Kaderbewertung: 99ers wollen keine Prügelknaben sein
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marksoft -
26. August 2007 um 21:35 -
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In den letzten Jahren waren die Graz 99ers beständig in den hinteren Regionen der EBEL Tabelle zu finden. Immer wieder mit großen Ambitionen in die Saison gestartet, mussten sich die treuen Fans der Steirer am Saisonende ernüchtert die Play Offs im TV ansehen. Das soll jetzt alles anders werden – und die Chancen darauf stehen außergewöhnlich gut. Zum Start der HF.at Kaderbewertung machen wir einen Blick darauf wie gut...Keine Frage, die sportlichen Erfolge der Graz 99ers haben sich in den letzten Saison in Grenzen gehalten. Zwar waren die Murstädter zu Saisonbeginn immer wieder mit großen Hoffnungen an den Start gegangen, diese erwiesen sich aber beständig als zerplatzende Seifenblasen. Schlechte Kaderplanung, unglaublich viele Trainerwechsel und Verletzungspech machten den Steirern einen Strich durch die Rechnung.
Ruhe hat es bei den 99ers in den letzten Jahren wenig gegeben. Kein anderes Team hat so viele Trainer verbraucht wie die Steirer. Die Erwartungen seitens der Vereinsführung, Medien und Fans waren hoch. Dadurch auch der Erfolgsdruck und damit konnte man bei den Grazern nicht umgehen.
Mit diesem Hintergrund kann man vermutlich die Kaderplanung für die neue Saison sehen. Die Steirer holten mit Larry Sacharuk wieder einmal einen neuen Trainer und versorgten ihn gleich mit einem Dreijahresvertrag. Kontinuität will man ab sofort groß schreiben an der Mur. Dazu kamen einige ausgezeichnete Legionäre und ergänzten gezielte Neuzugänge aus Österreich den Kader, der sich tiefer besetzt als in den letzten Jahren zeigt. Keine Frage: mit dem neuen Modus dürfen sich auch die Grazer Play Off Hoffnungen machen.
Hockeyfans.at Prognose:
Die graue Maus der Liga will nicht mehr im Tabellenkeller verweilen. Die Graz 99ers haben ihren Kader gehörig durchgeforstet und dabei scheinbar aus den Fehlern der letzten Saisonen gelernt. Dafür wurde auch bedeutend mehr Geld in die Hand genommen und das Budget erneut klar erhöht. Erfolg will man sich ab sofort auch etwas kosten lassen und den treuen Fans in Liebenau wieder Spitzeneishockey bieten.
Es wird eine enorme Leistungssteigerung benötigen, um in der EBEL weiter vorne mitmischen zu können. Der Kader der Grazer scheint dafür ausreichend besetzt zu sein, noch dazu muss man heuer lediglich zwei Teams hinter sich lassen, um endlich wieder einmal Play Off Luft schnuppern zu können. Die Qualitäten hatte man zwar auch in der Vergangenheit, wenn da nicht der Verletzungsteufel und diese teuflische Unruhe im Verein gewesen wäre.
Der Play Off Strich sollte für die Grazer kein Thema mehr sein, blickt man auf den Kader 2007/08 – und dieses Mal ist diese Einschätzung im positiven Sinne gemeint. Die Schachstellen sind zum Großteil ausgemerzt und der Abstand zur Konkurrenz sollte kleiner geworden sein. Jetzt muss sich dieses Puzzle auch noch zu einem großen Ganzen zusammenfügen und Trainer Sacharuk über eine gesamte Saison sein Können beweisen. Dazu muss man auch im Umfeld Geduld haben und den Druck kanalisieren.
Am Legionärssektor haben die Steirer ausgezeichnet eingekauft, im Tor kann man auf ein ausgeglichenes Gespann vertrauen. Die sonst so dünn besetzte Defensive ist gut ausgebaut worden und in der Offensive kann man auf mehr als nur eine gute Linie vertrauen. Alles in allem scheint der Weg der Grazer deutlich in eine Richtung zu gehen: Play Offs.
Man würde es den Steirern wohl endlich auch wieder einmal gönnen, dass sie weiter vorne mitspielen können. Kaum eine andere Fanschar hätte es sich mehr verdient als die treuen Steirer Anhänger. Die Erwartungen sollte man dennoch nicht zu hoch stapeln, denn daran ist man bei den 99ers schon mehrfach gescheitert. Wenn man von groben Verletzungen verschont bleibt, die Leistungsträger bestehen können und Trainer Sacharuk die Vorgaben erfüllen kann, dann ist vieles drin für die Grazer.
Hockeyfans.at Prognose: Rang 6 – 9
Kaderbewertung Graz 99ers:
Torhüter:
Einer der Knackpunkte in den letzten Jahren war die Besetzung der Goalieposition bei den Steirern. Ständige Torhüterwechsel, nie war man mit den Leistungen vollauf zufrieden. Selbst die eingesetzten Legionäre waren nie gut genug und die Erwartungen wurden nicht erfüllt. Bäume wird man auch mit dem neuen Gespann nicht ausreißen, aber das erwartet man von Bernhard Bock und Claus Dalpiaz auch nicht. Sie bilden ein ungemein ausgeglichenes Goalieduo, das sich gegenseitig pushen soll. Bernhard Bock hat in Salzburg unter Beweis gestellt, dass er ein großes Talent ist. Jetzt heißt es für ihn, über eine gesamte Saison hinweg dem Druck gerecht zu werden und Top-Leistungen zu bringen. Der große Vorteil der Steirer in dieser Saison: mit Dalpiaz hat man einen weiteren langjährig erprobten Bundesligagoalie zur Verfügung, der seinem jungen Kollegen den nötigen Rückhalt geben wird. Bei den 99ers muss man keine Angst mehr haben, dass sich die Nummer 1 verletzt, denn dahinter wartet adäquater Ersatz. Trotzdem: es bleibt abzuwarten, ob die beiden rot-weiß-roten Keeper auch wichtige Spiele gewinnen können.
Wertung: 3,5 von 5 Punkten
Verteidigung:
254 Gegentreffer in 56 Spielen haben die Grazer in der letzten Saison kassiert – so viele wie keine andere Mannschaft. Ganz klar, die Defensive war die große Schwäche bei den Steirern. Mit derartigen Problemen reichte es zu nur 11 Saisonsiegen für die 99ers. Eigentlich kein Wunder, denn die Verteidigung war zuletzt sehr dünn besetzt und wurde durch zahlreiche Verletzungen immer stärker ausgedünnt. Dem wollte man für die neue Saison vorbeugen und hat sich in der Abwehr gezielt verstärkt.
Mit Tommy Jakobsen hat man weiterhin einen der stärksten Verteidiger der Liga in seinen Reihen. Der Leadertyp mit der unglaublichen Ruhe baut das Spiel von hinten auf, auch wenn er nicht immer spektakulär wirkt. Dazu holte man mit dem US Amerikaner Doug Nolan einen Defensivspezialisten, der die Löcher hinten stopfen soll. Ebenfalls neu im Kader ist Nick Martens, ebenfalls aus den USA, ein Mann, der nach vorne für Gefahr sorgen soll. Um diese drei Legionäre hat man insgesamt 6 Österreicher zur Verfügung, die sich um 4 Defensivposten streiten. Das größte Fragezeichen dabei ist wohl Jiri Hala, dem endlich wieder eine verletzungsfreie Saison zu wünschen wäre. Der baumlange Verteidiger könnte aber für die Liga bereits zu langsam sein und hat in der Vergangenheit zu viele Strafen kassiert. Mark Brunnegger und Stefan Pittl sind Spieler mit EBEL Erfahrung, die an der Seite von guten Legionären aufblühen sollen, bisher aber kaum mehr als Mittelmaß darstellten. Der eingebürgerte Jamie Mattie muss in dieser Saison unter Beweis stellen, dass er eine Berechtigung in der EBEL hat. Diese dürfte wohl Alexander Neubauer bekommen, denn die Steirer werden den Try Out Spieler aller Voraussicht nach mit einem Vertrag ausstatten.
Insgesamt hat man sich in der Defensive verbessert, was auch dringend notwendig war. Mit drei Legionären hat man einen guten Grundstock, die Österreicher müssen jedoch beweisen, dass sie aus dem Prügelknaben mit dem Hang zum „Tag des offenen Tores“ ein Abwehrbollwerk machen können.
Wertung: 3,5 von 5 Punkten
Angriff:
Die letzte Saison regierte Masse statt Klasse in der Angriffsformation der Grazer. Zwar hatte man viele Talente im Kader, so richtig durchgesetzt haben sich nur die wenigsten. Eingeschlagen hat dafür Legionär Greg Day, der mit 31 Treffern einer der gefährlichsten Stürmer der Liga gewesen ist. Dazu noch Robert Guillet, der kongeniale Sturmpartner Days. Gemeinsam haben sie für fast ein Drittel aller 99ers Tore gesorgt. Dadurch war man aber leicht auszurechnen, denn mehr als eine gute Linie hatte man nicht aufzubieten. In der neuen Saison steht diesen beiden Goalgettern der Slowene Ivo Jan zur Seite – auch er ein ausgezeichneter Stürmer und vor allem Arbeiter, von dem seine beiden Kollegen profitieren werden.
Dahinter kommt eine echte Arbeiterlinie, die es der Konkurrenz sehr schwer machen könnte. Mit Steve Washburn setzt man auf einen bekannt zuverlässigen „Hackler“ und stellt ihm mit Tony Iob einen Mann zur Seite, der immer für Tore gut ist. Die große Frage beim Italo-Kanadier ist jedoch, inwieweit er sich noch motivieren kann, denn beim KAC wurde er in der letzten Saison wegen seiner Einstellung ausgemustert. Die zweite Angriffslinie wird von TJ Caig ergänzt, ebenfalls ein harter Arbeiter. Damit sollten die Murstädter auch in Reihe 2 konkurrenzfähig besetzt sein.
Hinter diesen beiden Legionärslinien werden schließlich die Österreicher gefragt sein. Mit dem Deutschen Andreas Kleinheinz hat man zwar einen weiteren Import in Reihe 3, dazu kommen, dazu stehen mit Mössmer und Herzog aber die ersten Inländer im Blickpunkt. Als Österreicher zählen sie nicht zu den Topspielern, können sich aber jetzt bei den Grazern beweisen. Genauso wie der in der letzten Saison so starke Kevin Kraxner, Harry Lange und Daniel Schildorfer in einer sehr konkurrenzfähigen vierten Formation.
Insgesamt sollte der Sturm besser besetzt sein als in der letzten Saison. Man hat nicht mehr nur eine gefährliche Angriffsformation sondern derer zwei. Ob das wirklich ausreichen wird und ob die Österreicher in den Reihen 3 und 4 gegen die Konkurrenz in der EBEL bestehen werden, wird in dieser Saison über Erfolg und Misserfolg entscheiden.
Wertung: 3,5 von 5 Punkte
Trainer:
Larry Sacharuk hat eine gehörige Portion Mut. In Graz das Traineramt zu übernehmen ist ein Risikospiel, denn die Steirer wechselten ihre Coaches in den letzten Jahren so oft, dass man leicht den Überblick verlieren konnte. Jetzt hat Sacharuk einen Dreijahresvertrag erhalten, was vielfach für Kopfschütteln sorgte. Immerhin hat der Kanadier bislang nur durch ein Kurzengagement in Innsbruck auf sich aufmerksam gemacht und der Job eines Troubleshooters ist ein anderer als über eine gesamte Saison ein Team zu trainieren. Dass er auch das kann, muss der bald 55-Jährige in dieser Saison beweisen. Vielleicht lässt man ihm auch die Ruhe, die man benötigt, um ein Team aufzubauen, auch wenn es einmal nicht so laufen sollte. Dennoch: ein Fragezeichen, das vielleicht zum Rufzeichen werden könnte. Oder das "Wechsel Dich Spielichen", das an bei den 99ers so gut beherrscht, geht weiter...
Wertung: 3 von 5 Punkten
Gesamtwertung: 13,5 von 20 Punkten