Kaderbewertung: Durchmarsch für die Bullen?
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marksoft -
18. September 2006 um 19:39 -
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Ein Schreckgespenst geht um in der EBEL – und es trägt den Namen Red Bull Salzburg. Die Mozartstädter gehen als große Favoriten in die neue Saison, denn man hat eine ohnehin nominell schon starke Mannschaft erneut namhaft verstärkt. Doch war das nicht auch in der letzten Saison so und wurde man dann nicht doch „nur“ Vizemeister? Sind die Dosenstädter zu stoppen, oder droht der Bundesliga eine One-Team-Show? Was wurde in den letzten Tagen, Wochen und Monaten nicht über die Transferpolitik der Red Bulls aus Salzburg diskutiert und gewettert. Das Ende des österreichischen Eishockeys stünde bevor, wenn das so weiter geht und über die Medien wurden Meinungen in Richtung Salzach geschickt, die dort mit Sicherheit auch angekommen sind.
Die Mozartstädter selbst haben sich das alles angeschaut und ihren Kader trotzdem weiter verstärkt. Die Transferaktivitäten selbst blieben nach dem Vizemeistertitel der letzten Saison aber beschränkt, dafür konzentrierte man sich aber zum Großteil auf echte Transfercoups. In der letzten Saison war man noch mit dem Startvorteil eines zusätzlichen Legionärs an den Start gegangen, den man in dieser Spielzeit nicht mehr hat. Vor einem Jahr wollte man noch tief gestapelt nur die Play Offs erreichen, heuer sieht das anders aus. „Meister“ ist das Wort, das man derzeit im Salzburger Volksgarten immer lauter zu hören bekommt.
Der Stamm der Mannschaft bleibt erhalten, Thomas Auer wurde verliehen, Burke Henry spielt jetzt in Finnland und Arturs Irbe hält das Tor in Riga sauber. Diesen Abgängen stehen Neuzugänge gegenüber, die sich sehen lassen können. Ist der Schwede Andreas Pihl noch ein unbeschriebenes Blatt in Österreich, lassen die Namen Thomas Koch im Sturm und Reinhard Divis im Tor die Gegner schon förmlich das Blut in den Adern gefrieren. Von den Caps wurde Peter Kasper geholt. Er konnte vom "Projekt Salzburg" davon überzeugt werden, das Ende seiner Karriere noch ein wenig hinauszuschieben.
Mit diesen Kaderkorrekturen bei den Roten Bullen soll der erste Meistertitel an die Salzach geholt werden.
Hockeyfans.at Prognose:
Keine Frage, die Red Bulls stellen zumindest wenn es nach der Papierform geht die stärkste Truppe der Liga. In keinem anderen Kader der EBEL findet man derart viele hochtalentierte Individualisten – und das auf so breiter Basis wie bei den Salzburgern. Gegenüber dem Vizemeisterjahr konnte man den Großteil der Mannschaft halten und um diesen Stamm muss man lediglich vier „Neue“ einbinden. Das könnte auch den Unterschied gegenüber der letzten Saison ausmachen, als man teilweise noch zueinander finden musste.
Nicht zu vergessen ist bei der Beurteilung des ohnehin schon beeindruckenden Kaders, dass die Mozartstädter noch immer einen Legionärsposten frei haben. Dieser dürfte wohl in der Defensive vergeben werden und damit die letzten Schwachpunkte der Salzburger ausmerzen.
Ganz klar: alles jagt die Salzburger und die Erwartungen auch in der eigenen Stadt sind sehr hoch. Alles andere als das Finale wäre wohl eine herbe Enttäuschung, einen Meistertitel einplanen kann man aber nicht. Das hat man schon in der letzten Saison gesehen, als man als Favorit und mit Sicherheit nominell besser besetztes Team einer echten Einheit aus Villach unterlag. Der Unterschied war nicht viel, aber er war da und man muss abwarten, ob es Trainer Nilsson schaffen wird, aus einem Haufen von Individualisten und zahlreichen Stars ein Team zu formen. Insgesamt ist aber davon auszugehen, dass sich die Dosenstädter zumindest im Grunddurchgang durchsetzen sollten. Danach ist wie immer auch für die Underdogs alles möglich.
Hockeyfans.at Prognose: Platz 1
Kaderbewertung EC Red Bull Salzburg (Autoren: Peter Wiesmayr, Wolfgang Rinner)
Torhüter:
Im Tor hatte man in der letzten Saison lange einen Schwachpunkt, den man zwar namhaft ausmerzte, doch auch ein Arturs Irbe hatte seine Schattenpartien. Diese Saison will man es von Beginn an besser machen und holte daher gleich einen echten Hochkaräter zurück in die Heimat. Reinhard Divis kommt nach seinen Jahren in der NHL und AHL zurück in die Bundesliga und wird die Nummer 1 in Salzburg abgeben. Er verfügt mit Sicherheit über die nötige Erfahrung auch am internationalen Parkett und ein Divis in Hochform kann Spiele gewinnen. Dass er aber kein Wundergoalie ist, hat er auch bei seinem Lockout Gastspiel in Villach vor zwei Jahren gezeigt und auch in der Vorbereitung konnte Divis nicht immer überzeugen.
Daher wird auch die Rolle des Backups hinter Divis immer wichtiger. Dies füllt Bernhard Bock perfekt aus. Er entwickelt sich heimlich, still und leise über das Farm Team und gute Partien in der Bundesliga zum echten Konkurrenten und könnte so für den nötigen Druck von hinten sorgen, den auch ein Divis braucht. Dritter Goalie ist auch heuer Thomas Innerwinkler, der aber hauptsächlich im Farmteam zum Einsatz kommen wird.
Insgesamt steht man aber gerade am Goalieposten ausgezeichnet da, hat einen absoluten Topmann als Nummer 1 und einen hungrigen Mann dahinter, der sich ebenfalls beweisen möchte.
Wertung: 4,5 von 5 Punkten
Abwehr:
Vor den beiden Goalies hat sich wenig getan. Die Defensive wurde nur wenig verändert. Man tauschte den beständigen Burke Henry gegen den Schweden Andreas Pihl aus, was in der Expertenwelt mit etwas Verwunderung aufgenommen wurde. Henry war einer der besten Defender der Liga, wenn man einen Blick auf die PlusMinus Wertung der letzten Saison wirft und Pihl spielt eher die Rolle eines körperlich präsenten Aufräumers vor Reinhard Divis. Ein echter Stay-at-home-Verteidiger, der zwar eisläuferische Defizite offenbart, dafür in 1 gegen 1 Situationen nur schwer zu überwinden ist.
Zudem holte man Peter Kasper aus Wien. Er hängt noch einmal ein Jahr an seine Karriere dran und gilt als solider Verteidiger in der Bundesliga. Gemeinsam mit Martin Ulrich bildete er in der Vorbereitung ein Defensivpaar, das gerade mit schnellen Stürmern seine Schwierigkeiten haben dürfte. Dafür verfügen beide über enorme Erfahrung und auch Durchschlagskraft von der blauen Linie. Davon kann auch der junge Viktor Lindgren weiter profitieren. Er hat schon in der letzten Saison gelernt, inwieweit er sich aber heuer im Starensemble durchbeißen wird, bleibt abzuwarten.
Mit Artursson wurde einer der torgefährlichsten Verteidiger gehalten und dieser ist wie im letzten Jahr Abwehrchef der Red Bulls. Die Abwehr war sicher einer der Schachpunkte der Roten Bullen im letzten Jahr, ob das diese Saison anders sein wird, muss man derzeit noch bezweifeln. Aber man hat ja noch einen Legionärsplatz offen und dieser wird wohl in der Verteidigung vergeben werden.
Wertung: 4 von 5 Punkten
Angriff:
Ganz klar, die Offensive der Salzburger bleibt auch in dieser Saison das Prunkstück des Teams. Schweden-Heimkehrer Tommy Koch ist zwar einerseits der umstrittenste Neuzugang im übrigen Eishockey-Österreich, aber sicher auch die größte Verstärkung. Insbesondere seine herausragende Leistung bei der B-WM mit 10 Punkten und der Auszeichnung als bestem Spieler des Turniers ist noch bestens in Erinnerung. Aber auch die 36 Punkte bei Lulea in der schwedischen Elitserien sprechen für sich. Bei ihm wird wohl die wichtigste Frage sein, wie es Nilsson gelingt, ihn für eine österreichische Meisterschaft zu motivieren, oder ob er auch den Spuren eines Kalt oder Trattnig folgt, die vergangenes Jahr bei weitem nicht ihre Höchstform abrufen konnten.
Der heuer sicher schon besser eingespielte Sturm rund um den Kapitän der Red Bulls und Kapitän des Nationalteams, Dieter Kalt wurde nicht wesentlich verändert. Darby Hendrickson hat sich über den Sommer von seiner Verletzung erholt und sollte diesmal topfit in die Meisterschaft starten. Matthias Trattnig ist ja bekannt für seine knallharten Checks, ist ein ausgezeichneter Skater und stocktechnisch exzellent. Einer der besten Allrounder der Liga, der aber seine Probleme mit der neuen Regelauslegung haben könnte.
Bekannte Größen aus dem Vorjahr sind Juha Lind als defensiv sehr starker , sehr mannschaftsdienlicher Spieler der mit seiner Schnelligkeit so manchen Verteidiger Kopfzerbrechen bereiten dürfte und Frank Banham. Dieser ist bereits die zweite Saison in Salzburg. Er kann aus jeder Position sehr platziert aufs Tor schießen und bringt somit das ein oder andere Mal den Keeper in Bedrängnis bzw. werden gefährliche Abpraller verursacht. Einer der torgefährlichsten Angreifer der Liga, ab und an aber etwas unkonstant in seinen Leistungen. Die Offensivabteilung wird komplettiert durch den Nationalteamstürmer Marco Pewal, seinen Cousin Martin Pewal, Patrick Harand, Martin Grabher-Meier, Martin Mairitsch und Phillip Pinter. Insgesamt stehen den Bullen damit vier Linien zur Verfügung, die von der Stärke und Tiefe ihresgleichen in der Liga suchen. Kein anderes Team ist derart stark in der Offensive besetzt.
Wertung: 5 von 5 Punkten
Trainer:
Das Trainerteam des Vorjahres bleib praktisch unverändert und stellt eine fix Größe im internationalen Eishockey dar. Mit Hardy Nilsson steht ein international anerkannter Topmann hinter der Bande. Sein Assistent ist sein langjähriger Co und Vertrauter Martin Karlsson. Dass die beiden große Taktiker und Fachmänner sind steht außer Zweifel, dennoch mehren sich die Stimmen, dass es Nilsson vor allem daran mangelt, seine Mannschaft nicht immer voll motivieren zu können. Gerade diese Fähigkeiten eines Motivationskünstlers benötigt man aber in den Play Offs. Die Vereinsführung der Salzburger hat alles getan, um dem Trainergespann die besten Voraussetzungen für das vorgegebene Ziel der Saison zu schaffen: den Meistertitel. Die besten Individualisten hat man schon einmal im Kader, jetzt muss ein Team daraus werden. Das wird die schwierige Aufgabe, denn auch zu viele Köche können einen Eishockeybrei verderben. Ganz so unumstritten ist Nilsson in Salzburg nicht mehr und wenn er es diese Saison nicht schafft, aus einer derart gut besetzten Mannschaft einen Titelträger zu machen, dann könnten die Tage des Schweden bei den Mozartstädtern gezählt sein. Bis dahin wird man ihm aber kaum dreinreden bei den Bullen, was auch die Arbeit eines Trainer erleichtert.
Wertung: 4,5 von 5 Punkten
Gesamtwertung: 18 von 20 Punkten
Bisherige Wertungen:
1. Red Bulls Salzburg 18 Punkte
2. Vienna Capitals 17 Punkte
3. KAC 16,5 Punkte
4. Black Wings Linz 16 Punkte
5. Graz 99ers 14,5 Punkte
5. HK Jesenice 14,5 Punkte
7. HC Innsbruck 12,5 Punkte