Kaderbewertung: Zum KAC 100er der Titel?
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marksoft -
19. September 2008 um 15:13 -
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100 Jahre KAC! Was würde da besser passen, um dieses runde Jubiläum mit einem Meistertitel zu krönen? Die Klagenfurter haben sich in der Transferzeit nicht lumpen lassen und einen Kader aufgestellt, der von vielen Experten reicht, um ganz vorne zu landen. Die Mischung aus erfahrenen Spielern und hochkarätigen Namen sollte 2008/09 für mehr reichen als nur das Bangen um die Play Offs. Aber für wie viel mehr?
Die vergangene Saison glich für den KAC einem Wellental. Nach einem fast schon traditionell miserablen Saisonauftakt fing sich die Mannschaft und spielte spätestens in der Platzierungsrunde der ersten sechs Mannschaften das attraktivste und neben Wien auch erfolgreichste Eishockey. Es herrschte eine unglaubliche Begeisterung in Klagenfurt, man erwartete sich auf breiter Ebene einen Finaleinzug bzw. den nächsten Titel. Die große Ernüchterung erfolgte in der Viertelfinalserie gegen Laibach, welches sich erst über die Qualifikationsrunde der 4 letztplatzierten Teams für die Playoffs qualifizierte. Das Ergebnis ist bekannt, der KAC schied nach 3 Spielen aus, zerbrach in erster Linie an einer schnörkellosen Defensivleistung des Gegners und vor allem an Teufelskeeper Alex Westlund.
Im heurigen Jubiläumsjahr folgt der nächste Anlauf auf den Titel. Interessante Namen wechselten an den Wörthersee, einige Schlüsselspieler der vergangenen Jahre verließen hingegen den Verein. Im Vorstand gibt man wieder ein Ziel aus, welches nahezu jedes Jahr neu formuliert wird – der nächste Titel muss her. Die Liga ist entgegen der Interpretationen vieler Experten wohl kaum stärker geworden als in den letzten beiden Jahren, der Zenit für österreichische Verhältnisse scheint erreicht. Ob der KAC heuer über die Sommermonate die richtigen Personalentscheidungen getroffen hat, wird sich zeigen, das Potenzial scheint auf jeden Fall da zu sein.
Die Fragezeichen stehen vor allem im Tor, der Konstanz der fix eingeplanten Nachwuchsspieler, dem körperlichen Durchhaltevermögen der Top Stars und der Coachingfähigkeiten von Manny Viveiros. Die Klagenfurter haben, glaubt man den Gesprächen unter so manchem Spielermanager, neben Salzburg den teuersten Kader der Liga zur Verfügung und man lehnt sich wohl nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man dieser Mannschaft einen Top 5 Platz prophezeit. Und wenn die Rotjacken ganz vorne mitspielen, dann wird die Euphorie in der Lindwurmstadt wieder ungeahnte Höhen erreichen. Gut für die Liga, gut für das Eishockey. Doch es wäre auch nicht das erste Mal, dass der KAC im Grunddurchgang ganz vorne mitspielt und dann in den Play Offs über die eigene Selbstüberschätzung stolpert. Die Mannschaft hat ohne Zweifel das Potential für den Titel, wenn der Verletzungsteufel einen großen Bogen um Klagenfurt macht und man anders als in der jüngsten Vergangenheit dann zur besten Form findet, wenn es wirklich notwendig ist – in den Play Offs. Dass man diese erreicht, dürfte wohl außer Frage stehen.
Hockeyfans.at Prognose: Rang 1-4
Kaderbewertung KAC (Autor: Martin Thamer)
Torhüter:
Eine unorthodoxe Entscheidung fällte Trainer Manny Viveiros in der Frage der Torhüterposition beim KAC. Die Rotjacken vertrauen auf eine rein österreichische Lösung und haben Hannes Enzenhofer zur Nummer 1 gekürt. „Enze“ verfügt zwar über viele Jahre an Erstligaerfahrung und brachte es in der vergangenen Saison immerhin auf eine Fangquote von 90,66%, doch im Vergleich zur Konkurrenz scheint er nicht der „Wunderfänger“ zu sein. Enzenhofer hat sich das Vertrauen seines Coaches sicher verdient, wenngleich gerade seine Position wohl der erste Angriffspunkt sein dürfte, falls es einmal nicht so gut läuft.
Das größere Problem haben die Klagenfurter aber wohl eher auf der Backup Position. Hier steht zwar mit Rene Swette eines der größten Talente des Landes am Eis, doch stellt sich die Frage, ob der Sprung von der Nationalliga in die Bundesliga nicht ein zu großer ist. Auch wenn man bei den Lindwurmstädtern davon träumt, dass man mit Swette einen ebenbürtigen Backup hat, darf dies bezweifelt werden. Der 20-Jährige verfügt nicht über die Erfahrung, dass er über längere Zeit eine konstante Leistung auf höchstem Niveau abrufen könnte. Einzelne Spiele wird Swette mit Sicherheit erfolgreich bestreiten können, doch ob er einer Nummer 1 in der EBEL den Kampf ansagen kann darf man bezweifeln. Im Falle einer wider Erwarten unkonstanten Saison von Hannes Enzenhofer könnte der KAC aber noch reagieren, denn bei den zu vergebenden Punkten hat man noch leichte Luft nach oben und könnte somit einen Legionärsgoalie nachrüsten. Auch wenn das nicht geplant ist, beruhigend dürfte es dennoch wirken.
Insgesamt ist die Torhüterposition mit der Nummer 1 gut, aber nicht herausragend besetzt. Mit Swette hat man ein tolles Talent, für den mehr als nur ein paar Spiele wohl zu bald kommen. Im Vergleich zu den besten Torhütern der Liga fehlt hier vielleicht das kleine bisschen Etwas.
Wertung: 3 von 5 Punkten
Verteidiung:
Mit Kapitän Jeremy Rebek hat der ligaweit überragende Verteidiger der Vorsaison - zumindest angesichts seiner Offensivqualitäten (14 Tore, 35 Assists) – den KAC in Richtung Red Bull Salzburg verlassen. Sein Scoring-Punch konnte nicht ersetzt werden, somit versuchte man, das Pferd von der anderen Seite aufzuzäumen und mit dem Verhindern von Toren die vorrangige Funktion der Verteidigung zu stärken. So gesehen dürfte man auch aus der Play Off Serie der letzten Saison gelernt haben. Offensive ist zwar schön und gut, Meisterschaften werden aber mittlerweile auch in der EBEL über eine konstante Abwehrarbeit gewonnen.
Dennoch hat man einen würdigen Ersatz für Rebek gefunden. Der 31-Jährige Sean Brown wurde von zahlreichen DEL Teams gejagt, kurvt aber jetzt in Klagenfurt übers Eis. Brown ist kein Zauberer nach vorne, sondern hat seine Stärken im harten Spiel vor dem eigenen Tor. Er ist ein gnadenloser Abräumer, der die Erfahrung von 436 NHL- Spielen und zuletzt 2 Jahren DEL mit an den Wörthersee bringt. Er soll neben seinem starken Stellungsspiel und defensivem Denken auch der seit dem Abgang von Mike Siklenka fehlende „harte Hund“ sein, der seinen Mitspielern auf dem Eis den nötigen Rückhalt gibt.
Ansonsten bleib die Verteidigung im Vergleich zur Vorsaison unverändert. Jeff Tory hat mit 6 Toren und 40 Assists zwar eine ähnlich imposante Punkteausbeute wie Rebek aus der letzten Spielzeit aufzuweisen, er hat dabei aber in breitem Ausmaß von seinem überragenden Defensivpartner profitiert und nicht vollends überzeugt. Heuer wird er wesentlich mehr Verantwortung im Spielaufbau übernehmen müssen. Als neuer Partner wurde ihm der defensiv nicht immer sattelfest agierende Johannes Reichel zur Seite gestellt. Mit Kirk Furey hat der KAC einen weiteren soliden Defender (8 Tore, 15 Assists) im Lineup, der im Vorjahr mit 115 Strafminuten der „böseste Bube“ des KAC war. Diese Rolle sollte heuer Sean Brown übernehmen, so dass Furey wieder mehr Augenmerk auf seine oft angedeuteten Offensivqualitäten legen kann. Er wird laut Beobachtungen aus der Preseason ein Abwehrpaar mit dem defensiv wie offensiv wertvollen Herbie Ratz (19 Punkte im Vorjahr) bilden. Ergänzt wird die Verteidigung durch Christoph Quantschnig, der aufgrund seiner Unbeweglichkeit und Langsamkeit aber nur bedingt erstligatauglich ist und dem aus dem eigenen Nachwuchs nachdrängenden Markus Schumnig, der langsam aufgebaut werden soll. Es bleibt zu hoffen, dass Schumnig Eiszeiten bekommen wird, über Kurzeinsätze dürfte er unter Viveiros zumindest in seiner ersten Saison in der Kampfmannschaft aber nicht hinauskommen.
Im Gegensatz zum Sturm scheint der KAC in der Verteidigung zwar qualitativ gut besetzt zu sein, im Spielaufbau und im Powerplay könnte es durch den Abgang von Jeremy Rebek aber zu Problemen kommen. Zudem fehlt die notwendige Tiefe, Verletzungen der ersten fünf bis sechs Verteidiger werden nur schwer zu kompensieren sein. Mit diesem Problem hat aber auch die Konkurrenz zu kämpfen.
Wertung: 4 von 5 Punkten
Angriff:
Mit Rob Valicevic, Pär Arlbrandt, Chad Hinz, Christian Ban, Phillipe Horsky, Franz Wilfan und Christoph Ibounig verließ nach der letzten Saison gleich eine ganze Phalanx etablierter Stürmer den Verein. Speziell der Abgang von Center Chad Hinz, der über drei Saisonen Publikumsliebling und Highscorer beim KAC war, schmeckte einigen Anhängern nicht. Zudem wurde mit Christian Ban ein KAC- Eigenbauspieler, der vor zwei Jahren noch 17 Tore für den Rekordmeister erzielte, Opfer von Unstimmigkeiten mit Trainer Viveiros. Christoph Ibounig reagierte auf seine stagnierenden Eiszeiten, indem er früh in der letzten Saison einen Vertrag bei den Black Wings in Linz unterschrieb.
Von den Neuzugängen verspricht ein Name besondere Qualität und zudem emotionale Verbindung zum KAC: Christoph Brandner kehrt nach sehr erfolgreichen Jahren in Deutschland, der NHL, AHL und Schweden zurück zu seinem Stammverein und wurde, kaum wieder in Klagenfurt angekommen, von Trainer Viveiros sofort zum Kapitän ernannt. Schon in der Vorbereitung zeigte Brandner, dass er jeden Euro seines sicherlich gut dotierten Vertrages wert ist: Neben seinen Führungsqualitäten und seiner Vorbildfunktion zeigte er, dass er nichts von seinen Torjägerqualitäten eingebüßt hat. 7 Tore in der Preseason sind der eindrucksvolle Beweis dafür. Fraglich ist bei Brandner immer wieder seine körperliche Fitness, denn in den letzten Jahren sorgte der Gesundheitszustand des Centers praktisch in jeder Saison für rückenbedingte Verletzungspausen.
Der Mittelstürmer, der den besten österreichischen Spieler der Liga mit den nötigen Vorlagen füttern soll, heißt Jeff Shantz. Der knapp 35-jährige Rechtsschütze kommt mit der Erfahrung von unglaublichen 642 NHL- Spielen zum KAC, zuletzt war er in der DEL bei Mannheim engagiert, wo man ihm von Vorstandsseite her jedoch keine verletzungsfreie Saison mehr zutraute. Also auch hier das Fragezeichen der Fitness. Neben seinen Scoring- Qualitäten sprechen die beeindruckende Bullystärke sowie seine Führungsqualitäten für den Kanadier.
Dahinter kommen mit dem KAC-Topscorer des Vorjahres, Warren Norris (24 Tore, 26 Assists), sowie Scoringmaschine Mike Craig (trotz langwieriger Verletzung Schnitt von 0,9 Punkten/Spiel) und Andy Schneider (0,94 Punkte/Spiel) starke Imports, welche die Liga kennen und sich an die Abläufe in Klagenfurt gewöhnt haben.
Bei den einheimischen Stürmern kann man weiter auf die Dienste von etablierten Kräften wie Gregor Hager (starke 27 Punkte im Vorjahr), Chris Harand, David Schuller und Paul Schellander vertrauen. Zudem drängen junge Klagenfurter wie Hundertpfund, Jakopitsch, Pirmann in die Kampfmannschaft.
Weil man mit den Zwillingen, Stefan und Manuel Geier, sowie dem besten österreichischen Scorer der letzten Nationalligasaison, Raphael Herburger, noch zusätzliche Toptalente zum KAC gelotst hat, sollte ein interessanter Kampf um Plätze im Lineup entstehen.
Hierbei ist Trainer Manny Viveiros im Gegensatz zum Vorjahr mehr gefordert, den jungen Spielern Perspektiven zu liefern und ihnen regelmäßige Eiszeiten zu ermöglichen. Dies wird schon aufgrund des langen Grunddurchganges (54 Spiele) dringend notwendig sein- auch angesichts der Verletzungsanfälligkeit von Spielern wie Brandner, Craig oder Shantz.
Der Sturm ist also weiterhin das (nominelle) Prunkstück des KAC, sowohl Qualität als auch Tiefe lassen den heurigen KAC gegenüber dem Großteil der Ligakonkurrenz herausragen. Vor allem die Mischung aus gestandenen Profis und jungen, hungrigen Nachwuchsleuten erinnert an die besten KAC Zeiten der letzten Jahre und lässt einiges erwarten. Probleme gibt es dann, wenn die erhofften Topleute (Brandner, Shantz), wie in den letzten Jahren immer wieder der Fall, verletzungsbedingte Auszeiten nehmen müssen. Dann könnte auch die Unerfahrenheit der hinteren Linien eine unlösbare Hürde für die Klagenfurter werden
Wertung: 5 von 5 Punkten
Trainer:
„Mister KAC“ – Manny Viveiros geht in das zweite Jahr seines Fünfjahresvertrages, nach der zweiten Saison soll es von Vereinsseite her aber eine Möglichkeit zum Ausstieg aus dem Vertrag geben. Viveiros ist eine KAC-Ikone, er war ein genialer Spieler und kennt den Druck und die zum Teil nur schwer nachvollziehbaren Abläufe in Klagenfurt besser als jeder andere. Als Trainer ist er in Klagenfurt aber längst umstritten - leicht neidisch schielen Fans der Rotjacken auf prominente Trainer der Konkurrenz. So lange er auch als Spieler am Eis erfolgreich gewesen sein mag, als Coach ist er erst in seinen Anfängerjahren und lernt wie einige seiner Youngsters von Jahr zu Jahr dazu. Im Vorjahr merkte man seine Unerfahrenheit in den Play Off Spielen gegen den späteren Vizemeister Laibach. Zudem wird auch der Druck in Klagenfurt nicht geringer. Gerade im Jubiläumsjahr wird der Titel geradezu erwartet, Misserfolg wird mit Sicherheit zuerst einem angekreidet werden: Viveiros. Im Vergleich zu den Gilligans, Huras oder Kennedys der Konkurrenz ist der KAC hier nominell im Nachteil.
Wertung: 3 von 5 Punkten
Gesamtwertung: 15 von 20 Punkten
Bisherige Wertungen:
1. KAC 15 Punkte
2. Alba Volan 12,5 Punkte