Eisbären erlegen Adler locker - Klarer 4:0-Sieg im zweiten Finale
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marksoft -
18. April 2005 um 05:37 -
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Vielleicht reicht es doch nicht, wenn man erst in den Playoffs den Hebel umlegt? Die Frage wurde viel diskutiert beim zweiten Finalspiel der Mannheimer Adler gegen die Eisbären, das die Berliner von Anfang bis Ende dominierten. Viele Adler-Anhänger sahen das fast als Trost: "Der Bessere hat gewonnen", meinten sie und auch, "dass es okay ist, wenn die Eisbären Meister werden, aber bitte nicht in Mannheim". Was im Klartext bedeutet: Macht den Sack vielleicht schon im dritten Spiel zu! Nun sind die Adler-Fans, die sowas von sich geben, keineswegs unloyal, sie lieben ihren Verein, aber sie sind eben auch Realisten. Und sahen deshalb sehr wohl, wer hier das bessere Team war. Pierre Pagé's Truppe gewann verdient und das auch in dieser Höhe. "Die Adler sind stehend platt", meinte ein Mannheimer nach Spielende, "da ist nicht mehr viel zu holen". Doch gemach, diesem Team hätte nach der meist miserablen Vorrunde keiner einen Finaleinzug zugetraut und doch haben es die Spieler geschafft. Vielleicht gibt es ja einen "Jetzt erst recht Effekt." Wunder sind immer möglich.
Nur nicht an diesem Tage. Da nützte auch das große Transparent auf der Sitzplatzseite nichts mit der Aufschrift: "Do you believe in magic" mit
putzigen Zauberern und einem Meisterpott, den man von Hand hochziehen konnte. Claus Eisenmann von den Söhnen Mannheims sang die Nationalhymne. Abgesehen von einer Handvoll Idioten im Berliner Block, die es hirnlos-witzig fanden, den Arm zum Hitler-Gruß zu recken und damit zeigten, dass es unglaubliche Deppen überall gibt, lief auch diese Einlage friedlich ab, man hielt sich an die Finalregeln.
Die Eisbären dominierten ziemlich von Beginn an auf dem Eis, die Fans auf der Tribüne. Wobei sich die Berliner als gute, laute und lustige Gäste
erwiesen mit Einpeitscher, der nach dem ersten Treffer seiner Eisbären das Hemd abwarf und fortan mit bloßem Oberkörper dirigierte. Mannheims Polizei war zwar mit Verstärkung gekommen, aber nach Spielende gab es Lob von einem Ordnungshüter: "Die Berliner Fans waren vollkommen in Ordnung." Und dass sie das Ost bei ihren Schreien für Berlin betonen, wer mag es ihnen verübeln. Wie viel Häme haben die Eisbären-Anhänger über sich ergehen lassen müssen in den Stadien, wie oft sind sie als Ossis beschimpft worden, wollte man die Mauer wieder aufbauen. Sie haben jedes Recht auf diese Erwiderung.
Die Eisbären mit vollem Dynamo, die Adler als Flattermänner, deren Nerven bloß lagen. Nicht, dass sie es nicht probiert haben, man kann Hecht und seinen Jungs bestätigen, dass sie auch noch in der letzten Sekunde versuchten, ein Tor zu machen. Aber es gelang nicht. Bei den Eisbären hatte
man jederzeit das Gefühl als wüssten sie, wo es lang ging, bei Mannheim herrschte eher das Motto "denn sie wissen nicht, was sie tun". In der
siebten Minute das erste Tor für Berlin, im zweiten Drittel das zweite. Und zwar schon nach 30 Sekunden, der Videobeweis wurde bemüht. Alle wussten es, bloß der Videowürfel wollte sich anfangs nicht umstellen lassen, hielt stur fest am 1:0. Allein, es nützte nichts und sollte noch schlimmer kommen mit dem 3:0 und dem 4:0 aus Berliner Sicht.
In Berlins Tor stand Oliver Jonas als Bank. Der Ersatzgoalie mutierte zum Cheftorwart und machte seine Sache ausgezeichnet. Aber er hatte auch gute Vorderleute auf allen Positionen. Mannheims Fans abgekühlt und ein wenig müde. Etliche gingen vor dem Ende des Spiels, um den Nachmittag noch angenehm zu verbringen, mit Baden, einem Buch lesen oder Fernsehen. Alles, nur nicht Eishockey. Auffallend, wie viele sich bis zum Abschiedswochenende am 29. und 30. April verabschiedeten, wenn im alten Gemäuer groß gefeiert wird. Im Grunde verhielt man sich so, als gäbe es keinen Dienstag und schon gar keinen Donnerstag. "Wenn Berlin schon Meister wird, dann bitte zu Hause", meinten viele und sahen den Vizetitel durchaus als ausreichend an, "wer hätte das nach dieser Vorrunde überhaupt gedacht". Merkwürdig, weil sonst die Adler-Fans nicht aufgeben, bevor die letzte Schluss-Sirene nach dem letzten Spiel verklungen ist. Vielleicht lag es daran, dass man mit Anerkennung die Berliner als verdienten Sieger sehen konnte? "Heute", lachte Fan Stefan," kann man es noch nicht mal am Schiedsrichter festmachen, die Eisbären waren halt einfach besser". Steve Kelly flog übrigens raus, schmiss dann noch eine Wasserflasche, Tripp erhielt wegen Meckerns nach dem Abpfiff noch
eine Strafe, die Nerven lagen bloß bei einigen Cracks. Und bei einigen Fans, die zum Schluss Sachen Richtung Berliner Bank warfen. Ein selten dämliches Verhalten nach einem so klaren Spiel.
Im Kabinengang dichtes Gedränge, die Berliner waren mit großem Aufgebot an Journalisten angereist. Stefan Ustorf reagierte einigermaßen genervt auf neue Fragen nach seinen Gefühlen für Mannheim. "Das ist für mich erledigt", knurrte er, "ich bin niemandem böse, ich hatte damals ein zehn Minuten Gespräch". Was doch andeutete, wie ihn sein Rauswurf mitten in der Saison vor einem Jahr nickelte. Zumal nach außen hin eigentlich nie ein konkreter Grund genannt wurde. Doch Ustorf, der bei den Eisbären einer der Besten ist, will nicht mehr darüber reden, warum auch, neues Spiel, neues Glück und schließlich hat er mit seinem Team die Nase weit vorne in der Finalserie. Das Spiel am Dienstag in Berlin nähme man keineswegs leicht, betonte Ustorf, "das wird sehr, sehr schwer". Mit der zweiten Begegnung könne man aus Berliner Sicht zufrieden sein, konstatierte Mannheims Ex-Kapitän, "wir haben das Spiel kontrolliert und eine gute Mannschaftsleistung gezeigt".
Berlins Urgestein und jetziger Co-Coach Hartmut Nickel, erinnerte sich an die Vorrunde und daran, "dass wir auch manchen Hänger gehabt hatten. Wir mussten allerdings auch viele junge Spieler einbauen". Die Playoffs seien unglaublich spannend gewesen, vor allem auch gegen Ingolstadt. Das habe die Berliner aufgebaut, ihnen auch Selbstbewusstsein gegeben. Und an diesem Tag sei man einfach dominant gewesen. Nickel: "Wir haben gewusst, dass die ersten zehn Minuten für die Adler richtungsweisend sein dürften. Das war ja dann auch ein Riesenkampf". Die Mannheimer hätten zu Hause sicherlich einen Riesendruck verspürt, gewinnen zu müssen, das sei immer schwer. Am Dienstag, da begänne ein ganz neues Spiel, wirklich alles sei möglich, die Adler sieht er noch lange nicht geschlagen.
Auch Youri Ziffzer, im vergangenen Jahr noch DNL-Meister mit den Jungadlern, nimmt an, "dass das dritte Spiel das schwerste der gesamten Saison wird". Mit seiner Saison ist er übrigens zufrieden, hat viel geleistet in der Oberliga und ist jetzt der Mann hinter Jonas. Wenn er nochmal zu
entscheiden hätte über seine Ausbildung würde er sofort wieder Jungadler werden, sagte er, "aber danach würde ich wieder nach Berlin gehen. Dort ist die Verknüpfung Oberliga und DEL einfach viel enger und besser". Über eine Meisterschaft des DEL-Teams würde er sich wahnsinnig freuen natürlich, aber da Eishockey-Spieler vorsichtig sind und abergläubisch dazu, sieht er einen Sieg der Eisbären am Dienstag als reine Spekulation.
Adler Mannheim – Eisbären Berlin 0:4 (0:1/0:2/0:1)
Playoff-Stand 0:2
Tore:
0:1 (6:25) Pederson (Ustorf) 5-4
0:2 (20:30) Barta
0:3 (31:05) Walker (Dempsey/Ustorf)
0:4 (51:42) Heins (Ustorf/Cole) 5-3
Strafen: Mannheim 47 – Berlin 8
Schiedsrichter: Aumüller
Zuschauer: 8.200