Offener Brief der Capitals zum Legionärsstreit

Mit einem offenen Brief an die Vereine der EBEL, den ÖEHV und ausgesuchte Medien stellt Bundesligist Vienna Capitals seine Ansichten zur aktuellen Diskussion um den Einsatz von EU-Ausländern fest. Vize Präsident Platzer kündigt darin an, dass die Capitals ihr Budget um 15% kürzen werden! Sehr geehrte Herren Präsidenten, liebe Freunde! Da in den letzten Wochen und Monaten immer wieder einzelne Äußerungen der Vienna Capitals zum Thema EU-Spieler in den Medien behandelt wurden, jedoch noch nie eine umfassende Darstellung dieses Themas möglich war ist es mir wichtig, dass ich Euch persönlich über unseren Zugang zu dieser Causa informiere. Der Status Quo. Die Preise der österreichischen Eishockeyspieler haben sich seit dem Einstieg der Vienna Capitals in das österreichische Spitzeneishockey im Jahr 2001 jährlich im Durchschnitt zwischen 15 und 30% erhöht. (Anm. Das führt mittlerweile auch dazu, dass kaum ein Österreichischer Spieler im Ausland das selbe verdienen würden, wie hier in Österreich) Dass diese Preissteigerungen für die Finanzen der Vereine eine enorme Belastung darstellen, weil sich die Einnahmen keineswegs in diesem Ausmaß erhöhen ließen, brauche ich wohl nicht zu erläutern. Warum ist das so? 1. Es gibt nicht genug österreichische Spieler, die das derzeitige Niveau unserer Liga mithalten können. D.h. die Nachfrage nach Spielern ist größer als das Angebot. Dem Gesetz von Angebot und Nachfrage folgend erhöhen sich die Preise der Spieler dramatisch. 2. Mittlerweile haben 95% aller Spieler ihre eigenen Spielermanager, was dazu führt, dass sie professioneller vermarktet werden. 3. Die Anzahl dieser Spielermanager ist sehr klein wodurch einzelne Manager sehr viele Spieler vertreten und das Wissen der Manager über die Marktsituation verbessert wird. Was wiederum dazu führt, dass die Vereine gegeneinander ausgespielt werden können. 4. Zudem wird die Spielstärke und damit der Meisterschaftserfolg durch die Quasi-Monopolsituation bei den Spielermanagern beeinflusst. Überspitzt formuliert bestimmen die Spielervermittler, wer Meister wird – oder zumindest werden kann. Um diesen Tatsachen entgegenzuwirken haben die Vienna Capitals in den vergangenen Jahren mehrmals versucht, eine diesen Entwicklungen entgegenwirkende Erhöhung der Ausländerkontingente zu erreichen, was aber, wie wir wissen nicht gelungen ist. Nun ist Österreich seit einigen Jahren Mitglied der Europäischen Union und seit dem Ende der 1980iger Jahre gibt es mit dem ‚Bosman-Urteil’ gerade für den Sport eine klare EU-Richtlinie zur Arbeitssituation Europäischer Spieler im EU-Inland. Große österreichische Verbände wie die Fußball Bundesliga haben diesen rechtlichen Rahmenbedingungen umgehend Rechnung getragen und Europäer Österreichern gleichgestellt. Nun ist es an der Zeit dies auch im Eishockey nachzuvollziehen. Zum Wohle des Österreichischen Eishockeys! Die Umsetzung des EU-Rechtes auf freie Arbeitsplatzwahl innerhalb der EU würde aber vor allem dem österreichischen Eishockey große sportliche Vorteile bringen. 1. Jene Spieler, die in der EBEL keinen Platz finden, würden in die Nationalliga abwandern, was das sportliche Niveau der 2. Leistungsstufe nachhaltig verbessern würde. 2. Dadurch würde die 2. Liga sportlich näher an die EBEL heranrücken und ein Aufstieg österreichischer Klubs in die EBEL wäre wieder realistischer. 3. Ein Farmteamsystem würde durch Kooperationen zwischen EBEL und 2. Liga sinnvoll werden. (Derzeit hat es wenig Sinn, Spieler aus der 2.Liga kurzfristig in ein Team der EBEL zu nehmen, weil diese das Tempo der EBEL nicht mithalten können) 4. Nachwuchsspieler könnten in der 2. Liga Erfahrung sammeln und würden auch in den Special Teams zum Einsatz kommen. (Davon können sie derzeit nur auf der Spielerbank träumen) 5. Die Nachwuchsspieler könnten langsam an das Niveau der EBEL herangeführt werden. (Vom Zusehen auf der Spielerbank, wie es jetzt passiert, wird man nicht besser!) 6. Da nur die besten Österreicher auch in der EBEL einen Job bekommen, würden unsere Nationalspieler härteren Konkurrenzkampf ausgesetzt werden, was zu Leistungssteigerung führt und der Nationalmannschaft nachhaltig zugute kommt. 7. Die finanzielle Situation der Vereine würde sich mittelfristig verbessern, da sich 8. die Spielergehälter der Österreicher nach unten nivellieren würden. Gleichzeitig möchte ich auch klarstellen, dass die Vienna Capitals keineswegs mehr als sieben Ausländer einzusetzen wollen, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Wir werden lediglich neben den derzeit besprochenen sieben Ausländern und einigen Österreichern mit vernünftigen Preisen noch ein paar EU-Inländer einsetzen, um den Kader zu vervollständigen. Diese EU-Inländer werden das gleiche Niveau haben wie vergleichbare Österreicher, jedoch wesentlich weniger kosten. Jedenfalls werden wir entgegen Eurer Befürchtungen unser Budget 2007/08 nicht erhöhen, sondern ganz im Gegenteil um ca. 15% senken. Daher würde ich mich freuen, wenn ihr unserer Argumentation folgen und gemeinsam dem österreichischen Spitzeneishockey eine nachhaltige Lebensgrundlage schaffen würdet. Für konstruktive Gespräche stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung. Mit sportlichen Grüßen Mag. Martin Platzer Vienna Capitals Vize-Präsident