Ralph Krüger - Held oder nur Trainer
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marksoft -
29. April 2001 um 13:03 -
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Dieses 1:3 gegen Deutschland ist es für die Schweizer die Mutter aller Eishockeyniederlagen. Die bitterste Schmach der letzten 30 Jahre. Haben die Deutschen aus dem Sporthelden Ralph Krueger gar einen ganz gewöhnlichen Trainer gemacht?
Ralph Krueger war bis gestern in den frühen Abend hinein für die Schweizer mehr als «nur» ein Eishockeytrainer. Er war ein charismatischer Sportheld. Mit Krueger, so schien es, konnte nichts mehr schief gehen. Mit so hohen Erwartungen ist eine Schweizer Nationalmannschaft seit den frühen 50er Jahren nie mehr an eine WM gereist. Dass die Schweizer gegen Gastgeber Deutschland in der ausverkauften Kölnarena anzutreten hatten, machte sie nicht mehr bange. Denn die Vorbereitung war optimal gelaufen und beim letzten Mittwoch bei der Hauptprobe wurden die USA vom Eis gefegt.
Dank Krueger fühlten sich die Eidgenossen so sicher wie die Erstklass-Passagiere auf der Titantic beim Auslaufen aus dem Hafen von Liverpool.
Und nun das.
1:3 gegen Deutschland vor der WM-Rekordkulisse von 18 500 Fans. Alle Komplexe, die das Schweizer Eishockey dank Krueger überwunden wähnte, sind wie bose Geister wieder aufgetaucht. Denn die Schweizer haben gegen Deutschland genau so verloren wie in den schlimmsten Sportalbträumen.
Sie waren läuferisch und technisch besser. Aber sie wurden vom Eis gearbeitet. In dem Augenblick, als sie sich anschickten, das Spiel doch noch zu gewinnen. In den letzten fünf Minuten. So gewinnen die Deutschen doch immer und immer wieder. In den letzten Minuten. Im Fussball und im Eishockey. Es war wie in einem Hollywood-Film über Deutsche Kamfpkraft im Sport.
Keine andere Niederlage hat die Sportfans in der Schweiz in den letzten Jahren so aufgewühlt wie dieses 1:3 gegen Deutschland. Die Deutschen besetzten einfach die neutrale und die eigene Zone. Sie liessen sich nicht herauslocken. Damit fehlte den Schweizern der Sauerstoff für ihr Tempospiel. Kein Raum zum Beschleunigen, kein Raum zum überholen. Gewohnt, auf den Autobahnen des internationalen Eishockeys dahinzufliegen, wirkten die Schweizer auf einmal wie Formel-1-Boliden, die über Feldwege zum Ziel zu kommen versuchten.
Ist das das Ende des schönen Traumes, den das Schweizer Eishockey unter Ralph Krueger seit 1998 erlebt? Oder rettet Krueger die Schweiz wieder? Das ist in den Spielen gegen Weissrussland und Tschechien möglich. Vielleicht reicht schon ein Sieg über Weissrussland , umin die Zwischenrunde zu kommen. 1998 verloren die Schweizer das Startspiel auch (2:5 gegen die USA) und erreichten doch den 4. Schlussrang. 1999 gelang den Schweizern ein Sieg zum Auftakt (5:3 gegen Lettland) und am Schluss reichte es doch «nur» zu Platz acht. 2000 reichte es zum Auftakt zu einem 3:3 gegten die USA und zum sechsten Platz.
Die Hoffnung der Schweizer heisst also noch immer Ralph Krueger. Denn diesen Mann scheint nichts aus der Ruhe zu bringen. Er war an der offiziellen Pressekonferenz nach dem Spiel gegen Deutschland so ruhig, souverän und zuversichtlich, als sei eigentlich gar nichts passiert. Als gebe es gar keinen Grund zur Enttäuschung. Er liess sich auch nicht irritieren, als er versehentlich offiziel als Mike Krüger angekündigt worden war. Mike Krüger ist ein Komiker. Kruegers Statements liessen nicht einen einzigen Augenblick Unsicherheit erkennen, nicht eine Spur der Enttäuschung, nicht eine Sekunde des Zweifels. Kein Vorwurf an irgend einen Spieler. Auch nicht gegen Edgar Salis («Er hat ja den Fehler nicht absichtlich gemacht. Wir brauchen Edgar noch in diesem Turnier»).
Kein Hadern mit den Eishockeygöttern .
>br>Vielleicht ist er ja doch ein Sportheld.