Der kurioseste Club im Halbfinale ! «Kühe, Schweine, Wedemark»
Wer auf der Suche nach Deutschlands kuriosestem und erfolgreichstem Verein ist, der landet unweigerlich im Örtchen Mellendorf in der Gemeinde Wedemark. Dort, in dem 3000 Einwohner zählenden Dorf in der Nähe von Hannover, ist die Familie Haselbacher zu Hause - und mit ihr der Eishockey-Verein Hannover Scorpions. Spätestens seit vergangener Woche wissen Sportfans: Das ist der Club, der die berühmten Kölner Haie aus den Playoffs um die Deutsche Meisterschaft gefegt hat und nun versucht, im Halbfinale auch Adler Mannheim die Flügel zu stutzen.
Mit Beginn der Halbfinal-Serie wird wieder der Schlachtruf ertönen: «Kühe, Schweine, Wedemark.» Diesen hämischen Slogan, einst von den Fans des Lokalrivalen EC Hannover für die Konkurrenz vom Lande erfunden, haben die Scorpions-Fans längst übernommen. Das Image des Provinzvereins pflegen sie selbst nach dem in der Vorwoche beschlossenen Umzug in die Großstadt Hannover. Auch Clubchef Jochen Haselbacher kann inzwischen darüber lachen. Das war aber nicht immer so. Vor nicht allzu langer Zeit reagierte der Geschäftsführer gereizt, wenn die Begriffe «Provinzverein» und «Dorfclub» fielen.
«Man hat versucht, uns lächerlich zu machen», sagt Haselbacher. Jetzt aber spürt er «eine Welle von Sympathie, weil es ein Kleiner den Großen gezeigt hat». Gern verweist Haselbacher auf seinen Etat von rund 6,5 Millionen Mark und das Budget der Mannheimer, die mit 15 Millionen Mark mehr als doppelt so viel Geld zur Verfügung haben.
Die Eishockey-Euphorie in und um Hannover ist riesig. Am Freitag spielt der Club erstmals in der 11 000 Zuschauer fassenden Preussag Arena auf dem ehemaligen Expo-Gelände. Mindestens 8000 Fans werden erwartet, auch wenn die Kundschaft aus Hannover erst «entdeckt» werden muss. Von 24 Vorverkaufsstellen befinden sich nur drei in der Stadt, die anderen in der Region Hannover.>br>
Was der Clubchef immer noch nicht gerne hört, ist das Wort «Familien-Clan». Dabei charakterisiert der Begriff den Verein ganz gut, denn bei der Beschreibung der Verhältnisse kann leicht ein Familienmitglied vergessen werden. Jochen Haselbacher und seine Eltern sind Besitzer der Scorpions GmbH. Sohn Eric ist Manager und Stadionsprecher, Tochter Kathrin verwaltet das Stadion, Ehefrau Christiana kümmert sich um die VIP- und Sponsorenbetreuung. Einige Zeit spielte sogar ein Schwiegersohn als Torwart.
Der Erfolg der Scorpions hat auch Opfer gefordert. Zuletzt traf es Kevin Gaudet, der als Trainer drei Aufstiege mit dem Verein schaffte und mit der Familie Haselbacher Weihnachten feierte. Im Januar wurde der Kanadier wegen Erfolglosigkeit durch den Schweden Olle Öst ersetzt. Der 58 Jahre alte Skandinavier, dem inzwischen ein Manager-Angebot der Berlin Capitals vorliegt, führte die Scorpions erstmals seit dem DEL-Aufstieg 1996 in das Playoff-Halbfinale. Als einziger Spieler aus dem Aufstiegsteam ist Kapitän Len Soccio noch dabei.