Kaderbewertung: Black Wings - zu jung für den Erfolg?
-
marksoft -
22. September 2008 um 20:45 -
5.837 Mal gelesen -
0 Kommentare
Wie immer sorgten die Black Wings schon vor der Saison wieder für Schlagzeilen: Rücktritt des Präsidenten, Verpflichtung des besten Liga-Goalies und radikaler Kaderumbau mit gravierender Verjüngung! Erreichen der Play-offs lautet das auch nach der HF.at-Kaderbewertung doch realistische Ziel.
Personelle Änderungen durchziehen alle Bereiche der Black Wings. Während Head-Coach Jim Boni sich für weitere 2 Jahre für die Linzer entschied, warf Präsident Dr. Wilfried Wetzl - für manchen überraschend - das Handtuch und trat aus persönlichen Gründen zurück. Mit seinem bisherigen Vize Ing. Peter Freunschlag kam nun etwas Ruhe an die Spitze des Vorstandes. Christian Perthaler als neuer Manager der Black Wings gesellte sich mit Beendigung seiner aktiven Laufbahn an seine rechte Seite.
Veränderungen gab es auch bei der Sportstätte: Die LinzAG errichtete unmittelbar an der bestehenden „Keine Sorgen EisArena“ eine neue Trainingshalle. Die Bauarbeiten wurden inzwischen abgeschlossen und nun stehen den Black Wings, vor allem auch für den Nachwuchs, endlich die schon lange geforderten Eiszeiten zur Verfügung.
In der vergangenen Saison setzte man sich als Ziel den Finaleinzug, der dann nur knapp verpasst wurde. Nach einem überraschenden ersten Platz im Grunddurchgang scheiterten die Black Wings im Halbfinale am Liga-Neuling Laibach.
Für die neue Saison setzte man bei den Linzern voll auf die Jugend und erneuerte den Kader an allen Ecken und Enden. Einerseits wurde man durch das reduzierte Punktekontingent dazu gezwungen, andererseits will man eine ganz neue Mannschaft aufbauen, die dann in 2 – 3 Jahren die Spitze erobern soll. Das ist sicher eine mutige Entscheidung und die Zukunft wird zeigen, ob es auch die richtige war.
Der Kader wurde radikal umgebaut. Teilweise alternde Stars wurden durch junge österreichische Spieler ersetzt. Ergänzt wurde die Verjüngung durch die Verpflichtung einiger großer Talente. Der Abgang von vier, teilweise älteren, Legionären wurde mit der Verpflichtung von vier neuen Legionären, darunter dem in der vergangenen Saison besten Tormann der Liga, mehr als kompensiert.
Die Black Wings verfügen nach dem Kaderschnitt über eine der jüngsten Mannschaften in der EBEL. Jim Boni hat nun 2 Jahre Zeit, um diese Mannschaft „für höhere Weihen“ zu formen. Die Auswirkungen dieser Entscheidung sind schwer einzuschätzen. Für manche Experten erscheint sie als Risiko, für viele jedoch als der einzig richtige Weg.
Wie in der Vorsaison scheinen vor allem wieder der Sturm etwas überbesetzt und die Verteidigung mit einem Unsicherheitsfaktor, auch wenn hier die größten Umbauten stattfanden. Jüngere Legionäre als Ersatz für vier zum Großteil ältere Defender, dazu ein bewährter Nationalteam-Spieler als Heimkehrer und der beste Liga-Goalie der letzten Saison als Top-Neuzugang sollten aber doch für konstante Leistungen sorgen. Insgesamt eine hochinteressante Mischung aus jung und alt und das Vertrauen auf zahlreiche Österreicher mit großem Potential. Gerade die Unerfahrenheit kann die Black Wings in dieser Saison einige Punkte kosten, dennoch bleibt eines ganz gewiß: die Stahlstädter werden allgemein etwas unterschätzt. Spielt diese Mannschaft aber ihr ganzes Potential aus, dann kann man sie ganz oben erwarten, doch durch die zu erwartende fehlende Konstanz mit vielen jungen Spielern wird wohl dazu führen, dass man sich im Verfolgerfeld der EBEL Spitze findet. Die Play Offs sind mit diesem Team aber trotzdem ein Muss, danach wird man sehen, wie sich die Youngsters im Laufe der Saison entwickeln können und man den angepeilten rot-weiß-roten Weg wirklich durchzieht.
Hockeyfans.at Prognose: Platz 3 – 6
Kaderbewertung Black Wings Linz (Autor: Werner Bamschoria)
Torhüter:
Mit der schon relativ frühen Verpflichtung des US-Amerikaners Alex Westlund ist den Black Wings ein echter Transfer-Coup gelungen. Der Ex-Laibacher avancierte in seiner ersten EBEL-Saison zur absoluten Nummer 1 der Liga. Ob er diese Leistung auch in Linz zeigen kann wird aber zum Großteil auch von der Stärke seiner Vorderleute abhängig sein. Und gerade hier scheinen die Schwachpunkte in der Boni Truppe zu liegen. Vom bisherigen Torhütergespann Machreich & Penker musste man sich verabschieden, obwohl gerade Penker eine gute Performance ablieferte. Hier war man auch den Zwängen des Punktesystems ausgeliefert und daher wurde auch zum Linzer Nachwuchs-Goalie Gerald Kastner mit Lorenz Hirn eines der größten jungen Torhütertalente Österreichs aus Vorarlberg an die Donau verpflichtet. Der bisherige Vorteil der Linzer, zwei nahezu gleichwertige Torleute zu haben, ist nun passé. Hinter Alex Westlund tut sich eine große Lücke auf und ein eventueller Ausfall der Nummer 1 kann ohne Zweifel nicht verkraftet werden. Beide Torhüter haben sicher ihre Fähigkeiten, die Bundesliga kommt aber ohne Zweifel auch für beide zu früh und ist auf Dauer eine Nummer zu groß. Einzelne Spiele wird man sowohl Hirn als auch Kastner zutrauen können, aber nur mit Westlund in annähernd konstanter Form der letzten Jahre sind die Linzer konkurrenzfähig. Auf der Nummer 1 Position ist man perfekt besetzt, dahinter kommen die großen Fragezeichen – das haben die Black Wings aber mit vielen Konkurrenten gemeinsam.
Wertung: 4 von 5 Punkten
Verteidigung:
In der Defensivabteilung gab es die größten Veränderungen. Mit dem Abgang von Ignatjevs, Groleau, Tiley und David verließen zwar vier erfahrene, aber teilweise fehleranfällige und mittlerweile sehr langsame Legio-Defender die Linzer. Mit Seeley und Helminen, vor allem aber mit dem Linz-Heimkehrer Robert Lukas, hofft man doch, dass nun alte Schwächen ausgemerzt werden können. Gerd Gruber kann seinen Part als konstanter Österreicher in der Defensive ausgezeichnet spielen, Florian Iberer hat gerade was seinen Offensivgeist angeht großes Potential, muss dabei aber auch in der Rückwärtsbewegung und bei den Strafen aufpassen. Mit dem Neuzugang von Ray DiLauro wenige Tage vor Saisonbeginn hat sich die noch immer nicht ganz sattelfeste Abwehr stabilisiert – dies aber zu Lasten des Nachwuchses. Durch die Punkteregel stößt man auch bei den Stahlstädtern an die Grenzen des „Österreicherweges“. Entsprechend selten werden die Eiszeiten von Ur-Linzer Michael Mayer und Talent Alexander Pallestrang sein.
Insgesamt sollte sich das Defensivspiel der Oberösterreicher verändert haben, durch die Personaländerungen wird man schneller und offensiver aus den hinteren Reihen nach vorne spielen. Abgewartet werden muss, ob man tatsächlich die Spieler hat, die aus der Verteidigung heraus die Fäden ziehen können. In den bisherigen Spielen der Pre-Season und der jungen EBEL Saison konnte man das nicht erkennen, statt dessen wirkte man nicht immer sattelfest und vergaß bei aller Angriffslust auf das Defensivdenken. Eine gute Mischung mit viel Potential, aber auch mit dem größten Arbeitsfeld für das Trainerteam.
Wertung: 3 von 5 Punkten
Angriff:
Keine Frage, hier haben wir das Prunkstück des Black Wings Kader vor uns. Zwar mußten einige große Namen die Oberösterreicher verlassen, aber trotzdem verfügen die Linzer über eine Mischung, welche die Konkurrenz neidvoll Richtung Donau blicken lassen könnte. Zu den bisher bewährten Paradestürmern Rob Shearer, Brad Purdie und Pat Leahy gesellte sich nun der Schwede Markus Matthiasson vom Liga-Konkurrenten Jesenice. Ein Goalgetter wie er im Buche steht, der in Jesenice am besten Wege war, den Topscorertitel der Liga zu holen. Eine Verletzung bremste den Schweden und angeblich soll diese Knieverletzung noch nicht ganz ausgeheilt sein. Ein kleines Fragezeichen hinter einem der unscheinbarsten aber beständigsten Scorer der EBEL.
Die Hoffnungen bei Daniel Oberkofler und Markus Schlacher haben sich in der letzten Saison schon voll erfüllt. Schlacher fiel zwar wegen einer Schulterverletzung lange Zeit aus, dürfte aber nun wieder voll fit sein. Oberkofler zählte schon in der letzten Saison zu den Shootingstars, beide müssen aber noch an ihrer Kaltblütigkeit vor dem Tor arbeiten. Chancen finden sie bereits in Hülle und Fülle vor, verwerten müssen sie noch lernen.
Das haben die Teamspieler Philipp Lukas und Gregor Baumgartner schon hinter sich. Führungsspieler, die sich wie im Traum verstehen und in ihren besten Szenen jede EBEL Linie in Angst und Schrecken versetzen können. Winfried Rac und Mark Szücs bekommen zwar nur die Rollen als Ergänzungsspieler, können bei Verletzungen aber auf Bundesligaerfahrung zurückgreifen. Szücs kämpft überhaupt um seine Rückkehr in den Kader, was schwer wird, denn es gibt im Linzer Roster auch zahlreiche Youngsters, die um Eiszeit kämpfen. Martin Grabher-Meier und Christoph Ibounig wollten mehr Einsatzzeiten bei ihren ehemaligen Vereinen, in Linz bekommen sie diese jetzt – kombiniert mit noch mehr Verantwortung. Daran kann man wachsen. Das erwartet man sich auch von Matthias Iberer, der in der letzten Saison zu den Black Wings gestoßen ist, heuer aber erstmals richtig durchtrainiert ans Werk geht. Ein junger Brechertyp, der gerade in den Reihen 3 und 4 das kämpferische Element bieten soll. Mit Patrick Maier verfügen die Stahlstädter zudem über einen der besten Spieler seines Jahrganges, den Trainer Jim Boni betont vorsichtig einsetzen wird. Man will den jungen Mann langsam an die EBEL heranführen um dann vielleicht den nächsten Rohdiamanten im Kader zu haben. Jim Boni wird die neuen Leute vor allem im Grunddurchgang abwechselnd einsetzen und es ist zu erwarten, dass unter ihnen ein Kampf ums Leiberl entsteht. Am Papier verfügen somit die Linzer wiederum über eine unglaublich tief besetzte Offensive, die in der Liga für Furore sorgen könnte. Das bekannte Rezept dazu wäre: vorhandene Scorerqualitäten endlich einmal wirklich aufzeigen, denn in den letzten Jahren hatte man gerade vor dem Tor immer wieder Probleme mit der Chancenverwertung.
Wertung: 4 von 5 Punkten
Trainer:
Eine Mission hat Jim Boni schon erfüllt. Nach langer Zeit war er wieder einmal ein Trainer, der eine ganze Saison lang in Linz blieb. Nun beginnt seine nächste Mission und dafür hat er sich gleich zwei Jahre vertraglich an die Black Wings gebunden und sich quasi für einen Neustart in Linz verpflichtet: Erstmals gehen die Linzer mit einem Trainer den Weg einer radikalen Kaderverjüngung, der eine erfolgreiche Zukunft an der Spitze im österreichischen Eishockey ermöglichen soll. Mit voller Unterstützung des gesamten Vorstandes und mit Assistant-Coach Rick Nasheim an seiner Seite sollte dieses Vorhaben gelingen. Boni mahnt allerdings schon etwas Geduld ein, ist aber jetzt schon mehr als erfreut über die Leistungen seiner jungen Truppe. Somit setzt er sich für diese Saison ein etwas bescheidenes Ziel: Erreichen der Play-offs. Realistisch ist das allemal, aber: wer Boni kennt, der weiß auch, dass er sich herausfordernde Ziele setzt und auch das Umfeld in der Stahlstadt zählt nicht gerade zu den genügsamsten. Bei ausbleibendem Erfolg könnte der Druck groß werden, wenngleich das neue Präsidium der Oberösterreicher nicht gerade den Anschein macht, als würde man übereilte Panikaktionen in der Hinterhand haben. Jim Boni darf in Linz gemeinsam mit Co-Trainer Rick Nasheim nach Belieben schalten und walten. Das gefällt dem Italo-Kanadier mit dem großen Ehrgeiz. Ob er es schafft, erstmals auch eine wirklich junge Mannschaft zu einer erfolgreichen Einheit zu formen muss abgewartet werden.
Wertung: 4 von 5 Punkten
Gesamtwertung: 15 von 20 Punkten
Bisherige Wertungen:
1. KAC 15 Punkte
1. Black Wings Linz 15 Punkte
2. Alba Volan 12,5 Punkte