbzeit des Grunddurchgangs auf Platz 2 in der Tabelle stehen. Die Black Wings waren schon mehrmals in dieser Saison auf Platz 1, erst als auch sie vom Verletzungsteufel heimgesucht wurden und immer wieder mehrere Leistungsträger gleichzeitig vorgeben mussten, wurden auch die Niederlagen mehr. Auffällig bei den Collins-Schützlingen ist die fehlende Konstanz und das oftmalige Unvermögen, eine Partie gleichmäßig über 60 Minuten konzentriert zu absolvieren. Die Linzer sind für alles gut: da werden klare Vorsprünge binnen Minuten aus der Hand gegeben, ebenso wie deutliche Rückstände wieder aufgeholt. Derzeit erleben die Stahlstädter ein kleines Tief, in dem es nicht ganz nach Wunsch läuft, aber können sie wieder auf den gesamten Kader zurückgreifen und das vom Trainer gewünschte System aufs Eis bringen, ist mit dieser Mannschaft in der oberen Tabellenhälfte zu rechnen. Bislang hatten die Black Wings oft von den Schwächephasen der direkten Konkurrenz profitiert und sich so vorne eingenistet. Das primäre Ziel heißt weiterhin „Play Offs“ und wenn dieses Team dann jene Form hat, die sie vor wenigen Wochen noch zeigte, ist auch für sie alles drin.
Vienna Capitals (16 Siege, 10 Niederlagen)
Es grenzt fast an ein Wunder, dass die Wiener nach 27 Runden in der Saison 09/10 auf Rang 3 zu finden sind! Kaum ein Spiel war es Trainer Gaudet möglich, seinen gesamten Kader aufzustellen und so musste der oft kritisierte Coach auch verstärkt auf den Nachwuchs setzen. Das zahlten die Spieler lange Zeit zurück und haben es sich seit Wochen in den Top 3 bequem gemacht. Kaum auszudenken, wo diese Mannschaft stehen würde, hätte sie nicht dieses große Verletzungsproblem! Für die Hauptstädter ist aber genau das ein Fingerzeig für die Zukunft: wenn wieder ein Großteil des Kaders eingesetzt werden kann, wird die Blickrichtung für das Gaudet-Team wohl nur noch Richtung oben gehen. Genau dort hat man die Capitals ja auch erwartet und vielleicht schaffen die Wiener es ein weiteres Mal, sich je näher die Play Offs kommen, immer weiter nach oben zu arbeiten. Zieht der Verletzungsteufel endlich weiter, hat diese Mannschaft auf jeden Fall das Potential. Moral und Charakter hat sie schon bewiesen, aber auch mehr als genug Kräfte gelassen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit das in der weiteren Meisterschaftsphase eine Rolle spielen wird.
Villacher SV (14 Siege, 12 Niederlagen)
In den ersten Wochen dieser EBEL Saison war der VSV etwas überraschend zum Non Plus Ultra in der EBEL geworden. Lange Zeit standen die Adler auf Platz 1 in der Tabelle und schienen alle Experten Lügen zu strafen. Diese hatten den Draustädtern einen Platz im unteren Mittelfeld vorausgesagt und dann legten die Villacher so einen Saisonstart hin! Nicht unerwartet kam demnach auch das Ende der Serie und der Kampf in jedem Spiel. Die Adler haben in den letzten sieben Spielen nur zwei Siege geholt und bilden daher den Auftakt zu einem heiß umkämpften Mittelstand. Genau das also, was man eigentlich vor der Saison erwartet hatte. Mit einem Minikader ausgestattet und finanziell ausgeblutet haben die Kärntner aus ihrer Not eine Tugend gemacht, setzen wieder auf eine Mischung aus Legionären und vielen jungen Österreichern, die immer wieder für Überraschungen – positiv wie negativ – gut ist. Dieser tägliche Kampf wird für die Mannschaft von Trainer Strömwall auch in den nächsten Monaten zum Alltag gehören, das Außenseiterdasein ist aber nichts, mit dem die Draustädter nicht zurechtkommen würden.
Alba Volan (13 Siege, 14 Niederlagen)
Dieses Jahr wird es so weit sein: Alba Volan ist am besten Weg, sich erstmals für die Play Offs in der EBEL zu qualifizieren. Fast immer waren die Ungarn unter den Top 8 der Liga zu finden hat sich mittlerweile einen Platz im Mittelfeld der Tabelle redlich erkämpft. Vor allem zu Hause ist Szekesfehervar eine nur sehr schwer einnehmbare Festung, in der schon viele Favoriten Federn lassen mussten. Und auch auswärts punkteten die Ungarn in letzter Zeit konsequent. So verdient man sich einen Platz in den Play Offs, um den man im letzten Jahr durch zweifelhafte Strafsenatsentscheidungen gebracht wurde. Mittlerweile ist aus dem Underdog eine gefährliche Kraft geworden, der sich den Respekt hart erarbeitet hat. Gerade diese Arbeit wird auch in den nächsten 27 Runden im Mittelpunkt stehen und nur wenn Alba Volan es weiterhin schafft, seine Tugenden erfolgreich in Punkte umzumünzen wird der Top 8 Platz möglich sein. Derzeit haben die Ungarn aber den Status des besten nicht-österreichischen Teams in der EBEL inne. Wenn man das halten kann, gehen die Play Offs mit ungarischer Beteiligung über die Bühne.
Red Bull Salzburg (14 Siege, 11 Niederlagen)
Der Vizemeister zeigt wieder einmal eine Saison mit vielen Höhen und Tiefen. Pierre Page hat als Trainer weiterhin einen Plan und der brachte vor allem viele Tore. Meist spielen die Mozartstädter mit nur einem Verteidiger in ihren Linien, dafür setzt der Vizemeister auf viel Offensive. Damit garantieren die Bullen nicht nur für viele Tore, sondern auch für Gegentore. Spektakuläre Spiele stehen auf der Tagesordnung, die Konstanz in der Leistung lässt aber noch auf sich warten. Den Großteil der bisherigen regulären Saison verbrachten die Salzburger irgendwo rundum Platz 5, was aber für keine Panik sorgt. Bei den Red Bulls weiß man, dass spätestens in den Play Offs ein anderer Wind weht. Dann werden die Youngsters nicht mehr zum Einsatz kommen, die Reihen werden anders aussehen und die Routiniers wieder das zeigen dürfen, was sie können. Und spätestens dann ist auch wieder verstärkt mit einem der eisläuferisch stärksten Teams der EBEL zu rechnen. Der Grunddurchgang ist zum Experimentieren da – das war bei den roten Bullen schon immer so. Für die Play Offs wird das reichen und dann wird sich weisen, ob dieses riskante Spiel wieder aufgehen kann.
Klagenfurter AC (13 Siege, 14 Niederlagen)
Nur ein Schatten seiner selbst ist Meister KAC in dieser Saison. Die Klagenfurter sind ähnlich wie die Wiener von einer unglaublichen Verletzungsserie stark ersatzgeschwächt und müssen demnach immer wieder mit vielen ihrer Nachwuchsspieler aufs Eis gehen. Das war in der letzten Meistersaison anders und daher sieht auch die Tabelle aus der Sicht der Rotjacken derzeit anders aus, als man sich das gewünscht hätte. Fehlende Leistungsträger, dazu einige Legionäre, die nicht ihr volles Potential ausspielen und inländische Routiniers, die mehr zeigen müssen, als Mitläufereigenschaften. Gerade auswärts wird man für das oft viel zu offensive Spiel bestraft und konnte nur wenige Punkte sammeln. Gepaart mit einer mittelmäßigen Heimleistung lässt das den KAC derzeit im unteren Tabellendrittel aufscheinen. Die direkte Konkurrenz von hinten macht dazu noch mächtig Druck und ein Play Off Platz ist aktuell alles andere als sicher. Bei den Rotjacken heißt es jetzt hoffen, dass die Verletzungsmisere bald ein Ende hat und man mit einem sich füllenden Kader den Weg zurück zu mehr Konstanz findet. Immerhin hat sich das Team im Vergleich zum Vorjahr nicht wirklich verändert. Und damals wurde man Meister. Mehr als Platz 7 sollte daher also schon möglich sein.
Medvescak Zagreb (11 Siege, 16 Niederlagen)
Der Liganeueinsteiger hat sich gut in der EBEL eingefügt. Die Kroaten zeigen sich sportlich durchaus konkurrenzfähig und haben schon den ein oder anderen Favoriten stolpern lassen. Noch mehr als die Leistungen am Eis überzeugen aber die Zuschauer der Bären. Die Heimspiele in Zagreb sind immer gut gefüllt und so wurde der Liganeuling prompt zum Zuschauerkrösus. Keine andere Mannschaft zieht in dieser Saison die Heimmassen so an, wie Medvescak. Eishockey ist „in“ und der Funke der Begeisterung springt auf die Fans über. Da macht es auch nichts, dass die Kroaten noch nicht die nötige Konstanz an den Tag legen, um sich langfristig über dem Strich festsetzen zu können. Doch jetzt hat man mit Ted Sator einen neuen Trainer, der als alter Fuchs gilt und auch noch in die Motivationskiste greifen wird. Vielleicht ist es ja sein Erfahrungsschatz, der den Unterschied im Vergleich zu den Mitbewerbern im Kampf um einen Play Off Platz den Unterschied ausmacht.
Olimpija Laibach (10 Siege, 17 Niederlagen)
Apropos Konstanz: damit kämpft auch Laibach die gesamte Saison über. Zwar hat man mit Frank Banham einen der besten Scorer der Liga in seinen Reihen, daneben haben die Slowenen aber noch nicht die richtige Linienzusammenstellung gefunden, um sich aus dem Tabellenkeller zu verabschieden. Guten Spielen folgen immer wieder Aussetzer und unnötige Niederlagenserie, die es Olimpija bislang fast unmöglich machten, sich über dem Strich festzusetzen. Nur vier Runden lang waren die Slowenen in den Top 8 und scheinen derzeit den neunten Tabellenrang gepachtet zu haben. Auch eine Frage der Einstellung, wie es manches Mal den Anschein hat, denn Zagreb sollte durchaus im Bereich von Banham & Co liegen, doch dazu müssen auswärts mehr Punkte her...
HK Jesenice (5 Siege, 22 Niederlagen)
Von den Play Offs in dieser Saison nur träumen wird der HK Jesenice dürfen. Das Armenhaus der Liga befindet sich zur Halbzeit genau dort, wo man es erwarten durfte: am letzten Platz. Dennoch zeigt die Formkurve des HKJ steil nach oben und mit Trainer Mike Posma, sowie Oldie Todd Elik haben die Slowenen zwei Trümpfe ausgespielt, die den Abstand zu den Play Off Rängen zumindest verkleinern dürfte. Auf Dauer gesehen fehlt Jesenice aber weiterhin die Kadertiefe und Durchschlagskraft, um sich Hoffnungen machen zu dürfen. Dennoch erspielt sich das junge Team aus Krain weiterhin viele Sympathiepunkte mit unbeschwertem Eishockey, dem es in den entscheidenden Momenten einfach an der Abgebrühtheit fehlt. Gerade auswärts musste Jesenice das sehr häufig am eigenen Leib erfahren und brachte es erst zu einem einzigen Sieg auf fremdem Eis. Das ist zu wenig, um ein Wörtchen im Play Off Kampf mitzusprechen und es wäre überraschend, könnten sich der HKJ in den nächsten 27 Runden vom derzeit offenbart abonnierten zehnten Platz verabschieden.
Schwächelnde Favoriten, sinkendes Niveau
Rückblickend auf die ersten 27 Runden in dieser EBEL Saison 09/10 überraschen neben den Graz 99ers und den Black Wings vor allem die schwächelnden Meisterschaftsfavoriten aus Klagenfurt und Salzburg. Beim KAC wird man sich wie bei den Capitals an das Ende der Verletzungsserie klammern und wenn der Kader dann schnell zu erwarteten Form findet, kann nach weiteren 27 Runden alles ganz anders kommen. Das gilt auch für die Salzburger, die jedoch neben der Belastung durch die EBEL auch international im Continental Cup Kräfte lassen. Aber Pierre Page weiß, wie er sich die Saison einteilen muss, um die Play Offs zu erreichen und dann dort auch noch ein Wörtchen mitzureden.
Der Rest der Tabelle sieht in etwa so aus, wie man ihn sich erwarten durfte. In den hinteren Regionen die ausländischen Teams, von denen man wohl mit Fortdauer der Meisterschaft erwarten kann, dass mit schwindenden Kräften auch die Überraschungen weniger werden. Zumindest war das in den vergangenen Jahren immer so. Einzig Alba Volan scheint derzeit das Potential zu haben, in die Phalanx der österreichischen Teams vorzustoßen.
Auffällig bislang jedoch, dass vor allem das Niveau der Bundesliga zurück geht und die attraktiven Spiele echte Mangelware sind. Das Tempo im Spiel ist nicht mehr das, was man im Vorjahr gesehen hat, was einerseits an vielen verletzten Spielern und damit auch Kräfteverlust liegen mag. Mit der Wirtschaftskrise können die Teams aber auch nicht mehr die großen Kader in der Hinterhand haben, wie in der letzten Saison und auch viele neue EBEL Legionäre haben nicht mehr jene Klasse der Vergangenheit.
Das scheint man auch an vielen Standorten an den Zuschauerzahlen zu merken. Wäre nicht Zagreb mit einer großen Halle und einer tollen Begeisterung für den Sport, würden die Gesamtzahlen wohl wenig Grund zur Freude geben. Sportlich war die Erweiterung Richtung Slowenien, Ungarn und Kroatien wohl ein Erfolg, die Fans sieben aber bei vielen Teams genau jene Spiele aus, in denen es gegen genau diese Teams geht. Zudem konzentrieren viele Fans ihre Konzentration auf jene Runden, die jetzt kommen. Der Dezember ist traditionell ein heißer Eishockeymonat mit vielen Zuschauern und mit der zweiten Meisterschaftshälfte geht es für viele jetzt erst so richtig los.
Die aktuelle Tabellensituation lässt auf jedem Fall Platz für alle Möglichkeiten. Entschieden ist noch gar nichts – weder an der Spitze, noch im Mittelfeld oder im Tabellenkeller. Bis zum 19. Februar dauert die reguläre Saison noch. Etwas weniger als drei Monate, um jene acht Play Off Teilnehmer herauszufinden, die dann um den Titel kämpfen werden.