Interview - S. Ulmer: Ich lebe hier meinen Traum!
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marksoft -
1. Dezember 2008 um 23:57 -
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Stefan Ulmer, 18-jähriger Offensivverteidiger in den USA bei den Spokane Chiefs, ist zurzeit die wohl größte Verteidigerhoffnung Österreichs. Der gebürtige Dornbirner konnte bereits in seinem ersten Jahr in Nordamerika zwei Titel einheimsen und ist auf einem guten Weg in Richtung NHL.
Stefan Ulmer zählt aktuell mit 3 Toren und 16 Assists zu den besten 20 Verteidigern der Western Hockey League (WHL). Die WHL gehört zu der Canadian Hockey League (CHL), besteht aus kanadischen und amerikanischen Teams und ist Tummelplatz vieler zukünftiger NHL-Cracks. Ulmer spielt für die Spokane Chiefs und hat 2008 in seinem ersten Jahr den WHL-Titel und den Memorial Cup nach Hause geholt. Der Memorial Cup kürt das beste kanadische Juniorenteam.
Spokane liegt im Bundesstaat Washington, zählt 200 000 Einwohner und versprüht laut Ulmers eigenen Angaben einen Flair ähnlich der Heimat. Der Vorarlberger wandelt damit auf den Spuren von Vancouver Canucks-Angreifer Michael Grabner. Ulmer ist in diesen Tagen, genau gesagt am 1.12., 18 Jahre jung geworden. Der U20-Nationalspieler steckt sich hohe Ziele, genießt sein derzeitiges Eishockeyleben und blickt optimistisch und realistisch in die Zukunft.
Stefan, Du bist sehr früh ins Ausland?
Bis 10 habe ich in Dornbirn gespielt danach war ich in der Schweiz beim SC Rheintal und bei den Kloten Flyers in den verschiedensten Jugendligen. Schließlich haben mich die ZSC Lions gekauft. Dort spielte ich in der Elite U16 und U20.
Letztes Jahr bin ich mit 16 in die Staaten zu den Spokane Chiefs gegangen. Es muss für jeden Spieler das Ziel sein irgendwann nach Nordamerika zu gehen. Davon habe ich schon immer geträumt. Hier herrscht eine andere Atmosphäre. In Spokane gibt es unglaublich viele verrückte Fans. Die Halle ist mit 10 270 Plätzen sehr oft ausverkauft. Das gilt aber für die ganze WHL. Spokane hat nach Edmonton und Calgary die drittgrößte Arena. Die kleinsten fassen aber auch noch um die 4500.
Warum bist Du nach Spokane zu den Chiefs gegangen?
Ich habe in den Staaten mit Jerry Burckley den gleichen Agenten wie Michael Grabner. Der hat gute Kontakte zum Manager von Spokane und zu anderen Ligen wie der OHL. Er hat mir zugeredet nach Spokane zu gehen. Mit der Begründung, dass der Weg über die WHL der ‚einfachste und bessere’ sei. Die meisten Spieler werden von der WHL gedraftet.
Im ersten Jahr hattest Du ja dann genug Grund zum Feiern. Neben dem WHL-Titel konnte Spokane 2008 auch den begehrten Memorial Cup holen.
Als ich hierher gekommen bin hat es geheißen, wir haben ein gutes Team unser Ziel sind die Playoffs. Die ersten Spiele in den WHL-Playoffs liefen nach Plan. In der zweiten Runde mussten wir gegen unseren Angstgegner, die Vancouver Giants, antreten. Im Grunddurchgang hatten wir große Probleme gegen sie. Wir konnten die Serie aber mit 4:2 für uns entscheiden. Gegen Tri-City mussten wir mehrmals in die Verlängerung um die Serie mit 4:3 für uns zu entscheiden, das war sehr, sehr knapp. Im Finale gegen Lethbridge waren wir die Favoriten. So haben wir auch gespielt und das Finale klar mit 4:0 gewonnen.
Die Memorial Cup-Finals waren in London (Kanada) im Labatt-Center, mit Platz für 10000. Wir sind mit einem Privatflieger angereist, das war einfach genial! Den ganzen Tag ist dann das Fernsehen zu uns gekommen, immer haben sie uns gefragt was man vom Außenseiter Spokane denn erwarten kann und darf. Wir sind ja ein US-Team und daher in Kanada nicht so beliebt. Das erste Spiel gegen Belleville hätten wir nach einer 3:0 Führung bald noch verloren. Das ist uns die ganze Saison nicht passiert. Wir konnten in der Verlängerung noch knapp mit 5:4 gewinnen. Ein Schlüsselerlebnis das uns viel Auftrieb gegeben hat. Nach dem 2:1 gegen die Kitchener Rangers und dem 3:1 gegen Gatineau ging es im Finale nochmals gegen die Rangers. Die Halle war ausverkauft und die Stimmung genial. Matchwinner für uns war Goalie Dustin Tokarski, er hat alles gehalten. Die Schussbilanz war 54:26 für die Rangers, wir haben trotzdem mit 4:1 gewonnen. Unser Trainer hat gewusst, dass unsere Stärke in der Defensive liegt. Wir haben den Slot zugemacht und nur die ungefährlicheren Schüsse aus der Distanz zugelassen.
Welche Rolle hast Du im Team? Wann wirst du eingesetzt?
Ich spiele in der 1. Powerplay-Einheit bei allen Überzahlsituationen. Egal ob 5:4, 5:3 oder 4:3. Bei 4:4 bin ich auch immer am Eis. Dafür in Unterzahl eher selten.
Mit 19 Punkten nach 28 Spielen gehörst Du zu den besten Verteidigern der Liga.
Meine Stärke ist die Offensive. Wenn wir im Rückstand liegen spiele ich mehr als wenn wir führen. Führen wir, spielen wir mit 3 gleich starken Linien. Wenn wir aber einen Rückstand aufholen müssen, wird das System auf 4 Verteidiger umgestellt. Dann bekomme ich sehr viel Eiszeit. Wir haben eine gute Verteidigung. Alle 6 Verteidiger sind Spieler vom letzten Jahr. Heuer haben wir bisher aber viel Verletzungspech, jeder war schon einmal verletzt oder krank. Ich war z.B. letztes Wochenende krank.
Du hast aber gespielt?
Ja, da gibt es kein pardon. Bei Coach Sauter heißt es durchbeißen. Ein paar Grippetabletten und Antibiotika dann geht das schon. Hier in Nordamerika herrschen andere Gesetze. Bei einer kleinen Blessur wird nicht pausiert, man spielt und bekommt vielleicht weniger Eiszeit. Letzte Saison hat sich mein Verteidigungspartner den Finger gebrochen. Das war ein schlimmer Bruch, man konnte den Knochen sehen. Er hat zwei Wochen mit dem gebrochenen Finger durchgespielt.
Wie schaut ein Tag im Leben von Stefan Ulmer aus?
Um 10 beginnt das Training in der Eishalle. Von 11-12 findet die Teambesprechung statt. Da wird das letzte Spiel analysiert, es werden Videos angesehen, etc. Nach der Mittagspause sind wir um 13 Uhr wieder am Eis. Angängig von den Ergebnissen vom Wochenende und anderen Faktoren wird dann zwischen einer halben und zwei Stunden lang trainiert. Plus 30 Minuten freies Eistraining. Um ca. 16 Uhr bin ich zuhause bei meiner Gastfamilie.
…du bist bei einer Gastfamilie?
Ja. Ich habe dieses Jahr wieder eine neue. Die haben 3 Kinder mit 2, 4 und 6 Jahren. Anfangs hatte ich Angst, dass es laut wird. Die Kinder sind aber brav…
Das Ziel mit Spokane für die aktuelle Saison? Mission Titelverteidigung?
Die Titelverteidigung muss für jeden das Ziel sein, ganz klar. Wir wissen, dass es ein harter langer Weg ist aber wir sind auf einem guten Pfad. Im Moment liegen wir gleich wie im letzten Jahr. Es ist egal auf welcher Position wir in die Playoffs gehen. Da werden die Karten so und so neu gemischt. Ein guter Start ist wichtig.
Wie lange bleibst Du in der WHL bei Spokane?
Ich denke mal, dass ich 3 Jahre bleiben werde. Nächstes Jahr möchte ich also noch in Spokane spielen. Ich weiß, dass ich das was ich im Moment hier erlebe in anderen Ligen vielleicht nie mehr erreichen werde. Ich bin jetzt 18 Jahre alt und unglaublich viele Fans kennen hier deinen Namen, die sind verrückt nach dir. Einfach ein Hammer. Vor jedem Spiel wird die Nationalhymne gespielt und wenn du einer der 5 Startspieler bist brüllen 10 000 Fans deinen Namen. Das ist die reinste Gänsehaut-Atmosphäre.
Gibt es Kontakt zu NHL-Scouts? Der Draft kommt näher…
Das macht alles mein Agent. Klar redet er mit Scouts und gibt es Kontakt zu einigen Teams. Er sagt mir immer: ‚Weiter hart arbeiten, mach mehr Punkte und spiel dein Spiel. Dann hast du gute Chancen auf den Draft.’ Ich jammere aber nicht wenn ich mal keinen Punkt mache. Ich denke an das nächste Spiel und versuche es besser zu machen. Hoffentlich gelingt mir eine gute Saison. Sollte es mit dem Draft nicht klappen dann kann ich immerhin sagen, ich habe alles versucht. Ich habe hier viel erlebt. Es ist ja nicht schlimm wenn ich in ein paar Jahren wieder zurück nach Österreich, in die Schweiz oder nach Skandinavien gehen würde.
Hast Du gehofft beim „NHL CS Preliminary-Ranking“ dabei zu sein?
Ich habe gehofft auf der Liste zu sein, ganz klar. Auch mein Agent meinte, dass er ein bisschen überrascht sei. Mir wurde gesagt, dass die Liste von zwei Scouts zusammengestellt wird die einen hohen Wert auf die Größe legen. Unter den Top 10 der Liste ist nur einer kleiner als 6.1 Fuß (186 cm). Die suchen Verteidiger die groß sind und hart spielen. Zum Beispiel unser Verteidiger Jared Spurgeon. Der ist auch eher klein, hat in der letzten Saison 43 Punkte gemacht und wurde 2008 erst in der 6. Runde gedraftet. Dagegen kam Eric Mestery von den Tri-City Americans mit einer Größe von 6.5 und nur 16 Punkten schon in der 2. Runde an die Reihe. Die kleinen Verteidiger werden hier ein bisschen vernachlässigt.
Glaubst du, dass deine Größe im Hinblick auf die NHL zu einem Problem werden könnte?
Ganz klar, die Größe könnte zu einem Problem werden. Im Moment bin ich 5.7 Fuß (175 cm) groß und 170 Pfund (77 kg) schwer. Nicht das ich mir wünschen würde viel größer zu sein aber 6.0 Fuß (182 cm) wären schon fein. Zum Beispiel mein Teamkollege Jared Cowen. Der ist 6.3, hat einen genialen Schuss und ist ein Wahnsinns-Eisläufer. Wenn der einen guten Tag erwischt, wow! Er wird sicher ein Top-5 Draft-Pick. Von ihm kann ich viel lernen. Die einzigen Bereiche wo ich besser bin sind das Passspiel und meine Übersicht, da bin ich cleverer.
Bist Du beim U20-Nationalteam mit von der Partie?
Ja, ich fliege am 11. Dezember direkt nach Dänemark. Ich hoffe, wie letztes Jahr, auf den Aufstieg.
Welchem NHL-Team gehören deine Sympathien?
Beim Draft habe ich keine Präferenz, da gehts nur darum dabei zu sein. Wenn ich mit der Playstation gespielt habe dann waren es immer die Dallas Stars, Spieler wie Hull oder Modano haben es mir angetan. Ich war immer schon ein Verteidiger der die Offensive gesucht hat.
Dein Karriereziel?
Ich möchte Eishockey zu meinem Leben machen und später mal Trainer oder Scout werden. Erstmal kommt die Profikarriere als Spieler.