Time Out: EBEL - die Liga der Lemminge
-
marksoft -
20. Februar 2007 um 21:17 -
4.693 Mal gelesen -
0 Kommentare
Wenn in der Bundesliga über zu hohe Gehälter für die österreichischen Spieler diskutiert wird und nun die Vienna Capitals in der kommenden Saison wohl EU Legionäre einsetzen werden und so das Transferkartensystem in der EBEL umgehen würden, kann man den Gedanken an den "Zauberlehrling" von Goethe so schnell nicht abschütteln: "Die ich rief, die Geister werd ich nun nicht los."In den letzten Jahren ereiferten sich beinahe alle Teams der Liga darin, sich im Wettbieten um Leistungsträger aus Österreich zu übertreffen. Die Begründung der Vienna Capitals, dass man in der kommenden Saison EU Ausländer einsetzen möchte, da die Österreicher in der Liga überbezahlt und zu teuer seien, entbehrt nicht gerade eines gehörigen Quäntchens Ironie. Waren es doch auch die Wiener, die in den letzten Jahren an dieser Preisspirale kräftig mitgedreht haben. Wie auch die Linzer, Salzburger, Innsbrucker, Villacher und seit neuestem auch Klagenfurter. Lediglich in Graz, so hat man den Eindruck, ist man diesen Weg nicht mitgegangen. Mit der Konsequenz, dass man ein Jahresabo auf den letzten Rang hat.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Verantwortlichen in den Vereinen und der EBEL wie die Lemminge agieren. Bei diesen Nagetieren findet alle 3 bis 5 Jahre ein Massensterben statt, im allgemeinen Bewusstsein gelten die Lemming jedoch als „kollektive Selbstmörder“. Ein Bild, das man mit ruhigem Gewissen auch auf die EBEL anwenden kann. Die Verantwortlichen in den Vereinen blicken seit Jahren keinen Millimeter weiter als über den clubeigenen Tellerrand und sind ausschließlich auf den kurzfristigen sportlichen Erfolg ausgerichtet. Eine Ligasitzung darf man sich ähnlich einem Seilziehwettkampf vorstellen. Nur dass das EBEL Seil 8 Teamenden und eines für den ÖEHV hat. Wer kräftiger zieht, bewegt den Rest der Liga um ein paar Millimeter in seine Richtung. Inwieweit das gut für die Bundesliga oder das österreichische Eishockey ist, interessiert dabei nur am Rande.
Keine Frage, die Gehälter der Österreicher in der Liga sind zu hoch. Das ist aber kein plötzlich auftretendes Ereignis, sondern ist auch in den letzten Jahren der Fall gewesen. Den Spielern selbst kann man dabei wohl keinen Vorwurf machen. Welcher Arbeitnehmer würde nicht versuchen, das best mögliche Gehalt für sich herauszuschlagen? Die Probleme liegen bei Spielermanagern und vor allem den Vereinen selbst. Wenn man sich dem Diktat der Manager unterwirft darf man sich später nicht beschweren, dass die Preise am Markt diktiert werden.
Eine Lösung für das derzeitige Dilemma erscheint nicht am Horizont. Da wäre die Möglichkeit einer Gehaltsobergrenze – ein Gedankenansatz, der aber in der Realität nicht praktikabel ist. Das Problem ist, dass der kurzfristige Ausweg aus dieser Sackgasse tatsächlich nur der Einsatz von EU Legionären ist. Dieser Ausweg wird aber nur genau ein Jahr dauern. Dann steht die Liga vor dem Problem, dass man auch keine Slowenen mehr für ein achtes Team in der EBEL hat. Auch sie gelten als EU Legionäre, wären daher günstiger als die Österreicher und für Schlüsselkräfte gelten auch die EU Übergangsbestimmungen für die neuen EU Mitglieder wohl eher nicht. Damit wären die slowenischen Nationalspieler auch für die österreichischen Teams interessant und auch die Gehälter bei Jesenice würden steigen.
Die EBEL befindet sich in der Sackgasse. Dorthin hat man sich über 5 Jahre lang beständig manövriert und wusste auch, dass man irgendwann anstehen wird. Jetzt ist man an diesem Punkt angekommen. Doch anstatt sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und über praktikable und finanziell sinnvolle Wege zu diskutieren, die auch das österreichische Nationalteam nicht mit 180 Sachen in die Eishockey B-Gruppe zurückschicken, wird wieder kurzfristig gedacht.
Derzeit schiebt man sich innerhalb der Liga den „schwarzen Peter“ mit Vorliebe gegenseitig zu und erinnert dabei an eine Gruppe von Kindergartenkinder. „Ich war’s nicht,“ heißt es da, wenn etwas passiert. „Gewesen“ sind es in diesem Fall praktisch alle. Fingerzeige auf andere sind genauso überflüssig, wie Drohgebärden. In einem Geschäft, in dem man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass persönliche Eitelkeiten oft vor allem Anderen stehen sollte man sich zuerst einmal darauf besinnen, dass man nicht dem eigenen Ansehen gegenüber eine Verpflichtung hat. Vor allem hat man den Fans und dem österreichischen Eishockeysport gegenüber eine Verpflichtung. Deshalb pilgern die Fans in die Hallen, deshalb kommen die Sponsoren, deshalb klingeln die Kassen und deshalb lieben wir alle diesen Sport so sehr.
Eine EBEL wird auch mit EU Legionären weiterlaufen. Die Fans werden auch weiterhin in die Hallen kommen, denn auch hier ist das Denken zum Großteil leider sehr kurzfristig und erfolgsorientiert ausgerichtet. Die Frage die sich stellt ist, wie lange das so sein wird?
Wir schreiben Februar 2007 und die EBEL scheint vor einer der wichtigsten Entscheidungen der letzten Jahre zu stehen. Wie geht es weiter? Die Antwort weiß man derzeit nicht einmal in der Liga selbst. Und auf die Art und Weise, wie man derzeit miteinander kommuniziert, wird man sie auch nicht finden. Also der Appell an die Verantwortlichen: raus aus dem Kindergarten, Fernglas in die Hand und über den Tellerrand blicken, zusammensetzen und miteinander sprechen. „Beim Reden kommen d’Leut zam!“ sagt schon der Volksmund. Redet endlich!
(Ein Kommentar von Klaus Führer)