Time Out: EBEL - die Liga mit Licht und Schatten
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marksoft -
11. November 2007 um 10:18 -
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Halbzeit in der Erste Bank Eishockey Liga – Zeit, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen und zu überprüfen, was von der angekündigten „besten und spannendsten Liga“ aller Zeiten geworden ist. Auch wenn man von Seiten der EBEL erneut Jubelmeldungen unter die Fans bringt, es gibt neben dem Licht nach der Hälfte der gespielten Partien im Grunddurchgang auch jede Menge Schatten.
Eines kann bereits vorweg angemerkt werden: die Zuschauerzahlen sind im Durchschnitt weiterhin rückläufig – auch gegenüber dem Vorjahr. Das könnte sich aber noch ändern, denn gerade in den letzten Wochen hat sich der Schnitt nach anfänglich sehr schlechten Zahlen langsam nach oben bewegt und liegt nun bei 3.007 Fans pro EBEL Spiel.
KAC, VSV und Caps heben Schnitt
Den Hauptanteil an dieser Entwicklung haben vor allem Rekordmeister KAC, Vizemeister VSV und Langzeitleader Vienna Capitals. Lediglich diese drei Teams können auf einen besseren Schnitt zurückblicken als der Ligadurchschnitt. Zuschauermagnet Nummer 1 bleibt auch nach dem zweiten Saisonviertel der EC-KAC. 4.200 Fans sorgen im Schnitt für Stimmung in der Klagenfurter Messehalle. Damit ist der Zuschauerzuspruch bei den Rotjacken weiter klar im Steigen – nach 3.400 und 3.700 Fans in den letzten beiden Jahren. 4.088 Adler-Fans im Schnitt in der Villacher Stadthalle bedeuten 90,8% Auslastung. Die Albert-Schultz-Eishalle, Heimstätte des EV Vienna Capitals, begrüßt durchschnittlich 3.731 Eishockey-Fans.
Alle anderen Teams liegen unter dem durchschnittlichen Zuschauerbesuch, wobei der aktuelle Tabellenführer Jesenice nur knapp an der 3.000er Marke scheitert. Enttäuschend der Zuspruch in Salzburg, wo sich die sportliche Krise auch auf die Zuschauerzahlen schlägt. Nur langsam scheint sich auch das Interesse in Szekesfehervar und Laibach zu entwickeln. Die Ungarn sind auch jenes Team, das auswärts die wenigsten Besucher anzieht.
Weiters darf abgewartet werden, ob der neue Modus tatsächlich der große Zuschauermagnet ist, den man sich in der Liga erwartet. Von mehr als 800.000 Zuschauern am Ende spricht man in hoffnungsvollen Vorausblicken – einen Plus von 30% innerhalb von 2 Jahren. Erstens wäre das kein Wunder, denn die Liga ist auch um 3 neue Teams erweitert worden, die Spielanzahl damit erhöht und zweitens muss sich das erst beweisen. In der Platzierungsrunde ab Anfang Jänner werden die Top 6 Teams schon fix für die Play Offs qualifiziert sein. Ob das die Fans dann wirklich dazu motiviert, in die Halle zu kommen?
Wo bleibt die beste Liga?
In Superlativen war die neue Saison angekündigt worden, nur wenig ist bislang davon übrig geblieben. Zwar ist die Spannung gegeben, da praktisch die Hälfte aller EBEL Teams innerhalb von nur zwei Punkten liegen, das Niveau der Liga ist dennoch nicht gestiegen – eher im Gegenteil. Die Zahl der wirklich hochkarätigen Spiele lässt sich an einer Hand abzählen, der Rest der Partien verlief bislang meist auf eher durchschnittlichem Standard.
Das sollte eigentlich zu denken geben, denn noch nie waren so viele Legionäre in der EBEL aktiv, wie 2007/08. Doch wie erwartet, tummeln sich sehr viele Durchschnittsausländer am Bundesligaeis und können dem Spiel nur selten ihren Stempel aufdrücken. Kein Wunder, dass man quer durch die Liga bereits mit Tauschvorgängen die Schwachstellen auszumerzen versuchte.
Es bleibt aber dabei: technische Probleme bleiben an der Tagesordnung. Fehlpässe, Annahmefehler, usw. prägen das Offensivspiel, was aber auch daran liegen kann, dass alle Teams versuchen, schnelles und direktes Eishockey zu spielen. Den wenigstens ist das bislang aber auch wirklich gelungen. Zu Begeisterungsstürmen reißt diese Liga noch nicht hin – aber was noch nicht ist, kann ja noch werden.
Punktewertung – wozu genau?
Heftig kritisiert wird weiterhin die Punktewertung. Initiiert, da die Vienna Capitals und Graz 99ers ihre Chancen auf eine Top-Platzierung nur noch mit dem Anheben der Legionärszahlen erringen konnten, prügeln mittlerweile Experten, Spieler, Trainer und auch Fans auf dieses Punktesystem ein.
Da war vor der Saison von Budgeteinsparungen für die Kaderplanung die Rede, da man sich ja die überteuerten Durschnittsösterreicher sparen würde. Mittlerweile dürfte selbst dem letzten Optimisten klar sein, dass dies nicht so ist. Hatten zum Beispiel die Caps von deutlichen Kostenreduktionen gesprochen, gibt es mittlerweile Gerüchte aus Wien, wonach man über ein Drittel mehr für den aktuellen Kader ausgibt. Und auch bei den wechselwütigen Graz 99ers wird man sich die Experimentierfreude einiges kosten lassen.
Bis auf den VSV haben schon alle Teams Kaderadaptierungen gemacht – ein Zeichen, dass man die Kosten vielleicht besser unter Kontrolle bekommen würde, wenn man sich mehr Zeit für das Scouting von neuen Spielern nehmen würde.
Die Verlierer der Punktewertung sind erwartungsgemäß die Österreicher – so war es ja auch ursprünglich angedacht. Bei fast allen Teams können die Inländern nur noch in den hinteren Reihen Fuß fassen, lediglich Linz, Salzburg und Villach fallen positiv auf. Bei den Caps werden einige Österreicher von den Legionären „mitgezogen“, doch auch bei den Wienern sind die Ausländer dominant.
Wie stark sich die Liga durch die Aufhebung der Legionärsbeschränkung geändert hat, zeigt ein Blick nach Salzburg. Dort vertraut man auf einen fast unveränderten Kader, setzt auch verstärkt den Nachwuchs ein – und hat keine Chance. Wenn man bei den Mozartstädtern das Problem mit den „Schlüsselarbeitskräften“ unter Kontrolle bekommt (derzeit können keine Legionäre geholt werden, da die Quote im Land erschöpft ist), werden auch hier die jungen Österreicher weniger eingesetzt.
Ähnliches gilt für den VSV, der mit fast unverändertem Kader im Vergleich zur Vizemeisterschaft im hinteren Tabellendrittel herumkrebst. Hier hat man zumindest noch das Argument des Verletzungsteufels.
Jesenice überzeugt weiter
Mit dem Hintergrund der Legionärswut in der Liga ist Acroni Jesenice eine außerordentlich positive Ausnahme. Die Slowenen setzen nur 4 Ausländer ein und führen trotzdem die Liga an. Vielleicht sollte man sich bei so manchem Konkurrenten hier ein Vorbild nehmen. Trainer Kim Collins hat es verstanden, sein Team das spielen zu lassen, was es kann. Hier wird gelaufen und gekämpft, als gäbe es kein Morgen mehr – und jetzt ist man sogar Tabellenführer! Können die Krainer diese Tendenz in der zweiten Saisonhälfte bestätigen, hat wohl nur ein Trainer den Anspruch zum „Coach des Jahres“ gewählt zu werden.
Schiedsrichterkritik? Unerwünscht!
Weiterhin im Blickpunkt bleiben auch in dieser Saison die Schiedsrichter. Auch wenn auf Geheiß der Liga öffentlich keine Kritik mehr an den Referee-Leistungen geübt werden darf, die Schiedsrichter sind ein großer Schwachpunkt in der Liga. Zwar gibt es auch hier den einen oder positiven Ausreißer, doch insgesamt konnte die Qualität der Refs nicht mit der Entwicklung im Eishockey der letzten Jahre mithalten.
Fehlentscheidungen sind an der Tagesordnung, in kaum einer anderen Liga stehen die Schiedsrichter so oft im Weg wie in der EBEL und weiterhin darf man sich fragen, wo die Konstanz in der Regelauslegung bleibt. Zu Beginn der Saison wurden neue Regeln vorgestellt – nicht einmal zwei Monate später wird wieder anders gepfiffen. Kein Wunder, dass unter vorgehaltener Hand die Kritik massiv ist.
Ligaerweiterung ein Gewinn?
Auf 10 Teams wurde die EBEL aufgestockt und zumindest im Fall von Alba Volan kann man bislang von einem Flop sprechen. Die Ungarn können zwar immer wieder zwei Drittel mithalten, nach 18 Partien hat man aber trotzdem erst einen einzigen Sieg am Konto. Da hilft es auch nichts, wenn man von einem „Lernjahr“ spricht – das was die Magyaren bislang gezeigt haben ist zu wenig für die EBEL, auch wenn ihnen die Sympathiewertung wohl nicht mehr zu nehmen sein wird.
Anders sieht es da schon in Laibach aus. Die Slowenen konnten vor allem zu Saisonbeginn als große Unbekannte überraschen und führten die EBEL sogar an, jetzt findet man sich trotzdem in den hinteren Tabellenregionen wieder. Die Laibacher können jedoch anders als Alba Volan mithalten, was vor allem am wohl besten Goalie der Liga, Alex Westlund, liegt. Es wäre kein Wunder, würde sich der US Boy in der nächsten Saison bei einem Ligakonkurrenten wieder finden. Einen derart positiven Eindruck wie Jesenice in der letzten Spielzeit können die Laibacher aber (noch?) nicht hinterlassen.
Viele Baustellen, steigendes Medieninteresse
Es gibt also neben dem Licht in der Liga doch einiges an Schatten. Dazu gehört auch, dass sich die Infrastruktur bei den Vereinen weiterhin nicht wirklich bewegt. Während man quer durch Europa in neue Multifunktionshallen investiert, fehlt in Österreich dafür nicht nur das Geld, sondern auch das Interesse. Also spielt man in der EBEL in Hallen mit Schimmel an der Decke, fehlenden Gäste-WCs, veralteten Tonanlagen, usw. Auch das ein Zeichen, wie der Sport im internationalen Vergleich hinterher hinkt.
Trotz allem hat die EBEL in Österreich einen fruchtbaren Nährboden. Das Medieninteresse ist im Steigen, die Fans bleiben trotz der fehlenden Konstanz in der Liga halbwegs treu und auch die Sponsoren entdecken den schnellsten Mannschaftssport der Welt. Bleibt zu hoffen, dass sich die Liga endlich einmal auf eine langfristige Planung einigt und man nicht wieder am Ende der Saison eine Baustelle abschließt und eine weitere zu beginnen. Seit Bestehen der neuen EBEL gab es noch keine neue Spielzeit ohne weitreichende Neuerungen (Ligaerweiterung, Punktesystem, Durchführungsmodus) usw. Vielleicht schafft man es ja im nächsten Frühling, die Vereinsinteressen hintan zu stellen und im Sinne der Attraktivität der Liga zu handeln. Hoffen darf man ja noch...