Time Out: Die Liga der Blindschleichen
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marksoft -
15. April 2007 um 09:08 -
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Wieder einmal geht Eishockey-Österreich in eine Sommerpause, ohne zu wissen, wie es wirklich weiter geht mit der EBEL. Die Bundesliga mag zwar in manchen Bereichen eine Erfolgsgeschichte sein, doch seit Jahren üben die Vereine einen Eiertanz rund um die wirklich wichtigen Themen in der höchsten Spielklasse. Und jetzt schiebt man Entscheidungen wieder in die Zukunft und verkauft Erweiterungen erneut als großen Erfolg.Was war man in Österreicher froh, als man im Jahr 2000 mit einer Zehnerliga an den Start gehen und dadurch dem Eishockeysport zu mehr Attraktivität und Zuspruch verhelfen konnte. Sieben Jahre später ist die schnellste Mannschaftssportart der Welt nach dem Fussball die Nummer 2 in der Zuschauergunst, dennoch muss sich die EBEL mit Problemen herumschlagen, die an ihrer Substanz nagen.
Beständig werden die Preise der Österreicher in der Liga in den letzten Jahren nach oben geschraubt. Durchschnittliche Spieler verdienen heute das, was beim Start der Bundesliga neu die Stars kassierten. Die Inländer werden zur begehrten Ware und dem Marktgebot von Angebot und Nachfrage folgend können die Österreicher und ihrer Manager hohe Summen verlangen. Das nagt aber in den letzten Saisonen beständig an der Finanzierbarkeit der Liga für die österreichischen Teams. Der Ausweg aus dieser Misere wird schon seit Jahren gesucht, gefunden wurde er nicht.
Wohl auch deshalb, weil man innerhalb der Liga nur auf die eigenen Interessen schaut, nie auf die Gesamtheit oder gar auf das österreichische Eishockey. Heraus kommt daher bei den zahlreichen Ligasitzungen rein gar nichts, was in dieser Situation weiter helfen würde. Die EBEL bewegt sich auf den wahren Problemfeldern keinen Millimeter weiter – und das seit Jahren!
Fast scheint es so, als wäre die Liga eine Blindschleiche. Man lebt so vor sich hin, geht es einem Verein schlecht stößt man ihn, ähnlich der Blindschleiche ihren Schwanz, einfach ab. Das Ding wächst ja wieder nach.
Genau so, wie die Liga derzeit wieder wächst – Richtung Ausland. In der letzten Saison verkaufte die EBEL den Fans eine Erweiterung nach Slowenien mit dem Argument, dass man endlich wieder mit 8 Vereinen spielen wolle. Gesagt, getan und Jesenice war ohne Zweifel in sportlicher Hinsicht eine Bereicherung der Liga. Probleme gelöst hat man innerhalb der Liga damit aber kein einziges. Die Österreicher werden weiter teurer, das Niveau der Inländer stagniert weiter, weil die guten Spieler im Inland mehr verdienen als wo anders und daher das Risiko der sportlichen Herausforderung scheuen. Dazu steigt die Legionärsanzahl konsequent beinahe jedes Jahr und die Österreicher werden aus den verantwortungsvollen Teampositionen katapultiert. Die Folge: irgendwann wird auch das Nationalteam diese Entwicklung zu spüren bekommen.
Und das sind nur ein paar Baustellen, die man zu bearbeiten hätte. Da gibt es noch die Forderung der Capitals nach Gleichstellung von EU Ausländern mit Österreichern, die nennen wir es mal stagnierenden Schiedsrichterleistungen und vieles mehr.
Was macht die EBEL? Sie nimmt mindestens ein weiteres Team auf! Seit Samstag besteht die Liga wieder aus einer ungeraden Anzahl an Mannschaften. Nichts gegen Laibach, aber mit welchem Argument wollen die Herren diese Erweiterung jetzt verkaufen? Sind plötzlich Spielpausen für ein Team pro Runde wieder gut? Ah ja, die EBEL könnte ja auch nach Ungarn erweitert werden. Alba Volan möchte ebenfalls in die Bundesliga und hat jetzt 4 Wochen Zeit alle Vorgaben zu erfüllen. Dann hätten wir endlich wieder die gewünschte Zehnerliga. Dass durch eine Teilnahme eines ungarischen Vereins vielleicht noch mehr Probleme auftreten, daran denkt man nicht. Auch wenn die Ungarn mit kostenlosen Übernachtungsmöglichkeiten werben, die Transportkosten werden dennoch steigen. Aus Innsbruck wird ein Trip nach Skekesfehervar zu einem Wochenendabenteuer. Kaum vorzustellen, ein Play Off Duell würde Skekesfehervar gegen Innsbruck lauten und Sonntag, Dienstag, Donnerstag gespielt werden....
Ja, die EBEL bewegt sich in die falsche Richtung. Keine Frage, eine Erweiterung könnte Sinn machen, aber zuerst muss man die vorhandenen Probleme lösen und endlich einmal ein langfristiges Konzept aufstellen. Die Langfristigkeit im Denken der Liga-/Vereinsverantwortlichen derzeit lautet: wir wollen Eishockey spielen. Wie, mit wem und mit welchen Spielern, daran denkt man immer erst, wenn es praktisch schon wieder zu spät ist!
Vielleicht würde es einmal Sinn machen, die Liga für ein paar Jahre am Status Quo einzufrieren, sie sozusagen zu schließen und konsequent alle Problemfelder aufzulisten, daran zu arbeiten und sie auszumerzen. Wenn die Liga dann läuft, kann man über alles nachdenken. Aber derzeit weiß kein Mensch, wohin die Reise gehen wird. Zehnerliga, Zwölferliga, internationale Liga – wohin will die EBEL eigentlich?
Und bei all dem bleiben die Probleme für das österreichische Eishockey bestehen. Die Österreicher werden auch bei drei ausländischen Teams teuer bleiben, damit wird die Forderung nach Lockerung der Ausländerregelung noch lauter werden und damit gehen die ligainternen Streitereien ebenfalls weiter.
Aber daran wollen wir gar nicht denken. Denn die Liga ist ja eine Blindschleiche. Dann stoßen wir als Ablenkungsmanöver irgendwas ab und spielen einfach weiter. Wird schon keiner merken, dass da was falsch läuft.
(ein Kommentar von Klaus Führer)