Kaderbewertung: Wohin geht es in Jesenice nach dem Aderlass?
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marksoft -
2. September 2007 um 21:17 -
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Der HK Jesenice war als Neueinsteiger in die EBEL die große Überraschung der letzten Saison. Erst im allerletzten Grunddurchgangsspiel musste man die Play Off Träume ad acta legen und gewann mit erfrischendem Offensivhockey die Herzen vieler Eishockeyfans. Für die neue Saison musste man viel umbauen, denn die Konkurrenz wütete im Jesenice Teich. Wie weit schaffen es die Slowenen dieses Mal?Um die Sympathiewertung in der EBEL muss man sich in Jesenice auch für die Spielzeit 07/08 keine Sorgen machen. Wenn ein Team über den Sommer auf Grund weniger potenter Finanzmöglichkeiten von der Konkurrenz so gut wie alle Topspieler weggekauft werden, dann weiß das Fanherz der Konkurrenz, wem man die Daumen drückt. Und Jesenice wird in dieser Liste ganz weit oben stehen.
Die Krainer waren vor einem Jahr als die große Unbekannte ins Meisterschaftsrennen gegangen und haben von Beginn an überzeugt. Schnelles, technisches Eishockey, das von Offensivgeist geprägt war – das waren die Stärken der Slowenen, die bis zum letzten Spiel um die Play Off Teilnahme mitkämpfte. Alleine dieser Umstand kann im ersten Jahr der EBEL Teilnahme als Erfolg für Jesenice gewertet werden, wenngleich der Kader selbstverständlich aus slowenischer Sicht ausgezeichnet besetzt war.
Neben zahlreichen Nationalteamspielern waren es vor allem die ersten beiden Offensivlinien, die für Furore sorgten. Vor allem die erste Reihe konnte von der Konkurrenz kaum ausgeschaltet werden. Sie zeichnete sich am Ende auch für 90 von 194 Treffen verantwortlich und hielt ihre Mannschaft im Rennen. Erst im letzten Spiel gegen die Vienna Capitals war das Glück nicht mehr auf Seiten der Krainer und man belegte am Ende einen überaus ehrenvollen, wenngleich auch extrem unglücklichen fünften Platz.
In der neuen Saison will man zumindest wieder in die Play Offs, noch besser aber, weiter nach oben als 2006/07. Zuversichtliche Worte, bedenkt man, dass Jesenice mit Fox, den Rodmans, Pare, Razingar, Vnuk und Kotyk gewaltiges Potential abgeben musste. Doch Ausreden wollen die Slowenen keine gelten lassen und bastelten an einem neuen Kader, dem erneut wenig zugetraut wird.
Erinnerungen an die letzte Saison geraten wieder in Erinnerung. Auch damals war man als Außenseiter gestartet und hatte die gesamte Liga überrascht. Das möchte man auch in der bevorstehenden Meisterschaft.
Hockeyfans.at Prognose:
Wenn man derartig viele Leistungsträger abgibt liegt die Annahme auf der Hand, dass sich Jesenice im Vergleich zur letzten Saison kaum weiterentwickeln konnte. Zwar ist man vor allem im Tor besser besetzt als noch vor ein paar Monaten, aber vor allem im Angriff muss man erst abwarten, ob die Abgänge kompensiert werden konnten.
Die Außenseiterrolle wird Jesenice auch in der neuen Saison einnehmen. Die zweite Saison ist meist die schwierigste, denn die Konkurrenz kennt mittlerweile die Stärken Jesenices und wird entsprechend reagieren. Zudem haben die Mitbewerber während des Sommers enorm aufmunitioniert, während man bei Acroni verzweifelt versucht hat, den Kader wieder schlagkräftig zu gestalten. Durch Probleme bei der Präsidentensuche hat man mit der Zusammenstellung der Mannschaft erst relativ spät beginnen könne und ist noch immer nicht ganz fertig damit.
HK Jesenice hat auch in der neuen Saison das Potential für Überraschungen und wird in der Liga durchaus ein Wörtchen mitreden. In den Tests hat man phasenweise bereits mit unerwarteten Leistungen überzeugt und lässt für die neue Saison viel erhoffen. Dennoch bleibt abzuwarten, ob die Neuzugänge das Riesenloch der Abgänge über eine gesamte Spielzeit hinweg vergessen lassen können. Zudem verfügt Jesenice im Vergleich zur Konkurrenz nicht über jene Kadertiefe, die man vermutlich benötigen wird, um vorne mitzuspielen. Das war auch in der letzten Saison einer der Hauptgründe, weshalb es am Ende nicht ganz geklappt hat.
Insgesamt gesehen wird Jesenice mit Sicherheit um die Play Off Plätze in der Liga mitspielen, ob es erneut bis auf Rang 5 gehen wird, ist auch von der Konkurrenz abhängig. In der letzten Saison lief lange Zeit vieles für die Slowenen und man profitierte von den Schwächen zahlreicher Konkurrenten. Können Mannschaften wie Graz oder etwa Klagenfurt den von ihnen erwarteten Sprung nach vorne machen, wird es für die Krainer eng. Aber wer weiß, vielleicht straft Acroni auch in dieser Saison alle Vorhersagen Lügen.
Hockeyfans.at Prognose: Rang 6 – 9
Kaderbewertung HK Jesenice:
Torhüter:
Gerade die Torhüterfrage war gegen Ende der letzten Saison entscheidend, als es um die Qualifikation für die Play Offs ging. Nachdem der phasenweise Seamus Kotyk verletzungsbedingt nicht mehr im Kader war musste Gaber Glavic die Kastanien aus dem Feuer holen. Und der slowenische Nationalteambackup vermochte in manchen Spielen auch zu überzeugen, konnte aber gewisse Schwächen nicht kaschieren. Darauf hat man bei Jesenice in der neuen Saison reagiert und die slowenische Nummer 1 zurück geholt.
Robert Kristan hütet nach einem Jahr in Schweden wieder bei Jesenice das Tor. Eine deutliche Aufwertung in der Goaliefrage, denn Kristan gilt als Klassemann und brachte es bei Brynäs in der vergangenen Saison auf immerhin 38 Einsätze mit 90% Fangquote. Er ist ein schneller, agiler und sehr mobiler Torhüter, der jedoch technisch einige Schwächen hat.
Als Nummer 2 steht hinter Kristan mit Glavic wie im Nationalteam ein alter Bekannter zur Verfügung. Ein ausgezeichnetes Gespann und Jesenice braucht sich kaum Sorgen zu machen, seinem Backup den ein oder anderen Einsatz zuzugestehen. Dazu hat man auch auf der dritten Position mit dem jungen Hocevar ein starkes Talent, das schon bald für mehr Druck auf die profilierten Goalies sorgen dürfte.
Wertung: 4 von 5 Punkten
Verteidigung:
In der Defensive konnte Jesenice für die neue Saison auf Beständigkeit bauen. Die Leistungsträger bleiben weiterhin bei den Slowenen und werden dafür sorgen, dass es für die Konkurrenz schwierig wird, Tore zu schießen. Mit Kranjc hat man weiterhin einen erfahrenen und von der blauen Linie sehr gefährlichen Verteidiger, der mit zu den besten Defensivspielern der Liga gehört. Dazu bleiben mit Vidmar und Rbolj weitere Führungsspieler im Kader, auf die man vertrauen kann. Die Verteidigungsreihen bleiben praktisch unverändert und man ist in der Verteidigung gut zusammengespielt. Der Mix aus Erfahrung und Jugend konnte in der letzten Saison überzeugen, ohne jedoch herausragend zu agieren. Vor allem wenn der Gegner körperlich und schnell spielte, hatte Jesenice Probleme – und wie bei jedem Team werden die Krainer auch 07/08 stark vom Defensivverhalten der Angreifer abhängen. Dazu müssen von hinten mehr Impulse im Spiel nach vorne kommen.
Wertung: 3,5 von 5 Punkten
Angriff:
Das große Problemkind der Asslinger besteht in der neuen Saison ohne Zweifel im Angriff. Hier wurden die Topspieler allesamt abgegeben. Rodman, Fox, Rodman, Pare und Razinger sorgten alleine für 135 Treffer – das sind immerhin 70%! Und dafür müssen sich nun die Neuzugänge als gleichwertig erweisen. Die Legionäre Matthiasson, Healey und Bekar zeigten zwar schon in der Vorbereitung ihre Stärken, für Furore sorgten sie aber noch nicht. Mit dem angekündigten Neuzugang von Chris Bright kommt im Offensivspiel noch sehr viel an Kreativität und Erfahrung hinzu, doch auch der Japan-Kanadier wird wohl nicht für jene Durchschlagskraft sorgen, die man in der letzten Saison hatte. Und hinter den beiden Top Linien stehen zwar zahlreiche slowenische Spieler, die jedoch allesamt gegenüber der Konkurrenz abfallen. Die Kadertiefe im Angriff ist ein großer Schwachpunkt der Krainer.
Noch können die Slowenen aber nachrüsten und werden zu den drei bestätigten Legionären und dem angekündigten Bright noch einen Legionär verpflichten. Ob man eine derart funktionierende Offensive finden wird, wie 06/07 muss aber abgewartet werden. Viele Fragezeichen für die neue Saison...
Wertung: 3 von 5 Punkten
Trainer:
Nach der letzten Saison hat der harte und sehr ehrgeizige Trainer Kopitar sein Amt in Jesenice niedergelegt. Jetzt herrscht ein Deutsch-Kanadier hinter der Bande der Krainer. Kim Collins kommt aus der Schweizer Nationalliga B, wo er in den letzten Jahren durchaus erfolgreich agierte. Zwei Meistertitel sprechen eine deutliche Sprache, auch wenn dem 45-Jährigen der Aufstieg in die NLA verschlossen blieb.
In der zweithöchsten Spielklasse der Schweiz galt Collins als ausgezeichneter Trainer, der es sowohl in Sierre wie auch in Biel schaffte, eine Einheit zu formen. Man muss abwarten, wie der neue Trainer die sprachliche Barriere in Jesenice überwindet und ob er von der Mannschaft akzeptiert wird. Kopitar galt als Peitschenknaller, der Fehler oder fehlenden Einsatz nicht tolerierte. Mit diesen Vorgaben trieb er seine Mannschaft zu großen Leistungen, jetzt darf Kim Collins zeigen, dass er mit seiner Philosophie ähnlichen Erfolg haben kann. Es wird aber vermutlich einige Zeit dauern, bis sich der Deutsch-Kanadier in der Liga zurecht findet, die Gegner kennt und seine Mannschaft entsprechend einstellen kann. Neuer Schwung durch neuen Coach, oder Probleme mit einer anderen Philosophie?
Wertung: 3 von 5 Punkten
Gesamtwertung: 14,5 von 20 Punkten
Bisherige Wertungen:
1. HC Innsbruck 15,5 Punkte
2. KAC 14 Punkte
3. Graz 99ers 13,5 Punkte
3. HK Jesenice 13,5 Punkte