Zittersieg der Capitals gegen die Graz 99ers
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marksoft -
21. September 2004 um 23:06 -
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Diese Partie war nichts für schwache Nerven! Die Vienna Capitals gaben in Graz eine zwischenzeitliche 5:1 Führung aus der Hand, mussten in die Overtime und gewannen mit sehr viel Glück am Ende doch noch mit 6:5 durch einen Chyzowski Treffer!Spielbericht von Philipp Grill
Einen Thriller, wie in Alfred Hitchcock nicht besser verfassen konnte, bekamen die knapp 3500 Zuseher in der Liebenauer Eishalle beim Spiel der Graz 99ers und Vienna Capitals zu sehen. Das 1.Drittel Eishockey zum wegschauen, im zweiten 8 Tore und eine Massenschlägerei, die grandiose Aufholjagd der 99ers und der Siegestreffer des Ex-99er Chyzowski. Eishockey-Wahnsinn pur!
Schon nach 16 Sekunden sah man die Einsatzfreudigkeit der beiden Teams, als nach einer Wren Chance ein erstes Gerangel entstand, es sollte nicht das einzige bleiben. Im 1.Drittel konzentrierten sich vor allem die Capitals aus einer gesicherten Defensive den Weg zum Erfolg über schnelle Breaks zu finden, die 99ers agierten zu harmlos, zwar konnte man durch Schurian und Selmser zwei gute Chancen vorfinden, jedoch blieb auch eine mehr als einminütige 5 gegen 3 PP-Situation ungenützt, in der die 99ers keine Torgefährlichkeit zu Stande brachten.
Das 2.Drittel begann zur Freude der 99ers-Anhänger mit der Führung zum 1:0. Podloski saß gerade wegen Behinderung für 2 Minuten auf der Strafbank, als Strömberg einen scharfen Pass zur Mitte spielte und Selmser den Puck im zweiten Versuch über die Linie drückte. Die Antwort der Caps ließ nicht lange auf sich warten, und was für eine: Starkes PP der Wiener, Werenka passt scharf auf Wren, der lässt abtropfen und Craig glich ohne Probleme aus. Traumtor. 45 Sekunden später, Latusa schnappt sich die Scheibe im eigenen Drittel, umkurvte den ersten, den zweiten, den dritten 99ers Spieler und brachte mit einem satten Schuss ins lange Eck die Caps in Führung. Kurz nach dem 2:1 ließen die 99ers wieder eine 5 gegen 3 PP-Situation ungenützt, es sollte sich rächen. Das 3:1 für die Caps ließ die 99ers-Fans beinahe explodieren, Rebek ist hinter dem 99ers Gehäuse in Puckbesitz, Podloski „haxelt“ ihn im wahrsten Sinne des Wortes, nimmt den Puck auf und bezwingt Machreich durch die Schoner.
Nach dem 3:1 gingen die Emotionen über: Chabot fangt die Scheibe, Kerth stochert nach, Philippe Lakos streckt Kerth von hinten(!) mit dem Schläger nieder, daraufhin stürmt Florian Iberer Kerth zur Hilfe, Bruder Matthias Iberer nahm es mit König auf. Die Iberer-Brüder „schlugen“ sich ganz gut, vor allem M. Iberer zeigt beachtliche Stärken gegen König, und P. Lakos dürfte im Schwitzkasten von F. Iberer beinahe die Luft ausgegangen sein. Dann die Strafenverkündung: F. Iberer und P. Lakos, die ihren Fight aber mit Shake-Hands beendeten, je 5min + Spieldauer, M. Iberer und König je 2+2+10 und zur Verwunderung aller 2+2min gegen Kerth. Er sollte laut dem inferioren Schiri Kowalczyk Chabot gecheckt haben. Nach der nächsten fragwürdigen Entscheidung, Schurian musste für 2 Minuten wegen unerlaubten Körperangriff auf der Strafbank Platz nehmen, quittierte das 99ers Publikum diese Entscheidung mit Bierbecher – Würfen aufs Spielfeld. Zitat Hallensprecher: „Ich bitte Sie liebes Publikum, Schiedsrichter Kowalczyk sagt gerade zur mir, er bricht die Begegnung sofort ab, sollten weitere Gegenstände aufs Eis fliegen!“ Wie man sich selbst, nicht nur durch Fehlentscheidungen, zum Buhmann abstempelt, bewies Schiri Kowalczyk eindrucksvoll.
Das folgende PP nutzen wieder die Caps zum 4:1, Kasper netzte nach einem Abpraller. Und es sollte wieder ein Doppelschlag sein: Hala wartet mit seinem Schuss an der Blauen viel zu lange, knallt Latusa an, der Puck prallt ab, Latusa übersprintet Hala wie ein Ferrari einen Minardi in der F1, sensationeller Pass zur Mitte und der mitgestürmte Kalt ließ Machreich nicht den Funken einer Chance.
1:5 nach 35:30 Minuten, es schien ein total verpatzter Saisonstart für die 99ers zu werden, aber sie gaben nicht auf. Und es war Chyzowski der die 99ers wieder ins Spiel kommen ließ. Nach einer äußerst dummen Strafe durfte der Ex-99er auf die Strafbank, und dieses PP konnten die 99ers nutzen. Gestocher vor dem Tor und Neuzugang Strömberg haut den Puck in die Maschen. 22 Sekunden später der nächste 99ers Treffer: Wieder kennt sich keiner in der Caps-Abwehr aus, Chabot am Boden und Göttfried verkürzt auf 3:5.
Mit 5:3 für die Caps ging dieses absolute Wahnsinnsdrittel zu Ende, die Partie war wieder offen.
Das 3.Drittel begann wie das zweite aufhörte, die 99ers kontrollierten das Spiel und die Caps zogen ihr „4 Verteidiger an der eigenen Blauen“ System auf und verzichteten sogar auf Breaks. Bestes Beispiel: Kalt kommt im Mitteldrittel in Puckbesitz und stürmt ins Angriffsdrittel, schaut auf, und siehe da, keiner unterstützt den Teamcaptain. Und diese Defensivtaktik sollte sich rächen. 53:38min gespielt, Zuckerpass von Strömberg und Norris netzt aus kurzer Distanz zum 4:5, Chabot chancenlos. Die Caps nun völlig von der Rolle. Liebenau kochte und der gleichzeitige Freude – Orgasmus für die 99ers plus Anhängerschaft ließ nicht lange auf sich warten. Pfeffer und Schurian auf der Strafbank, wieder war die Caps - Abwehr desorientiert, und Mattie egalisierte einen 4 Tore Rückstand! Wahnsinn!
Die Verlängerung war ein Nervenkitzel, unbeschreiblich. 1:20min in der Verl. Gespielt, Hala schießt der Puck rutscht unter Chabot hindurch, kullert in Zeitlupen-Tempo Richtung Torlinie und erst auf dieser konnte Chabot klären. Den 99ers fehlten Millimeter zum Sieg. Keine 30 Sekunden später, Norris auf Strömberg, der täuscht einen Schuss an, passt zurück auf Norris, Chabot längst am Boden, doch auch Norris wurde vom Abspiel Strömbergs überrascht.
Und auf diese vergebene Chance knipste ausgerechnet Chyzowski die Lichter aus. Stellungsfehler in der 99ers-Abwehr, langer Pass von Kasper auf Chyzowski und er alleine auf Machreich, Schuss, Aus, 6:5 Sieg n.V. für die Capitals.
Fazit:
Dieses Spiel war der absolute Wahnsinn, grandiose Werbung für den Saisonbeginn. Man dürfte sich nicht wundern wenn man bereits am 1.Spielttag das „Spiel der Saison“ sah. Wenn diese Spielzeit nur annähernd so verläuft wie dieses Spektakel, dann kann man dem österreichischen Eishockey nur gratulieren.
Nach einem eher desolaten 1.Drittel, zeigten die Capitals im 2.Drittel ihre große Stärke, das Toreschießen. Nahezu jede Chance wurde verwertet, umso verwunderlicher warum Boni im 3.Drittel nur verteidigen ließ. Die Caps kamen zu KEINER Torchance im Schlussabschnitt. Mit einem weiteren Treffer hätten die Wiener den Sack viel früher zu machen können. So baute man auf die löchrige Abwehr anstatt sich auf die Stärken, und das ist eben die Offensive, zu konzentrieren.
Die 99ers werden diesen Punkt mit einem lachenden und einem weinenden Auge betrachten: Auf der einen Seite die grandiose Aufholjagd von 1:5 auf 5:5, auf der anderen fehlten Millimeter zum Sieg und ausgerechnet Chyzowski, der heute aber eher durch dumme Fouls und unnötige Strafen auffiel, erzielte den Siegestreffer. Aber dieser Einsatz und Moral den die 99ers zeigten, hätte sich genauso 2 Punkte verdient, so wurde es nur einer.
Schwach agierten die 99ers im Power Play: Trotz 2 PP Tore konnte man nicht überzeugen. Vor allem die zwei 5 gegen 3 PP – Situationen blieben nahezu ohne Torchance. Auch die Abwehr zeigte sich heute nicht von ihrer besten Seite, inklusive Goalie Machreich, der nicht unbedingt überzeugte.
Gleiches gilt für seinen Gegenüber: Frederic Chabot zeigte einige Unsicherheiten, vor allem lässt er den Puck gerne abprallen, was die 99ers zu nutzen wussten. Auch die Kaderdichte der Caps lässt zu wünschen übrig: 9 Stürmer, darunter der junge Dolezal, und nur 5 Verteidiger ließen zum Schluss die Kräfte schwinden. Mit Tsurenkov, Suorsa und Jäger musste man eine ganze Sturmlinie vorgeben.
Auch am ersten Spieltag der neuen Saison scheint eines festzustehen: Die Schiedsrichter sind total überfordert. Je besser die Liga wird umso schlechter wirken die Schiris. Kowalczyk war nie Herr der Lage, gab auf beiden Seiten unverständliche Strafen und zog sich nur den Zorn der Zuseher mit unnötigen Aussagen zu. Wegen ein paar Papierkugeln und Bierbecher, einen Spielabbruch anzudrohen, ist unverständlich.
Bereits am kommenden Donnerstag empfangen die Capitals um 19.15 Vizemeister Villach in der Albert Schultz Halle ( Live auf Premiere Austria). Nach dieser kräfteraubenden Partie kommt den 99ers, die in der nächsten Runde spielfrei sind, die kleine Pause gerade recht, ehe es am Sonntag zum VSV geht.
Graz 99ers - EV Vienna Capitals 5:6 n.V. (0:0, 3:5, 2:0, 0:1)
Zuschauer: 3.350
Referees: Kowalczyk Ing. R.; Kaspar C., Tschebull H.
Tore: Selmser S. (21:37 / Strömberg C., Rebek J.), Strömberg C. (37:49 / Schurian R.), Göttfried G. (38:11 / Strömberg C., Norris W.), Norris W. (53:38 / Strömberg C.), Mattie J. (55:36 / Norris W.) resp., Craig M. (23:10 / Wren B., Werenka D.), Latusa M. (23:55 / Kasper P.), Podloski R. (28:39 / Kasper P.), Kasper P. (34:55), Kalt D. (35:30 / Latusa M.), Chyzowski D. (62:10 / Kasper P., Podloski R.)
Goalkeepers: Machreich P. (62 min. / 38 SA. / 6 GA.) resp. Chabot F. (62 min. / 42 SA. / 5 GA.)
Penalty in minutes: 63 (Game Misconduct - Iberer F., Misconduct - Iberer M., Misconduct - Kerth W.) resp. 59 (Game Misconduct - Lakos P., Misconduct - König C.)
Die Kader:
Graz: Lange H., Kühn G., Schurian R., Göttfried G., Pollross M., Kerth W., Iberer M., Fekete D., Selmser S., Norris W., Strömberg C., Tropper M., Preis P., Bartholomäus W., Machreich P., Hala J., Brunnegger M., Rebek J., Mattie J., Iberer F., Gruber G., Hutzl F.
Capitals: Podloski R., Kalt D., Peintner M., König C., Latusa M., Dolezal C., Craig M., Chyzowski D., Wren B., Cseh C., Chabot F., Altmann M., Kasper P., Werenka D., Lakos P., Pfeffer T.,